Wie wir wirken oder: Die Sache mit den anderen, Teil 2

In der letzten Woche habe ich beleuchtet, was andere Leute im Stall für mich bedeuten und wie ich damit umgehe. Heute möchte ich den Blick auf die andere Seite lenken: nämlich was meine eigene Anwesenheit vielleicht für andere mit sich bringt.

Jeder kennt das Gefühl beobachtet zu werden und meist ist das kein angenehmes Gefühl. In Pferdeställen wird das Unbehagen oft noch durch eine Portion Missgunst, durch allgegenwärtige Lästereien und zum Teil auch durch handfeste Feindseligkeiten verstärkt. So kann das Reiten oder Zusammensein mit dem eigenen Pferd zu einer Qual werden und manch einer hat sich sicher schon entschieden, lieber nichts zu machen, wenn zu erwarten ist, dass bestimmte Leute zuschauen…

Ich habe das große Glück in einem kleinen, ruhigen und sehr friedvollen Stall zu sein. Bei uns steht niemand an der Bande und lästert und das ist etwas sehr Kostbares. Und dennoch kann jeder von uns für andere eine Quelle an Unsicherheit sein, das ist mir neulich sehr klar geworden.

Es sollte eine Sattelmessung mit einem Impression-Pad stattfinden und da ich noch etwas Zeit hatte, schaute ich zu. Während wir zu zweit an der Hallentür standen, wurde die Stute, für die die Sattelmessung gemacht wurde, geritten. Irgendwann sagte die Reiterin: „Ihr macht mich ja ganz nervös!“ Gut, dass sie das so sagen konnte, denn tatsächlich war mir nicht bewusst gewesen, dass wir durch unser interessiertes Schauen und unser Reden eine verständlicherweise verunsichernde Wirkung hatten – prüfend, kritisch, abschätzend. Und damit veränderte sich die Stimmung für die Reiterin ganz wesentlich.

Wie schön, dass dieses Erlebnis genau nach dem Schreiben meines letzten Blogbeitrags kam, denn so bewusst ich mir auch darüber war, wie andere auf mich wirken, so hatte ich mir bisher eher wenige Gedanken über meine eigene Präsenz gemacht. Zwar lasse ich Leute, die gerade etwas mit ihrem Pferd machen, in der Regel ganz bewusst in Ruhe, aber allein mein Schauen und ganz sicher auch meine Gedanken, die ich oft automatisch habe, haben dennoch eine Wirkung. Ich werde in Zukunft versuchen, hier achtsamer zu sein und, wenn ich schon gucke, ganz gezielt gute Gedanken zu senden. Vielleicht kann Euch Text Euch dazu anregen, mal zu überlegen, wie oft Ihr selbst mit anderen zusammensteht und anderen beim Reiten zuschaut und dabei vielleicht auch noch miteinander über die Person redet – und wie das möglicherweise wirkt. Ich denke, ein etwas achtsamerer Umgang untereinander kann die Stimmung in vielen Ställen nur verbessern, meint Ihr nicht?

28. April 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Erkenntnisse, Sonstiges 4 Kommentare »

Die Sache mit den anderen…

Ich mache mir viele Gedanken darüber, wie ich meinen Pferden gerecht werden und unser Miteinander möglichst bewusst und gewinnbringend für beide Seiten leben kann. Und in diesem Zusammenhang ist mir immer wieder deutlich geworden, dass ich, wenn ich zu meinen Pferden fahre, mich dort ganz auf sie konzentrieren und konsequent bei ihnen bleiben will. Das wirkt sich zwangsläufig auf das Miteinander mit anderen Pferdeleuten im Stall aus. Denn, so hart das klingt: Andere Menschen bedeuten Ablenkungen. Das meine ich kein bisschen böse, sondern es ist eine Tatsache, derer wir uns bewusst sein sollten, gerade, wenn es uns darum geht, achtsam für unsere Pferde zu sein. Babette hat zu diesem Thema auch schon mal was verfasst, s. hier und in diesem Artikel bin ich auf das Thema „Gruppenzwang“ eingegangen. Mit dem heutigen Beitrag möchte ich ganz bei meinen eigenen Erfahrungen bleiben, schaut, was Ihr Euch daraus mitnehmen könnt.

Meine Entscheidung (bzw. mein Bedürfnis), in erster Linie meine Pferde zu besuchen, wenn ich in den Stall fahre, hat auch schon früher dazu geführt, dass ich immer versuch(t)e, eher ruhige Momente im Stall zu finden, also Zeiten, an denen wenig los ist und ich idealerweise allein da bin. Genauso halte ich mich auch sehr zurück, wenn ich andere mit ihren Pferden zusammen sehe, denn ich möchte nicht stören. Wahrscheinlich wirke ich dadurch leider oft ungesellig, ja, vielleicht sogar abweisend, und das tut mir leid. Aber genau das lässt sich kaum verhindern, wenn ich die Priorität im Stall konsequent auf meine Pferde legen will.

Es beginnt schon, wenn ich komme und Aramis freudig brummelnd zum Tor kommt und schon ungeduldig scharrt, weil er weiß, dass er gleich was Leckeres zu fressen bekommt. In diesem Moment kann ich mich nicht wirklich auf einen freundschaftlichen Plausch mit Miteinstellern einlassen und ja, in diesen Momenten lasse ich sogar Babette stehen und gehe erst zu meinem Pferd, denn er ist mein Date in diesem Moment und niemand anderes. 

