Buch-Tipp: „Pferdesprache für Kinder“ von Andrea und Markus Eschbach

„Pferdesprache für Kinder: Pferdeflüstern leicht gemacht“ von Andrea und Markus Eschbach
Stuttgart: Kosmos, 2014. – 56 S.
ISBN: 9783440140710
ca. 10,– EUR

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um einen groß formatigen und reich bebilderten Ratgeber für Kinder, die Pferde lieben und das Reiten lernen möchten. Mit 56 Seiten ist der Band eher schmal, hat es aber dennoch in sich, denn „Pferdesprache für Kinder“ geht viel weiter als der Titel vermuten lässt. Geboten wird nämlich ein umfassender Grundkurs im Umgang mit Pferden für Kinder.

Es geht

  • darum, die Mimik und Körpersprache eines Pferdes zu deuten,
  • darum, die eigene Körpersprache in der Freiarbeit einzusetzen, um mit dem Pferd zu kommunizieren,
  • darum, einen vertrauensvollen, achtsamen und respektvollen Umgang mit dem Pferd zu erlernen.
  • um Bodenarbeit,
  • ums Spielen,
  • ums Reiten
  • und um vieles mehr, was Kinder gemeinsam mit einem Pferd unternehmen können.

Aus unserer Sicht ein rundum empfehlenswertes Buch für pferdebegeisterte Kinder. Würden alle Reitanfänger auf der Grundlage der Philosophie dieses Buches geschult werden, würde es ganz sicher weniger hässliche Szenen geben und wir könnten unseren offenen Brief zum Thema Kinderreitunterricht vergessen. Außerdem würde die Sicherheit für Kinder im Zusammensein mit Pferden ganz wesentlich erhöht werden. Ein fundiertes Know-How sorgt immer noch für den sichersten Umgang.

Das Buch liefert auch interessierten Eltern wertvolle Infos und kann ein exzellenter Leitfaden sein, wenn Sie Ihr Kind selbst in Sachen Pferd unterrichten möchten.

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10. November 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps 1 Kommentar »

Die Sache mit dem schlechten Gewissen

In der letzten Woche hatten wir diese Inspiration bei Facebook eingestellt:

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Es geht um ein, zugegeben, unbequemes Thema, aber um ein sehr wichtiges, denn das schlechte Gewissen scheint ein fester Bestandteil der Pferdewelt.

Die meisten von uns haben wegen allem Möglichen ein schlechtes Gewissen: Weil wir zu wenig mit unserem Pferd machen oder zu viel, weil wir es zu hart behandeln oder zu nachlässig, weil wir zu schlecht reiten oder zu viel wiegen, weil wir unser Pferd über- oder unterfordern, weil wir Zubehör benutzen, von dem wir wissen, dass es dem Pferd Unbehagen oder gar Schmerzen bereitet, weil wir genau merken, dass wir gerade unfair oder zu ungeduldig oder zu emotional sind, weil wir ahnen, dass wir uns eigentlich einen anderen Stall suchen müssten, damit es unserem Pferd besser geht, es aber nicht tun – und so weiter und so weiter und so weiter …

Eigentlich etwas Gutes …

Ein schlechtes Gewissen ist eigentlich eine gute Sache, denn es ermahnt uns, unser eigenes Verhalten zu hinterfragen. Ein schlechtes Gewissen entsteht, weil wir moralische Vorstellungen und Grundsätze haben, und das ist etwas Gutes.

Nun fühlt sich so ein schlechtes Gewissen aber oft einfach nur mies an. Wir schämen uns und fühlen uns schlecht. Wir wollen dieses unangenehme Gefühl möglichst schnell weghaben und (er-)finden deshalb Gründe für unser Tun, schauen auf andere, die noch schlimmer sind und rechtfertigen das, weswegen wir eigentlich das schlechte Gewissen haben. Das hilft kurzfristig, weil wir uns dann etwas besser fühlen, aber schon mittelfristig haben wir genau deshalb ein noch größeres schlechtes Gewissen. Und weil das noch unangenehmer ist, schieben wir auch das gleich wieder mit den entsprechenden Argumenten von uns weg und, ja, machen oft genau das, was wir falsch finden, erst recht, wie um uns zu beweisen, dass es ok ist oder nicht anders geht.

Obwohl es also eigentlich dafür da ist, dass wir unser Tun in Hinblick auf „richtig oder falsch“ prüfen, verhindert ein schlechtes Gewissen oft leider, dass wir etwas an unserem falschen Verhalten ändern. Es scheint absurd, aber dennoch ist genau das oft der Fall: je schlimmer unser schlechtes Gewissen ist, desto stärker halten wir oft an genau dem fest, was das schlechte Gewissen auslöst.

Warum das so ist? Weil uns ein schlechtes Gewissen zu einem „Opfer“ und damit immer ohnmächtiger macht. Es geht uns nicht gut mit einem schlechten Gewissen, ja, wir leiden darunter oft sogar sehr. Dieses Leid lässt uns um uns selbst kreisen und übersehen dabei, dass wir selbst die Ursache für unser Leid sind. Wir tun (oder unterlassen) etwas, das uns Schuldgefühle macht. Diese Schuldgefühle schwächen uns und verstärken unser Gefühl von Hilflosigkeit. Dann haben wir den Eindruck, „… ja sowieso nichts ändern zu können, weil es ja eh schon passiert ist und immer wieder passiert“, wodurch wir uns noch schlimmer fühlen – eine Endlos-Spirale!

Ein schlechtes Gewissen hält uns also oft in unseren Mustern gefangen und macht es uns manchmal fast unmöglich, sie zu durchbrechen.

Wie man da herauskommt? Indem wir unsere moralischen Vorgaben nicht nur als Lippenbekenntnisse sehen, sondern bereit sind, sie tatsächlich zu leben und uns an sie zu halten! Oder anders gesagt: Ein schlechtes Gewissen hört erst auf, wenn wir das, was wir für falsch halten, sein lassen und unser Verhalten ändern.

