Das angebissene Ohr – oder: Ein Pferdekrimi

Tatort: Stall in Ellringen.

Opfer: Aramis.

Tat: Ein fehlendes Stück am linken Ohr.

Und der Täter?

Anthony, hast DUUU vielleicht eine Idee?

ohr5Guck nicht so unschuldig, ich fürchte, die Indizien sprechen gegen dich… ohr6ohr4ohr1ohr3ohr7Ich schätze, der Fall ist eindeutig, mein Kleiner! Und was hast Du dazu zu sagen?

ohr2Ja, das dachte ich mir 😉

 

13. Januar 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Sonstiges 7 Kommentare »

Personal Trainer

Ich glaube inzwischen fest daran, dass  Pferde so etwas wie „Personal Trainer“ sind, also Wesen, die uns etwas beibringen wollen. Und das gilt nicht nur für unsere eigenen Pferde, sondern offenbar stellen sich auch andere Pferde dafür immer wieder bereitwillig zur Verfügung.

Einer meiner persönlichen Trainer ist z.B. eine Araberstute. Ein eigentlich feines, sensibles Pferd, doch wenn sie auf mich trifft, erblassen selbst meine Hafis angesichts ihrer Stumpfheit. 🙂

Diese Stute trainiert mich regelmäßig, wenn ich mit Stalldienst, also mit Abäppeln, dran bin. Das ist ja doch eine recht anstrengende Angelegenheit, die ich manchmal einfach nur schnell hinter mich bringen will, vor allem, wenn es matschig ist, regnet oder kalt ist oder ich genervt und gestresst bin. Tja, und genau an solchen Tagen ist das Stütchen dann zur Stelle: Sie steht mir im Weg, sie geht genau dahin, wo ich gerade abäppeln will, sie rennt mich über den Haufen, weil sie unbedingt genau da lang muss, wo ich gerade bin. Wie oft bin ich schon in die Falle getappt, mich darüber aufzuregen, wütend zu werden und Rumpelstilzchen zu spielen (nein, ich habe ihr nichts getan, aber ich gebe zu, geschimpft und geflucht habe ich durchaus)! Und je mehr ich mich aufrege, desto mehr wird sie zum Ärgernis für mich.

Ganz anders die Tage, an denen ich offen und freundlich bin, an denen ich in meiner Balance bin und mir das Abäppeln nichts ausmacht. Dann ist genau dieselbe Stute vollkommen unauffällig. Vielleicht begrüßt sie mich kurz, aber sie stört mich nicht ein einziges Mal während der Arbeit.

Alles nur Zufall? Wohl kaum!

Ich bin davon überzeugt, dass Pferde Meister darin sind, unsere Stimmungen zu erspüren. Tja, und mein Personal Trainer hat es inzwischen geschafft, dass ich an Tagen, an denen ich merke, dass ich gereizt bin (meist weil ich gerade besagte Stute anmotzen will), tief durchatme, nach meinem Humor suche und alles einfach ein bisschen lockerer nehme. Und ich bekomme jedes Mal ein unmittelbares Feedback, ob ich das schaffe oder nicht, denn sie ist jederzeit zur Stelle, mir sofort wieder im Weg zu stehen, wenn es nötig ist. 😉

Ich bin mir sicher, so etwas kennt Ihr auch, oder nicht?

3. Dezember 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 11 Kommentare »

Schlecht gelaunt, na und?

Neulich war ein wunderschöner Herbsttag. Die Sonne schien, das Laub leuchtete in allen Farben und es war nicht mal kalt. Spontan entschied ich mich, statt mit Aramis allein eine Schrittrunde im Wald zu machen, auch Anthony mitzunehmen und einen Spaziergang zu machen. Sicher würde es auch dem Kleinen guttun, ein bisschen rauszukommen, dachte ich.

Falsch gedacht.

Denn Anthony fand meine Idee doof. Oder zumindest langweilig. Auf jeden Fall begann er schnell damit, mich provozieren zu wollen: biss in den Strick, schnappte nach meiner Jacke, versuchte, Gras zu fressen, ließ sich zurückfallen oder überholte und drängelte. Na, fein, dachte ich, also mal wieder so ein Spaziergang, denn ich kenne das ziemlich gut: dass ich mir etwas Nettes ausdenke, was Anthony nur doof findet, worauf ich dann selbst schlechte Laune bekomme, aus Frust unfair werde und alles richtig blöde wird. 

