Was brauchen wir Pferdemenschen?
Heute mal wieder ein Beitrag, in dem es vor allem um uns Pferdemenschen geht. Eigentlich sollen das Reiten und unsere Pferde unser Hobby sein, also etwas, das uns Freude macht, etwas, wo wir auftanken können und mit dem wir uns rundum wohl fühlen. In vielen Fällen ist es ja glücklicherweise auch so, aber einige von uns kennen auch Phasen, in denen es nicht so rosig aussieht:
- Vieles rund ums Pferd kann uns große Sorgen bereiten: drohende oder bestehende Krankheiten, Gefahren für unser Pferd, Unsicherheiten über Haltung, Ernährung oder Behandlungen und etliches mehr.
- Wir tragen viel Verantwortung und müssen ständig Entscheidungen in allen möglichen Fragen und Bereichen treffen, mit denen wir manchmal schlicht und einfach überfordert sein können.
- Viele von uns sind auch frustriert, weil wir immer und immer wieder an bestimmten Sachen scheitern (wie z.B. Leichttraben, Angaloppieren usw.) oder weil unser Pferd trotz aller möglichen teuren Behandlungen einfach nicht gesund wird. So etwas kann entmutigen oder auch wütend machen.
- Bei zu viel Selbstreflexion und Selbstkritik können manche auch das Gefühl bekommen, immer alles falsch zu machen und geraten in eine Lähmung.
- Viele Menschen, die mit Pferden zu tun haben, haben – oft auch ohne es sich eingestehen zu können – Angst zum Beispiel vor dem Reiten, vor den Pferden, vor Unfällen usw. Das kann sehr belasten.
- Dann haben es etliche von uns auch immer mal wieder mit Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen zu tun, denn es läuft leider noch vieles falsch im Umgang mit Pferden.
- Manche von uns haben vielleicht auch das Gefühl, dass uns unser Pferd nicht mag oder dass wir keinen richtigen Draht zu ihm finden und sind traurig darüber, keine echte Beziehung mit dem Pferd zu führen.
- Viele leiden auch unter einem schlechten Stallklima, Mobbing und anderen Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Pferdemenschen oder fühlen sich, wenn sie ihre Pferde selbst halten, in vielem sehr allein.
- Und dann kommen noch die Vergleiche mit all denen dazu, bei denen alles so leicht und toll und happy aussieht, während wir bei uns selbst das Gefühl haben, so etwas nie erreichen zu können.
Es gibt also einiges, was uns ganz schön belasten kann …
Nicht immer braucht es Tipps und Ratschläge
Nun überlegen wir mal, wie wir normalerweise reagieren, wenn wir mitbekommen dass ein anderer Pferdemensch Probleme hat. Wie schnell sind wir da mit zahlreichen Tipps und Ratschlägen dabei und glauben genau zu wissen, was der andere mit einem Pferd machen soll, welche Ausbildungs- oder Behandlungsmethode er ausprobieren soll, oder wie ein Problem ganz sicher zu lösen ist!
So gut gemeint das auch immer sein mag, dabei übersehen wir schnell, wie viel zusätzlichen Druck genau das für die Person bedeuten kann und wie wenig hilfreich es möglicherweise gerade in dieser Situation ist. Vielleicht wissen wir gar nicht viel über die Person oder das Pferd und können uns eigentlich gar kein wirkliches Urteil erlauben? Vielleicht haben wir keine Ahnung davon, welchen langen Weg diese Person schon gegangen ist, wie viel sie möglicherweise schon ausprobiert hat und wie viel sie auch schon selbst weiß. Und ja, vielleicht braucht sie etwas ganz anderes, als wir gerade geben wollen (oder auch aufdrängen).
Manchmal muss es gar nicht um Lösungen gehen, sondern manchmal sollte ein Problem oder eine schwierige Phase einfach nur gesehen und mit Verständnis gewürdigt werden, damit der andere ein bisschen Trost findet, durchatmen und wieder neuen Mut schöpfen kann.
Was vieles verändern könnte
Eine simple Frage könnte die Welt für uns Pferdemenschen ganz erheblich verändern, wenn wir sie stellen, bevor wir all unsere Ideen, Tipps und Ratschläge verteilen, und das ist diese:
Sag mal, wie geht es Dir gerade?
Idealerweise sollten wir dann auch bereit sein, einfach mal nur verständnisvoll und emphatisch zuzuhören, denn:
- Manchmal braucht man einfach nur ein offenes Ohr, ohne gleich 20 praktische Tipps geliefert zu bekommen.
- Manchmal brauchen wir einen Menschen, der die eigene Not oder auch einfach nur Unsicherheit versteht, also jemanden, der für diesen Moment da ist, damit man sich nicht so allein fühlt..
- Manchmal braucht man jemanden, der nur so etwas sagt,wie: „Hey, das geht mir auch oft so.“
- Und manchmal tut es endlos gut zu hören, dass man sein Bestes gibt, dass also jemand sieht, wie viel man macht und tut, wie viel man nachdenkt und sich bemüht, wie viel man schon gelernt und geschafft hat.
Das alles können wir aber nur dann geben, wenn wir nicht einfach davon ausgehen, dass wir wissen, was gut für den anderen und sein Pferd ist. Und dafür können wir uns öfter einmal selbst eine Frage stellen, die im Miteinander unter Pferdeleuten (und natürlich nicht nur da) vieles zum Positiven verändern kann. Und diese lautet:
Was braucht dieser Mensch wohl gerade wirklich?
Foto von Horst Streitferdt
5. März 2019 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Sonstiges • 6 Kommentare »