… aber nur dann, wenn wir auch etwas ändern!

Ein schlechtes Gewissen ist gut, wenn es uns zu der Erkenntnis bringt, dass wir etwas ändern müssen. Dafür aber müssen wir aus dem (Selbstmit-)Leid heraus und hin zur Bereitschaft, aktiv an uns selbst zu arbeiten. Dazu sind drei Schritte nötig:

  • Im ersten Schritt müssen wir bereit sein zu erkennen, WAS wir eigentlich genau tun. Das erfordert den Mut, ehrlich mit sich selbst zu sein, und zwar ohne, uns mit einem „Was bin ich doch nur für ein schlechter Mensch“ selbst zu zerfleischen – genau das ist nämlich das, was uns keinen Schritt weiterbringt.
  • Im zweiten Schritt müssen wir bereit sein, uns das, was wir getan haben, zu verzeihen. Jeder Mensch macht Fehler und manchmal machen wir auch schlimme Fehler. Aber kein Fehler wird dadurch besser, dass wir uns selbst deswegen fertigmachen (eben mit einem schlechten Gewissen). Fehler sind wichtig, denn ohne sie kann es keine Entwicklung und kein Lernen geben. Aber dafür dürfen wir nicht im Schuldgefühl hocken bleiben, sondern wir müssen erkennen, was falsch gelaufen ist und uns damit aussöhnen, um es dann loszulassen zu können, um Neues möglich zu machen.
  • Denn darum geht es im dritten Schritt: uns für etwas Neues zu öffnen. Wenn wir erkannt haben, etwas falsch gemacht zu haben, gilt es unser Verhalten zu verändern. Manchmal können wir einfach etwas anders machen oder aufhören etwas zu tun, manchmal aber schaffen wir es nicht aus eigener Kraft oder es fehlt uns an Wissen oder Möglichkeiten. In diesem Fall steht an, uns Hilfe zu suchen und diese anzunehmen. Dieser dritte Schritt ist unerlässlich, damit unser schlechtes Gewissen das bewirken kann, wofür es eigentlich in uns eingebaut ist: tatsächlich etwas zum Guten zu verändern.

Ich sehe mein schlechtes Gewissen inzwischen als genau das, wofür es da ist: als ein Zeichen dafür, dass etwas falsch läuft und ich etwas ändern muss. Dass ich manchmal keine Ahnung habe, wie ich die Sache tatsächlich ändern kann, darf kein Grund sein, einfach weiter klagend die Hände zu ringen und mich schlecht zu fühlen, sondern es ist dann mein Job, eine Antwort auf die Frage nach dem Wie zu finden und dazu bereit zu sein, einen anderen Weg als den bisherigen einzuschlagen.

Schlechtes Gewissen

3. November 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang 11 Kommentare »

Die Füße erden

Von Carla Bauchmüller

Ich kann immer genau sagen, wenn meine Reitschüler die Zehen verkrampfen: die Erdung – und damit die Balance – gehen verloren und die Verspannung zieht hinauf bis in die Hüfte. Und deshalb gibt es heute eine schöne, einfache Übung zum Erden der Füße.

Unter Erden versteht man das sichere, entspannte Gefühl im Steigbügel – der Fuß ruht also regelrecht im Steigbügel. Dazu ist der Fuß flach, das heißt der Absatz ist zwar der tiefste Punkt, aber der Absatz wird nicht aktiv heruntergedrückt:

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Um das Gefühl des Erdens zu erlangen, ziehen Sie zunächst die Zehen eines Fußes fest zusammen, machen Sie also den Fuß ganz klein, so als würden Sie mit dem Fuß eine Faust ballen wollen. Spreizen Sie dann entspannt Ihre Zehen im Schuh. 
Wechseln Sie rechten und linken Fuß ab.


Tipp: Sie können das An- und Entspannen auch beim Schrittreiten im Rhythmus der Pferdebewegung machen.


Spannen Sie zum Abschluss der Übung alle Zehen gleichzeitig an, halten Sie das einen Moment und entspannen Sie dann wieder.
 Es sollte sich so anfühlen, als stünde man mit entspannt gespreizten Zehen in weichem, warmen Sand (stellen Sie sich dieses Bild ruhig vor!). Bleiben Sie bei den nun hoffentlich entspannt gespreizten Zehen. Der Fuß sollte jetzt locker im Steigbügel ruhen – so fühlt sich ein geerdeter Fuß an.

27. Oktober 2015 von Gastautor • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Reiten, Übungen 6 Kommentare »

Buch-Tipp: „Mein Pferd“ von Regine Heuser

„Mein Pferd: So fotografieren Sie Ihren Liebling mal ganz anders“ von Regine Heuser
Haar bei München: Franzis, 2015. – 224 S.
ISBN: 3645604057
ca. 30,- EUR

Da ich ja selbst schon einen Fotokurs für Pferdeleute verfasst habe, machte mich dieser Titel natürlich besonders neugierig. Und ich freue mich sehr, dass ich „Mein Pferd“ von Regine Heuser guten Gewissens empfehlen kann. Regine Heuser ist eine bekannte Tierfotografen und hat in derselben Aufmachung auch noch Fotobücher zu Hunden und Katzen verfasst.

Der sehr schön aufgemachte und reich bebilderte Ratgeber ist ein bisschen technischer als mein Kurs, bietet also viele Möglichkeiten für einen tieferen Einstieg in die Materie bis hin zu der Idee, sich als Pferdefotograf selbstständig zu machen. Gleichzeitig ist er aber auch nicht zu technisch, sondern bleibt auch für ambitionierte Fotolaien immer verständlich.

Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt, was alles geboten wird:

  • Pferde vor der Kamera
    • Welcher Kameratyp passt zu mir?
    • Das zeichnet ein gutes Pferdefoto aus
    • Laufphasen im Detail
    • u.a.
  • Belichtung und Fokussierung
    • Blende, Verschlusszeit und ISO-Wert wählen
    • Lichtverteilung mit dem Histogramm prüfen
    • Fotografieren im RAW-Format
    • u.a.
  • Der Blick für das Motiv
    • Hin zu kreativer Gestaltung
    • Wichtig ist, was Ihnen gefällt
    • Besondere Lichtstimmungen einfangen
    • u.a.
  • Beim Pferdeshooting
    • Das nehme ich zum Shooting mit
    • Wo Licht ist, ist auch Schatten
    • Wildpferde – mit langer Brennweite
    • u.a.
  • Bildoptimierung nach dem Shooting
    • Allheilmittel Goldener Schnitt?
    • Bilder richtig zuschneiden
    • Kleine Retuschearbeiten
    • u.a.
  • Start-up als Tierfotograf

Ich kann das Buch allen empfehlen, die mehr über das Fotografieren erfahren wollen und Lust darauf haben, auch zu besonderen Bildern zu kommen.

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23. Oktober 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps 1 Kommentar »

Pferde brauchen Pferde!

Vor einigen Tagen hatten wir bei Facebook wieder eine Inspiration online gestellt, von der wir glauben, dass sie eine Art Grundgesetz für die Haltung von Pferden darstellt:

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Pferde sind Herdentiere

In der Natur leben Pferde in Herden. Selbst junge Hengste stromern so gut wie nie allein herum, sondern tun sich zu Junggesellenherden zusammen. In der Natur bedeutet für ein Pferd die Isolation von anderen Pferden fast immer den Tod, es ist also tief in der Natur des Pferdes verwurzelt, mit anderen Pferden zusammensein zu wollen.

Pferde brauchen deshalb idealerweise rund um die Uhr Sozialkontakte. Sie brauchen die Nähe anderer Pferde, müssen Fellpflege mit anderen Pferden betreiben können, brauchen die Möglichkeit zum Spielen oder zum gemeinsamen Dösen, sie müssen gemeinsam fressen und sich sonnen können, müssen gemeinsam in die Gegend schauen und miteinander um den besten Platz an der Raufe rangeln können.

Ja, Pferde brauchen den Kontakt zu Artgenossen fast genauso wie die Luft zum Atmen! 

… und nichts kann das ändern, vor allem nicht wir Menschen!

Leider scheint das aber vielen Pferdemenschen immer noch nicht wirklich klar zu sein und so werden viele Pferde den größten Teil des Tages allein in Boxen gestellt (allenfalls mit Schnupperkontakt zu anderen Pferden durch Gitter hindurch) oder im schlimmsten Fall sogar ganz allein gehalten. „Ich mach ja ganz viel mit ihm.“ oder „Dafür wird die auch ordentlich trainiert.“ heißt es dann. Das aber ist NICHT artgerecht und aus unserer Sicht sogar tierschutzrelevant.

Fakt ist: Kein Mensch kann einem Pferd die Gesellschaft anderer Pferde ersetzen, denn Pferde haben Pferde-Bedürfnisse. So, wie wir Menschen nicht in einer Pferdeherde leben können, können wir einem Pferd nicht einfach menschliches Sein aufzwingen und erwarten, dass es das auch noch gut findet. Deshalb gehen wir inzwischen so weit, dass Pferdehaltung nur dann erlaubt sein sollte, wenn sie den Grundbedürfnissen von Pferden entspricht – Einzelhaltung oder reine Boxenhaft gehören nicht dazu.

Aber mein Pferd versteht sich nicht mit anderen…

Immer wieder wird das Argument gebracht, dass sich manche Pferde nicht mit anderen verstehen, dass sie entweder selbst zu aggressiv sind oder in einer Herde von anderen Pferden gemobbt werden. „Mein Pferd ist halt ein Einzelgänger“ heißt es dann oft, was aber fast immer mehr über den Menschen aussagt als über das Pferd …

Es gibt Fälle, in denen es zugegebenermaßen schwieriger ist, dem Pferd ein Leben mit anderen Pferden zu ermöglichen, aber es ist nur in absoluten Ausnahmefällen wirklich unmöglich. Wenn ein Pferd in einer normalen Herde nicht klar kommt, ist es unser Job als Eigentümer, ihm eine Pferdegesellschaft zu suchen, in der sich auch dieses Pferd wohlfühlen kann (… und ruhig auch mal zu überprüfen, inwieweit wir es selbst dem Pferd vielleicht durch unser eigenes Verhalten oder durch unseren Umgang schwer machen, sich in einer Pferdegruppe einzuleben.).

Für eher hengstige Wallache kann das z.B. eine reine Wallachherde sein oder auch das Zusammenstellen nur mit Stuten. Sehr rangniedrige Pferde oder solche, die kein normales Sozialverhalten haben, fühlen sich oft in einer kleinen Gruppe von drei oder vier Pferden wohler als in einer großen Herde. In Ausnahmefällen kann auch eine Zweierhaltung sinnvoll sein, vielleicht dann wenigstens in Sichtweite anderer Pferde. Bei älteren Pferden muss abgewogen werden, inwieweit das Leben in einer altersgemischten Herde die Lebensgeister mobilisiert und das Pferd gleichsam jung gehalten wird oder ob es sinnvoll ist, es mit eher gleichaltrigen Pferden zusammen zu stellen, damit es einen ruhigen Lebensabend verbringen kann. Hier kann, wie letztlich in allen Fällen, immer nur individuell entschieden werden. In Krankheitsfällen gibt es fast immer Möglichkeiten ein Pferd, das allein stehen muss, wenigstens in Schnupper- und Sichtkontakt zu den anderen zu stellen, z.B. durch das Einrichten von Krankenpaddocks oder das wenigstens zeitweise Dazustellen eines Kumpels.

Lösungen gibt es so gut wie immer!