Und es geht mit lauter solcher Einzelentscheidungen weiter:

  • Wie lange mute ich meinem Pferd zu, am Anbinder zu stehen, wenn mir jemand etwas erzählen will?
  • Unterhalte ich mich, während ich meine Pferde putze, mit jemanden oder will ich mich auch beim Putzen wirklich meinen Pferden widmen?
  • Unterbreche ich Übungen oder auch nur mein Bei-meinem-Pferd-sein, wenn jemand in den Stall kommt, um zu reden, mir etwas zu zeigen oder mich um Hilfe zu bitten?
  • Schaue ich, während ich eigentlich bei meinen Pferden bin, rüber zu den anderen, wie sie reiten oder mit ihren Pferden umgehen?
  • Reite ich mit jemanden zusammen aus?

Natürlich freue ich mich, die anderen im Stall zu sehen, und auch ich quatsche gerne. Aber, und darum geht es mir, ich setze Prioritäten. Zum Stall zu fahren bedeutet für mich, meine Pferde zu besuchen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich möchte für sie da sein und ich möchte auf sie eingehen können. Dafür muss ich mich für sie öffnen und mich auf sie einlassen, auf ihre Stimmung und auch auf meine, auf ihr Tempo und auch meines, auf ihre Zeichen und auf meine eigene Körpersprache. Und das erfordert Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.

DSC_0022Die Kommunikation mit Pferden ist so vielschichtig und kann unglaublich fein sein, wenn wir wirklich bei unseren Pferden bleiben und uns nicht ablenken lassen – ablenken durch andere Menschen, durch Gespräche, durch das, was andere mit ihren Pferden machen, durch Fremdstimmungen usw.

Ich stelle immer wieder fest, dass ich „anders“ bin, wenn ich allein mit meinen Pferden bin oder wenn ich meine Aufmerksamkeit aufteile. Und so ist es mir am liebsten, wenn ich mich erst einmal ganz in Ruhe meinen Pferden widmen kann – und danach bin ich dann durchaus auch für ein Schwätzchen zu haben. Es ist ein Abwägen und ein Zwiespalt zwischen meinen Pferden und den anderen Menschen, der nicht immer leicht ist. Dass ich mich im Zweifelsfall für meine Pferde entscheide, hat nichts damit zu tun, dass ich andere nicht mag – und so kann dieser Beitrag vielleicht auch eine Erklärung bieten, warum manch ein Pferdemensch so eigenbrötlerisch wirkt; es hat oft überhaupt nichts mit einer Entscheidung gegen andere zu tun, sondern es ist eine Entscheidung für die eigenen Pferde.

Nun interessiert mich: Wie seht und wie haltet Ihr das?

Und hier könnt Ihr noch mehr zu dem Thema lesen. 

21. April 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Sonstiges, Umgang 31 Kommentare »

Doppellonge mal anders: das Fahren vom Boden

Auf unseren Beitrag zum Thema Bodenarbeit mit Pferden haben wir einen Beitrag von Gesine bekommen, der sicher eine schöne Inspiration für viele ist, die mal Lust darauf haben, am Boden etwas Neues auszuprobieren. Wir selbst kennen das unter „Langzügelarbeit“ bzw. „Fahren vom Boden“ und stellen das ausführlich in unserem Aufbaukurs zum Longenkurs vor. Diese Arbeit ist grundsätzlich eine wirklich nette Ergänzung zu den bereits bekannteren Bodenarbeitsweisen und eignet sich hervorragend dazu, Pferde fit zu halten (ob reitbar oder nicht).

fabHier also nun Gesines Text:

Die Arbeit an der Doppellonge kennt man ja; hier in Norwegen bin ich aber einer ein bisschen anderen Art der Doppellongen-Arbeit begegnet, die hier für viele, besonders Jungpferde in der Ausbildung, egal ob zum Reit- oder Fahrpferd, angewandt wird. Genannt wird das tømmekjøring, ”Fahren mit Leinen”, oder besser: Fahren ohne Wagen. Natürlich wird das erstmal in der Bahn geübt, das Pferd an die Leinen gewöhnt, an die Führposition hinter dem Pferd und grundlegende Kommandos. Manche hören da auch schon wieder auf, aber dann, finde ich, wird es erst spannend. Dann geht es nämlich raus, auf die Wege, rauf und runter, rechts und links.

  • Vorteile gegenüber dem Führen: Das Pferd hat mehr Platz um sich herum, man kann schmale Wege entlang balancieren, es macht nichts, wenn das Pferd mal zur Seite hüpft; es bekommt dann nicht automatisch einen Ruck am Strick oder hüpft einen selbst über den Haufen, es kann seinen Weg in unebenem Gelände selber suchen. Auf offenen Flächen kann man auch gerne mal eine Runde oder zwei im Trab doppel-longieren, wenn man denn möchte.
  • Vorteile gegenüber dem Fahren: Man braucht keinen Wagen. Man kann alle möglichen Wege und Pfade entlanggehen, man kann im Wald klettern, ohne das Pferd zu behindern, ein paar unkontrollierte Bewegungen des Pferdes bringen einen nicht gleich in Lebensgefahr. Man kann Steigungen zum Intervall-Training nutzen, ohne dass das Pferd Gewicht ziehen muss. Dabei kann man das Pferd quasi nicht physisch überfordern, denn man läuft ja selbst jeden Meter mit, und normalerweise haben unsere Pferde uns ja einiges voraus in Sachen Kondition.
  • Vorteile gegenüber dem Reiten: Das Pferd kann sich ohne Gewicht bewegen, man ist auf minimale Hilfengebung angewiesen, das Pferd lernt, selbstständig Gefahrensituationen einzuschätzen. Reiter, die nicht hundertprozentig ausbalanciert sitzen, können so trotzdem Natur und Landschaft gemeinsam mit ihrem Pferd genießen. Man selbst lernt, sehr kleinschrittig zu trainieren, denn sollte man das Pferd mental überfordern – wird es z.B. nicht an Autos gewöhnt, bevor man an die Landstraße geht o.Ä. – ja, dann geht man alleine nach Hause. Aus meiner Erfahrung ist es nicht möglich, ein Pferd an den Leinen zu behalten, wenn es das nicht will, weder mit Halfter, Sidepull noch mit Trense. (Die Verwendung von schärferen Gebissen oder Zäumungen schließt sich eh aus). Also empfehle ich, mit einem leichten Zaum ohne Gebiss zu arbeiten, damit, wenn das Pferd mal tatsächlich auf dem Hacken kehrt macht und nach Hause rennt, es nicht zu Verletzungen im Maul kommt, sollte das Pferd auf die Leinen treten.

