Pferde können unsere Gefühle erkennen

Ich freu mich mich immer aufrichtig darüber, wenn es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die bestätigen, wovon ich schon lange ausgehe. Das war vor einiger Zeit zum Beispiel die klare Aussage, dass Dominanz nicht pferdegerecht ist und jetzt wurde von Forschern nachgewiesen, dass Pferde in der Lage sind, unsere Gefühle zu erkennen (hier gibt es einen Artikel in der Süddeutschen dazu und hier geht’s zur Originalstudie). 

Was die Forscher erkundeten

Pferde nutzen nach den Erkenntnissen der Forscher verschiedene Aspekte, um unsere Gefühlslage einzuordnen, wie unsere Körperhaltung und -ausstrahlung, Mimik und Stimme. Normalerweise stimmen diese Elemente überein, ein wütender Mensch hat eine entsprechende Körperhaltung, spricht auf eine bestimmte Art und auch seine Mimik spiegelt Wut. Die Forscher prüften nun, was geschieht, wenn etwas davon abweicht.

Was passiert also, wenn das Pferd eine wütende Stimme hört, aber einen freundlichen Menschen sieht? Die Forscher nahmen verschiedene Faktoren in die Wertung, wie „Blickdauer des Pferdes“, „Reaktion“, „Rate des Herzschlags“ und konnten nachweisen, dass sich das Verhalten der Pferde deutlich unterschied, wenn Bild und Stimme widersprüchlich waren als wenn sie übereinstimmten, vor allem dann, wenn ihnen der Mensch vertraut war. Ein solches Verhalten wurde bisher vor allem bei Hunden beobachtet. Aus ihren Beobachtungen leiten die Forscher die Schlussfolgerung ab, dass Pferde in der Lage sind, aufgrund des Gesichtsausdrucks menschliche Emotionen zu erkennen.  

 Was das für den Umgang mit Pferden bedeutet

Wir schreiben ja immer wieder, für wie wichtig wir es im Umgang mit Pferden halten, dass wir uns über unsere eigene Ausstrahlung bewusster werden und sehen uns nun in unseren Anregungen bestätigt, denn für uns ist ganz klar: Wenn sie schon, wie in der Studie nachgewiesen, eindeutig unsere Mimik lesen können, können sie erst recht unsere Körpersprache und -ausstrahlung interpretieren. 

Unsere Erfahrung ist: Pferde reagieren ständig auf uns und werden durch unser Verhalten wesentlich beeinflusst. Tun sie also etwas, was wir nicht wollen oder unschön finden oder reagieren sie anders, als wir es erwartet hätten, gilt es sich zunächst zu fragen, ob wir vielleicht selbst die Ursache für das Verhalten sind:

  • Wie wirke ich in diesem Moment auf mein Pferd?
  • Was strahle ich gerade aus – und was macht das mit meinem Pferd?
  • Welche vielleicht widersprüchlichen Botschaften sende ich?
  • Wodurch könnte mein Pferd verwirrt werden?

Tipp: Hier kann es ausgesprochen nützlich sein, sich selbst zu filmen und das später in Ruhe anzuschauen. Da wird einem manches sichtbar gemacht, von dem man keine Ahnung hatte. Auch ein wohlwollender Blick einer vertrauten Person kann hilfreich sein, aber Vorsicht: Die Anwesenheit anderer kann uns angespannt und verkrampft werden lassen, so dass wir dann wieder ganz anders wirken als normalerweise. Eine Kamera, die einfach mitläuft, während wir mit unserem Pferd zusammen sind, zeigt unser gewöhnliches Verhalten oft besser auf. 

Der Vorwurf der Vermenschlichung

Viel zu oft hört man noch immer, dass man „Pferde nicht vermenschlichen“ soll und rechtfertigt damit Ignoranz, einen groben Umgang und ein unfaires Verhalten. Dabei wird aber leider übersehen, dass „vermenschlichen“ und „menschlich sein“ zwei ganz verschiedene Paar Schuhe sind…

Wir vermenschlichen ein Pferd keineswegs, wenn wir seine hoch entwickelten Sozialfähigkeiten anerkennen und begreifen, wie empfindsam sie sind – im Gegenteil, nur dann können wir wirklich pferdegerecht reagieren. 

Pferde können Gefühle lesen

26. Juni 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 3 Kommentare »

So gewöhnt man ein Pferd an eine erfrischende Dusche

Dieser Sommer hat sich ja schon recht heiß präsentiert und da passt es doch gut, einmal das Thema „Duschen“ anzugehen. Viele Pferdeleute gehen vorschnell davon aus, dass sie ihrem Pferd einen Gefallen tun, wenn sie es nach dem Training kalt abduschen – und machen dann die Erfahrung, dass das manchmal keine Begeisterung, sondern Scheuen und Ausweichen auslöst. Lange nicht jedes Pferd stellt sich freiwillig und begeistert unter die Brause, viele haben schlicht und einfach erst einmal Angst!

Statt das Pferd dann dafür ungeduldig zu rügen oder gar zu bestrafen und es dazu zu bringen, die Dusche zu ertragen, ist es viel sinnvoller, es erst einmal Schritt für Schritt erst an den Schlauch, dann an das Wasser und erst dann ans Abgeduscht-werden zu gewöhnen. Dann kann eine kleine Dusche ein prima Wellnessprogramm sein! 

Einige werden sich bestimmt noch an unseren Nico erinnern, dessen Grundausbildung wir hier dokumentiert hatten. Von ihm gibt es einige schöne Aufnahmen, mit denen wir gut zeigen können, wie wir einem Pferd den Wasserschlauch nahebringen. Denn Nico fand das, was aus diesem komischen, schlangenförmigen Gebilde kommt, zunächst auch recht gruselig und so gewöhnten wir ihn kleinschrittig mit dem Weg der positiven Verstärkung daran.

