Finde das richtige Maß! – Inspiration des Monats

Mit unserer  Rubrik Inspiration des Monats nehmen wir uns jeweils ein Schwerpunktthema vor, für das wir Euch kurz und knapp Denkanstöße und Anregungen geben möchten. Lange Texte gibt es bei uns genug, aber gerade bei Basis-Themen denken wir, ist es wichtig, sie immer wieder mit in den praktischen Pferde-Alltag zu nehmen, um für eine längere Zeit im Herzen bewegt zu werden. Und meist sind es Schlüsselsätze oder -erkenntnisse, die man wirklich bei sich behält. 

Unser Tipp: Zieht Euch jeweils unsere Inspiration des Monats auf Euer Handy, damit Ihr die Fragen und Denkanstöße  für eine Weile immer dabei habt – Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wie unterschiedlich Eure Antworten und Gedanken dazu in verschiedenen Situationen ausfallen können. 

Thema des Monats:
Finde das richtige Maß!

Wir leben in einer Zeit, in der alles immer schneller, höher und weiter werden muss. Immer mehr Gewinn wird angestrebt und immer mehr Besitz. Die Ziele werden immer größer, die Erlebnisse sollen immer intensiver werden – und doch werden die meisten immer weniger satt. Dieses Phänomen ist gerade auch in der Pferdewelt deutlich zu spüren, denn viele sind vor allem eines: unzufrieden. 

Trägt uns das Pferd im Schritt, wollen wir traben. Trabt es, wollen wir galoppieren. Galoppiert es für uns, soll es springen. Und dass dann alles möglichst auf Knopfdruck unter jeder Bedingung und mit spektakulären Bewegungen und einer umwerfenden Ausstrahlung. Klappt es auf dem Platz, wollen wir ins Gelände. Und dann wollen wir Zirkuslektionen oder auf Turnieren Schleifen gewinnen und so weiter und so fort. Und selbst bei denen von uns, die nicht ganz so hoch zielen, schleicht sich oft unbemerkt eine permanente Unzufriedenheit und damit auch eine bohrende Unsicherheit ein: Läuft mein Pferd gut genug? Könnte es nicht noch mehr von hinten kommen? Trägt es den Kopf nicht zu hoch oder zu niedrig? Sollte es inzwischen nicht schon halbe Tritte zeigen? Richtig gut motiviert wirkt es eigentlich nicht, oder? Vertraut es mir auch genug? Müsste es dann nicht viel weniger scheuen? Fragen über Fragen, Ansprüche und Erwartungen, ständige Zweifel an dem, was ist  – damit zermürben wir uns selbst und auch unsere Pferde. 

Es gilt für so vieles: Wir müssen lernen, wieder zu einem gesunden Maß zu finden. Nicht jedes Pferd ist zum Dressur-Crack geboren und nicht jedes Pferd kann die vielfältigen Erwartungen moderner Freizeitreiter/innen erfüllen. Genauso kann nicht jeder zum Super-Reiter werden oder ist in der Lage, alle Sparten des Pferdetrainings mit Bravour zu meistern. Wir müssen die Ansprüche an unsere Pferde und uns selbst, die durch all das, was wir in den sozialen Medien oder auf Shows gezeigt bekommen, ins Unermessliche steigen (und von denen wir ja meist gar nicht wissen, auf welchen Wegen das Gezeigte überhaupt erreicht wurden) wieder auf ein gesundes Maß zurückschrauben. Denn das Wichtigste für ein gelungenes Miteinander ist beidseitige Zufriedenheit. Beginnen wir doch damit, uns zu erlauben, weniger zu wollen und dafür richtig stolz auf unser Pferd zu sein.  

 

Inspiration des Monats – Wege zum Pferd

 

 

10. November 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Inspiration des Monats, Longieren, Reiten, Umgang 2 Kommentare »

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 21: Wer schlurft hier?

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Die nächste Reiteinheit gestaltet sich genauso zäh wie die letzte. War Monty eigentlich immer so unmotiviert unterwegs und es ist mir nur nicht aufgefallen? Der Gedanke versetzt mir irgendwie einen Stich.

„Monty, nimm es mir bitte nicht übel, aber du schlurfst.“, sage ich, als er in gewohnter Gemächlichkeit seine Runden dreht.

„Ich?“

„Ja, du. Wer sonst?“

„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“, sagt mein Pferd etwas pikiert.

„Naja, du hebst die Beine nicht und du läufst ohne Schwung.“

„Bisher war es für Sie durchaus ausreichend.“, entgegnet Monty nun säuerlich.

Ja, bisher war das ausreichend. Weil ich nicht darüber nachgedacht habe und weil ich es nicht hinterfragt habe. Jetzt aber wünsche ich doch aber, dass Monty fröhlich ist, dass er Freude am Reiten hat und daran, etwas mit mir zu machen. Wenn er so zäh ist, nimmt mir das selbst jeden Spaß und am liebsten würde ich absteigen. Eigentlich wollte ich ihn ein bisschen an seinem Stolz packen mit dem Schlurfen, damit er sich mehr Mühe gibt. Aber meine Worte erreichen mal wieder nicht das, was ich beabsichtige, und er reagiert wieder beleidigt. Und irgendwie kann ich ihn sogar verstehen, … wer wird schon gerne angenörgelt?

Da erinnere ich mich an einen Tipp, den ich mal gelesen habe, nämlich den, dass man Pferde mit schnell aufeinanderfolgenden Schritt-Trab-Wechseln munterer machen kann. Einen Versuch ist es wert, denke ich, denn mit Reden komme ich nicht weiter.

Ich pariere Monty also durch in den Schritt, trabe ihn gleich wieder an, pariere wieder durch und trabe noch mal an, pariere erneut durch und trabe wieder an.

„Entschuldigen Sie, aber könnten Sie sich vielleicht mal entscheiden?“, motzt mein Pferd.

„Mich entscheiden?“, flöte ich ganz unschuldig, als wüsste ich gar nicht, was er meint.

„Naja, wollen Sie nun Schritt oder wollen Sie Trab? So macht einen das ja ganz kirre.“

„Ach, ich wollte nur mal schauen, wie schnell du eigentlich zwischen den beiden Gangarten hin- und herwechseln kannst. Manche Pferde können das richtig schnell, aber offenbar kann das nicht jedes Pferd … “

Monty sagt nichts, aber ich bin mir sicher, dass es in ihm arbeitet. Er lässt sich nicht gerne sagen, dass andere etwas besser können als er.

