Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 6: Ich glaub, ich pack das nicht!

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Am nächsten Morgen war ich schon früh auf dem Weg zum Stall. Ich hatte ziemlich schlecht geschlafen in dieser Nacht, und war viel früher als sonst aufgestanden, denn ich konnte es kaum erwarten, zu Monty zu fahren.

Entweder wäre heute wieder alles normal, dann musste ich damit leben, dass meine Phantasie doch manchmal ein bisschen zu lebhaft wurde (in diesem Fall würde der Punkt „Therapeuten suchen“ ganz nach oben auf meine Checkliste kommen) oder ich würde meinem sprechenden Pferd all die Fragen stellen können, die mir auf der Seele brannten (und das waren viele, ich würde in diesem Fall eine lange Liste erstellen). Wie auch immer, ich musste wissen, woran ich nun tatsächlich war.

Als ich zum Auslauf an der Weide kam, lagen fast alle Pferde und dösten in der Morgensonne, so auch Monty. Ich öffnete leise das Tor und ging langsam und vorsichtig zu der Herde.

Da keiner von ihnen durch mich beunruhigt erschien, näherte ich mich Monty, der in Brustlage mit geschlossenen Augen dalag.

„Hi, Monty.“, flüsterte ich. Er reagierte nicht, so, als hätte er mich gar nicht wahrgenommen. Puh, also doch kein sprechendes Pferd, dachte ich und wusste nicht, ob ich nun erleichtert oder traurig war. Ich setzte mich selbst in den Sand.

„Na, Sie sind aber früh dran heute.“, sagte mein Pferd nach einer Weile, ohne die Augen zu öffnen.

Er spricht also doch, dachte ich und wusste wieder nicht, was das in mir auslöste: Schreck oder Freude?

„Ach …, ja, ich konnte schlecht schlafen.“

„Das tut mir leid.“

„Ich bin halt so durcheinander, weil du jetzt sprichst und ich war mir nicht sicher, ob es wirklich so ist oder ich mir das nur eingebildet hatte, und nun wollte ich herkommen, um, … naja, herauszufinden, ob du wirklich sprichst.“

Dazu sagte Monty nichts. Er döste einfach weiter. In diesem Moment wirkte wieder alles genau wie immer, so dass ich mich fragte, ob das Ganze nicht doch einfach nur in meinem Kopf stattfand. Immerhin wäre das doch deutlich wahrscheinlicher, wenn auch nicht beruhigender.

Dann gähnte Monty herzhaft und stand mit einem „Na, dann wollen wir mal.“ auf.

„Oh, du hättest doch ruhig liegen bleiben können.“, rief ich und rappelte mich selbst hoch.

„Die Arbeit ruft.“, sagte er. „Stört es Sie, wenn ich noch kurz…“ Er schaute zur Tränke.

„Nein, nein, natürlich nicht, geh trinken, Monty!“, Es war mir höchst unangenehm, dass mich mein Pferd um Erlaubnis fragte, trinken zu gehen, und ich dachte daran, wie oft ich ihn einfach so von der Weide geführt hatte, ohne zu prüfen, ob er vielleicht Durst hatte. Ich schämte mich.

Und als ich ihn da so zur Tränke laufen sah und vielleicht zum ersten Mal wirklich begriff, dass mein Pferd nun sprach, klopfte mir das Herz bis zum Hals. Ich bekam regelrecht Panik, als er wieder auf mich zu trottete. Das alles wuchs mir über den Kopf.

„Weißt du, Monty“, sagte ich und lachte auf eine befremdlich künstliche Art viel zu laut „eigentlich hatte ich heute nur ganz kurz vorbeischauen wollen. Also, keine Arbeit, du hast frei. Kannst dich wieder hinlegen und weiterschlafen. Äh … – möchtest du ein Leckerli?“ Ich hielt es ihm unmittelbar unters Maul, worauf er es reflexartig nahm. „Gut,  … also dann, … hab einen schönen Tag.“, stammelte ich, drehte mich um und konnte mich gerade noch davon abhalten zu rennen. Aber ich verschwand sehr schnellen Schrittes.

Als ich wieder im Auto saß, versuchte ich, meine Atmung zu beruhigen. Mir standen Schweißperlen auf der Stirn und ich zitterte. Das Ganze machte mir große Angst.

Würde ich damit umgehen können, ein sprechendes Pferd zu haben? Ich wusste es wirklich nicht.

Fortsetzung: Kapitel 7

Ich bin's, Ihr Pferd – Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

19. Februar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 6: Ich glaub, ich pack das nicht!

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 5: Und was mache ich jetzt?

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich weiß noch genau, wie ich an diesem Tag, an dem Monty das erste Mal mit mir gesprochen hatte, sehr verwirrt von der Weide zurück zum Stall lief. Ich versuchte, zu verstehen, was da eigentlich gerade geschehen war: Mein Pferd hatte gesprochen. Ich hatte ein sprechendes Pferd. Ein ausgesprochen höfliches, sprechendes Pferd. Es siezte mich sogar.

Es gab keinen Zweifel, ich musste vollkommen verrückt geworden sein.

Und was soll ich jetzt machen, fragte ich mich. Tja, was macht man, wenn man durchdreht? Ich für meinen Teil packte Montys Sachen weg, nahm meine Jacke, schloss die Sattelkammer ab und setzte mich in mein Auto.

„Ich habe mir das schlicht und einfach eingebildet.“, sagte ich zu meinem Lenkrad. Das antwortete glücklicherweise nicht, sonst hätte ich wahrscheinlich einen Schreikrampf bekommen. Ich klappte die Sonnenblende herunter und schaute in den Spiegel. „Mädel, du machst mir Sorgen.“, sagte ich dieses Mal zu mir selbst und zuckte mit den Schultern. Dann startete ich den Motor und fuhr nach Hause.

Tage, an denen sich plötzlich das Leben ändert, zeichnet meist vor allem eines aus: Sie sind endlos lang. Ich konnte mich an diesem Tag auf nichts mehr konzentrieren. Was ich auch anfing, meine Gedanken kreisten um mein sprechendes Pferd und um meinen Geisteszustand. Am liebsten wäre ich noch einmal zu Monty gefahren, um mich zu überzeugen, dass er – natürlich! – nicht sprach, aber ganz ehrlich? Ich traute mich nicht.

Genauso wenig traute ich mich, irgendjemandem davon zu erzählen. So etwas kann man einfach niemandem sagen, nicht einmal seiner besten Freundin. Die hätte ich zu gerne angerufen. Anne hat auch Pferde und wir haben schon vieles in Sachen Pferd zusammen erlebt und durchgemacht. Aber selbst sie würde wahrscheinlich an meinen Verstand zweifeln oder es für eine esoterische Spinnerei halten und nicht für eine reale Tatsache. Dass wir alle mal das Gefühl haben, eine Art „Botschaft“ von unseren Pferden zu bekommen oder hin und wieder auch mal ihre Gedanken lesen zu können, das schien mir ja noch normal (ich hatte mir das jedenfalls vorher durchaus mal eingebildet), aber dass ein Pferd wirklich spricht? So richtig mit Worten und laut und deutlich? Das gibt’s doch nur in Büchern und Filmen.

Nun aber hatte meines gesprochen – und war das nicht eigentlich einfach großartig?

Wie oft hatte ich mir gewünscht, Monty besser zu verstehen! So wäre es zum Beispiel im Falle von Krankheiten doch ausgesprochen hilfreich, wenn ein Pferd sagen könnte, wie es ihm geht oder worin genau seine Beschwerden bestehen. Häufig hätte ich gerne wissen wollen, was ihm Sorgen bereitet hatte, wenn er mal wieder auf einem Ausritt aufgeregt auf der Stelle tänzelte oder partout nicht an einem Ort vorbeigehen wollte, an dem ich nichts Ungewöhnliches entdecken konnte. Ich hätte auch gerne gewusst, was er beim letzten Umzug in den neuen Stall gedacht hatte und vieles, vieles mehr.