Bekanntschaft mit dem Schlauch

Viele Pferde haben schon vor dem Schlauch allein Angst, ohne dass Wasser aus ihm kommt. Eigentlich kein Wunder, denn immerhin hat er doch das Aussehen einer großen Schlange. Also haben wir Nico zunächst den Schlauch ohne Wasser gezeigt.

n1

Jeder Blick und jede Annäherung an den Schlauch haben wir mittels Click und Belohnung verstärkt, bis Nico keinerlei Bedenken vor dem Schlauch zeigte und damit spielte:

n2Dann wurde das Wasser angestellt und – ganz wichtig!!! – der Wasserstrahl erst einmal WEG von Nico gehalten. Drehen Sie das Wasser erst mal nur wenig auf. So konnte Nico sich die Sache in Ruhe anschauen, ohne sich bedroht zu fühlen. Bei sehr ängstlichen Pferden sollte ruhig eine zweite Person den Schlauch mit einem noch deutlich größeren Abstand vom Pferd weghalten. Auch hier wieder jedes noch so kleine Interesse an dem Geschehen loben! Nico hingegen fand das, was Alex da machte, ziemlich interessant: 

n3Als nächstes zeigte Alex ihm dann, wie ungefährlich das Wasser ist, das da aus dem Schlauch kommt, indem sie es auf ihre Hand laufen und Nico daran teilhaben ließ. Nico war neugierig und aktiv dabei:

n4Dann durfte Nico das Wasser erst einmal mit dem Maul erkunden. Das ist wichtig, da Pferde alles Neue mit dem Maul ertasten. Hätten Petra und Alex das Wasser gleich an die Beine gehalten, wäre das einen deutlichen Schritt zu schnell gewesen. So aber konnte Nico das Wasser erstmal erschmecken:n5Wenn deutlich ist, dass das Pferd das Wasser nicht mehr als gruselig empfindet, kann man den Strahl behutsam näher an das Pferd bringen und vorsichtig die Hufe und Beine ansprühen. Weicht das Pferd aus oder wird es unruhig, bitte  unbedingt erstmal wieder einige Schritte zurückgehen und abwarten, bis das Pferd wieder entspannt ist. Bestärken und Loben Sie jeden Impuls des Pferdes, von sich aus Kontakt zum Wasser aufzunehmen. Viele werden an dieser Stelle ungeduldig und beginnen, ihr Pferd trotz Unruhe abzuspritzen. Dieses Überrumpeln oder Erzwingen ist leider nicht dazu geeignet, ein Pferd zu einer freudigen Wasserratte zu machen. Hier gilt es, ganz im Tempo des Pferdes vorzugehen, denn die Sache soll ihm ja guttun und was unter Stress stattfindet, tut nie gut. Macht ein Pferd hingegen gute Erfahrungen, kann es sich durchaus zum echten Dusch-Fan entwickeln, so wie Tanias Anthony. Wie auf dem folgenden Foto gut zu sehen ist, könnte er auch einfach weggehen, da er nicht am Strick gehalten wird. Stattdessen genießt er die Abkühlung: 

Pferd duschen

Extra-Tipp: Wer die Möglichkeit hat, kann die Gewöhnung an das Wasser auch sehr gut frei in einem abgezäunten Bereich angehen. Ohne Halfter und Strick hat das Pferd alle Möglichkeiten, den Prozess selbst mitzugestalten und der Mensch lernt, sich auf es einzustellen.

Wichtig!

Wenn sich ein Pferd gar nicht davon überzeugen lässt, dass eine Dusche mit dem Wasserstrahl eine feine Sache ist,  empfiehlt sich der Versuch, ihm das Wasser auf einem anderen Weg nahezubringen. Vielleicht kann es genießen, mit einem nassen Schwamm abgewaschen zu werden. Vielleicht ist ein Rasensprenger, den man auf den Paddock stellt, (natürlich nur unter Aufsicht) ein Weg, sich einer Dusche anzunähern. Es kann aber auch gut sein, dass ein Pferd das Wasser generell als zu kalt empfindet und deshalb keine Freude daran hat. Nicht immer ist das, was wir für gut halten auch wirklich gut für das Pferd, es sollte deshalb grundsätzlich ein Mitspracherecht haben!

Pferd duschen

19. Juni 2018 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung, Spiele & Co, Umgang 3 Kommentare »

Ein ganz besonderes Buch

10 Wege zu meinem PferdIn diesen Tagen ist mein Buch „10 Wege zu meinem Pferd“ erschienen. Ich habe zwar schon einige Bücher geschrieben, aber dieses ist ein ganz besonderes und deshalb möchte ich hier noch ein bisschen etwas über die Entstehung mit Euch teilen.

„10 Wege zu meinem Pferd“ ist in einer für mich sehr schweren Zeit entstanden, in einer Zeit des Loslassens und des Umbruches. Vielleicht war es mir gerade deshalb möglich, es genau so zu verfassen, wie es geworden ist. 

Ich habe mich beim Schreiben eines immer wieder gefragt: „Wenn das mein letztes Pferdebuch wäre, was würde ich der Pferdewelt unbedingt sagen wollen?“ – und diese Frage hatte es in sich. Sie zwang mich, konsequent auf den Punkt zu kommen. Herausgekommen ist auf diese Weise ein, wie ich hoffe, ebenso persönliches wie engagiertes und trotzdem bodenständig-praktisches Buch für Menschen, die Pferde nicht nur als Sportgerät ansehen, das zu funktionieren hat, sondern als Mitgeschöpf mit einer eigenen Persönlichkeit. 

10 Wege zu meinem PferdIn diesem Buch steckt sehr viel von mir und noch mehr von meinen Pferden. Das Fundament bildet mein Aramis, der im letzten Jahr starb, noch bevor ich mit dem Buch begonnen hatte. Achtzehn gemeinsame Jahre durfte ich mit ihm erleben und vieles in meinem Denken, Fühlen und Tun im Zusammenhang mit Pferden ist geprägt durch das, was er mir schenkte und was ich mit ihm erleben durfte. Er lebt als Mentor und guter Geist ein Stück weit auch durch dieses Buch weiter.