Ja, keine Frage, individuelle Lösungen für das eigene Pferd zu finden, kann aufwändig und unbequem sein und vielleicht ist es auch mit längeren Fahrzeiten zu einem passenden Stall verbunden oder mit einer Haltungsform, die uns mehr Arbeit als gewünscht abverlangt, aber aus unserer Sicht gibt es kaum eine Entschuldigung dafür, einem Pferd dauerhaft die Erfüllung eines Grundbedürfnisses zu verwehren. Mit dem Kauf des Tieres übernehmen wir Verantwortung für sein Wohl und die Gesellschaft anderer Pferde gehört schlicht und einfach dazu.

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20. Oktober 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Gesundheit, Haltung, Verhalten 9 Kommentare »

Auf Freunde ist Verlass

Für meine Jungs endete die Weidezeit in diesem Jahr aus gesundheitlichen Gründen leider früher als für den Rest der Herde. Wir richteten den beiden einen Platz am Stall ein und es war rührend zu sehen, wie verlässlich ihre Freundschaft ist.

In der Herde haben sich beide durchaus auch mit anderen Pferden angefreundet und verbringen ihre Zeit keineswegs nur miteinander. Ein bisschen fragte ich mich deshalb schon, ob sie nicht vielleicht gegenseitig den Frust aneinander auslassen würden…, aber ganz im Gegenteil: Sie spielten wieder viel miteinander im großen Sandpaddock und sie teilten sich alles:

Sie standen zusammen drin:

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Und fraßen aus einem gemeinsamen Heunetz:

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Und auch die von mir mitgebrachten Knabberzweige wurden (fast) einvernehmlich geteilt:

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Und als es dann wieder zurück in die Herde ging, hielten sie natürlich auch dicke zusammen. Erst wurde zusammen geschaut und abgewartet:

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Dann wurde der Auslauf gemeinsam ausprobiert:

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Die anderen wurden auch zusammen begrüßt:

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Es hat mich sehr gerührt, die beiden wieder einmal so eng zusammen zu erleben und dass ihre Freundschaft immer wieder solch intensive Phasen hat, gerade auch in schwierigen Zeiten. Gemeinsam geht einfach alles besser, was Jungs? Und wir Menschen sollten nie vergessen, welch intensive Freundschaften Pferde knüpfen können, wenn wir ihnen den für sie so unerlässlichen Kontakte zu anderen Pferden ermöglichen.

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13. Oktober 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Haltung, Verhalten 5 Kommentare »

Selbstreflexion, ja bitte!

Wir hatten in der letzte Woche diese Inspiration bei Facebook veröffentlicht:

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Die Reaktionen darauf waren einfach unglaublich! Das Bild wurde in einem Ausmaß geliked und geteilt, den wir nicht für möglich gehalten hätten. Wir waren tatsächlich ein bisschen wie im Rausch, so sehr begeisterte uns die Resonanz. Herzlichen Dank an alle, die da beteiligt waren!

Mit diesem Bild wollten wir nachdenklich machen und zur Selbstreflexion anregen und hoffen, dass uns das auch ein bisschen gelungen ist. Wir selbst empfinden die auf dem Bild gestellte Frage durchaus als ernst und unbequem, wenn wir sie konsequent aus Pferdesicht beleuchten. Und wir persönlich müssen zugeben: Es gab Zeiten und Momente, in denen wir die Frage ehrlicherweise mit einem Nein hätten beantworten müssen…

Natürlich hatten wir, wie die meisten, immer „das Beste“ für unser Pferd im Sinn, aber wir sind dabei auch manchen Irrweg gegangen. Wir haben zum Teil abstruse Methoden angewandt und Zubehör verwendet, das wir heute ablehnen. Manchmal hat unser Ehrgeiz überhandgenommen und oft genug haben wir unsere Stimmungen an unseren Pferden ausgelassen und wurden ungerecht. Auch was die Haltung angeht oder in Fragen der Ernährung und Gesundheit haben wir Fehler gemacht und zum Teil schlechte Entscheidungen getroffen.

Waren wir uns all dieser Sachen bewusst? Nein, wohl nicht. Vielleicht hätte uns eine ehrliche und selbstkritische Auseinandersetzung mit der Frage auf dem Bild manches Mal schneller erkennen lassen, dass wir auf einem Holzweg waren, vielleicht auch nicht. Mit dem Blick auf unsere gemachten Fehler sind wir jedenfalls heute bereit, uns diese Frage selbstkritisch immer und immer wieder aufs Neue zu stellen: 

  • Lebt unser Pferd so artgerecht wie möglich? –> Hier geht es um Punkte wie Platz, Sozialkontakte, Möglichkeiten zum Pferd-Sein, Bewegungsanreize, pferdegerechte Ernährung, die es nicht krank macht, sinnvolle Beschäftigung, förderndes Training usw.
  • Haben wir Erwartungen und Ansprüche an unser Pferd, die es nicht erfüllen kann? –> Hier schauen wir auf Leistungen, die wir von unserem Pferd fordern und stellen in Frage, ob wir wirklich erwarten können, dass unser Pferd so „funktioniert“, wie wir es gern hätten. Und wir fragen uns auch, ob unser Pferd vielleicht Löcher in uns stopfen soll, die wir eigentlich anders heilen sollten usw.
  • Was müssen wir selbst noch lernen oder an uns trainieren, um unserem Pferd gerecht zu werden? –> Hier denken wir an reiterliche Mankos, aber auch fehlendes Wissen u.ä.
  • Sind wir im Umgang mit unserem Pferd fair und respektvoll? –> Oder fallen wir doch wieder in alte Muster und werden aus Ungeduld ungerecht oder unwirsch?
  • Nehmen wir unser Pferd in seiner ganz eigenen Persönlichkeit an? –> Oder versuchen wir ständig, es zu ändern?

Das Ziel kann sicher nicht Perfektion sein, aber für uns gehört eine tägliche Portion Selbstreflexion inklusive der Bereitschaft, wenn nötig auch Konsequenzen zu ziehen, dazu. Letztlich geht es darum, immer wieder neu dazuzulernen, um nicht vorschnell anzunehmen, alles sei schon gut, wie es ist – und genau dafür empfinden wir eine Frage wie auf dem Bild als sehr hilfreich.