Jetzt würde ich ihn das alles fragen können! Ich würde nicht mehr raten, interpretieren und spekulieren müssen, sondern er könnte mir sagen, was er braucht und was nicht, was er mag und was nicht – war das nicht genial? Wir könnten uns beim Reiten viel leichter über die nächsten Lektionen austauschen. Ich könnte einfach sagen, was ich will, weil er mich ja verstehen kann. Wow, alles würde jetzt so viel einfacher werden! Und nun würden wir ganz sicher auch die Beziehung bekommen, die ich mir immer für uns gewünscht hatte: Echte Freunde würden wir werden, die über alles einfach alles reden können.

In diesem Moment war ich sehr glücklich.

Als ich allerdings abends im Bett noch einmal über Monty nachdachte, sank meine Stimmung wieder. Monty war in seinem ganzen Wesen kein besonders anhängliches oder zugängliches Pferd, sondern immer etwas distanziert. Ich hatte nie das Gefühl, dass mein Pferd mich liebte, so wie ich es bei Hunden oft sah, die ihre Besitzer schon manchmal zu vergöttern schienen. Klar, ein Pferd war kein Hund, aber ein bisschen wollte doch jeder von seinem Pferd geliebt werden, oder?

Nun würde ich herausfinden können, was Monty wirklich über mich denkt – und das war, wenn man mal wirklich so darüber nachdachte, eine ganz schön gruselige Vorstellung! Ich meine, wir kamen ja gut miteinander aus, aber würde das jetzt, da mein Pferd seine Stimme gefunden hatte und seine Meinung äußern konnte, noch reichen? Ich fragte mich, wie mich Monty wohl ehrlich erlebte. War ich in seinen Augen eine gute Besitzerin? Die Aussicht, auf solche Fragen nun tatsächlich Antworten zu bekommen, machte mir furchtbare Angst.

Es war schon sehr spät, als ich irgendwann endlich einschlief.

–>Fortsetzung: Kapitel 6

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

11. Februar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 5: Und was mache ich jetzt?

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 4: Eine erste Unterhaltung mit meinem Pferd

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Da standen wir, mein Pferd und ich, in der Mitte der Reithalle und ich versuchte zu begreifen, was gerade geschah. Ich war natürlich noch nie zuvor in der Situation gewesen, dass ein Pferd mit mir gesprochen hatte, nicht meines oder irgendein anderes, und hatte deshalb keine Ahnung, was man in diesem Fall tut. Also fragte ich: „Und jetzt?“

„Ach, wenn es Ihnen nichts ausmacht, wäre es schön, wenn Sie bitte erst einmal das Mundstück entfernen könnten.“, sagte Monty und öffnete sein Maul, streckte seine Zunge heraus und schob das doppelt gebrochene Gebiss hin und her, wie um mir zu zeigen, was er meinte.

„Klar, natürlich, tut mir leid.“, sagte ich und öffnete hastig den Kehlriemen des Zaums, fasste ihn am Genickstück und streifte ihn zusammen mit den Zügeln über Montys Ohren. Er gähnte herzhaft und sagte dann er mit einer deutlich klareren Stimme: „Danke, das ist besser, es spricht sich doch etwas leichter, ohne ein Metallstück auf der Zunge zu haben.“

Ich schaute ziemlich verlegen auf den Zaum in meiner Hand und wusste nichts zu sagen.

„Na, machen Sie sich mal keine Sorgen, es ist schon ok mit dem Gebiss. Ich meine, Sie ziehen ja nicht doll daran. Nur für ein Gespräch ist es einfach netter ohne, was Sie sicher nachvollziehen können.“

„Ja, natürlich.“, sagte ich.

Und dann standen wir wieder so da, ohne dass ich einen Plan hatte, wie es nun weitergehen sollte.

„Vielleicht … sollte ich auch den Sattel? Ich meine, … es ist vielleicht auch angenehmer, sich ohne Sattel zu unterhalten?“

„Ach ja, wenn Sie vielleicht so freundlich wären, gerne.“

Ich öffnete den Sattelgurt, ging um Monty herum, legte den Gurt auf der anderen Seite auf die Sitzfläche des Sattels und hob den Sattel von seinem Rücken. Monty streckte den Kopf nach vorne und schüttelte sich, während ich mit dem Sattel im Arm unschlüssig herumstand.

„Ähm, … macht es Ihnen etwas aus, wenn ich vielleicht kurz …, Sie wissen schon, es juckt immer so, da ist es schön, sich ein bisschen in den Sand zu legen.“

„Klar, kein Problem, mach nur, Monty.“, sagte ich zu meinem Pferd, der bereits nach der bestmöglichen Wälzstelle zu suchen begonnen hatte.

„Ich häng den Sattel dann einfach mal auf die Bande.“, sagte ich mehr zu mir als zu ihm. Ich hatte das dringende Bedürfnis, meine Stimme zu hören, wie, um zu überprüfen, dass ich wach war und dass das alles hier gerade wirklich passierte.

Wie immer brauchte Monty sehr lange, um sich zu entscheiden, wohin er sich legen wollte. Ich hörte, wie er vor sich hin murmelte: „Hier sieht es gut aus, … nein, Moment, nein, doch nicht …, aber hier, ja, hier …, ach nein, halt, dort drüben, ja, das sieht besser aus, aber diese Stelle dort könnte noch besser sein …, Moment, da hinten ist es ganz sicher optimal … oder vielleicht doch lieber dort …“

Ich lief rot an bei dem Gedanken, wie oft ich ihn dafür angemault hatte, dass er doch ein bisschen schneller machen solle, weil ich nicht ewig Zeit hätte und dass doch jede Stelle gleich sei. Jetzt hielt ich meinen Mund und wartete geduldig.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich ein: „Hier!“, und mein Pferd ließ sich geräuschvoll in den Hallensand fallen. Mit unfassbar vielen „Ohhhhs“ und „Ahhhs“ und „Hmmmms“ wälzte er sich von links nach rechts und von rechts nach links, rieb seinen Hals im Sand und drehte sich erneut auf die andere Seite. Ich wurde nochmal rot und schaute zur Hallentür hinaus, ob jemand vielleicht durch die Geräusche kommen würde, um zu gucken, was hier los ist, aber offenbar waren wir noch immer allein im Stall.

Dann sprang Monty auf, streckte den Hals erneut und schüttelte sich wieder. Der Staub sah im Licht, das von außen durch das Dach hereinschien, wie Nebel aus. Er hustete.

„Ist ganz schön staubig hier drin, was?“, fragte ich schuldbewusst. „Vielleicht hätte ich doch besser noch sprengen sollen.“

„Ach, machen Sie sich keine Sorgen, das geht schon. Ist ja meistens so staubig, das bin ich gewöhnt.“, sagte er und das bewirkte nicht gerade, dass ich mich besser fühlte. „Gut war das, sehr gut.“ Monty knüllte zufrieden die Augen.

Wieder stand ich unschlüssig da. Ich kann mich nicht erinnern, schon mal so unsicher in meinem Leben gewesen zu sein. Monty schaute demonstrativ zur Tür.

„Also, ähm“, sagte er „wir könnten dann …“

„Ach ja, klar, dein Futter.“, sagte ich und wollte ihm den Zaum anlegen, um ihn zum Futterplatz zu führen. Aber dann hielt ich inne. Ich konnte ihn doch nicht einfach so den Zaum wieder anziehen, oder?

Er bemerkte mein Zögern.

„Ach, eigentlich ist der nicht nötig, wissen Sie, ich kenne ja den Weg.“

„Klar. Tut mir leid.“, stammelte ich, nahm den Sattel von der Bande und öffnete die Hallentür. Ich schaute Monty fragend an.

„Nach Ihnen.“, sagte er und ich ging voraus die Stallgasse entlang zum Putzplatz. Monty folgte mir. Ich brachte den Sattel weg und holte die Futterschüssel.

„Soll ich, äh, sie einfach hier hinstellen?“

„Ja, gerne. Dankeschön.“, sagte mein Pferd und begann zu fressen.