Aber es kam anders. Und zwar weil ICH anders mit der Situation umging als sonst.

Ich ließ mich nämlich einfach nicht darauf ein. Sein Schnappen beantwortete ich mit einem klaren, aber freundlichen „Nein“, dafür durfte er seinen Strick tragen 🙂 Seine kleinen Rempeleien wurden von mir sanft korrigiert, aber ich ließ mich nicht provozieren. Oder anders gesagt: Ich spielte das Spiel „Wer bewegt wen?“ nicht mit, denn darum geht es fast immer bei den kleinen Rotzereien unserer lieben Samtnasen. Sie versuchen, uns zu bewegen, körperlich oder mental. Und wie oft habe ich mich schon bewegen lassen? Wie oft wurde ich ungehalten oder sauer, wie oft war ich hinterher mieser gelaunt als er und verfluchte den Spaziergang.

Dieses Mal nicht. Dieses Mal ließ ich nicht zu, dass sich meine Laune veränderte. Ich nahm seine Quengelei nicht persönlich. Ich ging einfach weiter und genoss die Sonne. Anthony hörte deshalb zwar nicht auf (bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich die beiden in den Auslauf zurückbrachte, spielte er weiter Nervensäge), aber die Qualität des Spaziergangs war eine andere als sonst in solchen Fällen: Ich hatte mir seine schlechte Laune nicht aufdrücken lassen. Also nahm ich es ihm auch nicht übel, dass er so drauf gewesen war, sondern konnte beide zum Abschied liebevoll knuddeln und über meinen Mr. Grumpy lachen. Wie oft zuvor hatte ich mich nach einem solchen Spaziergang nur mies gefühlt, weil ich aggressiv geworden bin und ich ein Pferd habe, das „immer alles verderben muss“. Tja, und genau das ist aus meiner Sicht ein Vermenschlichen, mit dem wir weder unserem Pferd noch uns einen Gefallen tun. Wenn mein Pferd schlecht gelaunt ist, muss ich das akzeptieren, aber ich muss deshalb selbst noch lange nicht auch muffelig werden 🙂

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Später am Tag fiel mir dann übrigens noch ein, dass Anthony durchaus einen Grund hatte, keine Lust auf einen Waldspaziergang zu haben: Ich war ca. eine Stunde bevor sich das Tor zum Heu öffnete gekommen. Tja, und so konnte ich dann durchaus nachvollziehen, dass er meine Idee, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt loszugehen, an dem es doch so bald ans Fressen gehen sollte, so doof gefunden hatte 🙂

26. November 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang 17 Kommentare »

Zurück zur Balance, zurück ins Leben

Ein scheinbar aussichtsloser Fall wird zur Sternstunde

Von Conni

Als die zehnjährige Traberstute Luna Ende April 2012 mein Leben trat, war sie ein Schatten ihrer selbst:  Sie ließ sich weder einfangen noch berühren, schlug nach Menschen aus und versprühte eine permanente Unruhe. Sie hatte alles erdenklich Schlimme erlebt, was einem Pferd im Laufe seines Lebens widerfahren kann: Von der Rennbahn ausgemustert wegen Kehlkopfpfeifen und einem halb blinden Auge war sie wegen ihrer Schnelligkeit durch zahlreiche Hände gewandert, die mit diesem Pferd nicht gerade zimperlich umgingen.

Sie wurde geschlagen, bis sie irgendwann lernte, zurückzuschlagen. Daraufhin begann eine Zeit der Isolation. Niemand wagte sich an sie heran, bis sie der Menschheit gänzlich den Rücken kehrte. Sie war gehetzt worden, dass sie schwer stürzte und einmal sogar in ein Moorloch fiel, sie lebte zeitweise auf einem verdreckten Messie-Anwesen zwischen Scherben und Draht – all das hatte ihre zarte Seele geprägt und unzugänglich gemacht.