Herzlichen Dank an Gesine und nun die Frage in die Runde: Wer hat damit schon Erfahrungen gemacht und mag berichten? Gibt es Tipps oder weitere Anregungen? Wir sind gespannt!

14. April 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Arbeit an der Hand, Jungpferdausbildung, Longieren 12 Kommentare »

Auch ein Nein-Sager braucht Bewegung

Über diesen Winter konnte ich feststellen, dass die Kombination „Nein-Sager + Energiesparmodell“ ( = mein Anthony 😉 ) leider schnell zu Übergewicht führt, zumindest dann, wenn man dem Pferd seinen Willen, sprich, es in Ruhe lässt. Teils seinen Launen und seiner deutlichen Unlust, teils aber auch meiner mangelnden Energie (da ich im Moment selbst viel um die Ohren habe) geschuldet, habe ich in diesem Winter Anthonys Nein oft nachgegeben und immer öfter nur ein bisschen mit ihm rumgetüddelt, statt gezielt für Bewegung zu sorgen. Zu Beginn führte das zu sichtlicher Zufriedenheit bei ihm, aber in der letzten Zeit bemerkte ich neben den immer deutlicheren Speckpolstern auch ein wieder zunehmendes Genervtsein mit allem und jedem, was mich schon ahnen ließ, dass gar nichts mit ihm zu machen, auf Dauer auch keine Lösung ist.

Nun steht in wenigen Wochen die Anweidezeit an und da ist Anthonys aktuelles Kampfgewicht alles andere als gut. Ich mach mir Sorgen wegen EMS, Rehe & Co und deshalb ist jetzt Schluss mit lustig! Anthony muss definitiv abnehmen und fitter werden. Vor zwei Wochen begann ich mit einem kleinen, aber intensiven Trainings-Programm. Möglichst täglich sorge ich für Bewegung, bei Anthony heißt das im Wesentlichen, ihn laufen zu lassen.

Freiarbeit haben wir ja immer schon gemacht (etwas, für das er offen ist). Nun aber ging es mir nicht um die kleinen Kringel, die er mir immer gerne anbietet, sondern er soll in einem schönen Abstand oder auch auf dem Hufschlag laufen und das flott voran, Runde um Runde. Was würde mein Nein-Sagerlein wohl von diesem Plan halten? Ich bereitete mich darauf vor, dass meine Idee auf wenig Begeisterung treffen würde, wurde aber wieder einmal von meinem Pferd überrascht …

Ob es nun meine Klarheit ist, meine Entschlossenheit oder ob Anthony das Faulsein vielleicht sogar selbst auf den Geist ging – vom ersten Tag an ließ er sich auf das Training ein. Und wie! Er lief und lief und lief – und er läuft und läuft und läuft. Schwingender Rücken, schönes Untertreten, und immer höher geworfene Vorderbeine, dazu feine Reaktionen auf mich und zwischendurch fröhliche Buckeleinlagen – mein Pferd hat tatsächlich Spaß an der Sache!

tr1Schon kurz nach Trainingsbeginn hörte ich, dass Anthony in diesen Tagen auffällig munter in der Herde sei und nacheinander alle Pferde zum Spielen aufgefordert hatte. Auch zeigte er sich beim Abäppeln sehr anhänglich. Wenn ich komme, steht er nun am Tor, manchmal werde ich angewiehert und wenn ich ihn holen will, lässt er sich sofort halftern und geht nicht, wie oft, wenn ihm was nicht passt.

Wir halten unser Training stramm durch. Ich kombiniere das Laufen lassen mit Spieleinlagen mit Aramis zusammen und mit Spaziergängen. Ich hoffe sehr, ihn bis Anfang Mai schlanker zu bekommen und ich glaube, wir sind auf einem guten Weg dorthin!

Schreiben tue ich das hier, weil ich damit vielleicht die eine oder den anderen ermutigen kann, auch mit Nein-Sagern etwas zu machen. Ich weiß nur allzu gut, wie schwer es oft ist, sich dafür selbst zu motivieren, denn ein Dauer-Nein eines Pferdes kann einen wirklich lähmen und frustrieren. Aber auch ein Nein-Sager braucht Bewegung und im Moment sehe ich es als meinen Job an, Anthony diese zu verschaffen. Ich versuche im Moment nicht, es ihm recht zu machen und ich eiere nicht herum. Das Training ist notwendig und vielleicht ist genau meine fehlende Bereitschaft, darüber zu diskutieren, genau das, was uns im Moment gut tut: einfach machen. Der Gesundheit zuliebe, aber, wie ich feststelle, auch der Laune – seiner und meiner! Denn ja: es ist schön, wieder mit meinem Pferd zu trainieren.