„Ich kann das auch schnell.“, sagt er dann.

„Echt? Wow, würde ich gerne mal erleben, Monty!“

„Wie Sie wünschen.“, antwortet er und fällt so prompt in den Schritt, dass ich nach vorne kippe, weil ich damit nicht gerechnet habe.

„War das etwa zu schnell für Sie?“, fragt er und trabt so schnell an, dass es mich fast nach hinten legt. Ich muss erstmal die Zügel sortieren, die mir vor Schreck aus der Hand gefallen sind.

„Oder das?“, kichert er. Mein Pferd kann kichern, denke ich erstaunt.

„Touché, Monty.“, lache ich.

Dann nehme ich die Herausforderung an: Ich gebe die Hilfen für den Schritt, denke aber schon im Durchparieren ans Antraben, also flott und frei nach vorne. Monty, der mich gerne noch mal vorführen will, ist bereit und trabt so kraftvoll aus dem Durchparieren an, dass es eine wahre Freude ist. Ich juchze und Monty schnaubt.

Solche Übergänge muss man allerdings auch erstmal sitzen können, stelle ich fest und muss mich nun ganz bewusst darauf konzentrieren, die Bewegungen weich durch mich fließen zu lassen, um ihn in den nächsten Übergängen nicht durch meinen Sitz oder meine Hände zu stören. Es gelingt mir immer besser und Monty legt sich mächtig ins Zeug. So schön kann reiten sein!

Beim nächsten Übergang lasse ich im Trab die Zügel aus der Hand gleiten, trabe leicht und wir schweben für einige Runden durch die Halle, als würden Montys Hufe kaum den Boden berühren.

Als ich ihn dann wieder Schritt gehen lasse und begeistert „Oh, war das toll!“ rufe, schnaubt mein Pferd ab, höchst zufrieden mit sich selbst.

„Also, wer schlurft hier?“, fragt Monty.

„Na, du jedenfalls nicht!“, sage ich zu meinem Pferd.

–> Fortsetzung Kapitel 22

 

Monty - Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

3. November 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 21: Wer schlurft hier?

Sei respektvoll! – Inspiration des Monats

Mit unserer  Rubrik Inspiration des Monats nehmen wir uns jeweils ein Schwerpunktthema vor, für das wir Euch kurz und knapp Denkanstöße und Anregungen geben möchten. Lange Texte gibt es bei uns genug, aber gerade bei Basis-Themen denken wir, ist es wichtig, sie immer wieder mit in den praktischen Pferde-Alltag zu nehmen, um für eine längere Zeit im Herzen bewegt zu werden. Und meist sind es Schlüsselsätze oder -erkenntnisse, die man wirklich bei sich behält. 

Unser Tipp: Zieht Euch jeweils unsere Inspiration des Monats auf Euer Handy, damit Ihr die Fragen und Denkanstöße  für eine Weile immer dabei habt – Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wie unterschiedlich Eure Antworten und Gedanken dazu in verschiedenen Situationen ausfallen können. 

Thema des Monats:
Sei respektvoll!

Es gibt ein Phänomen, dessen sich viele von uns oft gar nicht bewusst sind: Und zwar sind wir unserem eigenen Pferd gegenüber oft viel weniger respektvoll als anderen, fremden Pferden gegenüber. Natürlich lieben wir unser Pferd und wir schwärmen in Gesprächen auch gerne davon, wie süß oder toll es ist, aber im praktischen Umgang und im Training haben viele von uns dem eigenen Pferd gegenüber nicht nur einen viel strengeren Blick, sondern wir verhalten uns oft auch viel ungeduldiger und ruppiger, als wir es einem fremden Pferd gegenüber tun würden. 

Achtet einmal ganz bewusst darauf: Scheut das Pferd einer Freundin, zeigen sich viele von uns verständnisvoll, scheut das eigene, reagieren wir jedoch oft ungehalten und rügen es für das „Gehampel“. Schnabbelt einem ein fremdes Pferd spielerisch an der Jacke herum, lacht man, tut es das eigene, bekommt es dafür nicht selten eins auf die Nase. Macht ein fremdes Pferd etwas beim Reiten anders als wir es wollten, reagieren wir nachsichtig und versuchen es einfach nochmal, bei unserem eigenen Pferd hingegen sind wir schnell genervt und strafen es womöglich noch dafür, weil es das doch schließlich kann und sich nicht so dumm anstellen soll … 

Oft geht es sogar noch weiter: Da wird dem eigenen Pferd unterstellt, dass es „einen ausnutzt“, dass es einen „ärgern will“ oder dass unser Pferd „es einfach immer wieder drauf anlegt“, ganz so als würden unsere Pferde jedes Mal, bevor wir kommen, Pläne dafür schmieden, wie sie uns das Leben besonders schwer machen können. Das ist nicht nur vermenschlichter Unfug, es ist vor allem unfair und respektlos. Und das wirklich Schlimme ist, dass das, was wir unserem Pferd unterstellen, wiederum die Basis für unsere Reaktionen und unser Verhalten bildet … 

Auch das eigene Pferd verdient unser Verständnis, unsere Nachsicht und ganz besonders unseren Respekt. Wir sollten versuchen, ihm in gewisser Hinsicht immer wieder neu zu begegnen und immer erst einmal hineinspüren, wie es ihm an diesen Tag geht und welche Signale es uns sendet, genau so, wie wir es mit einem Pferd tun würden, das wir noch nicht kennen. Macht es einen fröhlichen oder eher bedrückten Eindruck? Wirkt es munter oder schläfrig? Freut es sich, uns zu sehen, oder ist es gerade mit anderen Dingen beschäftigt? Im Training selbst können wir dann immer wieder nachfühlen, ob da eine gute Verbindung zwischen uns ist, ob wir die einzelnen Sachen wirklich gemeinsam machen oder ob es ein einseitiges Wollen von unserer Seite ist, auf das das Pferd dann mehr oder weniger gut reagiert. Und statt von unserem Pferd immer nur Gehorsam zu fordern, können wir einmal darüber nachdenken, was es braucht, damit sich unser Pferd wohler fühlt und motivierter mitarbeitet, denn das können wir ganz wesentlich durch unser Verhalten beeinflussen.