Ich hatte ihre Geschichte insgesamt über sieben Jahre hinweg verfolgt und mich zwischenzeitlich um sie gekümmert. Luna lag mir seit dem ersten Tag unserer Begegnung am Herzen und sieben Jahre später kam ich schließlich durch Zufall dazu, sie zu kaufen.

Eine schöne Vorstellung, die nach Happy End verlangt, doch nun stand ich erst einmal vor diesem Scherbenhaufen und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Denn das waren nur ihre seelischen Baustellen. Körperlich war sie kaum besser dran: schiefe Hufe, stumpfes Fell, ein zurückgebildeter Trapezmuskel, viel zu dünn und mit riesigem Unterhals:     c3 c2 c1Durch zahlreiche Behandlungen von Physio, Osteo, Cranio, Zahnarzt, Tierarzt etc. gelang es allmählich, ihre körperlichen Baustellen zu beheben. Selbstverständlich wurde sie von mir nicht geritten. Das erste halbe Jahr gingen wir nur spazieren. Sie machte Fortschritte, stellte aber nach wie vor eine Gefahr für Menschen dar, indem sie nach ihnen ausschlug.

Ich tastete mich voran. Immer darauf bedacht, dieses Seelchen nicht zu überfordern.

Luna hat es mir oft nicht leicht gemacht. Wir zogen mehrmals um und fanden schließlich einen Offenstall mit kleinem Reitplatz. Das war im Januar 2013. Diese Gelegenheit nutzten wir, um mit der Bodenarbeit nach dem Longenkurs zu beginnen.

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19. November 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Longieren 20 Kommentare »

Einfach mal selbst erklären

Ich habe vor kurzem seit langer Zeit mal wieder Unterricht gegeben. Und zwar einem erwachsenen Reitanfänger, jemanden der zuvor noch nie etwas mit Pferden zu tun hatte. Es ging also darum, tatsächlich die absoluten Grundlagen zu vermitteln. Das war ein sehr erhellendes Erlebnis, denn ich lernte dabei fast genauso viel wie die Person, der ich Unterricht gab!

Warum? Weil ich durch das Erklären der Hilfen selbst viel mehr Klarheit fand oder anders gesagt: weil ich mir selbst erstmal klar werden musste, bevor ich gut erklären konnte.

Dazu ein Beispiel: Bei mir lief das Pferd problemlos auf dem Hufschlag und ließ sich auch problemlos abwenden. Bei dem Reitanfänger strebte das Pferd weg vom Hufschlag und, wollte er eine Kurve reiten, ging das Pferd weiter geradeaus. Nun stand ich da und erklärte und sabbelte, gab Tipps und Anleitungen, aber das Ergebnis war ähnlich. Also setzte ich mich noch einmal selbst auf das Pferd und machte mir klar, welche Hilfen ich eigentlich wann und wie gab. Ich hatte natürlich auch schon vorher etliche Hilfen beschrieben, aber durch den bewussten Fokus wurde mir das Zusammenspiel der Hilfen noch einmal viel klarer. Und so konnte ich diese dann auch klarer vermitteln. In der Folge ritt ich dann übrigens in kommenden Tagen selbst auch viel bewusster.

Ich glaube, wir sollten viel öfter mal zu erklären versuchen, was wir eigentlich machen, um z.B. eine Wendung einzuleiten, um anzutraben, um ein Schulterherein zu reiten usw. Zum einen weil einem das viel Bewusstheit über automatische Prozesse schenkt (die auch falsch sein können und die man dann korrigieren kann!). Zum anderen erkennt man dann auch, dass man unter Umständen selbst gar nicht genau weiß, was man tun soll! Die meisten von uns wissen theoretisch, was sie tun sollen, aber wenn man mal nachfragt, was eigentlich mit „Parade“ gemeint ist oder wie genau eine Gewichtshilfe gegeben wird, kommen viele ins Schwimmen. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn die Hilfengebung ähnlich verwaschen ist!

Ich freu mich schon auf meine nächster Anfänger-Unterrichtsstunde und auf das, was ICH da lernen werde 🙂 Und ich habe mir auch noch eine Notiz gemacht: Sollte ich mal wieder etwas fortgeschrittenen Leuten Unterricht geben, werde ich mir deutlich mehr erklären lassen.