7. April 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Gesundheit, Umgang 21 Kommentare »

… denn zum Reiten sind sie da!?

In der Ausgabe 313 unseres Newsletters haben wir ein Thema angeschnitten, das viel Resonanz brachte. Und zwar ging es darum, dass offenbar Pferde für viele Menschen nur dann eine Daseinsberechtigung haben, wenn sie geritten werden können – und „Daseinsberechtigung“ ist in diesem Fall tragischerweise oft wörtlich gemeint. Unreitbare Pferde werden nicht nur oft einfach abgeschoben, sondern erleben häufig noch Schlimmeres …

Unter den vielen Mails, die wir zu dem Thema bekommen haben, hat uns vor allem die von Birgit auf ein Problem aufmerksam gemacht, dessen wir uns tatsächlich so nicht bewusst waren, und wir glauben, dass es tatsächlich sehr, sehr wichtig ist:

Ich möchte (…) anregen zu einem Umdenken und zu einem anderen Bewusstsein über das, was man mit einem Pferd machen kann. In vielen Ställen und in vielen Reit-Gemeinschaften hat eine andere Beschäftigung mit dem Pferd als das sportliche Reiten überhaupt keinen Stellenwert. Es ist dann für die betroffenen Menschen umso schwerer, für sich und ihre Pferde einen neuen, anderen Weg zu suchen.

Ab und an finden sich ja in den einschlägigen Zeitschriften Artikel, was man alles mit einem Pferd machen kann, ohne es zu reiten. Aber diese Artikel müssten forciert werden. Das Nicht-Reiten müsste gesellschaftsfähig gemacht werden! Vielleicht auch mal ein nicht gerittenes Pferd auf die Titelseite.

Wenn Artikel über die Arbeit am Boden erscheinen, dann gehen sie schnell in die Richtung von höheren Lektionen. Das können aber viele Pferde nicht (mehr). Ich würde mir in allen Reiterzeitschriften, nicht nur in „Cavallo“ und „Mein Pferd“, eine Rubrik wünschen „Was tun, wenn mein Pferd nicht (mehr) reitbar ist“ oder so ähnlich. Die Beschäftigungsmöglichkeiten sind doch so vielfältig und gehen über reines Spazierengehen total hinaus, aber es fehlt die gesellschaftliche Akzeptanz!

Ich habe selbst zwei nicht-reitbare Pferde und ein inzwischen Reitbares. Wir machen so viel Sachen mit den Nicht-Reitbaren und es macht so viel Spaß. Selbst auf „niedrigem“ Sportniveau kann man den Pferden noch so viel beibringen und so viele anregende Dinge mit ihnen machen, die auch für den Menschen selbst einen hohen Grad an Zufriedenheit bringen.

Viele Grüße
Birgit Oberkötter

In dem Satz Das Nicht-Reiten müsste gesellschaftsfähig gemacht werden! steckt für uns der entscheidende Punkt für diesen Blogbeitrag. Obwohl sich da in den letzten Jahren schon viel getan hat und es inzwischen eine ganze Reihe von großen Trainer-Namen für die Bodenarbeit gibt, so dient die Arbeit am Boden vielen leider immer noch vor allem dazu, zum Reiten zu kommen oder sie ist tatsächlich nur ein „Ersatz“, wird also noch immer nicht als gleichwertig mit dem Reiten gesehen. „Pferde sind zum Reiten da“ – davon scheinen die meisten Menschen fest überzeugt, und das, obwohl sich zumindest bei Pferdeleuten inzwischen herumgesprochen haben sollte, dass Pferde anatomisch eigentlich gar nicht dafür gedacht sind, zusätzliches Gewicht auf dem Rücken zu tragen …

Wir möchten hier gerne Ideen sammeln, wie es zu schaffen ist, dass das Reiten immer mehr nur noch eine Möglichkeit von vielen wird, und sich nicht alles darauf konzentriert! Birgit hat ja selbst bereits angeregt, dass in den Pferdezeitschriften mehr und viel selbstverständlicher darüber berichtet werden müsste, denn tatsächlich werden die Spielarten der Bodenarbeit immer noch als etwas „Besonderes“ dargestellt oder gezielt als Vorbereitung für das (Ein)Reiten. Hier könnten die Medien ganz sicher viel bewirken. 

Hier bei „Wege zum Pferd“ ist der Anteil der Bodenarbeitsthemen, wie wir denken, sehr hoch – so verbreiten wir mit dem Longenkurs fundiertes Knowhow für ein sinnvolles Bodentraining nach den Regeln der Biomechanik und zeigen mit dem Clickerkurs alle möglichen Variationen der Zusammenarbeit mit dem Pferd. Wir werden unsere Seite weiterhin konsequent dafür nutzen, die Vielfalt der Möglichkeiten aufzuzeigen, mit einem Pferd zu arbeiten und Freude zu haben, und hoffen damit, unseren Teil dazu zu tun, dass der Fokus weg vom Reiten hin zu einem Miteinander geht, bei dem das Pferd Partner statt Sportgerät ist.