Ein respektvolles Miteinander beginnt immer mit einer respektvollen Kontaktaufnahme und erfordert im Miteinander Achtsamkeit dem anderen Wesen gegenüber – das gilt für fremde, aber eben genauso auch für das eigene Pferd.

Wege zum Pferd

 

 

27. Oktober 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Inspiration des Monats, Longieren, Reiten, Umgang 6 Kommentare »

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 20: Ganz schön zäh …

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Monty und ich sind auf dem Reitplatz. Wir traben. Monty wird immer langsamer. Früher hätte ich ihn schon längst angetrieben, nun frage ich vorsichtig: „Du, Monty, könntest du bitte vielleicht ein bisschen schneller … ?“

„Wie Sie wünschen.“, sagt er und beschleunigt für einige Schritte, um dann wieder langsamer und langsamer zu werden.

„Du, … das ist schon wieder ziemlich langsam, Monty.“

„Entschuldigung.“ Wieder beschleunigt er und wieder dauert es nicht lange, bis er erneut langsamer wird.

Ich lasse ihn die Hand wechseln. Auch hier ist er nicht wirklich schneller. Ich treibe, ich schnalze, ich tippe ihn mit der Gerte an, ich feuere ihn sogar mit aufmunternden Worten an, aber er reagiert mehr oder weniger nur in Zeitlupe. Dynamik ist wirklich etwas anderes.

„Sag mal, Monty, was hältst du von einem kleinen Galopp?“ Vielleicht lockert ihn das auf.

„Wie Sie wünschen.“, antwortet er und er galoppiert an. Nach mehr Energie fühlt sich dieser Kartoffelgalopp aber auch nicht an und Monty fällt sehr schnell wieder in einen quälend langsamen Trab.

<p“>„Okay, Monty, geh’ mal Schritt.“, sage ich und gebe ihm den Zügel hin. „Sag mal, geht es dir heute nicht gut? Ist etwas los? Weißt du, du musst es doch nur sagen.“

„Wieso sollte es mir nicht gut gehen? Wie kommen Sie denn darauf?“, fragt er und klingt fast empört.

„Naja, du bist zwar auch sonst nicht gerade ein Rennpferd, aber heute wäre ja sogar ich schneller als du.“ Hoffentlich merkt er den Humor.

Leider nicht.

„Tut mir leid, dass ich Ihren Erwartungen nicht entspreche. Ich tue, was ich kann.“

„Ach, Monty, das war doch scherzhaft gemeint. Sei nicht beleidigt. Hey, ich bin’s doch, deine Besitzerin. Ich bin nicht gegen dich, ich möchte einfach nur verstehen, was los ist. Ich weiß doch, dass du immer einen guten Job machen willst, deshalb frage ich mich ja auch, was heute anders ist.“

„Nichts ist anders.“

„Hast du vielleicht schlecht geschlafen? Hat dich ein anderes Pferd geärgert? Oder bin ich es? Mach ich etwas anders heute? Rede doch mit mir.“

„Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen. Es ist alles in bester Ordnung.“

So komme ich nicht weiter. Wie viele würden mir wohl jetzt dazu raten, einfach Sporen zu nehmen oder mich mit der Gerte durchzusetzen …

„Wollen wir noch einen kleinen Spazierausritt machen?“, frage ich ihn. Vielleicht kann ich ihm ja damit eine Freude machen.

„Wie Sie wünschen.“

„Ach Monty, sei doch nicht so. Hast du Lust darauf oder nicht? Das kannst du mir doch einfach sagen.“

Ich bekomme keine Antwort und, das frustriert mich mal wieder ziemlich.

„Weißt du was, am besten hören wir einfach für heute auf.“

„Wie Sie wünschen.“, höre ich.

Ich seufze und denke einmal mehr, dass das irgendwie alles doch auch besser zu lösen sein muss. 

–> Fortsetzung: Kapitel 21

 

Monty Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

20. Oktober 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 20: Ganz schön zäh …

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 19: Heute mal ganz locker – … oder auch nicht

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich habe beschlossen, dass ich die Sache mit der Strenge und mit der Schwere allein lösen will. Nur weil mein Pferd sprechen kann, darf ich doch nicht ständig zu ihm rennen und ihn mit meinem Psychokram belasten. Schließlich weiß ich ja, wo ich ansetzen muss: bei mir selbst. Ich muss wieder lockerer werden, nicht alles so ernst nehmen und viel dankbarer sein für alles, was ich habe. Ich habe ein wundervolles Pferd und ich habe das tollste Hobby auf der Welt. Wäre doch gelacht, wenn ich es nicht schaffen würde, mir meine Leichtigkeit zurückzuholen!

Für heute habe ich mir deshalb etwas Besonderes mit Monty vorgenommen, etwas so richtig fürs Herz: Ich geh mit Monty heute für eine kleine Bummelrunde ins Gelände und setze mich nur mit Halfter und ohne Sattel drauf. Einfach mal wieder ganz unbesorgt und unbedarft Pony-Mädchen spielen (… na ja, auf einem ziemlich großen „Pony“…). Er darf schauen und trödeln so viel er will und ich werde es einfach genießen, mich von ihm tragen zu lassen. Qualitätszeit nennt man das, also ohne Anspruch, ohne Ziel und Druck. Und so freue ich mich wirklich wie ein Kind, als ich zum Auslauf komme, um mein Pferd zu holen. Der zuckt allerdings mal wieder kaum mit dem Ohr, als ich rufe. Na, er döst halt, sage ich mir fröhlich, gehe näher heran und spreche ihn liebevoll an: „Hallo Monty.“

„Ach, Sie sind es.“, sagt mein Pferd, ohne aufzuschauen.

„Ja, ich bin es.“, strahle ich ihn an. „Was hältst du von einer kleinen, ganz gemütlichen Geländerunde ohne Sattel?“

Monty gähnt.

„Wie Sie wünschen.“, sagt er dann und irgendwie ist das nicht das, was ich hören will. Und dass er einfach weiterdöst, ist auch nicht die Reaktion, die ich mir vorgestellt habe. Aber, hey, ich lass mich dadurch doch nicht entmutigen.

„Komm schon, das wird toll. So ganz ohne Programm und ohne nachzudenken. Und du darfst so viel trödeln, wie du magst.“

Die einzige Reaktion meines Pferdes ist ein Schlagen des Schweifes, um die Fliegen zu vertreiben. Begeisterung ist das ja nicht wirklich.