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29. Oktober 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching 4 Kommentare »

Vertrauensarbeit in der Praxis

Vor einigen Tagen konnte ich mal wieder erleben, wie wichtig eine einfühlsame Vertrauensarbeit mit unseren Pferden ist (und die Betonung liegt auf einfühlsam). Wir zeigen auf unserer Seite (z.B. hier, hier und hier) und in unseren Kursen ja immer wieder, wie wir unsere Pferde z.B. mit Planen vertraut machen, mit Luftballons, mit großen Plastik-Tieren, mit Gymnastikbällen, Klappersäcken und allen möglichen „Monstern“, auf die Pferde so treffen können. Manch einer mag sich vielleicht fragen, wofür all der Aufwand, schließlich dürfte einem im Wald wohl kaum ein Plastik-Wal begegnen oder ein Gymnastikball entgegen gehüpft kommen. Aber manchmal erlebt man so seine Überraschungen…

Wir haben ganz in der Nähe eine Biogas-Anlage. Und für diese Biogas-Anlage werden enorme Berge aufgehäuft und dann mit Folien abgedeckt. Das geschieht normalerweise eher in der Nähe der Anlage, aber in diesem Jahr hat man sich dafür einen neuen Platz ausgesucht: und zwar unmittelbar an dem Weg, der bei uns in den Wald führt. Tja, und was macht man, wenn man mit seinem Pferd gerne in den Wald möchte und dort in vielleicht 20m Abstand nun diese überdimensional großen Folien über die Berge gezogen werden? Man reitet einfach trotzdem los! 🙂

Schon von weitem sah Aramis, dass da reges Treiben auf dem Feld war:

IMG_7291Aufmerksam, aber gelassen lief er darauf zu und schaute sich interessiert an, was die Menschen da trieben. Auf dem Hinweg wurde eine dünne, durchsichtige Folie gezogen, die knisterte und raschelte. Dass Aramis das vollkommen kalt ließ, wäre übertrieben, aber es war ganz deutlich zu spüren, wie er meinem guten Zureden nach dem Motto „Ist alles ok, ganz ehrlich.“ vertraute.

Denn darum ging es: um Vertrauen. Um jahrelang gewachsenes Vertrauen. Hier zahlte sich all die Arbeit mit den Planen aus und auch, dass ich ihn, wann immer wir etwas Gruseliges draußen fanden, das anschauen ließ. So ließen wir den Planenberg hinter uns und genossen unsere Runde.

Auf dem Rückweg folgte dann Teil 2 der Vertrauensarbeit und der dürfte, wenn auch unspektakulärer, viel wichtiger gewesen sein! Denn da war es an mir gewesen, Aramis‘ Vertrauen in mich nicht zu enttäuschen und vor allem nicht auszunutzen. Als wir nämlich nun zum Feld kamen, wurde gerade eine zweite Plane über den Berg gezogen. Nun war es eine dunkelgrüne, feste Plane, die deutlich mehr Lärm machte und eindrucksvoll im Wind flatterte. Ich merkte, wie der Große sich immer mehr anspannte. Obwohl ich mir sicher war, dass wir auch so an dem Planenmonster vorbei gekommen wären, stieg ich ab und führte ihn vorbei.

Warum tat ich das, was doch so verpönt ist, obwohl es wahrscheinlich ein Leichtes gewesen wäre, ihn mit etwas Nachdruck daran vorbeizureiten (ich höre in meinem Kopf den herkömmlichen Rat: „Beine zu und dann vorbei da!“)? Weil ich merkte, dass er sich Sorgen machte und ich ihm die Sicherheit geben wollte, die er brauchte. Ich denke, viele hätten gedacht: „Hey, vorhin hatte er keine Angst vor der Folie und nun plötzlich doch, der veräppelt mich bestimmt!“ Aber genau das halte ich für eine glatte Fehleinschätzung. Die grüne Folie war deutlich anders als die durchsichtige und aus Pferdesicht offenbar deshalb gruselig. Er hatte mich nicht veralbern wollen, sondern er hatte Angst. An der Hand entspannte er sich fast sofort, was mir zeigte, dass meine Einschätzung richtig gewesen war. Es wäre, wie gesagt, kein Thema gewesen, ihn mit entsprechenden Hilfen vorbeizureiten, aber es wäre ein Problem für unser Vertrauensverhältnis geworden. Denn wenn ich mich an dieser Stelle „durchgesetzt“ hätte, hätte ich zwar Macht bewiesen, wäre aber über seine (aus seiner Sicht vollkommen berechtigten!) Bedenken hinweggegangen. Wir wären dann nicht zusammen an der Plane vorbeigegangen, sondern ich hätte ihn dazu gebracht. Indem ich abstieg und ihn führte, bewältigten wir die Situation aber dann gemeinsam.