Und wieder stand ich etwas hilflos herum. Normalerweise hatte ich, während Monty fraß, immer seine Hufe ausgekratzt und war mit der Wurzelbürste über sein Fell gegangen. Das konnte ich doch jetzt nicht einfach auch so machen, oder? Plötzlich schien es mir unhöflich, ihn beim Fressen zu stören, darüber hatte ich nie zuvor nachgedacht. Ich wartete, bis er fertig war, was deutlich schneller ging als seine Suche nach dem richtigen Platz zum Wälzen.

Dann fragte ich: „Die Hufe? Also, ich meine, ich würde gerne die Hufe, äh … , auskratzen.“

„Selbstverständlich.“, sagte mein Pferd und ich kratzte seine Hufe aus.

„Vielleicht noch ein bisschen abbürsten?“, fragte ich ihn.

„Ach, das muss gar nicht sein.“, sagte er.

„Ok, klar, dann also zur Weide?“

„Ja, gerne.“

Ich griff nach dem Halfter und zögerte.

„Ok, ich verstehe, dass du auch so mitkommen würdest, aber die anderen, … weißt du, ich weiß nicht, was die sagen, wenn du so ganz frei …, ach, ich bin verwirrt, … alles ist so seltsam gerade.“

„Kein Problem, nutzen Sie ruhig das Halfter.“, sagte er und hielt mir den Kopf hin. Ich halfterte ihn auf und kam mir vollkommen idiotisch dabei vor, mein nun sprechendes Pferd am Strick zur Weide zu führen.

Als ich das Weidetor geöffnet hatte und wir hindurchgegangen waren, drehte er sich zu mir und ich zog das Halfter wieder ab.

„Hätten Sie vielleicht noch einen dieser leckeren Kekse, die so schön knuspern, für mich?“, fragte mein Pferd.

„Klar, … Moment …“, sagte ich und wühlte in meiner Jackentasche. Ich reichte ihm ein Leckerli und er nahm es mit seinen Lippen und zerkaute es geräuschvoll.

„Na, dann Tschüss, Monty.“, sagte ich, doch er hatte sich schon umgedreht und trabte los zu den anderen Pferden.

Er hat sich gar nicht von mir verabschiedet, dachte ich und irgendwie gab mir das einen Stich.

—> Fortsetzung: Kapitel 5

Monty - Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

6. Februar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 4: Eine erste Unterhaltung mit meinem Pferd

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 3: Und plötzlich spricht mein Pferd

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich also in der Reithalle den Satz hörte, der mein Leben verändern sollte:„Ich bin’s, Ihr Pferd.“

„Mein Pferd.“, wiederholte ich ziemlich blöde.

„Ähm …, ja, Sie wissen schon, der große Braune, auf dem Sie gerade sitzen?“, kam die Antwort von unten.

Für einen Moment wusste ich weder, was ich sagen, noch, was ich tun sollte. Ich hatte mal einen Meditationsworkshop gebucht. Man sollte seinen Geist leeren, hieß es da, und daran war ich kläglich gescheitert. Jetzt hatte ich den leersten Geist auf diesem Planeten, da war ich mir sicher. Und weil das so war, tat ich das, was ich als Reiterin immer tue, wenn ich nicht weiterweiß: Ich stieg ab.

Als ich neben Monty stand und ihn anschaute, wirkte er wie immer. Er guckte mich mehr oder weniger interessiert an, normalerweise bekam er ein Leckerli von mir, wenn wir fertig waren, was ich jetzt aber komplett vergaß.

„Du hast jetzt nicht gerade mit mir geredet, oder?“, fragte ich mein Pferd und kam mir ziemlich albern dabei vor.

Monty schaute mich weiter an.

Ich atmete aus. Was einem der eigene Verstand doch so für Streiche spielen konnte. Sie war mir so real vorgekommen, diese Stimme, so als wäre das wirklich geschehen. Ich zog die Steigbügel hoch und löste den Gurt. Monty seufzte hörbar, was mich wieder stutzen ließ. Ein Seufzen? Ich meine, so ein richtig hörbares Seufzen? Seit wann seufzen Pferde so?

Ich trat nach vorn zu meinem Pferd und schaute ihm in die Augen, na ja, mehr abwechselnd in je eines der Augen, denn in beide gleichzeitig zu schauen, ist ja nicht wirklich möglich.

„Du hast tatsächlich mit mir gesprochen, stimmt’s?“

Er schaute mich weiter an.

„Komm schon, Monty, sag es mir, ich werde damit klarkommen.“

Darauf schloss mein Pferd die Augen, atmete hörbar ein, öffnete die Augen wieder und sagte: „Also gut: Ja, das war ich.“

Meine Knie wurden weich und für einen Moment dachte ich, ich falle einfach um. Montys Augen wurden groß, er schien sich Sorgen zu machen. Ich beugte mich nach vorn, stemmte meine Arme auf meine Oberschenkel, um mich zu stützen, und atmete einige Male tief ein und aus.

„Also, das muss ich erstmal verdauen. Ich höre mein Pferd sprechen. Einfach so spricht mein Pferd. Das ist doch verrückt! Nein, … ICH bin verrückt geworden!“

Dann schaute ich zu Monty hoch: „Bin ich verrückt?“

„Ich würde sagen, nicht mehr als sonst.“, antwortete mein Pferd.

Ich richtete mich empört auf und sah Monty breit grinsen – wer hätte gedacht, dass Pferde grinsen können? Da musste ich selbst lachen.

„Ganz schön frech, Monty!“

„Entschuldigen Sie, aber der war einfach zu gut.“, sagte er und hatte irgendwie recht.

Fortsetzung: Kapitel 4 

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

28. Januar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 3: Und plötzlich spricht mein Pferd

Buchtipp: „Vom Abschied meines besten Freundes“ von Ann-Rebecka Madsen

„Vom Abschied meines besten Freundes: Wenn Pferde von uns gehen“ von Ann-Rebecka Madsen
tredition, 2019. – 242 S.
ISBN:978-3-7497-8320-5
21,95 EUR (broschiert, mit Illustrationen und Fotos, z.T. farbig)

Nachdem ich 2017 meinen geliebten Aramis gehen lassen musste, dachte ich schon oft, dass ich eigentlich gerne ein Buch über Abschied und Trauer schreiben würde, denn irgendwann steht dieser Schritt ja für uns alle an, die wir Tiere haben. Aber das war mir noch nicht möglich, dafür hätte ich wohl noch einige Jahre Trauerarbeit gebraucht … Und so empfand ich Erleichterung und Freude zugleich, dass sich Ann-Rebecka Madsen dieses wichtigen Themas angenommen hat. Denn zu wissen, nicht allein zu sein, kann unendlich tröstlich sein in den tiefen Phasen von Trauer und Schmerz. 

„Vom Abschied meines besten Freundes“ ist kein leichtes Buch, wie sollte es das auch sein, bei diesem Thema. Aber es ist ein liebevolles und tröstliches Buch, das zu lesen ein bisschen wie ein Austausch mit einer guten Freundin sein kann – zurückdenken und sich erinnern, sich wiederfinden, verstanden werden und vor allem: traurig sein dürfen. Viele Trauernde erleben nach einer gewissen Zeit, dass das Umfeld davon ausgeht, dass der Schmerz nachlässt. Schmerz und Trauer haben aber immer ihren eigenen, ganz individuellen Verlauf. Bei dem einen kommen sie schnell und heftig und kehren immer wieder für eine lange Zeit zurück. Andere empfinden zunächst gar nicht viel und erleben erst zeitverzögert, was es bedeutet, das geliebte Wesen verloren zu haben. Und so gibt es viele verschiedene Spielarten dessen, was wir empfinden können, wenn wir ein Pferd (oder anderes Tier) verlieren. Trauer ist immer individuell und das wird auch in diesem Buch sehr deutlich. 

Gegliedert ist das Buch in vier Teile: Zunächst berichtet die Autorin in tagebuchartigen, sehr berührenden Einträgen von ihrem ganz persönlichen Verlust, dem Tod ihres Isländers Funi. Im zweiten Teil kommen viele andere Pferdebesitzerinnen zu Wort, die ihre eigenen Verlust-Geschichten erzählen, was sehr nahe geht und zeigt, wie viele Facetten Abschied haben kann. Dem kurzen, dritten Kapitel „Aufstehen und weitergehen“ folgt dann noch ein hilfreicher Sachteil zu den Themen Tod und Trauer.