„Äh, Monty?“, hake ich nach, weil mein Pferd eingeschlafen zu sein scheint.

„Was? Ach ja, Sie wollen ausreiten.“, sagt mein Pferd und es klingt fast, als würde ich sonst was fordern. Irgendwie läuft das alles vollkommen anders, als ich es mir ausgemalt hatte. Mein schönes Freudegefühl verpufft zu einem ernüchternden Wölkchen Nichts und Enttäuschung macht sich breit. Isa, versuche ich mir noch zu sagen, nimm das jetzt nicht persönlich, du weißt doch, wie Monty ist …, aber ich kann nichts dagegen machen, ich fühle mich plötzlich richtig mies.

Monty hat sich inzwischen zu mir gedreht und hält mir mit halb geschlossenen Augen seinen Kopf hin. Das kommt mir in diesem Moment wie ein Hohn vor.

„Weißt du was, Monty, wir lassen es einfach. Das Ganze war wahrscheinlich eh eine blöde Idee.“ Ich erschrecke ein bisschen darüber, wie eingeschnappt ich mich anhöre und wie scharf und laut meine Stimme klingt, aber ich kann es nicht ändern. „Vielleicht sollten wir einfach alles lassen und gar nichts mehr zusammen unternehmen. Am glücklichsten bist du offenbar, wenn ich dich in Ruhe lasse.“, setze ich nach.

Mein Pferd schaut mich fragend an.

„Ja, und nun glotzt du mich auch noch so an. Ich weiß, ich benehme mich gerade vollkommen daneben, aber, weißt du was, ich kann nicht anders. Und das ist jetzt auch egal, denn ich mache ja sowieso nichts richtig, überhaupt nichts, nicht mal nichts zu wollen bekomme ich hin … “, und meine Stimme kippt. Ich merke genau, dass ich mich da immer mehr hineinsteigere, aber ich kann es einfach nicht stoppen. Ich tue mir selbst leid, weil nichts von dem klappt, was ich mir vornehme, und weil ich nicht einfach lächeln kann über mein schläfriges Pferd, sondern alles persönlich nehme, obwohl ich genau weiß, dass das falsch ist. Weil ich doch einfach nur ein bisschen Freude haben wollte und nun wieder alles versaut ist. Und nun heule ich auch noch.

Nach einer Weile beruhige ich mich wieder etwas. Monty, der derweilen neben mir gestanden hat, stupst mich mit der Nase an: „Alles gut bei Ihnen?“

„Ich weiß es nicht, Monty. Manchmal weiß ich gar nichts mehr. Ich will alles so viel besser machen und bekomme es einfach nicht hin. Vielleicht bin ich gar nicht die Richtige für dich, vielleicht wärst du mit jemanden anderen viel glücklicher …“ Wieder laufen Tränen.

„Wie kommen Sie denn darauf?“, fragt er ehrlich erstaunt.

„Na, du scheinst dich nie zu freuen, wenn ich komme. Alles was ich vorschlage, machst du nur, weil du es als deinen Job siehst. Und ich habe ständig das Gefühl, einfach nichts richtig zu machen.“

„Ach, da sind Sie aber etwas zu streng mit sich.“, sagt mein Pferd und haut damit erst recht noch mal in den eh schon wunden Punkt.

„Nein, ich bin zu streng zu dir, darum geht es doch!“, plärre ich wieder los. „All dieses Gängeln, das Schimpfen, das ständige Ermahnen. So will ich gar nicht sein! Ich will nicht über alles hundertmal nachdenken. Ich will so gerne wieder so unbedarft sein, wie ich es mal war, und einfach Freude haben an dir und am Reiten. Statt dessen muss ich ständig alles hinterfragen und alles ist so schwierig geworden. Jeder erzählt etwas anderes. Ich soll es auf diese oder jene Art machen, vieles darf ich auf keinen Fall tun und dann muss ich aber unbedingt noch sonstwas beachten. Ich habe das Gefühl gar nichts mehr zu können oder zu wissen. Kein Wunder, dass du dich nicht über mich freuen kannst. Wahrscheinlich sollte ich gar kein eigenes Pferd haben.“ Und damit tue ich genau das, was ich nicht wollte: Ich heule Monty die Ohren voll.

Mein Pferd sagt nichts. Genau so, wie ich es erwartet und auch befürchtet hatte. Aber es ist okay. Was soll er auch sagen? Er kann die Sache nicht für mich lösen. Das ist mein Job. Monty ist ein Pferd und kein Psychiater. Und endlich komme ich wieder zur Vernunft.

„Nun komme ich mir ganz schön blöd vor, Monty. Bitte entschuldige meinen Ausbruch.“, sage ich kleinlaut.

„Kein Problem.“, antwortet Monty. „Und wissen Sie, ich finde Sie okay.“

Da muss ich lachen. „Das ist schön, Monty.“, sage ich und meine es auch so. „Was meinst du, wollen wir denn noch eine kleine Runde machen?“

„Selbstverständlich.“, sagt mein Pferd und kurz darauf lasse ich mich auf seinem Rücken Richtung Wäldchen tragen. Die Sonne scheint, Monty schnaubt fröhlich ab, ich spüre seine Wärme und fühle mich sicher und geborgen auf meinem Pferd.

Und, ja, es ist tatsächlich alles gut.

–> Fortsetzung: Kapitel 20

 

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

6. Oktober 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 19: Heute mal ganz locker – … oder auch nicht

Mit dem Herzen voran – Die Geschichte zum Reitkurs

Der Reitkurs von Wege zum PferdNach vielen Monaten intensiver Arbeit ist er nun erschienen:

Mit dem Herzen voran!
– der „Wege zum Pferd“-Reitkurs

Die Idee für unseren Reitkurs ist schon fast so alt wie „Wege zum Pferd“ selbst, denn gleich nach dem Erscheinen des ersten Longenkurses (2008) wurden wir gefragt, ob es so etwas nicht auch als Reitkurs geben könnte. Damals haben wir das erstmal weit von uns gewiesen, denn im Gegensatz zum Longenkurs, bei dem wir von Beginn an das Gefühl hatten, damit wirklich etwas Hilfreiches und auch Neues bieten zu können, hatten wir den Eindruck, dass es zum Thema Reiten einfach schon sehr viel gibt, … zu viel, als das wir da auch noch unseren Senf dazu geben müssten. 