Ich weiß, dass ich in diesem Moment die Chance hatte, meinem Pferd zu beweisen, dass ich sein Vertrauen verdient habe und ich bin sehr froh, dass ich ihm genau das zeigen konnte.

15. Oktober 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang, Vertrauenstraining 17 Kommentare »

Alexander-Technik, die zweite

Letzte Woche hat Petra  hier im Blog über ihre Erfahrungen mit der Alexander-Technik für Reiter/innen berichtet. Und wie angekündigt, hat sie einen zweiten Termin gebucht. Und auch darüber hat sie für uns – und Sie! – wieder einen kleinen Bericht verfasst.

Danke Petra!

Zweite Unterrichtsstunde bei Walter Tschaikowki

Da ich früher regelmäßig und sehr gerne gejoggt bin, habe ich heute mit Walter besprochen, dass Thema „alexandertechnisch“ aufzugreifen. In den letzten Jahren habe ich nach häufigen und langen Rückenschmerzpausen immer mal wieder versucht zu laufen. Zwischenzeitlich hatte ich auch mal Tage, an denen es möglich war. Die meisten Joggingausflüge habe ich aber hinterher, wegen starker Rückenschmerzen, bereut.

Walter richtete mich im Sitzen korrekt aus. Das haben wir dann in den Stand und ins Gehen übernommen. Ich sollte loslaufen, ohne die vorher erarbeitete Losgelassenheit zu verlieren. Walters Erklärung, wie diese zu bewerkstelligen ist, war: „Denke nicht ans Laufen sondern irgendwie an ein schnelleres Gehen. Du solltest nicht erkennen, ob es jetzt noch gehen oder schon laufen ist.“

Aha – ganz klar: Anschraten! 😀 (Für alle, die den Longenkurs nicht kennen: gemeint ist ein sehr langsames Antraben, das ein Zwischending zwischen Schritt und Trab ist.)

Ich sollte es auch nicht zu sehr wollen, da dieses dann meist zu einer bewussten (oder unbewussten) Muskelanspannung führt. Wichtig ist ebenso ein weicher, offener Blick, der eine andere Wahrnehmung nach innen und zur Außenwelt zulässt. (s. dazu auch Der sanfte Blick)

Wenn ich zu schnell losgelaufen bin (die Macht der Gewohnheit), merkte ich sofort, dass sich Muskulatur anspannte, die mich am losgelassenen Laufen hindert. Walter machte mich auch hier auf einige interessante Dinge aufmerksam, die ich durch die falschen Gewohnheiten nicht mehr wahrgenommen hatte.

Ich kann jetzt sehr gut nachvollziehen, wie schwer sich so manches Pferd mit dem Anschraten tut! Ruhig mal selbst ausprobieren! Es ist gar nicht so einfach – …und die Parallelen zu meiner Arbeit mit den Pferden finde ich einfach irre. Nie hätte ich es in diesem Maße vermutet.

Danach ging es aufs Pferd.

Erste Erkenntnis: Meine linke Hüfte lässt mehr Seitwärtsbewegung zu als die rechte. Außerdem ging mein Pferd, ein Araber, unter mir ziemlich angespannt, wurde aber sofort lockerer, als mein Körper ins gleichmäßige Schwingen kam.

Es war wieder eine sehr interessante Stunde und ich kann wirklich empfehlen, das Reiten einmal von der Seite einer systematischen Bewegungslehre her aufzubauen.

Wir wissen nicht, wie es Ihnen geht, aber uns haben Petras Berichte Lust gemacht, auch selbst einmal in die Alexander-Technik hineinzuschnuppern. Und wenn Sie schon einmal ähnliches ausprobiert haben, freuen wir uns sehr über Ihre Erfahrungen!