Noch mehr aber hat mein Anthony dieses Buch geprägt und mitgestaltet. Ohne dieses Pferd hätte es dieses Buch nicht gegeben. Anthony hat wie kein anderes Pferd dafür gesorgt, dass ich mich in meinem Tun und Denken immer und immer wieder hinterfragt habe. Manchmal schon fast gnadenlos hat er mir meine hässlichen Flecken aufgezeigt und mich an und auch über meine Grenzen gebracht. Und obwohl ich leider vieles falsch gemacht habe und oft an meinen eigenen Ansprüchen gescheitert bin, hat er nie ganz dicht gemacht, sondern immer einen Spalt offen gelassen. Unser Weg war kurvenreich, hatte Höhen und viele Tiefen, er führte durch schwieriges Terrain und forderte uns beide immer wieder neu und in jeder Hinsicht. Heute bin von Herzen dankbar für dieses Pferd und ich bin dankbar für unseren gemeinsamen Weg, genauso wie er war und ist. 

10 Wege zu meinem Pferd

Ich habe mit „10 Wege zu meinem Pferd“ ein Buch geschrieben, in dem ich ganz vieles von dem sage, was mir wichtig ist, wenn es um das Zusammensein mit Pferden geht. Ich habe in diesem Buch die Essenz meiner Erfahrungen aus fast 40 sehr bewegten Jahren mit Pferden verdichtet. Ich wünsche diesem Buch vor allem deshalb viele Leser/innen, weil ich davon überzeugt bin, dass das, was ich vor allem durch Anthony gelernt habe, vielen Pferden helfen kann, besser verstanden zu werden und vielen Menschen zu einem schöneren Miteinander mit Pferden verhelfen kann. Ein kleines bisschen träume ich davon, was auch Babette in ihrem Nachwort in meinem Buch formulierte: dass es vielleicht die Pferdewelt ein Stückchen besser machen kann und wenn auch nur ein klitzekleines.

Mit jedem Kapitel in diesem Buch möchte ich Euch ermutigen, Euren ganz eigenen Weg mit Euren Pferden zu finden. Lasst Euch dafür immer auch wieder von ihnen ein Stück weit führen, hört ihnen zu und fühlt Euch in sie hinein. Wir können so viel von ihnen lernen, wenn wir uns öffnen und nicht nur unsere eigenen Vorstellungen und Erwartungen erfüllt sehen wollen. Ja, vielleicht ist das nicht nur die große Kunst, sondern auch der Punkt, an dem Magie entsteht: wenn wir begreifen, dass es viel weniger darum geht, Pferden etwas beizubringen, als viel mehr darum, von ihnen zu lernen.  

Und nun freue ich mich von Herzen, Euch dieses Buch vorstellen zu können – mit einem Klick hier findet Ihr eine ausführliche Beschreibung des Buches mit Beispielseiten. Ihr bekommt es in jeder Buchhandlung oder Ihr bestellt es hier direkt bei Kosmos.

10 Wege zu meinem Pferd

Foto von Horst Streitferdt für Kosmos

12. Juni 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps, Sonstiges 4 Kommentare »

Blinde Flecken – wer hat sie nicht?

Wisst Ihr, was ein so genannter blinder Fleck ist? Nein, keine Augenkrankheit des Pferdes, sondern hier geht es mal wieder um uns selbst. Als „blinden Fleck“ bezeichnet man Teile der eigenen Person oder auch Verhaltensweisen, derer wir uns nicht bewusst sind. Die gibt es in allen Lebensbereichen, aber gerade in der Pferdewelt lassen sie sich besonders anschaulich aufzeigen, denn die ist leider voll davon. Und weil blinde Flecken oft zu krassen Widersprüchen zwischen Tun und Handeln führen, halte ich es für wichtig, sich einmal genauer damit zu befassen.  

Ein anschauliches Beispiel

Vor einiger Zeit fand ich ein inspirierendes Foto mit sehr klugen Aussagen, wie zum Beispiel die, dass Pferde nicht dafür da sind, unser Ego zu befriedigen. Als ich dann aber auf die Quelle klickte wurde mir dort ein Foto von der Verfasserin mit einem sehr jungen Fohlen gezeigt, das mit Showhalfter, Siegesschärpe und Gewinnerrosette zu sehen war… 

Ist doch nicht so schlimm? So etwas kann ein Fohlen schon mal ab? 

Tja, mag sein, … aber wenn ich das tue, kann ich meiner Ansicht nach nicht schreiben, dass Pferde nicht dafür da sind, unser Ego zu befriedigen, denn die Teilnahme mit einem vielleicht einige Wochen (!) alten Fohlen an einer Show hat aus meiner Sicht vor allem etwas mit Ego-Befriedigung zu tun und nichts mit art- und altersgerechter Fürsorge. Nur, und das ist der Punkt, könnte es gut sein, dass die Verfasserin sich kein bisschen darüber bewusst ist, dass sie selbst genau das tut, wogegen sie vorher geschrieben hat. Das ist ein sehr gutes Beispiel für einen blinden Fleck, der zu einem krassen Widerspruch führt und die Frau tun lässt, was sie eigentlich ablehnt.

Was wir bei anderen schnell sehen… 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass fast jede/r von uns solche Beispiele parat hat: 

  • Da ist die Miteinstellerin, die sagt, dass sie ihr Pferd so doll lieb hat und ständig neue Decken, glitzernde Stirnbänder, säckeweise Möhren und dergleichen mehr kauft, aber wenn das Pferd aus ihrer Sicht einen Fehler macht, wird es grob bestraft. 
  • Da ist der Pferdebesitzer, der viel Geld in den tollen Westerntrainer investiert, damit sein Pferd eine gute Ausbildung bekommt, dem aber im Falle einer ungeklärten Erkrankung das Rufen eines zweiten Tierarztes oder eine alternative Behandlung seines Pferdes zu teuer ist. 
  • Da sind die Trainer, die auf ihren Webseiten mit „Pferdegerechter Ausbildung“ werben, aber in der Praxis noch immer der längst überholten Dominanztheorie folgen.
  • Da sind all die vielen Leute, die in den Social Media schon fast wie die Hyänen auf andere Pferdebesitzer losgehen, wenn sie etwas wittern, was nicht ok ist, aber selbst den Sperrriemen noch ein Loch enger ziehen, damit sie ihr Pferd kontrollieren können oder den wochenlang klammen Gang ihres Pferdes mit einem „Ach, der simuliert nur!“ abtun.
  • Und so weiter und so fort.  