Schön ist, dass Ann-Rebecka Madsen in ihrem Buch offene Worte wählt und die Dinge klar beim Namen nennt. Die meisten Menschen verdrängen die Auseinandersetzung mit dem Tod, obwohl er uns doch alle irgendwann betrifft – Sterben, Tod und Trauer dürfen keine Tabuthemen sein, denn sie gehören zu jedem Leben dazu. Es kann sehr, sehr hilfreich sein, ein Buch zu einem solch schmerzlichen Thema zu lesen – nicht um sich selbst zu quälen, ganz im Gegenteil, sondern um das Erlebte verarbeiten zu können, um sich Trauer und Schmerz zu erlauben und sie besser zu verstehen und um auch wieder nach vorne schauen zu können und den Weg auch nach dem Verlust weiterzugehen.

Es freut mich ganz besonders, dass auch mein Aramis in diesem Buch auftaucht, denn auch wenn es mir nicht möglich war, ein ganzes Buch zu diesem Thema zu schreiben, so konnte ich wenigstens unsere eigene Geschichte für „Vom Abschied meines besten Freundes“ beitragen. 

Fazit: Ein ebenso trauriges wie tröstliches Buch, das eine Lücke auf dem Pferdebuchmarkt schließt.

Vom Abschied meines besten Freundes

Leseproben und Bestellmöglichkeiten hier.

 

21. Januar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps, Sonstiges 3 Kommentare »

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 2: Wer ich bin und wie ich zu Monty kam

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Bevor ich weiter von dem Tag berichte, der mein Leben veränderte, sollte ich mich vielleicht erst einmal vorstellen: Ich heiße Isa Dost, bin 31 Jahre alt und lebe in Hamburg. Ich bin Hotelfachangestellte, liebe Instagram und Serien auf Netflix und kämpfe ständig ein bisschen gegen zu viel Gewicht. Zur Zeit bin ich Single und finde das gar nicht schlimm. Ach ja, und natürlich bin ich pferdebegeistert und das seit meiner Kindheit.

Seit gut einem Jahr gehört Monty zu mir, ein zwölfjähriger Hannoveraner-Wallach, mit dem ich mir meinen allergrößten Herzenswunsch erfüllt habe: ein eigenes Pferd.

Ich habe Monty in der Reitschule kennen gelernt, in der ich einmal die Woche zum Unterricht ging. Ein sehr braves Pferd, zwar riesig groß und steif wie ein Brett, aber er machte es mir immer leicht, weil er artig alles tat, was ich von ihm wollte und nicht scheute oder bockte. Den meisten war Monty zu langweilig und in den Gängen zu hart, aber ich schätzte gerade das Berechenbare an ihm und fragte oft, ob ich nicht wieder ihn für die Reitstunde bekommen könnte.

Dazu muss ich sagen, dass ich leider nie eine Heldin in Sachen Pferde war. Ja, als Kind war ich noch etwas unerschrockener gewesen. Ich hatte mit acht Jahren meinen ersten Reitunterricht in einem Stall bekommen, zu dem ich selbst mit dem Rad fahren konnte, und war dann fast täglich dort. Damals flog ich so oft von den Ponys, dass ich zu zählen aufgehört hatte, und stieg auch nach dem dritten Mal tapfer wieder auf. Je älter ich   dann aber wurde, desto mehr wusste ich brave und verlässliche Pferde zu schätzen. Die Hibbelköpfe überließ ich immer öfter gerne den anderen.

Einige Wochen vor meinem 30. Geburtstag geriet ich in eine ziemliche Sinnkrise, wohl etwas, das viele in diesem Alter erleben, diese Zahl hat ja auch irgendwie etwas Einschneidendes, oder nicht? Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass mir mein Leben durch die Finger rinnt. Als Jugendliche hatte ich von so vielem geträumt, aber nichts davon hatte ich je umgesetzt. So war ein eigenes Pferd schon immer mein großer Wunsch gewesen. Aber immer hatte es Gründe dagegen gegeben – zu jung, kein Geld, zu unsichere Lebensumstände, was, wenn ich Kinder bekommen würde oder ins Ausland würde gehen wollen und so weiter. An diesem Abend betrank ich mich fürchterlich und versprach mir, bevor ich ins Bett fiel, dass ich mir zum 30. Geburtstag ein Pferd schenken würde.

Wahrscheinlich hätte ich im Normalfall mein Versprechen schon am nächsten Morgen wieder vergessen, wenn ich da nicht auf dem Sofatisch diesen zerknitterten Zettel mit einem vollkommen krakeligen „Ich will ein Pferd“ darauf gefunden hätte. Mir brummte der Schädel und ich wollte ihn einfach wegwerfen, aber dann hielt ich inne. Ich schaute noch einmal auf die Worte, die ich am Abend zuvor geschrieben hatte, und spürte, dass die Entscheidung stand: Ich würde mir den Traum von einem eigenen Pferd erfüllen, und zwar so schnell wie möglich.

Noch am selben Tag besorgte ich mir einen Stapel von Pferdezeitungen, in denen es Verkaufsanzeigen gab. Aufgeregt wie ein kleines Kind blätterte ich durch die vielen Angebote. Wunderschöne Pferde waren dabei. Nicht alle waren bezahlbar und mit Beschreibungen wie „lauffreudig“ (was übersetzt meist „Durchgänger“ hieß) oder „menschenbezogen“ (was so gut wie immer mit „aufdringlicher Bettler“ zu übersetzen war) entsprachen die meisten nicht wirklich dem, was ich für mich suchte, aber ich vereinbarte drei Besichtigungstermine.

Diese allerdings verliefen mehr als enttäuschend. Beim ersten Termin war das Pferd bereits verkauft. Man entschuldigte sich, mich nicht angerufen zu haben, aber man hätte da auch noch zwei andere Pferde, die man mir zeigen könnte. Ich schaute sie mir höflich an, sagte, nein danke, und fuhr wieder ab. Beim zweiten Pferd war es schon ein Abenteuer, dem jungen Mann zuzuschauen, der mir das Pferd vorreiten sollte. Zweimal hätte er fast einen Abgang gemacht. Auch hier bedankte ich mich höflich und fuhr wieder heim. Beim dritten Pferd stellte sich heraus, dass es keinen Pferdepass hatte und eine ganze Menge anderes ziemlich seltsam klang. Auch das war mir nicht geheuer.

Ein Pferd über Anzeigen zu kaufen, schien offenbar nicht der richtige Weg für mich zu sein. Vielleicht sollte ich die Sache doch lieber ganz lassen, dachte ich bei mir. So ein Pferd kostet doch schon sehr viel Geld und Zeit und erst die Verantwortung, vielleicht war das einfach ein Wink des Schicksals? Das zu denken, tat allerdings richtig fies weh.

Ich rief meine Freundin Anne an und erzählte ihr von dem Desaster und von meinen Zweifeln und endete mit einem weinerlichen „Aber ich möchte doch so gerne ein Pferd!“ Ihre Reaktion darauf war diese: „Und warum fragst du nicht mal nach, ob du Monty kaufen kannst?“

Monty? Ein Schulpferd? Noch dazu viel zu groß, braun und ein Warmblut? So gerne ich ihn mochte, aber er war eigentlich das genaue Gegenteil von dem Pferd, das ich mir für mich aussuchen würde. Ich hatte immer von einem Isländer mit einer langen Mähne geträumt oder von einem knuffigen Haflinger … Und sicher würde ich ihn auch nicht bekommen, er wurde doch in der Reitschule gebraucht. Und doch ließ mich die Idee nicht mehr los.

Würde es tatsächlich nicht unglaublich viele Vorteile haben, ein Pferd zu kaufen, das man schon so gut kannte, wie ich den Monty, überlegte ich abends im Bett. Noch dazu so ein verlässliches Pferd wie ihn? Ich würde genau wissen, was mich erwartet. Ich würde ein höfliches, gut erzogenes Pferd bekommen. An seiner Steifheit könnten wir arbeiten, dann würde er sicher auch bequemer werden und irgendwann ganz toll laufen. Mir gefiel die Idee immer besser.