Ideen, die uns darüber hinaus gekommen sind:

  • Anfänger-Unterricht könnte zunächst NUR am Boden statt finden, denn so schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: pferdeunerfahrene Menschen können den richtigen Umgang mit den Tieren lernen und werden von Beginn an mit den verschiedenen Möglichkeiten vertraut gemacht, was man außer Reiten mit einem Pferd noch alles machen kann. Vielleicht könnte man auch darüber nachdenken, Anfänger in Paaren zu unterrichten, so dass  im Wechsel einer vom Boden aus mit dem Pferd arbeitet, während der andere zunächst einfach seinen Sitz schult.
  • Im normalen Reitunterricht könnte man zu Beginn und zum Ende Bodenarbeitsübungen vorstellen (die oft genauso erlernt und auch korrigiert werden sollten, wie das Reiten).
  • In jedem Stall könnte mindestens zweimal in der Woche Bodenarbeitstage eingerichtet werden, an denen dann in Longieren, in der Arbeit an der Hand, in Zirkuslektionen, Freiarbeit und dergleichen mehr guter Unterricht angeboten wird. 
  • Bei der Ausbildung sollten Bereiter die Wichtigkeit der Bodenarbeit einerseits selbst erkennen (und nicht nur das Longieren als Weg sehen, möglichst schnell zum Reiten zu kommen, wie es leider noch so oft der Fall ist) und auch den Eigentümern deutlich machen, dass die Ausbildung am Boden unerlässlich ist.
  • Pferdebesitzer, die eine Reitbeteiligung auf ihrem Pferd bieten, könnten fordern, dass die Pferde nicht nur geritten werden, sondern dass auch ausdrücklich Bodenarbeit gemacht werden soll.
  • Wenn Turniere ausgerichtet werden, könnte es gleichwertige Wettbewerbe am Boden geben.
  • Tierärzte und Pferdephysiotherapeuten könnten darüber aufklären, was das Reiten für den Pferderücken bedeutet und dass gute Bodenarbeit auch Gesundheitsvorsorge bedeutet.

Und nun seid Ihr alle gefragt: Was fällt Euch zu dem Thema ein?

  • Was könnten Sie ganz persönlich in Ihrem eigenen Kreis machen?
  • Was könnte in Ihrem Stall gemacht werden?
  • Was könnte reitsport-übergreifend gemacht werden?
  • Was könnten Medien und Reit-Institutionen machen?
  • Was ist sonst noch möglich?

Wir sind gespannt!

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31. März 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Sonstiges 35 Kommentare »

Ja zum Nein oder wozu sonst?

Wie alle, die schon länger mitlesen, wissen, ist mein Anthony ein Nein-Sager, wie er im Buche steht. Und da wird mir ziemlich oft die Frage gestellt, wie ich es eigentlich schaffe, mit seinem Nein umzugehen. Auf diese Frage möchte ich ganz ehrlich antworten: So sehr ich versuche, Ja zu seinem Nein zu sagen, so komme ich damit keineswegs immer gleich gut klar, sondern sehr unterschiedlich je nach meiner eigenen Tagesform oder auch nach dem Grad der Rotzigkeit, mit der er mir gegenübertritt.

Es gibt inzwischen viele Tage, an denen ich ehrlich schmunzeln oder auch herzlich lachen kann, wenn er mir mal wieder den Mittelhuf zeigt oder er komplett auf Krawall gebürstet ist. An anderen Tagen macht es mich traurig, weil alles so viel schöner sein könnte, wenn er etwas kooperativer wäre, und ich ihn nicht verstehe, und ich mich frage, was ich wieder falsch mache oder noch tun kann, aber keine Antwort finde. Und immer noch gibt es auch Tage, an denen es mich schlicht und einfach nervt, dass er so ist, wie er ist, und ich damit hadere, warum er nicht einfach ein bisschen unkomplizierter und netter sein kann.

Ich weiß, dass ich nicht umsonst ein Pferd wie ihn bekommen habe, und, wie schon öfter geschrieben, ich habe von Anthony durch seine Art mehr gelernt als von allen anderen Pferden, gerade auch über mich selbst. Gleichzeitig kostet er mich aber auch viel mehr als alle anderen Pferde, aber das liegt wohl in der Natur der Sache.

Gerade weil er mir auch immer wieder ganz berührende Momente schenkt, in denen er sich öffnet und dadurch buchstäblich die Sonne aufgeht, ist es dann umso härter, wenn er wieder dicht wie eine Auster macht. Da muss ich dann immer wieder feststellen, dass ich bis zum heutigen Tag nicht ganz erwartungsfrei bin und dass ich manches auch nach all den Jahren und Selbstreflexionen persönlich nehme. Es ist sein „Ich weiß zwar nicht, worum es geht, aber ich bin auf jeden Fall dagegen“, das mir besonders wehtut, da ich doch versuche, alles zu tun, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen, und noch immer mir die Schuld für sein Verhalten gebe, wenn ich das Gefühl habe, dass er unzufrieden ist. Wer auch ein Nein-Sager-Pferd hat, wird verstehen, was ich meine.

Mit Anthony umzugehen, heißt für mich immer wieder, ihm Grenzen zu setzen und auf diesen zu bestehen, denn in seinem Nein überschreitet er diese ständig. Und das macht es so schwer, Ja zu seinem Nein zu sagen, weil ich in der Praxis oft das Gefühl habe, Nein zu seinem Tun sagen zu müssen.