… erkennen wir bei uns selbst oft nicht

Mal ganz ehrlich: Erkennen wir solche Widersprüche auch bei uns selbst?

  • Greife ich andere vielleicht genau für solche Fehler an, die ich selbst mache? 
  • Kritisiere ich andere vielleicht genau für die Schwächen, die ich selbst habe? 
  • Predige ich vielleicht oft genau das, was ich selbst falsch mache? 
  • Lästere ich vielleicht genau darüber, was ich bei mir selbst doof finde? 

Tatsächlich nämlich provozieren uns unbewusst nämlich oft genau die Sachen, die wir bei uns selbst für falsch halten und es kann sehr hilfreich sein, sich bei jedem Impuls, andere anzugehen, erst einmal zu fragen: 

Was hat das vielleicht mit mir selbst zu tun? 

Der Schlüssel ist Selbstreflexion

Und damit sind wir wieder einmal bei einem der wichtigsten Punkte im Zusammensein mit Pferden: nämlich der Bereitschaft, das eigene Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen. 

Selbstreflexion ist eine Übungssache und die Herausforderung besteht darin, das auf eine konstruktive Weise zu tun. Immer mal wieder tief in ein schlechtes Gewissen zu versinken, bringt nämlich leider gar nichts. Es geht darum, auch tatsächlich etwas zum Guten zu verändern

Und so möchte ich diesen Beitrag als Einladung und vielleicht auch Aufforderung verstanden wissen, dass jeder von uns einmal sehr bewusst nach den krassen und vielleicht auch weniger krassen, dafür aber trotzdem unschönen Widersprüchen im eigenen Verhalten sucht, also nach Widersprüchen

  • zwischen dem, was wir sagen oder wofür wir uns ereifern und 
  • dem, was wir tatsächlich selbst tun (und mit ach so guten Gründen entschuldigen, denn bei uns ist ja aaaaalles ganz anders…).

So bekommen wir Anhaltspunkte dafür, wo wir an uns selbst arbeiten können, anstatt immer nur mit den Fingern auf andere zu zeigen. Ja…, das kann ganz schön unbequem sein, wie ich aus eigener Erfahrung nur allzu gut weiß, aber es ist unerlässlich, wenn wir wirklich pro Pferd handeln und nicht nur darüber reden wollen. 

 

Blinde Flecken

5. Juni 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse 4 Kommentare »

Pferde sind Egoisten und anderer Unfug

Es gibt Sätze, die machen mich auch nach all den Jahren, die ich nun schon mit Pferden (und deren Menschen) zu tun habe, sprachlos. Neulich erschien ein solcher Satz in den Kommentaren auf meiner Facebookseite: „Pferde sind Egoisten.“

Die Wirkung

Es gibt viele solcher Sätze und sie haben leider eine große Macht, denn sie bewirken Verschiedenes: 

  • Sie machen einen entweder stumm, weil man angesichts einer solch dummen wie falschen Aussage kaum noch etwas zu erwidern weiß oder
  • sie machen einen wütend und damit wird man gerade in einem Austausch oft viel zu emotional,
  • vor allem aber setzen sie sich, weil sie so schön griffig sind, in vielen Köpfen als Tatsache fest und das ist aus meiner Sicht das Schlimmste an der Sache… 

Es handelt sich hierbei um so genannte Killerphrasen oder Totschlagargumente. Zitat wikipedia: „Totschlagargumente sind inhaltlich nahezu leere Argumente, also Scheinargumente, bloße Behauptungen oder Vorurteile, von denen der Sprecher annimmt, dass die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer entweder mit ihm in der Bewertung übereinstimmt oder keinen Widerspruch wagt… haben das gleiche kommunikative Ziel, nämlich den Gegner mundtot zu machen und jedes lösungsorientierte Denken zu verhindern beziehungsweise zu unterbinden. Stattdessen soll der aktuelle Zustand aufrechterhalten werden…“

Ehrlich gesagt habe ich keinen guten Tipp, wie man konstruktiv mit solchen Killersätzen umgehen kann, da bin auch ich immer wieder aufs Neue gefordert. Provokationen dieser Art sind ja geradezu darauf angelegt, destruktiv zu sein, sprich: Personen, die solchen Unsinn sagen, haben gar kein Interesse an Argumenten, die solche Aussagen widerlegen oder einem echten Austausch.

Aber ist es deshalb gut, solche Aussagen einfach unkommentiert stehen zu lassen (was ich in diesem Fall getan habe)? Es fühlt sich für mich nicht so an und so tue ich das, was meine Art ist: ich schreibe darüber. 

Warum wird so etwas gesagt?

Ich frage mich nicht nur bei Pferden immer, was die Ursache für ein Verhalten ist, sondern ich versuche auch Menschen zu verstehen, die aus meiner Sicht etwas Falsches, Unsinniges oder auch Verwerfliches tun.

Als Ursache für solche Killerphrasen sehe ich vor allem die Tatsache, dass sie bestens dazu geeignet sind, das eigene Verhalten nicht hinterfragen zu müssen. Sie dienen dazu, nicht-pferdegerechtes Verhalten zu rechtfertigen. 

Selbstreflexion ist nicht jedermanns Sache, aber unbedingt nötig

Das eigene Verhalten zu hinterfragen, erfordert einen selbstkritischen Blick und die Bereitschaft, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Bereitschaft, dazuzulernen. Und das kann unbequem und aufwühlend sein, da man sich, sofern man eigene Fehler erkennt, eventuell auch mit Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen befassen muss. Genau das aber sollten vor allem die haben, die sich eben nicht hinterfragen und nicht diejenigen, die gemachte Fehler erkennen und in Zukunft vermeiden wollen. Ein schlechtes Gewissen sollten Killerphrasen-Drescher haben, die nicht nur nicht bereit sind, das eigene Verhalten zu reflektieren, sondern mit solchen Aussagen auch noch dafür sorgen, dass andere sie übernehmen. 