Das liegt nun über zehn Jahre zurück und in diesen zehn Jahren ist viel passiert. Was mit „Wege zum Pferd“ als kleine Webseite begann, ist heute ein großes Portal geworden. Wir bekommen immer wieder das wundervolle Feedback, dass unsere Artikel und Kurse ganz viele von Euch dazu ermutigt, nicht länger automatisch auf herkömmlichen Pfaden zu wandeln, sondern Euren ganz eigenen Weg mit Euren Pferden zu finden und zu gehen. Als wir Ende letzten Jahres darüber nachdachten, wie es mit „Wege zum Pferd“ weitergehen soll, klaffte ganz deutlich eine große Lücke: das Thema Reiten.

Und als wir dann wieder einmal überlegten, ob wir nicht doch einen Kurs dazu herausbringen sollten, stellten wir fest, wie stark sich die Diskussion um das Thema „Reiten“ in den letzten Jahren verändert hatte: Früher wurde vor allem um die verschiedenen Reitweisen gestritten und welche davon nun die beste wäre, nicht aber über die Tatsache, dass das Reiten an sich schon fragwürdig sei – was für ein Wandel, der da bereits stattgefunden hat!

Spannenderweise fanden wir uns dann irgendwo in der Mitte von zwei Lagern wieder: 

  • Auf der einen Seite warfen uns manche vor, dass wir ja „gar nicht richtig reiten würden“ mit unserem ganzen Bodenarbeitsgetüddel und
  • auf der anderen Seite mussten wir uns bei anderen wiederum dafür rechtfertigen, dass wir uns nicht ausdrücklich gegen das Reiten aussprachen. 

Und da wurde uns klar, dass sich hier „unser Thema“ auftat: Dass es für uns nämlich nicht um die Frage geht, ob das Reiten an sich falsch und abzulehnen ist, sondern wir wollten danach fragen, WIE Reiten eine gute Sache für beide werden kann – also für Mensch UND Pferd, und wir wollten genau diese Frage auch beantworten. Denn wir sind fest davon überzeugt, dass Reiten eine wundervolle Sache für Menschen und Pferde gleichermaßen. Die Messlatte dabei ist für uns „Pferdefreundlichkeit“, denn so wollen wir reiten: auf eine Art und Weise, die dem Pferd nicht schadet, sondern im Gegenteil, die ihm gut tut und die ihm sogar Freude macht. Und wie das praktisch geht, DAS ist genau das, was worum es uns immer schon bei „Wege zum Pferd“ ging und das nun für das Thema „Reiten“ aufbereitet werden wollte. Es gibt zum Thema „Pferdefreundlichkeit“ zwar viele schöne Sprüche, aber nur wenige wirklich konkrete Anleitungen, wie man denn eine „bessere“ Art des Reitens tatsächlich umsetzen kann, so dass viele aus Hilflosigkeit doch bei dem bleiben, was sie eigentlich nicht mehr wollen, oder ganz mit dem Reiten aufhören…

Reitkurs von Wege zum PferdSo entschieden wir, genau da anzusetzen: 

  • Offen benennen, was alles falsch läuft, und
  • praktisch umsetzbare Alternativen aufzeigen, die sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene hilfreich sind. 

Und damit machten wir uns an die Arbeit.

Für diesen Reitkurs haben wir auf unsere gesamte Reitzeit zurückgeschaut und uns an unzählige Erlebnisse erinnert, von denen manche schmerzlich, andere wunderschön und ganz viele erhellend waren. Wir haben uns unangenehmen Fragen gestellt und beleuchtet, woran wir oft gescheitert sind. Wir wissen nur allzu gut um die Fehler, die wir gemacht haben und auch immer noch machen, und wir sind uns bewusst, dass auch wir immer weiter und weiter an uns arbeiten müssen, denn wir sind alles andere als perfekt. Was wir aber vielleicht ein bisschen intensiver als andere tun, ist, aus der Selbstreflexion und dem Hinterfragen unseres Tuns gewonnene Erkenntnisse in Handlungswissen zu bringen und damit konkreten Rat, praktische Tipps und umsetzbare Anregungen bieten zu können. So haben wir eine Fülle von Überlegungen, Wissen und praktische Übungen zusammengetragen, die uns dabei helfen, jeden Tag ein bisschen pferdefreundlicher zu werden im Umgang, beim Training und auch im Sattel.

Für diesen Kurs haben wir uns alle nur erdenklichen Facetten des Reitens vorgenommen:

  • von der Frage danach, ob und wie Reiten überhaupt okay ist und
  • was Pferde brauchen, damit wir sie so reiten können, dass es ihnen nicht schadet und sie idealerweise Freude daran haben,
  • über die Frage, welches Zubehör pferdefreundlich ist und
  • wie wir einen ausbalancierten Sitz erreichen können,
  • bis hin zu einer pferdefreundlichen Hilfengebung, die eine echte Kommunikation mit unserem Pferd möglich macht, und
  • Fragen danach, wie Reiteinheiten am besten aufzubauen und auszugestalten sind und
  • welche Lektionen zu reiten sinnvoll ist.

Wisst Ihr was? Ein gutes Stück weit haben wir auf diese Weise den Kurs geschrieben, den wir gerne gehabt hätten, als wir mit dem Reiten anfingen.

Mit dem Herzen voran

Der Titel unseres Reitkurses lautet „Mit dem Herzen voran“, weil darin einerseits so vieles von dem steckt, was uns Der Reitkurs von Wege zum Pferdpferdefreundliches Reiten ermöglicht, und es andererseits die Quintessenz unseres eigenen Weges beschreibt. Mit dem Herzen voran bedeutet, dass uns tatsächlich immer die Liebe zu den Pferden die Richtung weisen sollte, damit wir nie aus den Augen verlieren, dass sich unsere Pferde gut fühlen sollen bei dem, was wir mit ihnen machen und unternehmen.

Unser Herz führen zu lassen, heißt

  • mehr zu fühlen,
  • sich berühren zu lassen und
  • empathisch zu sein.

Wenn wir beim Reiten unser Herz voranschicken, dann richten wir uns körperlich auf und werden weich und offen. Unser Herz weiß genau, wann wir in der falschen Richtung unterwegs sind. Und unser Herz ist jederzeit bereit, das Gute zu sehen und sich begeistert darüber zu freuen und genau das dem Pferd zu zeigen.