Als ich zur nächsten Reitstunde ging, fragte ich die Reitlehrerin, ob sie wisse, ob manchmal auch Schulpferde zum Verkauf ständen. Sie sagte, ich solle doch einfach direkt Hannes fragen. Der war auch gerade da. Also ging ich zu Hannes Schulte, dem Besitzer der Reitschule.

„Den Monty wollen Sie kaufen?“, fragte er mich und schaute auf. „Ja, das ist ein feiner Kerl. Kein Bewegungswunder, aber ein guter Charakter.“

Da Schulte nicht weitersprach, überlegte ich fieberhaft, was ich nun sagen könnte. Sollte ich ihm eine Summe nennen? Aber welche? Sollte ich etwas anderes sagen? Aber was?

Dann räusperte er sich und sagte: „Also, ich hätt’ den Monty schon gerne noch weiter hier behalten, weil ich auf den auch Anfänger setzen kann. Aber ich freu mich auch immer darüber, wenn eines der Pferde seinen Menschen findet.“

Tja, und so kaufte ich Monty.

–> Fortsetzung: Kapitel 3

Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

14. Januar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 2: Wer ich bin und wie ich zu Monty kam

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 1: Ein Tag, der alles ändert

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth

 

Es gibt Tage, an denen verändert sich auf einen Schlag dein ganzes Leben und es fragt nicht einmal, ob du das überhaupt möchtest. Das kann eine einzige Sache sein und trotzdem ist plötzlich nichts mehr so, wie zuvor. Was du bisher sicher zu wissen glaubtest, verpufft in einem Wölkchen und du fängst quasi ganz von vorne an. Ein solcher Tag bei mir war der Tag, an dem mein Pferd mit mir zu sprechen begann.

Es war ein Dienstag und ich hatte frei, so dass ich schon am Vormittag zum Stall fahren konnte. Das machte ich immer gerne, denn ich genoss es, die kleine Anlage hin und wieder ganz für mich allein zu haben. Ich ritt mein Pferd Monty in der Reithalle. Wunderbar entspannt ließ ich mich im Schritt am langen Zügel von ihm herumtragen und schaute auf mein Handy.

Dann kam es mir plötzlich vor, als hätte ich ein leises Räuspern gehört. Ich schaute kurz auf, aber es war niemand in der Halle – klar, ich war ja auch allein da. Also blickte ich wieder auf mein Handy und scrollte mich weiter durch den Instagram-Thread einer Reiterin, die immer so schick angezogen war und aussah, wie aus dem Ei gepellt. Wie machte die das nur? Ich brauchte nur in die Nähe eines Pferdes zu kommen und war nicht nur staubig und voller Heu, sondern hatte auch sofort die unvermeidlichen Möhren- oder Leckerli-Flecken auf meinem Pulli.

Da war es wieder, dieses seltsame Räuspern.

Woher kam das nur? Ich bildete mir das doch nicht ein, oder? Vielleicht hockte irgendwo jemand und machte sich einen Scherz mit mir? Aber wer sollte das tun und warum? Bei der nächsten Runde horchte ich sehr genau in jede Richtung und auch nach draußen – doch nun hörte ich wieder nichts.

Hm, das ist ja doch ein bisschen merkwürdig, dachte ich.

Ich wechselte den Foto-Thread und schaute mir Pferdefotos an,  #pferdeschoenheiten – feurige Araber, bildhübsche Vollblüter, Isländer mit traumhaft langen Mähnen, hach, …

„Ähm, entschuldigen Sie bitte, dauert das noch sehr lange?“

Ich fiel fast vom Pferd, so erschrak ich. Jemand sprach mit mir, aber es war keiner da. Ich hörte eine männliche Stimme, ohne dass ein Mann da war. Nun wurde es wirklich unheimlich.

„Sehr lustig!“, rief ich laut, obwohl ich es gar nicht lustig fand und auch nicht wusste, wer es hören sollte.

„Ach, das tut mir leid, ich wollte Sie nicht stören. Ich dachte nur, dass wir vielleicht auch aufhören könnten, wenn Sie nichts weiter machen möchten heute, denn, ähm, so ist es ein bisschen, wie soll ich sagen, … langweilig.“, sagte die Stimme.

Ich packte mein Handy in meine Jackentasche, richtete mich im Sattel auf und rief: „Also, jetzt ist aber gut. Wer spricht denn da?“ Meine Stimme kippte bedenklich ins Hysterische, obwohl ich das selbst etwas übertrieben fand, konnte ich nichts dagegen tun. Um diese Zeit ist normalerweise niemand im Stall und wenn, dann sicher kein unsichtbarer Mann.

„Oh, ach so, ja …  tut mir leid, ich dachte, Sie wüssten, wer hier spricht. Also: Ich bin’s, Ihr Pferd.“

—> Fortsetzung: Kapitel 2

Ich bin's, Ihr Pferd – Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

14. Januar 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 1: Ein Tag, der alles ändert

Die Trust Technique – ein Erfahrungsbericht

Bei meinen Praxiskursen zum Longenkurs stelle ich immer fest, dass so eine Teilnahme für viele Menschen und ihre Pferde eine sehr aufregende, ja teilweise auch stressige Situation ist. Deutlich wird dabei auch immer wieder, dass das Verhalten des Pferdes sehr stark von der Ausstrahlung des Menschen abhängt, mit dem es im Augenblick im Kontakt ist. Deshalb arbeite ich bei nervösen, angespannten und widersetzlichen Pferden zunächst vorrangig mit dem dazugehörigen Menschen, sie sind oft der entscheidende Schlüssel. Dabei bemühe ich mich, meinen zweibeinigen Schülern zu einem guten emotionalen Zustand zu verhelfen, in dem es ihnen gelingt, sich zu entspannen, gut zu atmen, schöne Bilder im Kopf zu haben und auf diese Weise eine Ausstrahlung auf das jeweilige Pferd zu haben, die  wiederum diesem hilft, sich ebenfalls zu entspannen und so seinerseits in einen Zustand zu gelangen, indem es lernen und gut mitarbeiten kann.

Es ist einfach eine Tatsache: Pferde spiegeln uns, wir können ihnen nichts vormachen – und genau das können wir auch nutzen, wenn wir bereit sind, an uns zu arbeiten.

Während mir der Zusammenhang zwischen dem inneren Zustand des Menschen und dem des Pferdes immer bewusster wurde, bekamen wir zeitgleich bei „Wege zum Pferd“ in kurzer Folge mehrere E-Mails, in denen uns Leserinnen unabhängig voneinander auf die „Trust Technique“ aufmerksam machten. Bei dieser Methode geht es spannenderweise genau um die Wirkung unserer Ausstrahlung auf unsere Pferde. Und wie es der „Zufall“ dann weiter so wollte, sprach ich darüber während einer meiner Kurse auch mit Alexia Meyer-Kahlen, die sich genau mit dieser Methode seit 2015 befasst.

Alexia ist Pferdebuchautorin, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Fachberaterin für Stress-und Burnout. So war Alexia für mich die perfekte Frau für dieses interessante Thema und ich bat sie, einen Beitrag für uns zu schreiben, damit wir diese Methode hier einmal vorstellen können. Ich freue mich sehr, dass sie meiner Bitte nachgekommen ist, und für uns folgenden Gastbeitrag geschrieben hat. Viel Spaß beim Lesen und beim Ausprobieren der praktischen Übung, die Alexia am Ende des Artikels anleitet.

Die Trust Technique  – Heilung und Kommunikation in innerer Stille

Von Alexia Meyer-Kahlen

Ich bin im Sommer 2015 auf „Trust“ gestoßen, als ich mit meinen beiden Pferden in einem Pensionsstall stand, in dem es viele Probleme gab – unter anderem eine chaotische Herdenintegration, die dazu führte, dass meine Stute ständig bestiegen und der Wallach von den anderen Pferden nicht ans Heu gelassen wurde. Also Stress pur für die Pferde. Als wir ihnen in dieser Situation das „Trust“-Gefühl anboten, sogen sie es auf wie ein Schwamm und wurden zusehends sicherer und gelassener. Auch benutzten wir die in der Trust Technique  integrierte Tierkommunikation, um den Pferden Bilder von ihrem neuen Zuhause zu schicken, das wir in dieser Zeit für sie bauten. Als die Beiden Anfang Oktober endlich umziehen konnten, war es, als hätten sie niemals woanders gelebt.