Ich ahne, dass viel in diesem Thema Grenzen steckt. Vielleicht geht es darum, meine eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu erkennen und diese zu akzeptieren – also das, was ich geben und leisten und tun kann und was eben auch nicht. Ich sehne mich nach Harmonie mit ihm und danach, endlich mal das Gefühl zu haben, ihm gerecht zu werden, aber genau das erreiche ich irgendwie nie (nicht dauerhaft jedenfalls). Ich bin also mal wieder oder immer noch auf dem falschen Weg.

Vielleicht stelle ich auch immer wieder die falsche Frage. Vielleicht geht es nicht nur darum, wie ich Anthony und sein Nein annehmen kann, sondern auch darum, mich selbst in der Beziehung zu ihm? Wie ich ohne Schuldgefühle und schlechtes Gewissen akzeptieren kann, dass ich mit ihm nicht so sein kann, wie es eigentlich gerne sein würde, und ihm nicht das geben kann, was ich geben möchte? Vielleicht muss ich mehr Ja zu mir selbst sagen?

Wieder mal viel Stoff zum Nachdenken …

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24. März 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang 20 Kommentare »

Eine Übung für das gesetzte Angaloppieren

Hier bei „Wege zum Pferd“ geht es immer wieder um das gute Laufen des Pferdes (s. z.B. hier und hier). Ein Pferd soll idealerweise korrekt gestellt und gebogen sein, der Rücken soll schwingen und es soll Last mit der Hinterhand aufnehmen und losgelassen und in Balance laufen können – und das in allen Gangarten.

Während viele sich das mit ihrem Pferd im Schritt und Trab recht gut erarbeiten können, zeigen sich im Galopp häufig größere Probleme. Hier nämlich kommt es sehr schnell zu einem Balanceverlust und das Pferd versucht, sich ins Tempo zu retten, stürmt also los. In unserem Longenkurs empfehlen wir, zunächst nur das Angaloppieren zu üben, also wirklich nur die ersten Galoppsprünge und nicht mehr, um das heillose Davonstürmen zu vermeiden. Sehr gut unterstützen lässt sich das mit der folgenden Übung.

Das Angaloppieren aus dem Schulterherein

Für uns stehen die Seitengänge in der Ausbildung vor dem Galoppieren an, wir erarbeiten uns also z.B. das Schulterherein schon sehr früh. Bereits in der stellenden und biegenden Longenarbeit fragen wir ein leichtes Schulterherein ab, um z.B. das innere Hinterbein zum vermehrten Untertreten anzuregen. Zuerst nur im Schritt, dann aber auch im langsamen Trab. Das Schulterherein kann dann sehr gut durch die Arbeit an der Hand weiterentwickelt und auch unter dem Sattel erarbeitet werden.

Wenn Ihr Pferd das Schulterherein beherrscht, können Sie folgende Übung probieren – und das sowohl an der Longe als auch geritten:

  • Lassen Sie das Pferd ganze Bahn im Schulterherein traben.
  • An der nächsten langen Seite nutzen Sie den Mittelzirkel (damit haben Sie genug Strecke, um ein lockeres Schulterherein zu erarbeiten, später können Sie auch auf einen normalen Zirkel gehen), um im Moment des Abwendens sanft die Galopphilfe zu geben – wichtig: das Pferd soll auf dem Zirkel nicht mehr im Schulterherein galoppieren, sondern dort dann einfach der Zirkellinie entsprechend korrekt gebogen.
  • Freuen Sie sich über jeden Galoppimpuls des Pferdes – es muss noch gar nicht richtig angaloppieren, sondern soll erst nur verstehen, dass es aus dem Schulterherein angaloppieren soll und das möglichst ohne loszustürmen.
  • Auf dem Hufschlag gehen Sie wieder Trab, führen das Pferd behutsam zurück ins Schulterherein und lassen es wieder ganze Bahn gehen.

sh_galoppBitte schön locker und ohne große Erwartungen

Der Wechsel von Schulterherein und Angaloppieren ist sowohl für Sie als Reiter/in als auch für das Pferd eine anspruchsvolle Lektion. Geben Sie sich also beiden Zeit, die Aufgabe zu bewältigen. Vermeiden Sie jede Hektik und werden Sie nicht unwirsch, wenn Ihr Pferd beim Abwenden losstürmt, sondern setzen Sie wieder neu an. Geben Sie sich zu Beginn damit zufrieden, dass Ihr Pferd nur einen Galoppimpuls zeigt und loben Sie es ausgiebig, wenn es sich vom Tempo her leicht wieder einfangen lässt.

Üben Sie auch bitte nicht zu lang und oft, denn diese Aufgabe kostet viel Kraft und Konzentration. Bauen Sie die Übung lieber immer mal wieder zwischendurch ein, so als würden Sie einfach aus Interesse die Frage stellen: „Lass uns doch mal schauen, ob du vielleicht aus dem Schulterherein angaloppieren kannst?“ Nach und nach wird Ihr Pferd diese Frage immer öfter mit „Ja, kann ich!“ beantworten und Sie werden einen immer schöneren, gesetzten Galopp erleben dürfen.

Tipp: Probieren Sie auch aus, aus dem Schritt im Schulterherein anzugaloppieren.