1. Oktober 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching 5 Kommentare »

DVD-Tipp: Sonntägliche Morgenarbeit von Anja Beran

Sonntägliche Morgenarbeit von Anja Beran (DVD)
Stuttgart: Kosmos
ASIN: 3930953250
ca. 18,- EUR (Laufzeit 80min)

Ich bin immer auf der Suche nach guten Reit-DVDs, die mir echte Impulse geben können. Leider sind sie rar. Umso mehr habe ich mich über die „Sonntägliche Morgenarbeit“ von Anja Beran gefreut. Diese DVD hat meine Erwartungen wirklich voll erfüllt:

  • eine ruhige, sinnvolle und pferdegerechte Ausbildungsweise nach klassischen Grundsätzen,

  • wirklich feine Hilfen,

  • ausführliche und anschauliche Erklärungen und Informationen,

  • viele praktische Anregungen, die ich selbst für meine Arbeit mit den Pferden nutzen kann.

Das Tollste ist, dass wir als Zuschauer Anja Beran nicht nur über die Schulter gucken können, sondern sie erklärt immer wieder direkt in die Kamera. Vorgestellt werden unterschiedliche Pferde und vielfältige Aufgabestellungen sowie Ausbildungsschritte.Bei „Sonntägliche Morgenarbeit“ handelt es sich um ein vorbildliches Seminar in DVD-Form für Fortgeschrittene Reiter und Ausbilder. Ich wünsche mir schon jetzt „Teil 2“ davon!

30. September 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps, Reiten 0 Kommentare »

Eine Portion Selbstreflexion

Auch das dürften mal wieder viele von Euch auch gut kennen: Wenn man eh schon einen stressigen Tag hat, wenig Zeit oder Kopfweh, genau dann müssen unsere lieben Samtnasen fröhlich unsere Knöpfe drücken, indem sie an diesem Tag natürlich ununterbrochen in den Führstrick beißen, uns anrempeln, auf die Füße treten oder plötzlich alle gelernten Lektionen auf einmal vergessen haben.

Zufall? Nein, ich glaube fest daran, dass sie damit einfach nur beantworten, WIE WIR zu ihnen kommen. Pferde haben extrem feine Antennen für uns und unsere Befindlichkeiten. Wenn wir gestresst, genervt, traurig oder in welcher Stimmung auch immer zum Pferd kommen, wissen die das meist schon, bevor wir auch nur ihre Nase gestreichelt haben. Einige Pferde halten die Bälle tief, wenn dicke Luft ist und sind besonders brav. Die meisten aber reagieren dann so, wie man es auch bei Kindern oft beobachten kann: sie scheinen „erst recht“ zu provozieren. Oder zumindest empfinden wir es so. Und leider knallt es dann an solchen Tagen oft zwischen Mensch und Pferd, was für beide Seiten unschön ist. 

Ich habe mir deshalb angewöhnt, mich im Auto, wenn ich zu den Pferden fahre, mir einige Fragen zu stellen:

  • Wie geht es mir gerade?
  • Wie bin ich drauf?
  • Was erhoffe ich mir von der Zeit bei den Pferden?
  • Ist es eine gute Idee, heute etwas mit ihnen zu machen oder sollte ich vielleicht nur füttern?

Es hat ein bisschen Selbstdisziplin gebraucht, um diesen kleinen Selbst-Check zur Gewohnheit zu machen, aber inzwischen weiß ich bei der Ankunft am Stall meist ziemlich genau, wie ich drauf bin (und was ich in dieser Stimmung dann von meinen Pferden zu erwarten habe 😉 ). Diese kleine Portion Selbstdisziplin erspart mir und meinen Pferden viele unnötige und oft auch unfaire Auseinandersetzungen, weil ich mich ihnen nicht mehr ungefiltert mit meinen Stimmungen zumute. Und manchmal bin ich erstaunt, wie liebevoll sie mich aufnehmen, obwohl ich gestresst bin und ihnen genau das sage. Klingt vielleicht ein bisschen schräg, aber es kommt mir oft vor, als bekäme ich ein Lob von ihnen, wenn ich sage: „Sorry Jungs, aber mein Tag heute war so bescheiden, dass ich Euch nur kurz über die Nase streicheln werde. Morgen bin ich sicher wieder lockerer drauf.“

Und wieder einmal haben sie mich ein gutes Stück erzogen, die beiden.