6. Oktober 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse 2 Kommentare »

Ideen, um die Welt der Pferde zu verbessern

Wir hatten Anfang September in einer Aktion dazu aufgerufen, uns Ideen zu schicken, mit denen sich die Welt der Pferde verbessern lässt. Und es sind viele gute Ideen zusammen gekommen! Wir haben ein Weilchen überlegt, was wir mit den tollen Gedanken und Ansätzen machen. Fürs Erste stellen wir im Folgenden eine gut gemischte Auswahl an Ideen zu allen möglichen Bereichen vor und die eher konkreten und praktischen Ideen veröffentlichen wir dann immer mal wieder als Tipps zwischendurch.

Nun besteht bei solchen Listen das Problem, dass viele Ideen nicht wirklich neu sind und auch woanders schon zu lesen sind, aber dennoch wenig passiert, weil keiner so recht weiß, wo man beginnen soll.  Gleichzeitig sind solche Listen aber auch sinnvoll, weil gar nicht oft genug darauf hingewiesen werden kann, wo noch Handlungsbedarf und vor allem auch erst einmal Diskussionsbedarf besteht. Denn eines ist klar: so gut eine Idee erstmal klingt, so müssen immer auch ganz verschiedene Aspekte beachtet werden, so dass sich manches bei genauerem Hinsehen dann doch wieder als kritisch erweist. Aber genau darum geht es ja: Im Austausch Ideen zu entwickeln, die tatsächlich etwas Gutes bewirken und die vielfältige Sammlung unserer Leser-Einsendungen kann genau dafür eine gute Grundlage bieten.

Wir werden in der nächsten Zeit immer mal wieder einige Punkte in anderer Form zur Diskussion stellen (sei es als einzelne Artikel, als Aufrufe oder Inspirationen) und hoffen so, immer wieder zum Umsetzen anzuregen. Teilt auch Ihr die Ideen mit anderen und werdet nicht müde, immer wieder neu anzusetzen – es braucht viele, viele aktive Menschen, damit sich wirklich etwas ändert! 

Eine exzellente Frage!

Am allerbesten hat uns der Denkanstoß von Daniela gefallen. Sie regte an, sich immer wieder selbst in den unterschiedlichsten Situationen zu fragen:

Würde ich mein eigenes Pferd sein wollen?

Bei einer ehrlichen Beantwortung dürfte das wohl zu so mancher Änderungen führen…

Grundsätzliches

Am häufigsten kam der Vorschlag, einen Pferdeführerschein einzuführen, und zwar zusätzlich zum bereits bestehenden Basispass Pferdekunde. Diesen Pferdeführerschein müsste dann jeder machen, der sich ein Pferd anschaffen will. Damit soll sichergestellt werden, dass wenigstens die wichtigsten Fakten darüber bekannt sind, was ein Pferd braucht, wie es gehalten werden soll und wie mit ihm umzugehen ist. Hier wurde immer wieder die Wichtigkeit von Infos über die Gesunderhaltung von Pferden betont (vor allem Ernährung). Aus unserer Sicht gäbe es hier noch viel Klärungsbedarf z.B. darüber, wer wie über die Inhalte und Infos für einen solchen Führerschein entscheidet, durch wen dann die Prüfungen abgenommen werden sollen usw. Wir alle wissen ja, dass die Ansichten darüber, was gut für Pferde ist, doch sehr weit auseinandergehen  und es dürfte eine große Herausforderung sein, hier wirklich etwas im Sinne der Pferde zu bewegen (und nicht zum Beispiel einfach nur Bestehendes zu festigen, weil es eben immer schon so „richtig“ war…).

Alternativ könnte eine Beratungsstelle für Menschen eingerichtet werden, die sich ein Pferd anschaffen wollen, bei der es Infos und Antworten zu allen möglichen Themen und Fragen gibt (Kosten, Versicherungen, Ernährung, Gesundheit, Training usw.).

Ein weiterer Vorschlag war der, eine überregionale, unabhängige Internetseite aufzubauen, auf der Dienstleister rund ums Pferd seriös bewertet werden, so dass Pferdeleute eine Chance haben, gute Leute zu finden. Und hierzu noch eine originelle Idee: Die jährliche Kür des unnötigsten Produkts in der Pferdewelt (denn es gibt tatsächlich haarsträubende Erfindungen).

Angeregt wurde auch, bestimmtes Pferdezubehör nur mit einer Beratung verkäuflich zu machen, in letzter Konsequenz zu allem, was geeignet ist, Pferden Schmerzen zuzufügen.

Tierärzte sollten verpflichtet werden, Missstände zu benennen, also nicht nur die gerufene Verletzung oder Krankheit behandeln, sondern z.B. auch auf Übergewicht und andere Gesundheitsaspekte hinweisen. Hier wurde auch gefordert, dass Tierärzte für die Kontrolle von nötigen Veränderungen eingesetzt werden könnten.

Und es wurde ein Verbot des Einsatzes von Pferden auf Jahrmärkten, Kirmessen und als touristische Attraktionen gefordert.

Ein sehr wichtiger Aspekt war dann noch die Forderung, für mehr Miteinander unter Pferdeleuten zu sorgen, also die Grabenkriege zu beenden, weniger aus Neid und Missgunst zu handeln, sondern einander zu helfen und offen zu sein für unterschiedliche Gedanken und verschiedene Ansätze im Umgang mit Pferden.

Unterricht

Für den Reitunterricht gab es viele gute Ideen, wie z.B.:

  • Hinterfragen von alten Traditionen,
  • vermehrtes Einfließenlassen von neueren Erkenntnissen und Ansätzen,
  • im Reitunterricht auch Wissen über Anatomie vermitteln, damit die Auswirkungen von falschem Training klar werden,
  • zusätzliche „Pferdestunden“ statt „Reitstunden“ einführen, in denen es um das Wesen Pferd geht und um ein harmonisches Miteinander, nicht um das Nutzen des Tieres,
  • mehr Sitzlongenstunden
  • anderes mehr.