Da ich Killerphrasen nicht verhindern kann, setze ich da an, wo ich hoffe, etwas bewirken zu können: Bei der Bitte, nicht alles zu glauben, was sich griffig und schmissig anhört und keinen Aussagen oder Ansätzen zu folgen, die nicht-pferdegerechtes Verhalten gutheißen. Bitte bewahrt oder entwickelt den Mut und die Bereitschaft, immer selbst zu denken und vor allem selbst zu fühlen – FÜR die Pferde.

Killerphrasen

28. Mai 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang 9 Kommentare »

Was will mir mein Pferd sagen?

Leute wie ich werden oft von Menschen gerufen und um Rat gefragt, die konkrete und zum Teil umfassende Probleme mit ihren Pferden haben. Meist suchen sie einen Weg, auf dem sie sich ihrem Pferd besser mitteilen können. Und schon an dieser Stelle muss ich das Bild korrigieren, denn für mich geht es in der Arbeit mit Pferden zunächst nicht darum, was wir Menschen dem Pferd sagen wollen, sondern viel wichtiger finde ich, was sie uns mitteilen wollen

Ein grundsätzlich anderer Zugang, der alles ändert

Dieser Ansatz unterscheidet sich ganz wesentlich vom herkömmlichen Umgang mit Pferden, der ja in der Regel so aussieht: Der Mensch entscheidet, was getan wird und das Pferd soll eben genau das dann tun. Die Skala geht dann von einem liebevoll-freundlichen Miteinander bis hin zu gewaltvollem Durchsetzen des eigenen Willens gegenüber dem Pferd mit allen Abstufungen dazwischen, je nachdem, wie das Pferd auf den Menschenwillen reagiert. 

Viele Mensch-Pferd-Paare finden auf dieser Basis auch durchaus ein mehr oder weniger gut funktionierendes Miteinander, bei dem, zumindest solange keiner dran rüttelt, alles wie gehabt läuft. Rüttelt aber doch mal jemand oder ändern sich die Umstände, dann zeigt sich oft plötzlich, dass das, was so verlässlich erschien, leider brüchiger ist als gedacht. 

  • Laura hat seit sechs Jahren eine Hannoveranerstute, mit der sie dreimal die Woche Dressur in der Halle reitet, an zwei Tagen wird das Pferd longiert und am Wochenende geht’s auch mal ins Gelände. Als sie mit der Stute nach einem langwierigen Hufgeschwür wieder das Training aufnehmen will, klappt gar nichts mehr – das Pferd verweigert die Arbeit in der Bahn genauso wie die an der Longe und im Gelände flippt es regelrecht aus. 
  • Bodo ist mit seinem Araber-Wallach in einen anderen Stall gezogen. Vorher stand das Pferd nachts in einer Box und kam tagsüber auf einen Paddock. Nun hat Bodo einen gut geführten Laufstall gesucht, um seinem Pferd 24 Stunden Pferdegesellschaft zu bieten. Während sein Wallach im alten Stall schon wieherte, wenn er die Stallgasse betrat, scheint er sich nun kaum noch für seinen Menschen zu interessieren. Bodo hat sogar Schwierigkeiten, ihn einzufangen. 
  • Ulrike pflegt mit ihrem Isländer ein inniges Verhältnis. Als sie einen Mann kennenlernt, der sich auch für Pferde interessiert, beschließt sie, sich ein zweites Pferd zu kaufen, um auch mit ihm ihr Hobby teilen zu können. Von dem Tag an, an dem Ulrike den neu gekauften Tinker zum Stall bringt, verändert sich ihr Isländer und wird vom ruhigen Verlasspferd zu einem fahrigen Nervenbündel.  

Pferde kommunizieren über ihr Verhalten

Pferde können nicht sprechen, sondern sie kommunizieren über ihr Verhalten mit uns. Sie wollen uns natürlich nicht mit allem, was sie tun, etwas sagen (so wichtig sind wir meist gar nicht ;-), aber manches in ihrem Verhalten enthält ganz konkrete Aussagen. Und die müssen wir erkennen, um entscheiden zu können, wie sich auftretende Probleme lösen lassen. 

  • Lauras Stute stand wegen des Hufgeschwürs eine ganze Weile allein und von einem Tag auf den anderen wurde nichts mit ihr gemacht, da sie so stark lahmte. Während sich Laura nach dem Abheilen des Hufgeschwürs nun darauf freut, wieder mit ihrer Stute zu arbeiten, hat sich für diese in der Zwischenzeit die Welt geändert. Die starken Schmerzen haben sie misstrauisch werden lassen und die Isolation hat die Stute ängstlich gemacht. Es ist dem Pferd nicht möglich, so zu sein wie vorher, da es erst wieder neues Vertrauen entwickeln muss. 
  • Dass Bodos Wallach nicht mehr zu ihm kommt, nimmt Bodo persönlich. Er erkennt nicht, dass sein Pferd durch die neue Situation nun erst einmal andere Prioritäten setzt. Für ihn ist die neue Herde eine große Herausforderung, denn er ist gerade dabei, sich seine Position zu erarbeiten und Freundschaften aufzubauen. Für Bodo hat der Wallach einfach keinen Kopf. 
  • Der sensible Isländer von Ulrike erfährt durch das neue Pferd Veränderungen, die Ulrike nicht bewusst sind. In der Herde ist der Tinker ranghöher und jagt den Isländer gerne weg. Viel von Ulrikes Aufmerksamkeit bekommt nun der Tinker, während sie mit ihrem eigenen Pferd aus Zeitmangel oft nur kurz etwas macht. All das verunsichert den sensiblen Isländer sehr.  

Die aufgeführten Beispiele zeigen, wie komplex das Verhalten unserer Pferde betrachtet werden kann. Wir, die wir meist nur für eine kurze Zeit am Tag zu unseren Pferden kommen, beachten oft weder die Wirkung unseres eigenen (vielleicht veränderten) Verhaltens unserem Pferd gegenüber, noch all die vielen anderen Einflussfaktoren. Wenn wir aber verstehen wollen, was uns unser Pferd sagen will, müssen wir den Blick weiten und mehr als nur das herausgelöste („Fehl-„)Verhalten sehen.