Wir hoffen sehr, mit diesem Kurs nun tatsächlich etwas erschaffen zu haben, das für das Reiten unser Motto umsetzbar macht: Es geht auch anders! Hier findet Ihr alle Infos zum Kurs und die Möglichkeit, ihn zu bestellen.Der Reitkurs von Wege zum Pferd

29. September 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Reiten, Sonstiges 0 Kommentare »

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 18: Früher war es irgendwie leichter

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich muss sagen, dass mich die kleine Begebenheit mit dem Gras neulich ganz schön nachdenklich gemacht hat. Eigentlich halte ich mich nicht gerade für einen besonders strengen Menschen, aber, wenn ich ehrlich bin, bin ich es Monty gegenüber schon.

Seltsam, das war doch nicht immer so! Früher war ich viel lockerer, wenn die Ponys Flausen im Kopf hatten. Was haben wir gelacht, wenn die mit uns mal wieder gemacht haben, was sie wollten, und ich mochte ganz besonders die frechen Ponys. Ich hatte viel weniger Angst und machte mir viel weniger Sorgen. Aber damals wusste ich auch viel weniger und hatte auch nicht die Verantwortung.

Irgendwie ist mir meine Unbedarftheit verloren gegangen, seitdem ich ein eigenes Pferd habe. Ich möchte doch alles richtig machen, aber ich habe das Gefühl, keine Chance zu haben! Es gibt so vieles zu beachten, so vieles zu bedenken. Ständig lese ich in Blogs oder Artikel bei Facebook, recherchiere nach Tipps und Übungen und kaufe Zeitschriften und Bücher, aber der eine sagt dies, die andere sagt das. So vieles widerspricht sich und ganz ehrlich, etliches, von dem, was einem so geraten wird, will ich auch einfach gar nicht so umsetzen. Und wenn ich auch noch auf all das hören würde, was mir andere im Stall raten und sagen, dann wüsste ich gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Fragst du fünf Leute, hast du zehn Meinungen …

„Der Monty müsste mehr tun, wirklich fit ist der ja nicht gerade“ – das war ein netter Kommentar einer Miteinstellerin vor einigen Wochen. „Pferde dürfen keine eigenen Ideen entwickeln, das nutzen die total aus und dann hat man nichts mehr unter Kontrolle“ – das ist die Ansicht unseres Stallbesitzers. „Der Mensch muss immer der Chef sein, Pferde suchen Führung, vor allem die dominanten unter ihnen“ – das predigt eine Horsemanship-Trainerin bei uns im Stall.

Ganz ehrlich, manchmal habe ich schon gar keine Lust mehr, mich mit Trainingstipps oder Ausbildungskonzepten zu befassen, weil sich alles so ernst anhört, alles so schwer wirkt und mir irgendwie Schuldgefühle macht. Es reicht irgendwie nie, was ich weiß oder kann, und nie ist richtig, was ich tue. Immer müsste es mehr und toller und schneller und sonst was sein. Und noch weniger mag ich über das Thema Gesundheit nachdenken, denn da komme ich sofort in endlose Sorgen- und Grübelschleifen. Ich habe Angst, dass Monty krank wird, dass ich etwas übersehe, dass ich mehr wissen müsste und überhaupt.

Wo ist nur die Leichtigkeit meiner Jahre als Reitkind hin? Die Zeit, in der Pferde einfach nur die wundervollsten Wesen auf diesem Planeten waren und ich stundenlang an Weidezäunen stand, um sie anzuhimmeln und das Tollste überhaupt war, ein paar Runden auf einem Ponyrücken sitzen zu dürfen … Wie sehr ich mich danach manchmal zurücksehne.

Und heute, wo ich mir meinen Kindertraum vom eigenen Pferd erfüllt habe? Heute lasse ich, noch bevor ich Monty begrüße, meinen Scannerblick über mein Pferd laufen, mit dem ich checke, ob er okay ist, also nicht lahmt, keine Verletzungen hat, nirgendwo Beulen oder irgendwas anderes zu sehen ist. Dann registriere ich natürlich, dass er auf mein Rufen nicht kommt (sollte er sich nicht freuen, mich zu sehen?), dass er dann, wenn ich vor ihm stehe, mir eigentlich gleich viel zu nahe kommt (ist das nicht respektlos?), dann nervt mich, dass er, wenn ich ihn halftern will, immer erstmal ins Halfter beißt (müsste ich ihm das nicht abgewöhnen?) und so weiter und so fort.

Während ich so darüber nachdenke, wird mir klar, dass einiges ganz schön schiefläuft. Und ich frage mich: Sollte ich mich nicht vor allem darüber freuen, mein wundervolles Pferd zu sehen und nicht gleich nach möglichen Krankheiten suchen? Sollte ich mich nicht viel achtsamer nähern, um zu erspüren, ob ich ihn vielleicht gerade bei etwas störe, statt einfach hinzugehen und davon auszugehen, dass ich ihn holen kann? Und sollte ich nicht einfach voller Freude sein über dieses tolle Pferd, statt mich gleich über das erstbeste Verhalten zu ärgern, zumal es tatsächlich nichts Schlimmes, sondern nur eine kleine Macke ist?

Wieder einmal fühle ich mich mies. Aber, Moment! Genau da liegt doch das Problem: dass ich mich so oft mies fühle. Dass ich das Gefühl habe, alles falsch zu machen, so oder so. Mache ich zu viel, ist es falsch, mache ich zu wenig, auch. Nie stimmt was. Nie ist es genug. Und vielleicht fühlt sich Monty genauso?

Ich weiß, ich muss bei mir beginnen und kann nicht erwarten, dass mein Pferd das für mich löst. Aber das sagt sich immer so einfach und ist doch schwer umzusetzen. Wie komme ich nur heraus, aus diesen doofen Mustern? Wie kann ich meine Sorgen reduzieren und wie fühle ich mich wieder leichter und ohne ständige Schuldgefühle meinem Pferd gegenüber?