17. März 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Longieren, Reiten, Übungen 3 Kommentare »

Kreative Handyfotos, Teil 4

Vor einiger Zeit hatte ich hier als Ergänzung zu meinem Fotokurs eine kleine Serie veröffentlicht, wie Ihr mit Eurem Handy kreative Pferdefotos machen könnt (Teil 1, Teil 2 und Teil 3). Heute möchte ich Euch in diesem vierten Teil zeigen, wie man romantische Pferdebilder machen kann, so wie z.B. dieses von meinem schlafenden Aramis:

aramis_weichSchon früher, als es noch keine ausgefeilten Fotobearbeitungsprogramme gab, mochte ich weichgezeichnete Bilder. Damals habe ich mir mit einer Perlon-Strumpfhose über dem Objektiv geholfen (einfach mit einem Schnipsgummi über der Linse befestigen. Andere haben einen Pol-Filter genommen und ihn (den Filter, niemals direkt die Linse!) am Rand mit Vaseline beschmiert. Hatte man nichts dabei, konnte man die Linse auch anhauchen (nur musste man dann schnell genug mit dem Foto sein ). Heute geht es ein bisschen leichter, denn man kann Apps oder Fotobearbeitungsprogramme nutzen, um den Effekt zu erzielen.

Meine persönliche Lieblings-App ist nach wie vor die „Hipstamatic“ und da gibt es eine Film- und Linsen-Kombination, die sehr zuverlässig romantisch-verspielte Bilder macht: Linse: Sergio und Film: Blanko 1. Hier wird automatisch eine so genannte Vignette erzeugt, bei der der Rand unscharf und etwas dunkler als der Rest ist:

jungs_weichAuch Babettes Pepe habe ich so fotografiert, allerdings ein bisschen im Gegenlicht, was die Stimmung noch verstärkt:

pepe_wSelbst rasante Tobereien bekommen weichgezeichnet etwas schon fast Märchenhaftes:

jungsweich3jungs_weich2 (mehr …)

3. März 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Sonstiges 0 Kommentare »

Wie es mir geht? Fragen Sie mein Pferd!

Wer hier schon etwas länger mitliest, weiß dass ich mit meinem Anthony ein Pferd habe, das mich, sagen wir mal, immer wieder vor Herausforderungen stellt. Ich habe schon viel darüber geschrieben, was ich durch ihn gelernt habe (siehe z.B. hier, hier und hier) und es ist wohl so, dass Anthony mich mehr über das Wesen von Pferden gelehrt hat, als alle anderen Pferde, mit denen ich zu tun hatte.

Darüber hinaus aber hat Anthony mir auch sehr viel über mich selbst gezeigt. Dieses Pferd hat mich immer wieder an meine Grenzen gebracht und manches Mal auch darüber hinweg. Ich habe durch ihn viele meiner Schwächen erkannt und konnte lernen, manche davon konstruktiv umzuwandeln. Und wie kein anderes Wesen, das ich kenne, reagiert Anthony unmittelbar und ungefiltert auf meine Stimmungen und Befindlichkeiten. Wenn ich wissen will, wie es mir geht, muss ich nur zu ihm gehen und bekomme eine deutliche Antwort.

Es gibt z.B. Tage, an denen ich eigentlich denke, dass ich gut drauf bin. Vielleicht habe ich gut was weggearbeitet, vielleicht einen netten Erfolg gehabt oder bin aus anderen Gründen meiner Einschätzung nach gut gelaunt. Doch treffe ich dann auf Anthony, dreht er sich weg, schnappt nach meinem Arm oder lässt sich nicht aufhalftern. Während ich früher in einer solchen Situation schnell wütend wurde oder mich abgelehnt fühlte, nehme ich das heute zum Anlass zu überlegen, was ich wohl ausstrahle, auf dass er so reagiert – vielleicht bin ich angespannt, vielleicht zu „businessmäßig“ drauf, vielleicht zu wenig „da“, sondern mit meinen Gedanken ganz woanders. An anderen Tagen denke ich, dass er heute wahrscheinlich nicht mit mir mitkommen will, weil ich irgendwie mit einer ganz grauen Stimmung zu ihm komme, traurig bin oder nachdenklich und er empfängt mich gleichsam mit einem Lächeln, steckt seinen Kopf freiwillig ins Halfter und sucht meine Nähe. Dann weiß ich heute, dass ich offenbar an diesem Tag viel offener und zugänglicher bin, als ich dachte.

Auch dieser Beitrag könnte wieder einer sein, bei dem mir manch einer vorwerfen wird, mein Pferd zu vermenschlichen. Aber das weiß ich inzwischen besser. Pferde ganz allgemein sind sehr gut darin, unsere Stimmungen und Befindlichkeiten zu erspüren, und auch wenn sie nicht alle so deutlich darauf reagieren, so wissen sie alle sehr genau, ob wir gerade gestresst oder gereizt oder locker und entspannt sind (und vieles mehr).  Anthony gehört zu den Pferden, die nicht nur sehr viel wahrnehmen, sondern auch sofort ganz klar darauf reagieren. Seine Sensibilität ist tatsächlich so hoch, dass er oft besser weiß, wie es mir geht, als ich selbst.

Ich bin mir sicher, dass ich mir das nicht nur einbilde, denn über viele Jahre habe ich mir immer wieder gesagt, dass das nicht sein kann und habe die Zeichen meines Pferdes ignoriert oder ich habe versucht, ihn „zu erziehen“. Schließlich kann man sich nicht alles gefallen lassen, oder? Und wo kämen wir denn dahin, wenn man einem Pferd ständig alles durchgehen lässt? So dachte ich. Jetzt, wo ich immer besser akzeptieren kann, dass Anthony Anthony ist, und es mir immer besser gelingt, ihn in seinem Sein zu würdigen, kann ich auch das besser annehmen, was er mir durch sein Verhalten mitteilt. Klar, oft hat sein Verhalten vor allem mit ihm selbst zu tun (ich bin ja nur den kleinsten Teil seines Tages da und es gibt vieles, was ihn beschäftigt, angefangen vom Wetter und körperliche Befindlichkeiten über die Futtersituation bis hin zu anderen Pferden und vieles andere mehr), aber ganz oft reagiert er eindeutig auf mich und das, was ich mitbringe. 