Ganz oft ist die Frage: „Wie kann ich mein Pferd zu XYZ bringen?“ oder „Wie erreiche ich, dass mein Pferd Verhalten XYZ sein lässt?“ der falsche Ansatz, denn wir müssen uns erst einmal fragen, WARUM unser Pferd etwas tut oder nicht mehr tut und was es damit möglicherweise ausdrückt

Keine Frage, hier können wir vieles auch missinterpretieren. Das aber sollte uns nicht davon abhalten, zu versuchen, unser Pferd zu verstehen. Die Alternative, nämlich unerwünschtes Verhalten einfach zu bestrafen oder auf Veränderungen beim Pferd nicht einzugehen, führt häufig zu einer Verschlimmerung der Situation, da die Gründe nicht abgestellt werden. Für mich geht es also viel weniger oft um die Frage „Wie?“ als um das „Warum?“.

Pferdeverhalten

24. April 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 5 Kommentare »

Erlernte Hilflosigkeit?

Seit einiger Zeit wird auch in der Pferdewelt immer wieder über „erlernte Hilflosigkeit“ gesprochen. Diese Formulierung stammt von den amerikanischen Psychologen Martin E. P. Seligman und Steven F. Maier zur Erklärung von Depressionen. Beschrieben wird damit die Tatsache, dass ein Wesen (Mensch oder Tier) sein eigenes Verhalten einschränkt und unangenehme Zustände nicht verändert, obwohl er oder es das von außen betrachtet eigentlich können müsste. Ursache dafür ist die wiederholte Erfahrung von Machtlosigkeit. 

Bezeichnenderweise wurden für dieses Phänomen grausame Versuche an Hunden gemacht, durch die eines deutlich wurde: Wesen, die nichts gegen Leid machen können (also ihm z.B. nicht entfliehen können), geben irgendwann auf und lassen das Leid über sich ergehen.

Und damit kommen wir genau zu dem Punkt, um den es mir hier geht. Für mich ist der Begriff  „erlernte Hilflosigkeit“ sträflich irreführend. Er umschreibt nämlich auf eine viel zu harmlose Weise etwas sehr Schlimmes. 

Tatsache ist:

Hilflosigkeit wird
viel mehr erzeugt als erlernt.

Und verantwortlich dafür sind sehr oft wir Menschen. Überlegen wir doch einmal selbstkritisch und ehrlich, in wie vielen Situationen Pferde durch Menschen in eine hilflose Position gebracht werden. Mir fallen sehr, sehr viele ein…  

Hilflosigkeit ist eine schlimme Erfahrung

Hilflosigkeit, das wissen wir alle,  ist ein Zustand, der ausgesprochen unangenehm ist und das gilt ganz besonders für ein instinktiv reagierendes Wesen wie das Fluchttier Pferd.

Versetzt man ein Wesen immer wieder in diesen Zustand, dann lernt es Ohnmacht und reagiert mit (Selbst-)Aufgabe, es reagiert immer weniger um seine Situation zu verbessern, sondern es erträgt, was mit ihm gemacht wird. 

Was diese eh schon traurige Tatsache dann noch furchtbarer macht, ist dass dieses Nicht-Reagieren gerade in der Pferdewelt dann auch oft noch so interpretiert wird, dass das, was der Mensch macht, ja nicht so schlimm sein kann, weil sich das Pferd doch sonst wehren würde und weil die untereinander ja auch nicht zimperlich sind oder weil das Pferd einfach so „stur“ und „bockig“ ist… 

Ursachen von Hilflosigkeit

Die Ursachen für ein Gefühl von Hilflosigkeit bei Pferden können vielfältig sein und es sind so gut wie immer wir Menschen, die wir ein Pferd in diesen Zustand bringen, z.B. durch Folgendes:

  • Wir Menschen überfordern Pferde mit Anforderungen oder unklaren Zeichen und bestrafen sie dann durch aggressives Verhalten (Anbrüllen, Schlagen, andere körperliche Strafen) für unerwünschtes Verhalten, was das Pferd aber nicht verstehen und umsetzen kann. Es weiß oft nicht, wofür es bestraft wird und es hat keine Chance, herauszufinden, was der Mensch will oder nicht will —> die meisten Pferde resignieren dann irgendwann. 
  • Mit Hilfsmitteln wie scharfen Gebissen, Sporen, Hilfszügel & Co sorgen wir Menschen dafür, unsere Einwirkung um ein Vielfaches erhöhen und damit enorm viel Kraft und Schmerzen ausüben zu können; je mehr sich das Pferd wehrt, desto stärker erfolgt der Einsatz –> irgendwann erlischt die Gegenwehr bei den meisten Pferden.  
  • Pferde werden oft systematisch auf eine Weise geritten, die sie in eine hilflose Postion bringt (Stichwort „Rollkur“ und vergleichbare Trainingsmethoden) –> sie resignieren irgendwann vollständig.
  • Nicht passendes Zubehör oder falsche Einwirkung von „Hilfen“ sorgen für dauerhafte Schmerzen, denen das Pferd nicht entkommen kann —> die meisten Pferde ertragen es irgendwann nur noch.
  • Das Pferd empfindet Angst, aber statt dass der Stressfaktor reduziert wird, wird das Pferd auch noch für sein Verhalten (Scheuen, Tänzeln etc.) bestraft oder der Stressreiz wird mit dem Ziel der Desensibilisierung erhöht, bis das Pferd versteht, dass es keine Angst haben muss —> tatsächlich gibt es aber nur auf.
  • Die Haltung des Pferdes ist nicht artgerecht: zu wenig Bewegung, keine Sozialkontakte, zu wenig Futter usw.) —> das Pferd verkümmert und gibt innerlich auf. 
  • Und anderes mehr. 

Ein hilfloses Pferd ist immer ein Pferd in Not

Um es ganz deutlich zu sagen: Ein hilfloses Pferd ist in den meisten Fällen (wenn wir nicht gerade von Unfällen o.Ä. sprechen) ein Pferd, das nicht pferdegerecht, sondern falsch und schlecht behandelt wurde. Es lernt in diesem Fall nichts, sondern es wird durch das Fehlverhalten des Menschen in eine Notsituation gebracht – sei es, dass er es nicht besser weiß oder nicht anders kann oder auch noch der Meinung ist, dass er sich richtig verhält. 