Was würde Monty wohl zu all diesen Gedanken sagen? Wahrscheinlich würde er einfach nur den Kopf schütteln und mich fragen, ob er nicht eine Möhre bekommen könnte … Na, vielleicht traue ich mich ja, beim nächsten Mal mit ihm darüber zu reden …

–> Fortsetzung: Kapitel 19

 

Monty Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

22. September 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 18: Früher war es irgendwie leichter

Welche Art Reiter will ich sein? – Inspiration des Monats

Mit unserer  Rubrik Inspiration des Monats nehmen wir uns jeweils ein Schwerpunktthema vor, für das wir Euch kurz und knapp Denkanstöße und Anregungen geben möchten. Lange Texte gibt es bei uns genug, aber gerade bei Basis-Themen denken wir, ist es wichtig, sie immer wieder mit in den praktischen Pferde-Alltag zu nehmen, um für eine längere Zeit im Herzen bewegt zu werden. Und meist sind es Schlüsselsätze oder -erkenntnisse, die man wirklich bei sich behält. 

Unser Tipp: Zieht Euch jeweils unsere Inspiration des Monats auf Euer Handy, damit Ihr die Fragen und Denkanstöße  für eine Weile immer dabei habt – Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wie unterschiedlich Eure Antworten und Gedanken dazu in verschiedenen Situationen ausfallen können. 

Thema des Monats:
Welche Art Reiter will ich sein?

Vieles beeinflusst die Art, wie wir reiten: Zunächst sind es natürlich vor allem die Trainerinnen und Trainer, bei denen wir Unterricht hatten und haben. Aber darüber hinaus schauen wir auch auf unsere Freundinnen und auf Stallkollegen, auf andere Reiterinnen und Reiter in Nachbarställen oder auf Turnierplätzen und natürlich auf all jene, die wir in den Social-Media-Kanälen und im Fernsehen sehen. Und da passiert etwas, das den allerwenigsten bewusst ist: Wir können fest davon überzeugt sein, dass es zum Beispiel nicht richtig ist, Pferde grob zu behandeln oder gar zu schlagen, wir können es ablehnen, wenn Pferde gegen ihren Willen zu etwas gebracht werden und es kann uns traurig machen, wenn Pferde mit einer viel zu tiefen Kopfhaltung direkt in die erlernte Hilflosigkeit geritten werden – … und dann machen wir Ähnliches selbst, obwohl wir genau wissen, dass es nicht richtig ist und uns sogar schlecht dabei fühlen. Schon verrückt, oder? 

Die Bilder, die wir täglich aufnehmen, haben eine enorme Wirkung auf unser Tun, denn wir orientieren uns stark an dem, was wir sehen. Durch die Bilderflut, der wir uns täglich aussetzen, speichern wir ganz vieles als „normal“ und „geht halt nicht anders“ ab und machen (oft unbewusst und sogar ungewollt) genau das dann selbst. Und weil sich das so schwer ändern lässt und uns oft auch die Alternativen (sprich andere Bilder) fehlen, haben wir das Gefühl, dass wir gar kein anderer Reiter sein können als der, der wir eben sind. Aber das stimmt nicht.

Jedes Mal, wenn wir uns auf ein Pferd setzen, können wir neu entscheiden, ob uns formulierte Ziele wichtiger sind als Freude, ob wir streng oder einfühlsam sein wollen, ob wir unser Pferd bezwingen oder es begeistern wollen und ob wir nach Macht streben oder nach Leichtigkeit.

Damit Veränderung möglich wird, müssen wir uns eines klarmachen: Nur weil wir etwas gestern auf eine bestimmte Art gemacht haben, heißt das nicht, dass wir es heute nicht anders machen können, und nur, weil wir noch nicht wissen, wie es anders geht, heißt das nicht, dass wir weitermachen müssen wie bisher. Der erste Schritt beginnt mit zwei Fragen: Welche Art Reiter will ich wirklich sein und was brauche ich dafür?

Reiten – Wege zum Pferd

15. September 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Inspiration des Monats, Reiten 1 Kommentar »

Setze Erkenntnisse auch um! – Inspiration des Monats

Mit unserer  Rubrik Inspiration des Monats nehmen wir uns jeweils ein Schwerpunktthema vor, für das wir Euch kurz und knapp Denkanstöße und Anregungen geben möchten. Lange Texte gibt es bei uns genug, aber gerade bei Basis-Themen denken wir, ist es wichtig, sie immer wieder mit in den praktischen Pferde-Alltag zu nehmen, um für eine längere Zeit im Herzen bewegt zu werden. Und meist sind es Schlüsselsätze oder -erkenntnisse, die man wirklich bei sich behält. 

Unser Tipp: Zieht Euch jeweils unsere Inspiration des Monats auf Euer Handy, damit Ihr die Fragen und Denkanstöße  für eine Weile immer dabei habt – Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wie unterschiedlich Eure Antworten und Gedanken dazu in verschiedenen Situationen ausfallen können. 

Thema des Monats:
Setze Erkenntnisse auch um!

Wie viele andere veröffentlichen ja auch wir häufig inspirierende Texte und Denkanstöße zum Miteinander von Mensch und Pferd. Und wir freuen uns jedes Mal sehr darüber, dass immer mehr davon geliked und geteilt werden, denn das zeigt uns, wie viele Pferdemenschen inzwischen schon auf anderen als den herkömmlichen Wegen unterwegs sind – toll! Noch wichtiger ist uns aber, dass die Erkenntnisse tatsächlich auch beim Pferd ankommen, also im Stall, im Umgang und beim Training. Denn das ist nötig, damit Pferde auch etwas von den schönen Sprüchen haben! 

Nun ist es natürlich oft gar nicht so einfach, Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen, vor allem dann, wenn sie Veränderungen erfordern – Veränderungen im eigenen Tun und Denken. Aber nur, wenn wir genau dazu bereit sind, machen Inspirationen wirklich Sinn. Nur wenn sie zum Überdenken der eigenen Handlungen führen und eben auch dazu, dass wir wirklich etwas ändern, erfüllen sie ihren eigentlichen Zweck. Kluge Sprüche sollen ja nicht wie hübsche Bilder sein, die man sich nett an die Wand hängt, sondern sie sollen etwas bewirken.

Fragt Euch also deshalb immer dann, wenn Ihr etwas lest, dass Ihr wichtig und richtig findet, Folgendes:

  • Was bedeutet das für mich und mein Pferd — ganz konkret?
  • Wie kann ich das praktisch umsetzen?
  • Fällt mir spontan eine Situation ein, in der ich genau das leben könnte?
  • Was muss ich vielleicht ändern, damit ich dem, worum es in der jeweiligen Erkenntnis geht, näher komme?
  • Was brauche ich, um es umsetzen zu können?
  • Was hindert mich vielleicht daran und wie könnte ich wiederum das ändern?