Umgang und Miteinander

Für den alltäglichen Umgang gefielen uns vor allem folgende Denkanstöße:

  • Pferde nicht länger als Sportgeräte zu sehen,
  • positive Verstärkung als Basis für den Umgang mit Pferden durchsetzen,
  • mehr Zeit im Miteinander und vor allem auch in der Ausbildung,
  • Abschied vom Perfektionszwang,
  • Bereitschaft vom Pferd zu lernen,
  • Selbstreflexion und 
  • Ähnliches.

Haltung

Diese Ideen kamen in Bezug auf die Haltung von Pferden:

  • Genehmigung und Führung von Pferdeställen sollte nicht mehr der Gewerbeordnung oder landwirtschaftlicher Regelungen unterliegen, sondern mehr dem Umweltschutz – das könnte zu deutlich artgerechteren Anlagen führen,
  • unabhängige Kontrollen von Ställen in Hinblick auf eine artgerechte Haltung,
  • reine Boxenhaltung verbieten bzw. grundsätzlich gute Lauf- und Offenstallkonzepte einführen,
  • Bewegungsanreize durch Trails und Hügel schaffen,
  • flächendeckend Extra-Gruppen für rehegefährdete, übergewichtige und kranke Pferde einrichten,
  • umfassender und gezielter über Giftpflanzen und deren Beseitigung informieren (z.B. Jakobskreuzkraut),
  • Trinkwasser für Pferde testen lassen.

Sport- und Turnierreiten

Und noch einige Ideen zum Sportreiten:

  • Reform des Dressursports (was gilt als richtig usw.),
  • Berücksichtigung des psychischen und physischen Zustands der vorgestellten Pferde (zu nervös, zu ängstlich, zu jung, zu schlecht bemuskelt, zu klein für den Reiter usw.),
  • bei den Bewertungen mehr Gewicht auf das gesunderhaltende Reiten legen anstatt auf spektakuläre Bewegungen,
  • strengere Kontrolle des Zubehörs (z.B. zu enge Sperr- und Nasenriemen abstrafen usw.),
  • Kameras auf Abreitplätzen und Sichtung des Materials, bei tierquälerischen Aktionen Disqualifikation,
  • grundsätzlich auch alternatives Zubehör wie z.B. gebisslose Zäumungen und baumlose Sättel zulassen,
  • Einsatz von Gewalt konsequent ahnden,
  • Rollkur, Low-and-deep und ähnlich tierquälerische Trainingsmethoden verbieten und jeden Verstoß ahnden,
  • Preisgelder reduzieren, um damit dafür zu sensibilisieren, dass es um die Pferde gehen muss, nicht ums Geld.

Ihr könnt die Kommentar-Funktion hier gerne dazu nutzen, nicht nur Eure Gedanken zu diesen Ideen, sondern auch weitere Einfälle zu veröffentlichen – wir sind gespannt!

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29. September 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Sonstiges 8 Kommentare »

Die Sache mit der Sicherheit

Ein Hauptargument für das harte Durchgreifen bei Pferden und auch für den Einsatz von Gewalt ist immer wieder der Aspekt der Sicherheit: Pferde seien große und kräftige Tiere und auch nicht gerade zimperlich und wenn man sich da nicht durchsetzt, wird es gefährlich. Und damit wird der Einsatz von allen möglichen Hilfs- und Gewaltmitteln gerechtfertigt, genauso wie das Strafen und Schlagen.

Gut, befassen wir uns also mit dem Thema „Sicherheit“ und fragen uns, wie sich Sicherheit tatsächlich am besten erreichen lässt.  

Typische gefährliche Situationen und leider ganz normale Reaktionen darauf

Keine Frage, der Umgang mit Pferden und das Reiten von Pferden kann gefährlich sein. Darin sind wir uns einig. Fragwürdig finden wir allerdings, wodurch immer noch so viele glauben, die Risiken minimieren oder gar ausschalten zu können:

  • Ein ängstliches Pferd wird angebrüllt und gebufft, weil es einen sonst über den Haufen rennt…
  • Ein am Anbinder hampelndes Pferd bekommt eine übergezogen, damit es einen nicht an die Wand drückt…
  • Ein schnappendes Pferd bekommt eins auf die Nase, damit es lernt, nicht mehr zu beißen…
  • Ein buckelndes Pferd wird mit der Gerte verdroschen, damit es damit aufhört…
  • Ein durchgehendes Pferd bekommt ein scharfes Gebiss mit Anzügen ins Maul, damit man es halten kann…

… um nur einige Beispiele zu nennen.

Macht irgendetwas davon die Sache sicherer?

Schauen wir uns einmal an, wie diese Szenarien weitergehen könnten:

  • Das ängstliche Pferd, das angebrüllt und gebufft wurde, hat nun noch mehr Grund Angst zu haben, einmal, weil es die Aggressivität des Menschen spürt und weil es Angst vor weiteren Strafmaßnahmen hat. Ob es das wirklich ruhiger und händelbarer machen wird?
  • Das am Anbinder hampelnde Pferd, das eine übergezogen bekommt, war vielleicht deshalb so unruhig, weil es sich durch das Angebundensein (und damit durch das Ausgeliefertsein) unsicher fühlte oder weil es das Geputztwerden als unangenehm empfand oder weil es spürte, wie gestresst der Mensch neben ihm ist… Wird ein Schlag mit der Gerte sicherstellen, dass es danach ruhig und gelassen stehen bleibt?
  • Wird das schnappende Pferd, das einen Schlag auf die Nase bekommen hat, tatsächlich nicht weiterschnappen oder wird es vielleicht versuchen, beim nächsten Mal einfach schneller zu sein, um einem Schlag auszuweichen?
  • Das buckelnde Pferd, das Schläge mit der Gerte bekam, damit es mit dem Buckeln aufhört, hatte eigentlich nur zum Ausdruck gebracht, dass sein viel zu enger Sattel schmerzhaft auf seine Wirbelsäule drückt – werden die Schläge es ruhiger und kooperativer machen?
  • Wird das scharfe Gebiss das zum Durchgehen neigende Pferd tatsächlich dazu bringen, nicht zu rasen oder werden es die Schmerzen im Maul vielleicht erst recht davonstürmen oder gar steigen lassen?