Lernen müssen in all diesen Fällen wir Menschen, denn für den Zustand der Hilflosigkeit gibt es immer Ursachen, die nicht das Pferd lösen kann, sondern nur wir. Nur, wenn wir bereit sind, unseren eigenen Teil in dem Ursache-Wirkung-Kreis zu erkennen, können wir unser Verhalten verändern, um Pferde nicht immer wieder hilflos zu machen. 

 

Erlernte Hilflosigkeit

Zum Weiterlesen: 

17. April 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 5 Kommentare »

Praxistest Holzpellets – Alternative Einstreu für Huster

Eine für einen Huster geeignete Einstreu zu finden, ist gar nicht so einfach. Aber nach einigem Herumprobieren bin ich nun auf Holzpellets gestoßen. 

Erst konnte ich mir gar nichts darunter vorstellen, denn Holzpellets kannte ich bisher nur zum Heizen. Aber auf einen Tipp hin recherchierte ich ein bisschen und fand viel versprechende Berichte. Also probierten wir es aus. 

Die Holzpellets gibt es in 14-Liter-Säcken. Damit aus den kleinen harten Pellets eine gemütliche Einstreu wird, muss man sie wässern und wenn ich „wässern“ schreibe, meine ich das so. Es reicht nicht, mal eben eine große Kanne Wasser auf einen Sack zu gießen, sondern ich habe für die Ersterstellung der Ersteinstreu an die 100 Liter Wasser darauf gekippt! 

Holzpellets als Einstreu

Hier sieht man, wie die Pellets noch fast im Erstzustand sind, nur in der Mitte quellen sie schon ein bisschen auf. 

Holzpellets als Einstreu

Ich habe die Pellets zunächst in den Säcken nass gemacht, da sich das Wasser da besser hält und sie leichter quellen. Hier sieht man schon, wie viel mehr Fülle sie bekommen: 

Holzpellets als Einstreu

Dann ohne die Verpackung: 

Holzpellets als Einstreu

Und so sieht die Sache bezugsfertig aus: 

Holzpellets als Einstreu

Solange sie noch so aussehen, ist noch zu wenig Wasser dazugegeben worden: 

Holzpellets als Einstreu

So ist es gut: 

Holzpellets als Einstreu

Hier schaut sich Anthony die Sache zum ersten Mal an: 

Holzpellets als Einstreu

Prüft das Ganze… 

Holzpellets als Einstreu

… und befindet es für gut 🙂

Holzpellets als Einstreu

Am nächsten Tag sah die Box so aus – und nein, so ordentlich ist er nicht immer, inzwischen äppelt er auch rein, da man das wirklich nicht fressen kann 🙂

Holzpellets als Einstreu

Fazit nach einigen Wochen

Für mich ist faszinierend, dass bei dieser Einstreu kein Geruch entsteht. Es duftet gleichbleibend leicht nach Holz, aber nicht nach Urin. Die Pellets sind sehr saugfähig und die Box ist leicht zu misten. Von der Pinkel-Stelle nehmen wir immer ein bisschen was von dem Nassen heraus, aber es bildet sich ingesamt eine trittfeste Matratze. Hin und wieder müssen mal ein, zwei Säcke nach gefüllt werden. Ich empfinde den Verbrauch als recht sparsam und im Vergleich zu anderen Späne-Varianten ist sie meiner Einschätzung nach günstiger. Und das Beste: Sie wirkte sich bei uns sehr schnell deutlich positiv auf den Husten aus. 

Kleiner Minuspunkt: Zweistellige Minusgrade über mehrere Tage bringen die Einstreu an ihre Grenzen, denn dann ist das Wässern natürlich schwer bis unmöglich und die Einstreu wird staubig. Damit ist abzusehen, dass es im Hochsommer sicher nötig werden wird, die Einstreu öfter nachzuwässern, aber da ist der Einsatz von Wasser ja unproblematischer. 

Nach etlichen Wochen Einsatz kann ich sagen, dass das bisher die beste Einstreu ist, die ich bisher hatte. Holzpellets für Pferde gibt es von verschiedenen Anbietern, bei Interesse einfach mal im Netz danach recherchieren. 

10. April 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Gesundheit, Haltung 22 Kommentare »

Trauer und Tod dürfen keine Tabu-Themen sein

Am 31.3.18 jährte sich der Tod meines Pferdes Aramis zum ersten Mal. Ein Jahr ohne ihn liegt hinter mir. 

So ein Trauerjahr ist lang und kurz zugleich. Wenn wir trauern, fallen wir ein Stück weit aus der Zeit. Die Erde dreht sich weiter, während wir sehr viel Zeit brauchen, erst um überhaupt zu begreifen, dann um damit leben zu lernen. Dabei ist Trauer ein Wandelwesen. Es gibt viele verschiedene Stadien von Trauer. Trauer kann die Hölle sein und auch Glückseligkeit und alle Stufen dazwischen. Und Trauer kann leider auch einsam machen, dann, wenn Trauer zu einem Tabu-Thema wird. 

Immer noch da

Was mir in meiner Trauer am meisten hilft, ist dass Aramis für mich noch immer da ist. Fühlbar da. Seine Präsenz, vielleicht auch seine Essenz. Er begleitet und trägt mich noch immer. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke, und das ist keineswegs nur schmerzlich, sondern oft wunderschön.  

Vielen Menschen fällt es schwer, mit Trauer und vor allem auch mit Trauernden umzugehen. Nicht nur die Unsicherheit darüber, wie man sich verhalten soll, ist groß, sondern hinzukommen eigene Berührungsängste mit den Themen „Tod“ und „Verlust“. Die betretenen Mienen kennt sicher jeder, der auch nach der akuten Phase noch über das verstorbene Wesen reden möchte, und das ungute Gefühl, dass das Thema, ja, sogar der Name nach und nach auf eine merkwürdige Art tabu wird…  

Der Tod meines Pferdes ist kein Tabu-Thema für mich, ganz im Gegenteil. Sein Tod ist genauso Teil meines Lebens, wie es sein Dasein war. So wie ich mit ihm lebte, lebe ich nun ohne ihn weiter, aber deshalb verdränge ich ihn nicht und vergessen tue ich ihn schon gar nicht. 