 

Erkenntnisse umsetzen - Wege zum Pferd

11. August 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Inspiration des Monats, Umgang 0 Kommentare »

Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 17: Es ist halt so lecker!

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich staune immer wieder darüber, dass meine Annahme, dass alles im Zusammensein mit dem Pferd einfacher werden würde, wenn man ihm genau erklären kann, was man möchte und auch warum, nicht wirklich zutrifft. Denn, ehrlich gesagt, ist man in vielen Fällen oft ratloser als zuvor. Man kann nämlich manche Dinge so oft und so viel erklären, wie man will, und es ändert sich trotzdem nichts, … überhaupt nichts. Ein gutes Beispiel dafür ist das Führen.

Ich führe Monty von der Weide Richtung Stall. Er läuft brav neben mir, doch zieht mich plötzlich deutlich nach rechts, um eine Butterblume am Seitenrand zu fressen. Früher hätte ich in diesem Fall kräftig am Strick gerupft und geschimpft. Nun versuche ich, das vernünftig in einem Gespräch zu klären.

„Du, Monty, das ist nicht so toll, wenn du einfach frisst.“

„Ach, natürlich, tut mir leid.“

Er kommt wieder zu mir, wir gehen drei Schritte weiter, doch dann taucht sein Kopf tief in ein dickes Grasbüschel am Rand.

„Monty! Das ist echt doof!“, rufe ich, denn er reißt mich wieder ein gutes Stück mit.

„Entschuldigung.“, sagt er und rupft noch eine ordentliche Portion Gras ab, bevor er den Kopf hochnimmt, und wir weiterlaufen. Dazu könnte ich auch wieder etwas sagen, aber lasse es sein.

Kurz danach zieht er mich ein ganzes Stück rüber mitten ins Gras. Ich weiß gar nicht wie mir geschieht und gerate ins Stolpern.

„Hey, Monty!“ Ich werde langsam sauer. „Das kann doch nicht dein Ernst sein.“, rufe ich und rucke wütend am Strick.

„Ach, tut mir leid.“, sagt er.

Tja, und so geht das noch einige Male weiter. Ich werde immer gereizter und würde ihm am liebsten einen ordentlichen Klaps geben, aber da kann ich mich gerade noch zurückhalten. Dafür stelle ich ihn zur Rede, schließlich will ich das Ganze respektvoll lösen.

„Was soll denn das, Monty? So ist das wirklich blöd. Ich habe dir erklärt, dass du nicht fressen sollst, wenn ich dich führe.“

„Ach, tut mir leid, aber es ist doch immer nur ganz kurz.“

„Ob kurz oder lang, darum geht es nicht. Es ist einfach nicht in Ordnung, Monty. Du ziehst mich durch die Gegend und das ist unhöflich und gefährlich für mich. Da gab es schon früher Ärger, das weißt du ganz genau. Es geht einfach nur mit einigen Spielregeln, sonst haben wir ein Problem. Führen ist führen und fressen ist fressen. Warum lässt du es nicht einfach sein?“, herrsche ich ihn an.

„Tut mir leid, ich kann nichts dafür.“

„Wie…, du kannst nichts dafür?“

„Ich kann einfach nicht widerstehen, das passiert von ganz allein.“, sagt er.

„Von ganz allein? Monty, das ist doch Blödsinn. Niemand zwingt dich dazu, mich durch die Gegend zu ziehen, das bist du selbst. Du ziehst einfach rüber, ohne auf mich zu achten.  Aber ich hänge doch am Strick! Spätestens da musst du doch merken, was du tust!“

„Ach, wissen Sie, manchmal vergesse ich Sie einfach.“

„Du vergisst mich?“

„Ja, das Gras ist Schuld.“

„Das Gras ist Schuld.“, wiederhole ich blöde.

„Ja!“, ruft er und nickt eifrig. „Es ist einfach so lecker. Da kann ich wirklich nichts dafür!“

Was, bitteschön, soll ich dazu sagen?

„Und wie lösen wir nun dieses Problem?“, frage ich mein Pferd.

Er schaut mich nur an.

„Du lässt mir ja gar keine Wahl!“, rufe ich „Dann muss ich mich ja bemerkbar machen und am Strick rupfen oder so.“

„Ja, machen Sie das nur, das ist schon okay.“

„Nein, Monty, das ist nicht okay, weil ich das gar nicht will. Himmel, ich habe ein sprechendes Pferd und soll dann trotzdem grob werden müssen? Das macht doch keinen Sinn! Wir können doch darüber reden. Ich erkläre dir die Gründe für die Regel und du verstehst sie auch. Kannst du nicht bitte einfach lernen, das sein zu lassen?“

„Ich werde es versuchen.“, verspricht Monty, aber, ich habe meine Zweifel, dass das klappen wird … Ich atme einmal tief durch und mir kommt ein neuer Gedanke.

„Sag mal, Monty, würde es helfen, wenn du ein paar Minuten von dem leckeren Gras fressen darfst? Ich verstehe ja, dass das sehr verlockend ist. Aber du musst wiederum verstehen, dass ich dich nicht alles entscheiden lassen kann, sondern dass du auf mich achten musst. Was meinst du: etwas naschen und dann diszipliniertes Neben-mir-bleiben?“

Ich schwöre, mein Pferd grinst in diesem Moment ganz breit und ruft: „Das wäre einfach großartig.“

„Aber dann diskutieren wir nicht endlos darüber, dass es zu kurz war, okay?“

„Selbstverständlich!“, sagt mein Pferd.

Ich erlaube ihm also, seine Nase ins Gras zu stecken. Während ich ihn so glücklich grasen sehe, rührt er mich sehr an, mein Monty. Er hört nach ein paar Minuten tatsächlich anstandslos auf und kommt brav mit. Auf dem Heimweg bin ich dann ziemlich nachdenklich und frage mich mit bangem Herzen, ob ich vielleicht manchmal einfach ein bisschen zu streng bin?

–> Fortsetzung Kapitel 18

 

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

4. August 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 17: Es ist halt so lecker!

  • Über Tania Konnerth

    Mitgründerin und aktuelle Betreiberin von "Wege zum Pferd".

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