Und so kann ich also tatsächlich an meinem Pferd ablesen, wie es mir geht. Nicht immer gefällt mir, was ich da gespiegelt bekomme, aber immer liegt er ziemlich richtig, was ich in der Selbstreflexion erkenne. Manchmal kann ich mich durch sein Verhalten anders auf ihn einlassen und bekomme sofort eine positive Reaktion, manchmal aber muss ich auch einfach akzeptieren, dass wir uns an diesem Tag nicht guttun. Dann bekommt er seine Möhre und wir lassen einander sein, so wie wir eben sind.

Vielleicht kann auch dieser kleine Artikel wieder manch‘ einem von Euch das Verhalten Eurer Pferde Euch gegenüber etwas anders sehen lassen, vor allem wenn Euer Pferd ungnädig, abweisend oder nervig zu sein scheint. Ich bin inzwischen fest davon überzeugt, dass wir selbst mit dem, wie ein Pferd auf uns reagiert, nämlich oft sehr viel mehr zu tun haben, als uns klar ist. Und diesen Gedanken wirklich mal zuzulassen, kann im Miteinander mit unserem Pferd sehr vieles ändern – da spreche ich mal wieder aus eigener Erfahrung!

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24. Februar 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Verhalten 13 Kommentare »

Das gute Laufen ist ein Dauerthema

Wir haben uns ja  sehr ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie man einem Pferd das gute Laufen auf der gebogenen Linie vermitteln kann. Dieses Vermitteln einer guten Laufmanier ist dabei weniger als eine Art Lektion zu sehen, sondern es ist vielmehr ein dauerhafter Prozess.

Was wir damit meinen? Lesen Sie weiter. 

Pferde laufen in der Natur keine Kreislinien, sondern vor allem in gerader Richtung und wenn sie die Richtung wechseln wollen, sieht das meist so aus:

wechselSie stoppen schlagartig und drehen auf der Stelle. Dabei fallen sie extrem auf eine Seite. Da Pferde das in der freien Natur nicht ständig tun, wirkt sich das in der Regel nicht gesundheitsschädigend aus. Lässt man nun aber ein ungeschultes Pferd an der Longe (oder unter einem Reiter) unbeeinflusst auf der Kreislinie laufen, zeigt sich dasselbe Bild:

kurveWieder kippt das Pferd extrem auf die innere Schulter. Muss es dann so Runde um Runde und Trainingseinheit für Trainingseinheit und oft auch noch in einem viel zu hohen Tempo laufen, sind auf diese Weise Gesundheitsschädigungen vorprogrammiert. 

Ein Pferd muss erst lernen, wie es eine gebogene Linie in einer Manier bewältigen kann, die seiner Gesundheit nicht schadet –  siehe dazu unseren Longenkurs und Sehen lernen. Wir können dem Pferd Schritt für Schritt zeigen, dass es dafür im Genick nachgeben, sich stellen und biegen, die innere Schulter anheben, den Rücken mehr anheben und mit dem inneren Hinterbein mehr Last aufnehmen kann, um die gebogene Linie zu meistern:

gebogenDas Entscheidende bei der Sache ist aber die: Es ist beim guten Laufen mit einem einmaligen Lernen nicht getan! Wenn ein Pferd das Grundprinzip verstanden hat, ist natürlich schon viel gewonnen. Deshalb wird es aber dennoch immer wieder ganz schnell in die alten Bewegungsmuster geraten, also vielleicht auch nach monatelangem Training plötzlich wieder nach innen fallen oder sich nicht stellen lassen. Das tut es NICHT, um uns zu ärgern, weil sie stur sind oder dumm, sondern weil bewusste Bewegungen anstrengender sind als die natürlichen Bewegungsmuster (oder weil es z.B. auch körperliche Beschwerden hat, die sich dann so zeigen). 

Das ist nicht viel anders als bei uns: Denken Sie einfach nur mal an das gerade Sitzen. Vielleicht waren Sie bei der Krankengymnastik und haben gezeigt bekommen, wie Sie idealerweise sitzen sollen. Dann machen Sie das vielleicht in den ersten Tagen, aber ganz schnell schleichen sich die alten Gewohnheiten ein und Sie hängen wieder durch. Genauso ist es auch bei Pferden, denn das, was wir ihnen zeigen, entspricht nicht ihrer natürlichen Bewegungsweise. Wenn wir möchten, dass unser Pferd dauerhaft gut läuft, ist es wichtig, immer wieder von den Grundlagen an das Laufen neu aufzubauen. Selbst mit echten Longierprofis beginnen wir, wenn es nötig ist, mit den Basisübungen wie „Führen in Stellung“ und „Anschraten“.

Das gute Laufen ist also als Lernaufgabe ein Dauerthema und wird das Pferd, solange es gearbeitet werden soll, begleiten. Und dabei müssen wir auch immer wieder bereit sein, bei Null anzufangen.

10. Februar 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Anatomie und Körper, Longieren 8 Kommentare »

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    Mitgründerin und aktuelle Betreiberin von "Wege zum Pferd".

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