Auch wenn es stimmt, dass Trauer ein individueller Prozess ist, so sollte, denke ich, keiner ganz allein sein müssen damit. Für viele ist es sehr heilsam, nicht nur über den Verlust reden zu können, sondern vor allem auch über die schönen Erinnerungen – und das eben nicht nur für einige Wochen, sondern auch noch viel, viel später. 

Ich bin sehr dankbar, dass es um mich herum Menschen gibt, die meine Trauer einfach genau so sein lassen können, wie sie ist. Ich kann kleine Anekdoten erzählen und von den vielen, wundervollen Erlebnissen berichten. Ich kann Aramis in einem Nebensatz erwähnen oder auch einfach nur die Tränen laufen lassen, wenn er mir gerade besonders doll fehlt oder auch besonders nah ist. Meine Trauer darf sein und muss nicht verändert oder versteckt werden. Das ist sehr kostbar.

Feiern, was war

Aktive Trauer ist bei weitem nicht nur Schmerz, sondern ja, sie kann auch ein Fest sein. Indem ich an Aramis denke und über ihn rede, feiere ich das, was wir hatten, denn das kann mir keiner nehmen. Das ist, was bleibt.

Aramis
 

3. April 2018 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Sonstiges 3 Kommentare »

Fragen zum Longenkurs: Wie lange und wie oft?

Heute gebe ich Antworten auf zwei Grundsatzfragen zum Longenkurs:

  • Wie lange soll eine Trainingseinheit dauern?
  • Wie oft sollte man an der Longe arbeiten?

Meine Antwort:

Die Dauer der Einheiten richtet sich nach verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel dem Alter und Trainingszustand des Pferdes. Bei einem jungen Pferd reichen 15 Minuten. Bei einem Pferd, das erst langsam wieder ins Training genommen wird, arbeiten wir die meiste Zeit im Schritt und steigern das Training langsam.

30 Minuten sind eine grobe Richtlinie für ein Pferd, welches das 3. Lebensjahr erreicht hat oder älter ist. Dabei darf die Einheit an sich aber auch länger sein. Die 30 Minuten sind dann die Arbeitszeit und was noch hinzuzurechnen ist, ist die Zeit, die wir uns nehmen sollten, um eventuell verspannte Muskeln zu massieren, passende Dehnübungen durchzuführen oder einfach nur mit dem Pferd zusammen zu sein und Qualitätszeit zu genießen, also z.B. in der Bahn zu stehen und das Pferd an seiner Lieblingsstelle zu kraulen oder einfach ohne Anforderung mit dem Pferd über den Platz zu spazieren. Diese Pausen sollte man regelmäßig in die Arbeit einstreuen.

Hier einmal ein Beispiel für die Gestaltung einer Longeneinheit:

  • 10-15 Minuten wärmen wir das Pferd im ruhigen Tempo auf (z.B. mit Führen in Stellung, Seitengängen, Anschraten, auf Distanz im Schritt und langsamen Trab auf kurzer Distanz von ca. 2-3 Metern Bahnfiguren wandern)
  • 5 Minuten Massage/Wellness/Dehnungen/Beziehungspflege
  • 5-10 Minuten schwungvolles Vorwärts mit aktiver Hinterhand, Trab-Galoppübergänge, Zirkel verschieben, ganze Bahn mit großer Longendistanz, an der langen Seite zulegen lassen, Fokus auf Lauffreude, wach machen, gemeinsam Spaß haben
  • 5 Minuten Massage/Wellness/Dehnungen/Beziehungspflege
  • 5-10 Minuten gymnastizierende Übungen an der Hand, alternativ für fortgeschrittene Pferde Seitengänge longiert im Wechsel mit Slalom, Volten – Schwerpunkt auf Biegung und Lastaufnahme der Hinterhand
  • 5 Minuten Aktivierung der Hinterhand, Galopp
  • 5-10 Minuten Cool-down-Phase im ruhigen Tempo, Dehnen, Massage

In diesem Beispiel wäre man mit dem Pferd 45-50 Minuten auf dem Platz, das Pferd würde aber „nur“ ca. 30-35 Minuten arbeiten, davon max. 15 Minuten im höheren Tempo, der Rest in ruhiger Manier.

Zur Häufigkeit der Einheiten

Für mich gilt der Leitsatz: „Der Muskel wächst am Ruhetag“. Wir sollten also im Training die Anforderungen an das Pferd möglichst nicht an aufeinanderfolgenden Tagen gleich halten. Deswegen longiere ich die Pferde auch nicht täglich, abgesehen davon, dass dem Pferd dann sehr wahrscheinlich die Longenarbeit auch bald fad wird und es nicht mehr motiviert sein wird. Nehmen Sie Ihr Pferd also lieber maximal jeden zweiten Tag an die Longe und nutzen Sie die Tage dazwischen, die Zeit mit Ihrem Pferd „anders“ zu verbringen, sei es mit einem schönen Ausritt oder Spaziergängen, mit Clickertraining, mit Bodenarbeit zur Verbesserung der Kommunikation, für ein bisschen Freispringen oder auch für das Training unter dem Sattel …

Hat Ihr Pferd an der Longe bereits eine gute Laufmanier entwickelt und steht es körperlich gut da, „muss“ man theoretisch nicht longieren. Ich empfehle das Longieren aber auch bei gut trainierten Pferden mindestens einmal die Woche, um den guten Zustand des Pferdes zu halten. Und ganz grundsätzlich kann das Training an der Longe für Abwechslung sorgen und das Pferd wieder lockern, sollte es nötig sein.

Ansonsten gilt: Sie können so oft an der Longe arbeiten, wie es Ihrem Pferd und Ihnen Spaß bereitet und es Ihrem Pferd gut tut.

27. März 2018 von Babette Teschen • Kategorie: Longieren 1 Kommentar »

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