In all diesen (und vielen, vielen anderen) Fällen wird ein unerwünschtes Verhalten des Pferdes mit Gewalt beantwortet, damit das Pferd mit seinem Verhalten aufhört oder sich anders benimmt. Aber in keinem dieser Fälle wird einmal überlegt, WARUM das Pferd tut, was es tut, und in keinem Fall wird versucht, etwas an der Situation zu ändern, damit das Pferd sich anders verhalten kann.

Sicherheit entsteht durch Verstehen

Sicherheit entsteht unserer Ansicht nach durch Verstehen, also durch Pferdewissen, Einfühlungsvermögen und kreative Lösungsansätze. In Hinblick auf Sicherheit würden wir in den obigen Beispielen so vorgehen:

  • Bei dem ängstlichen Pferd würden wir herauszufinden versuchen, was genau dem Tier Angst macht. Sind es äußere Reize? Wenn ja, wie kann man dem Pferd diese auf eine gute Weise nahe bringen, damit es sich davon überzeugen kann, dass ihm nichts passiert? Reagiert das Pferd auf die Menschen um ihn herum und hat es vielleicht Angst vor ihnen? Dann gilt es daran zu arbeiten, dass das Pferd Vertrauen gewinnen kann. Ist das Pferd in sich unsicher? Dann können ihm vielleicht Übungen helfen, die sein Selbstbewusstsein fördern. Will das Pferd nicht von seiner Herde weg, weil es sich allein fürchtet? Dann gilt es den Ablöseprozess so behutsam zu gestalten, dass das Pferd in seinem eigenen Tempo genug Sicherheit und Vertrauen entwickeln kann, um dem Menschen angstfrei auch von der Herde weg zu folgen.
  • Bei dem am Anbinder hampelnden Pferd würden wir erst einmal hinterfragen, ob das Pferd je auf eine positive Weise gelernt und erfahren hat, dass das angebundene Stehen etwas Tolles sein kann, wenn nicht, würden wir das aufbauen. Wir würden weiterhin achtsam herauszufinden versuchen, was dem Pferd dort an dem Ort Unbehagen bereitet und die Ursachen entweder beheben oder das Pferd damit vertraut machen. Reagiert das Pferd unwirsch auf das Putzen, würden wir überprüfen, ob es vielleicht Schmerzen hat oder auf eine andere Art geputzt werden möchte, die ihm angenehmer ist. Sollte der Mensch, der das Pferd putzt, die Nervosität durch seine eigene Stimmung auslösen, würden wir versuchen, dem Menschen zu vermitteln, wie er beruhigender auf das Pferd wirken kann.
  • Bei dem schnappenden Pferd würden wir davon ausgehen, dass dieses Tier Gründe für seine Aggressivität hat (z.B. schlechte Vorerfahrungen, Überforderung, Stress, Schmerzen usw.) und diese, wenn möglich, beseitigen. Je nach Pferdepersönlichkeit würden wir versuchen, das Schnappen umzuleiten (z.B. indem wir ihm beibringen, ein Wandtarget zu berühren, wenn es aggressiv wird) oder zu ignorieren (viele Pferde hören nach kürzester Zeit mit dem Schnappen auf, wenn dem keinerlei Bedeutung beigemessen wird).
  • Bei einem buckelnden Pferd würden wir akribisch auf Ursachensuche gehen: Sattel untersuchen, Reiterhilfen, Reitergewicht und Reiterhaltung ins Auge fassen, körperliche Beschwerden in Betracht ziehen (Kissing Spines, andere Rückenprobleme), die Haltung anschauen (steht das Pferd den ganzen Tag in der Box?) usw. Auch das Verhältnis zwischen Reiter und Pferd ist hier zu analysieren: Gehen beide achtsam und respektvoll miteinander um? Gibt es andere Probleme, in denen das Pferd seinen Unwillen so deutlich zeigt u.ä.? Auch das Alter und der Ausbildungsstand spielen hier eine große Rolle, denn ein Buckeln kann auch einfach Ausdruck von Lebensfreude sein oder aus der Not geschehen, wenn das Pferd die Balance verliert.
  • Auch bei einem Durchgeher würden wir uns an die Ursachensuche machen: Gibt es körperliche Gründe, wie Beschwerden oder Schmerzen? Passt die Ausrüstung und bereitet sie dem Pferd keine Schmerzen? Gibt es Reiterfehler? Hat der Reiter Angst? Welche Vorgeschichte hat das Pferd? Verbindet es z.B. das Gelände mit Rasen? Hat es je gelernt, dem Menschen zuzuhören? Gibt es genug Anreize dafür, mit dem Menschen zu arbeiten und nicht gegen ihn?

Unser Fazit: Sicherheit entsteht niemals durch Gewalt, sondern ganz im Gegenteil: Gewalt sorgt für Gegenwehr und eine Verschärfung der Gefahr. Die meisten wirklich gefährlichen Probleme mit Pferden entstehen, weil der Mensch sich nicht die Mühe macht, das Pferd und seine Signale zu verstehen, sondern es zu dem, was er will, zu zwingen versucht. Wer aber mit einem Pferd zu kämpfen beginnt, sollte sich klar darüber sein, dass Pferde stärker sind. Dass sie diese Stärke so selten wirklich gegen uns ausspielen, ist ihr Geschenk, aber wenn sie es einmal doch tun, haben wir Menschen kaum eine Chance. Und dann wird es wirklich gefährlich. Wer Sicherheit anstrebt, muss sich mit dem Wesen Pferd auseinandersetzen, ganz allgemein und im Speziellen mit der jeweiligen Pferdepersönlichkeit, mit der er es zu tun hat. Nur so kann ein gemeinsames Miteinander entwickelt werden, bei dem ein gegenseitiger Respekt und eine wechselseitige Achtsamkeit für einen sicheren Umgang sorgen.

sicherheit

22. September 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Umgang, Verhalten 12 Kommentare »

Sei anders!