Die Trust Technique  (trust-technique.com) ist laut ihrem Erfinder, dem englischen Reiki-Meister James French, im Wesentlichen eine Achtsamkeitspraxis des Menschen mit seinem Tier. In Stille gemeinsam in den gegenwärtigen Moment einzutauchen, öffnet einen Raum jenseits unserer alltäglichen Grübeleien und Emotionen. Einen Raum, in dem wir einfach gemeinsam DA SEIN können. Wir kommen in einen Zustand inneren Friedens. Wenn wir mit unserem Pferd diesen Frieden immer wieder teilen, kann sich mit der Zeit Angst in Vertrauen wandeln. Ruhe kehrt ein. Alte Wunden können heilen. Die Vertrauensbasis, die sich so aufbaut, wird sich auch auf andere Bereiche des gemeinsamen Lebens auswirken.

James French ist ein hervorragender Didaktiker, der sich bemüht, die Dinge einfach darzustellen. Mit Hilfe von drei Sinnesankern für die innere Ausrichtung (siehe nachfolgende Übung) findet man in die gedankenfreie Erfahrung inneren Friedens. Den Pferden ist dieser Zustand aus ihrem sozialen Leben vertraut und sie stimmen sich schnell ein. Das führt zu einer merklichen Entspannung: Der Blick des Pferdes wird weich, es senkt den Kopf, schließt die Augen. Irgendwann legt es sich sogar hin und fällt in einen tiefschlafähnlichen Zustand, in dem laut James French nachhaltige Heilung geschehen kann.

In den 15 Jahren, in denen es sie jetzt gibt, entwickelte sich die Trust Technique  immer weiter. Man kann sie in einem umfangreichen Online-Videokurs erlernen (allerdings nur auf Englisch), irgendwo auf der Welt den Trust Technique I have a dream – Schnuppertag besuchen oder James und seine Frau Shelley dabei antreffen, wie sie mal wieder einem Tierschutzprojekt ihre Dienste kostenfrei zur Verfügung stellen. Neben Pferden, Hunden und Katzen arbeiten sie auch mit Löwen und Bären. In England ist der „Trust-Practitioner“ mittlerweile sogar ein offiziell anerkannter Abschluss.

Seit fast dreißig Jahren begleitet Achtsamkeitspraxis mein persönliches Leben. Ich  kann mir das Zusammensein mit Pferden nicht mehr anders als auf dieser Basis vorstellen und bin immer wieder überrascht und bezaubert von der unaussprechlichen Tiefe, die sich im stillen Miteinander öffnet. Meine Stute holt sich ihre „Meditationseinheiten“ regelmäßig ab, indem sie sich einfach neben mich stellt und in ihre innere Ruhe geht. Als wolle sie mich dazu auffordern, dasselbe zu tun. Durch das Praktizieren von “Trust“ verändert sich grundlegend etwas im Pferd-Mensch-Verhältnis.


Fotos von Rachel E. Jackson

Der Trust-Ansatz ist von seiner Ausrichtung her eher passiv. Mir persönlich fehlte irgendwann ein Anschluss zu all den anderen Facetten des Zusammenseins mit dem Pferd, der über eine allgemeine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ hinausging. Ich habe mir einen achtsamkeitsbasierten Ansatz gewünscht, der mich nicht nur ins Sein, sondern auch ins Tun mit dem Pferd, etwa in die Boden- oder Freiarbeit, konkret begleitet. Einen solchen habe ich seither sowohl bei Stefan Valentin („Feine Sprache“) als auch bei Elsa Sinclair („Freedom Based Training“) gefunden, die jeder auf ihre Weise das gemeinsame Da-Sein in innerer Ruhe als ein wesentliches Element in ihre Pferdearbeit integriert haben. Die Trust Technique  ist für mich aber nach wie vor ein schöner und tiefer Weg des in Stille verbundenen Zusammenseins mit dem Pferd, der wechselseitige Heilung und Kommunikation fördert.

Übung: Ganz entspannt im Hier und Jetzt

In der Trust Technique  gibt es zwei grundlegende Stufen:

  • Auf der ersten Stufe machen wir erst uns und dann unser Pferd mit dem Zustand der Gegenwärtigkeit vertraut.
  • Auf der zweiten Stufe versuchen wir, den Zustand des inneren Ruhens im Hier und Jetzt in alles zu integrieren, was wir ohnehin mit dem Pferd so machen.

Der Zustand von Gegenwärtigkeit / reiner Präsenz / einfachem Da-Sein (oder wie immer wir ihn nennen wollen) ist ein innerer Raum, in den viele Wege und Türen führen. Die folgende Übung zeigt dir den Zugang, wie er in der Trust Technique  beschrieben wird.

Im Gegensatz zu deinen kreisenden Gedanken und aufflackernden Gefühlen, mit denen du an dem hängst, was war und auf das spekulierst, was wird, ist dein Körper der Teil von dir, der immer gegenwärtig ist.  Wenn du dich innerlich ganz auf den Körper mit seinen Sinnen ausrichtest, ankert er dich automatisch im Hier und Jetzt.

  1. Setze, stelle oder lege dich bequem und entspannt hin.
  2. Konzentriere dich nun darauf, deinen Körper so ruhig wie möglich zu halten.
  3. Dann lasse deine Augen mit weichem Blick auf einem Punkt etwa zwei Meter von dir entfernt ruhen.
  4. Dann lausche einem Geräusch, das dich gerade umgibt.
  5. Dann spüre in den Kontakt deiner Hände zum Untergrund, auf dem sie gerade aufliegen.
  6. Versuche nun, dich auf diese drei Sinneskanäle (Sehen-Hören-Empfinden) gleichzeitig zu konzentrieren.
  7. Verweile absichtslos in dem, was hier und jetzt ist.
  8. Wenn du merkst, dass ein Gedanke deine Ausrichtung unterbricht, kehre einfach wieder zum Sehen-Hören-Empfinden im gegenwärtigen Moment zurück. 

Im Gefühl der reinen Präsenz zu verweilen, braucht Zeit. Wenn du dich mit der beschriebenen Übung etwa eine Woche lang für mindestens 5 Minuten am Tag vertraut gemacht hast, kannst du sie einfach mal in Gegenwart deines Pferdes ausführen. Am besten zu einer Zeit, in der es ohnehin eine Ruhephase hat.

Du setzt oder stellst dich in seine Nähe, ohne es anzuschauen. Und begibst dich dann mit Hilfe der Konzentration auf die drei Sinneskanäle in einen Zustand von Gegenwärtigkeit. Vielleicht nimmt das Pferd deine Einladung, gemeinsam still zu werden, gerne an und hilft dir mit seiner Gegenwärtigkeit, deine eigene zu vertiefen. Irgendwann öffnet sich ein Raum, in dem ihr beide ganz eins seid. Bleibe darin, so lange du und dein Pferd es mögen.

Tipp: Auf meiner Webseite achtsamkeit-am-pferd.de findest du kostenlose Audio-Downloads für zwei weitere Übungen, um in einen Zustand innerer Ruhe zu finden: Atem beobachten (ca. 15 min.) und Körper scannen (ca. 30 min.) Die Übungen entstammen dem Buch „Feine Sprache. Die tiefe Verbindung zum Pferd und zu sich selbst“, das ich gemeinsam mit Stefan Valentin geschrieben habe. Es erscheint im Müller-Rüschlikon Verlag am 19.9.19.

Alexia Meyer-Kahlen ist Pferdebuchautorin, Psychosynthesetherapeutin und Achtsamkeitslehrerin für Mensch und Pferd. (alexia-meyer-kahlen.com)

 

Hinweis: Wir verzichten in dem Text auf das „®“ hinter dem Namen mit Hinweis auf diesen Artikel, in dem ausgeführt ist, dass die Verwendung des „®“  in Deutschland nicht erforderlich ist.  