Je länger ich mit Mensch-und-Pferd-Paaren zu tun habe, desto klarer erkenne ich einen sehr unguten Mechanismus, der – oft vollkommen unbewusst! – zu einer großen Portion Schmerz und Leid auf beiden Seiten führt. Und zwar geht es darum, dass viele Menschen dazu neigen, immer das vom Pferd zu wollen, was es nicht geben kann oder geben mag, und in der Folge dann nicht einmal das, was sie von ihrem Pferd bekommen, als Geschenk sehen zu können.

Beispiele gefällig?

  • Linda hat eine Vollblutstute, die sehr ängstlich ist. Die Stute hat aber gelernt, Linda zu vertrauen, und geht mit ihr sogar an ganz schrecklichen Dingen vorbei, wie an flatternden Planen oder Traktoren. Das aber kann Linda gar nicht würdigen, weil sie vollkommen frustriert darüber ist, dass sie ihr Pferd im Gelände nicht galoppieren kann, da die Stute dann zu heiß wird.
  • Udo hat sich einen Kaltblutwallach gekauft, der ihn sicher durchs Gelände trägt. Udo ist Reitanfänger und sein Pferd sieht über all die vielen Reitfehler, die unruhigen Hände und das In-den-Rücken-Geplumpse hinweg und trottet fröhlich mit ihm durch den Wald. Darüber ist sich Udo aber leider nicht bewusst, weil er sich immer wieder darüber ärgert, dass der Wallach bei der Bahnarbeit fast gar nicht vorwärts zu bekommen ist.
  • Noch deutlicher wird es bei Sanne: Sie hat zwei Pferde, ein noch sehr junges und ein schon älteres. Mit dem Jüngeren kann sie die tollsten Kunststücke am Boden zeigen und er läuft bereits exzellent an der Hand. Ihr älteres Pferd zeigt dafür unter dem Sattel, wie viel Freude er an kniffligen Lektionen wie Seitengänge und Galoppwechsel hat. Sanne ist nun aber tief traurig, dass sie mit keinem der beiden ausreiten kann – den Jüngeren kann sie vom Sattel aus noch nicht händeln und der Ältere mag draußen nur sehr gemütlich laufen, schon einen Trab findet er eher überflüssig.
  • Und auch bei Birte wird dieses Phänomen sehr sichtbar: Erst hatte sie eine Warmblutstute, mit der sie selbst schwierige Dressurlektionen zeigen konnte. Die Stute war fein zu reiten und gehorchte sehr gut, aber blieb im Kontakt verschlossen. Birthe vermisste es, ein „Herzenspferd“ zu haben. Als die Stute an einer Kolik verstarb, kaufte sie sich einen Araber, der seine Besitzerin von Anfang an abgöttisch liebte. Schon wenn er ihr Auto sah, kam er angaloppiert und folgte Birthe auf Schritt und Tritt. Allerdings war er gänzlich unbegabt, was das Dressurreiten anging, und ja, Ihr könnt es Euch denken, Birthe fand ihn süß, aber war ständig unzufrieden mit seinen Leistungen unter’m Sattel…

Und ich kann von mir selbst auch noch ein Beispiel beisteuern: Als ich Anthony frisch bekam, wollte ich unbedingt mit ihm spazieren gehen. Als noch fast vollkommen rohes Jungpferd hatte er aber draußen ganz andere Ideen als ich, so dass ich da erstmal nicht weiterkam und deswegen ziemlich frustriert war. Später war das Spazierengehen kein Problem mehr, aber da wollte ich dann mit ihm so entspannt ausreiten können wie mit Aramis, was zu diesem Zeitpunkt nicht ging, weil er mir unter dem Sattel noch nicht zuhören wollte. Als er im Gelände aufmerksam war, hatte ich gerade das Ziel, in der Bahn mit fortgeschrittenen Lektionen voranzukommen…. und so weiter und so weiter. (Und das nur als Fußnote: Meine beiden Pferde, jeder auf seine ganz eigene Art, haben mir meine Unersättlichkeit inzwischen gut ausgetrieben. Ich kann mich nun tatsächlich jeden Tag neu aus tiefstem Herzen über das freuen, was mir von ihnen geschenkt wird, was immer es auch ist…).

Die eigene Erwartungshaltung kritisch überprüfen!

Beobachtet Euch doch mal aufmerksam selbst und spürt in Eure Unzufriedenheit hinein: Kann es vielleicht auch bei Euch so sein, dass Ihr genau das von Eurem Pferd wollt, was es eben gerade nicht geben kann oder will? Schaut Ihr vielleicht einfach nicht genug auf das, was Euch Euer Pferd gibt, und würdigt Ihr das vielleicht nicht gut genug?

Es mag ein menschliches Phänomen sein, immer mehr und immer weiter zu wollen und eigentlich nie mit dem, was man hat, zufrieden zu sein. Dieser Mechanismus mag eine Erfolgseigenschaft sein, aber er arbeitet guten Gefühlen, einem schönen Miteinander und vor allem der Lebensqualität ziemlich empfindlich entgegen.

Für mich und meine Pferde hat sich unser Zusammensein um Welten positiv verändert, als ich mir meine ständige Unzufriedenheit a) bewusst machte und sie b) durch Dankbarkeit über das, was mir meine Pferde geben, ersetzte. Es ist so viel schöner, zu genießen, was man hat als dem nachzurennen, was man noch nicht (oder vielleicht auch) nie erreichen kann.

jungsundich4

14. September 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Jungpferdausbildung, Umgang 24 Kommentare »

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