17. September 2019 von Babette Teschen • Kategorie: Erfahrungsberichte, Sonstiges, Übungen, Umgang 12 Kommentare »

Nutzerumfrage 2019 – Wo geht es hin?

Wir hatten im Juli für zehn Tage unsere Newsletter-Abonnenten und Leser/innen unserer Facebook-Seite gebeten, uns einige Fragen zu beantworten – und, wow, es haben sich wirklich sehr, sehr viele Leute an unserer kleinen Nutzerumfrage beteiligt. Dafür auch an dieser Stelle noch einmal ein dickes Dankeschön! Die Ergebnisse sind natürlich nicht wissenschaftlich repräsentativ, haben uns aber sehr viele gute Anregungen, Ideen und Hinweise auf die Frage gegeben, wohin es mit „Wege zum Pferd“ gehen kann und soll.

Zusammenfassung

Hier findet Ihr eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse: 

  • Wir werden von Leserinnen der ersten Stunde bis hin zu solchen genutzt, die uns erst seit kurzem kennen. 
  • Was die meisten mit uns verbinden: immer pro Pferd, pferdegerechte Ansätze und das Ziel eines gewaltfreien Umgangs mit Pferden. Darüber hinaus gehören Babettes Longenkurs sowie unsere anderen Selbstlernkurse für viele untrennbar zu „Wege zum Pferd“. 
  • Riesig gefreut haben wir uns über den überwältigenden Zuspruch und über die Dankbarkeit für unsere Arbeit. Viele berichteten von konkreten Einzelfällen, in denen wir inspirieren und helfen und manchmal auch zu einem kompletten Umdenken anregen konnten. Eben so viele schreiben uns eine Vorreiterrolle in verschiedenen Themen zum pferdegerechten Umgang zu. Immer wieder war zu lesen, dass wir nicht entbehrlich sind und das tut uns natürlich richtig gut!
  • Die Themenbreite, die uns zugeordnet wird, ist tatsächlich so groß, wie wir es auch selbst immer wollten. Trotz Babettes Spezialisierung auf den Longenkurs wird „Wege zum Pferd“ auch zu allen möglichen anderen Fragen rund um’s Pferd konsultiert.
  • Häufig war zu lesen, dass unsere umfangreiche Artikelsammlung gerne als Nachschlagewerk genutzt wird und dass viele von Euch immer wieder gerne einfach darin stöbern. Bei denjenigen, die uns noch nicht so lange kennen, wurde deutlich, dass vieles von dem, was es bei uns gibt, noch gar nicht entdeckt wurde. 
  • Kritische Anmerkungen kamen zu einigen Punkten, auf denen wir selbst immer wieder herumkauen, wie z.B.: Wie erreicht man Aufklärung ohne den Fokus zu sehr auf das Negative zu legen? Wie schafft man es, nicht nur die zu erreichen, die sich eh schon viele Gedanken machen, sondern eben auch solche, die leider kaum pferdegerecht handeln? Wie ist der schwierige Grad zwischen Freiwilligkeit und dem notwendigen Setzen von Grenzen zu meistern? Damit werden wir uns weiter befassen.
  • Auf der Wunschliste stehen vor allem mehr Videos und Foto-Anleitungen für ganz praktische Herausforderungen im Pferdealltag – von den Basics im Umgang und am Boden bis hin zum Reiten. Hier haben wir uns eine Reihe von Themen notiert und werden zusehen, was davon wir umsetzen können. Darüber hinaus wird immer wieder angeregt, dass wir Trainer ausbilden sollen und dass es unsere Selbstlernkurse auch in Buchform geben soll. Über eine Ausbildung haben wir schon öfter nachgedacht, scheitern aber an der Umsetzbarkeit, weil so etwas ein Riesenprojekt ist. Unsere Selbstlernkurse als Buch würden zu sehr hohen Produktionskosten führen, von denen wir annehmen, dass sie den Rahmen vieler von Euch sprengen würden. Hier möchten wir Euch den Tipp geben, die Kurse in einem Copyshop drucken und binden zu lassen. 
  • Dann noch zum Newsletter: Die überwältigende Mehrheit der Antwortenden haben sich für einen zweiwöchigen Rhythmus ausgesprochen. Den werden wir also beibehalten, mit der Option, hin und wieder eine Sonderausgabe zu verschicken, wenn uns das sinnvoll erscheint. 

Noch ein bisschen was Persönliches

„Wege zum Pferd“ wird noch immer von uns beiden gemacht: von Babette und Tania. Wir sind bei all der Größe und Bedeutung, die „Wege zum Pferd“ bekommen hat, zwei ganz normale Frauen geblieben, die, genau wie Ihr alle auch, ihren Weg durch das Leben gehen. Dementsprechend beeinflussen persönliche Ereignisse und private Entwicklungen und Entscheidungen unweigerlich unsere Arbeit für „Wege zum Pferd“ und das ist uns jetzt in der Rückschau sehr bewusst geworden. Hier einige Beispiele dafür: 

  • Nachdem Babette ihren Hof verkauft hatte, verlor „Wege zum Pferd“ ein Stück weit sein Zuhause. Ein eigener Hof mit vielen Pferden ermöglichte uns eine Form von Leben und Arbeiten mit Pferden, aus der wir perfekt für „Wege zum Pferd“ schöpfen konnten. Gleichzeitig nahm uns genau das auf eine Weise in Beschlag, die für viele Jahre gut und stimmig war, nun aber teilweise anderen Bedürfnissen und Prioritäten gewichen ist.
  • Auch wenn wenige Trainer dazu je etwas schreiben, so haben wir für uns festgestellt, dass es wichtig ist, sich gerade bei einer solchen starken beruflichen Ausrichtung das Zusammensein mit Pferden weiterhin als geliebtes Hobby zu bewahren und sich bewusst erlauben, auch zweckfrei mit Pferden zusammen zu sein und nicht alles, was man mit Pferden tut, für das Angebot „nutzen“ zu wollen. Sonst können Leichtigkeit und Spaß verloren gehen.
  • Genauso muss man auch als Trainer akzeptieren, dass sich durch Krankheit, Alter, Tod und andere Einflüsse die Einsatzmöglichkeiten der eigenen Pferde verändern können und es nicht immer möglich ist, für „Nachschub“ zu sorgen. Viele denken vielleicht, dass wir sehr viele Pferde haben, aber zur Zeit haben wir zusammen noch vier Pferde, die nur sehr bedingt oder gar nicht mehr einsetzbar sind. 
  • Dann kann es über einen so langen Zeitraum auch dazu kommen, dass sich die beruflichen Ziele verändern. So ist Tania, die nun seit über zwanzig Jahren Sachtexte und Sachbücher schreibt, gerade dabei, endlich das zu tun, was sie immer tun wollte: Schriftstellerin zu sein. Auch hier verschiebt sich also der Fokus und auch das beeinflusst „Wege zum Pferd“.

Aus diesen und weiteren Gründen sind wir in der letzten Zeit ein Stück weit weniger als Team wahrgenommen worden als wir es früher waren. Das Gute aber ist ja, dass so etwas auch wieder zu ändern ist! Allein diese Umfrage und das Nachdenken über unser Angebot hat uns beiden ganz viel Motivation geschenkt, wieder mehr gemeinsam für „Wege zum Pferd“ machen zu wollen, denn wir sind einmal mehr darin bestätigt worden, dass unsere Arbeit Sinn macht und „Wege zum Pferd“ für viele hilfreich ist. 

Nach wie vor werden wir dabei für das kritische Hinterfragen von Bestehendem stehen, auch wenn das unsere Beiträge manchmal etwas unbequem macht. Wir werden die Augen nicht verschließen und werden nichts gutheißen, nur um neue Nutzer zu gewinnen oder Likes zu sammeln, sondern wir werden weiter benennen, was aus unserer Sicht falsch läuft. Genauso war es uns immer wichtig, Euch auch an unseren ganz persönlichen Entwicklungen teilhaben zu lassen, die nicht immer glatt sind, was viele von Euch als sehr wertvoll empfinden, aber eben manchmal auch in schwierige Themen führt. Damit Freude und Leichtigkeit bei all dem nicht zu kurz kommen, erkennen wir aber auch, dass es wichtig ist, den Finger nicht nur noch auf Wunden zu legen oder immer nur tief in der „Psychobrühe“ zu fischen, sondern auch einfach mal Spaß an unserem geliebten Hobby zu haben und das zu vermitteln. Wir werden uns hier um etwas mehr Ausgleich bemühen und möchten auch wieder mehr Tipps und Anregungen für den alltäglichen Umgang und das ganz normale Training bieten. 

Ausblick

Vielleicht die wichtigste Schlüsselfrage, die sich für ganz viele Pferdebesitzer/innen stellt, ist aus unserer Sicht die, wie sich im praktischen Pferdealltag Probleme und Herausforderung möglichst pferdegerecht und gewaltfrei lösen lassen. Hier sind viele oft ratlos und verunsichert, weil es immer noch zu wenige gute Beispiele und Alternativen gibt. Der Herausforderung, hier noch mehr praktisch Umsetzbares zu bieten, wollen wir uns in Zukunft noch deutlich mehr stellen, getreu unserem Motto „Es geht auch anders“.

Aus verschiedenen Gründen war es für uns schwieriger geworden, gemeinsame Termine zu finden und Möglichkeiten, mit Pferden so zu arbeiten, dass wir das für Blogbeiträge nutzen können. Damit es nicht nur noch „philosophisch“ bei uns zugeht, sammeln wir bereits fleißig Ideen und Lösungen, um auch wieder für neue praktische Inputs bei uns sorgen zu können. 

Tania ist aufgrund ihrer beruflichen Ausrichtung schon ganz konkret dabei, auch noch etwas wirklich Neues und Anderes für „Wege zum Pferd“ zu basteln, das hoffentlich vielen von Euch Freude bereiten wird – seid gespannt! 

Fazit: Wir sind wieder auf dem Weg!

Ihr seht also: Wir sind dran. Wir haben uns beide klar dazu entschieden, dass wir „Wege zum Pferd“ aktiv und gemeinsam weiterführen wollen, denn es ist und bleibt ein Herzensprojekt und wir sehen nach wie vor die Notwendigkeit, noch viele, viele konstruktive, hilfreiche, praktische, inspirierende, nachdenklich machende und manchmal auch unbequeme Impulse in die Pferdewelt zu schicken, damit sie sich weiter zum Guten wandelt. Und das ist und bleibt unser Ziel! 

Ergebnisse der Nutzerumfrage von Wege zum Pferd

23. Juli 2019 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Sonstiges 1 Kommentar »

Was brauchen wir Pferdemenschen?

Heute mal wieder ein Beitrag, in dem es vor allem um uns Pferdemenschen geht. Eigentlich sollen das Reiten und unsere Pferde unser Hobby sein, also etwas, das uns Freude macht, etwas, wo wir auftanken können und mit dem wir uns rundum wohl fühlen. In vielen Fällen ist es ja glücklicherweise auch so, aber einige von uns kennen auch Phasen, in denen es nicht so rosig aussieht:

  • Vieles rund ums Pferd kann uns große Sorgen bereiten: drohende oder bestehende Krankheiten, Gefahren für unser Pferd, Unsicherheiten über Haltung, Ernährung oder Behandlungen und etliches mehr.
  • Wir tragen viel Verantwortung und müssen ständig Entscheidungen in allen möglichen Fragen und Bereichen treffen, mit denen wir manchmal schlicht und einfach überfordert sein können. 
  • Viele von uns sind auch frustriert, weil wir immer und immer wieder an bestimmten Sachen scheitern (wie z.B. Leichttraben, Angaloppieren usw.) oder weil unser Pferd trotz aller möglichen teuren Behandlungen einfach nicht gesund wird. So etwas kann entmutigen oder auch wütend machen.
  • Bei zu viel Selbstreflexion und Selbstkritik können manche auch das Gefühl bekommen, immer alles falsch zu machen und geraten in eine Lähmung.
  • Viele Menschen, die mit Pferden zu tun haben, haben – oft auch ohne es sich eingestehen zu können – Angst zum Beispiel vor dem Reiten, vor den Pferden, vor Unfällen usw. Das kann sehr belasten.
  • Dann haben es etliche von uns auch immer mal wieder mit Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen zu tun, denn es läuft leider noch vieles falsch im Umgang mit Pferden. 
  • Manche von uns haben vielleicht auch das Gefühl, dass uns unser Pferd nicht mag oder dass wir keinen richtigen Draht zu ihm finden und sind traurig darüber, keine echte Beziehung mit dem Pferd zu führen. 
  • Viele leiden auch unter einem schlechten Stallklima, Mobbing und anderen Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Pferdemenschen oder fühlen sich, wenn sie ihre Pferde selbst halten, in vielem sehr allein. 
  • Und dann kommen noch die Vergleiche mit all denen dazu, bei denen alles so leicht und toll und happy aussieht, während wir bei uns selbst das Gefühl haben, so etwas nie erreichen zu können. 

Es gibt also einiges, was uns ganz schön belasten kann … 

Nicht immer braucht es Tipps und Ratschläge

Nun überlegen wir mal, wie wir normalerweise reagieren, wenn wir mitbekommen dass ein anderer Pferdemensch Probleme hat. Wie schnell sind wir da mit zahlreichen Tipps und Ratschlägen dabei und glauben genau zu wissen, was der andere mit einem Pferd machen soll, welche Ausbildungs- oder Behandlungsmethode er ausprobieren soll, oder wie ein Problem ganz sicher zu lösen ist!

So gut gemeint das auch immer sein mag, dabei übersehen wir schnell, wie viel zusätzlichen Druck genau das für die Person bedeuten kann und wie wenig hilfreich es möglicherweise gerade in dieser Situation ist. Vielleicht wissen wir gar nicht viel über die Person oder das Pferd und können uns eigentlich gar kein wirkliches Urteil erlauben?  Vielleicht haben wir keine Ahnung davon, welchen langen Weg diese Person schon gegangen ist, wie viel sie möglicherweise schon ausprobiert hat und wie viel sie auch schon selbst weiß. Und ja, vielleicht braucht sie etwas ganz anderes, als wir gerade geben wollen (oder auch aufdrängen).

Manchmal muss es gar nicht um Lösungen gehen, sondern manchmal sollte ein Problem oder eine schwierige Phase einfach nur gesehen und mit Verständnis gewürdigt werden, damit der andere ein bisschen Trost findet, durchatmen und wieder neuen Mut schöpfen kann.  

Was vieles verändern könnte

Eine simple Frage könnte die Welt für uns Pferdemenschen ganz erheblich verändern, wenn wir sie stellen, bevor wir all unsere Ideen, Tipps und Ratschläge verteilen, und das ist diese: 

Sag mal, wie geht es Dir gerade? 

Idealerweise sollten wir dann auch bereit sein, einfach mal nur verständnisvoll und emphatisch zuzuhören, denn: 

  • Manchmal braucht man einfach nur ein offenes Ohr, ohne gleich 20 praktische Tipps geliefert zu bekommen.
  • Manchmal brauchen wir einen Menschen, der die eigene Not oder auch einfach nur Unsicherheit versteht, also jemanden, der für diesen Moment da ist, damit man sich nicht so allein fühlt.. 
  • Manchmal braucht man jemanden, der nur so etwas sagt,wie: „Hey, das geht mir auch oft so.“
  • Und manchmal tut es endlos gut zu hören, dass man sein Bestes gibt, dass also jemand sieht, wie viel man macht und tut, wie viel man nachdenkt und sich bemüht, wie viel man schon gelernt und geschafft hat. 

Das alles können wir aber nur dann geben, wenn wir nicht einfach davon ausgehen, dass wir wissen, was gut für den anderen und sein Pferd ist. Und dafür können wir uns öfter einmal selbst eine Frage stellen, die im Miteinander unter Pferdeleuten (und natürlich nicht nur da) vieles zum Positiven verändern kann. Und diese lautet:

Was braucht dieser Mensch wohl gerade wirklich?

 

Pferdemenschen

Foto von Horst Streitferdt

5. März 2019 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Sonstiges 6 Kommentare »

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