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17. September 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang 9 Kommentare »

Sorgenkinder

Es dürfte wohl keinen Pferdemenschen geben, der das Thema „Sorgen“ nicht kennt. Man braucht nicht mal ein „Montagspferd“ zu haben, um sich um den geliebten Vierbeiner sorgen zu müssen, auch ganz normale Pferde bereiten einen hin und wieder kleine und große Sorgen.

Bei mir haben im letzten Jahr beide Pferde massiv gekränkelt und ich dachte mir: Schreib doch auch mal darüber! Ne, das kannst du nicht machen, sagte ich dann zu mir, schließlich hast du noch keine Lösung! Ja, eben genau deshalb sollst du ja darüber schreiben, antwortete ich mir dann, weil das anderen genauso geht! Und so schreibe ich diesen Blogbeitrag weniger aus dem Antrieb, Euch mit guten Tipps und Infos zu versorgen, als vielmehr aus der Position der Gleichgesinnten, denn ich weiß, es geht sehr vielen genauso wie mir.

Wenn unsere Pferde krank werden, haben wir verschiedene Möglichkeiten. Je nach Schwere der Symptome wird man zunächst abwarten oder gleich einen Tierarzt rufen. Der stellt dann eine Diagnose, spritzt etwas oder gibt Medikamente. Das Pferd soll entweder ruhig stehen oder kann in der Herde bleiben usw. Das, was der Tierarzt gibt und rät, hilft dann entweder oder es tut es nicht. Im zweiten Fall holt man ihn nochmal oder auch einen anderen und so kann das Spiel eine Weile weitergehen. Manchmal kommt man an einen Punkt, an dem schulmedizinisch vieles versucht wurde und nichts wirklich half. Also holt man vielleicht einen Heilpraktiker oder einen Akupunkteur oder andere alternativ arbeitende Behandler. Auch da bekommt man dann wieder Mittel und Ratschläge und auch hier gilt wieder, dass manches hilft und manches nicht.

Tja, und manchmal hat man dann schon etliches durch, aber das Pferd ist immer noch krank. Und man steht jeden Tag vor der Entscheidung, ob man nun nochmal jemanden holt oder doch wieder abwartet und was man überhaupt noch tun soll …

Interessant sind auch die Reaktionen anderer: Manch einer schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und beschimpft einen schon fast als Tierquäler, weil man das Pferd noch nicht in eine Klinik gebracht hat, andere fragen sich, was man überhaupt hat, die Pferde seien doch okay. Und irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegt dann wohl die Wahrheit.

Das Problem, das wir alle haben, ist wohl das, dass KEINER sicher weiß, was richtig ist. Dass einem keiner sagen kann, welcher Tierarzt und/ oder welcher Behandlungsweg für unser Pferd gut ist. Natürlich sind wir bereit, alles für unser Pferd zu tun, aber wir wissen manchmal einfach nicht mehr, was wir noch machen sollen, weil wir schon vieles probiert haben und nichts zu helfen scheint. Natürlich gibt es immer wieder jemanden, der noch eine andere Person oder einen anderen Weg empfiehlt, aber die eigene Frustgrenze ist irgendwann überschritten und es fehlt einem das Vertrauen, noch etwas Neues zu probieren.

Tja, und da steht man dann regelrecht in einer Sackgasse und fragt sich: Was tun?

Ich bin manchmal schier erschlagen von der Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten und Fachleute, die ich holen könnte. Tue ich meinen Pferden wirklich einen Gefallen, wenn ich sie alle ausprobiere? Vielleicht brauchen sie manchmal auch einfach nur Zeit? Ein Körper ist keine Maschine und vielleicht muss man manchmal auch einfach Geduld haben, dass die Selbstheilungskräfte einsetzen, oder nicht? Auf der anderen Seite will man natürlich nichts versäumen und sich nicht später Vorwürfe machen, zu wenig unternommen zu haben.

Sorgenkinder zu haben, ist manchmal nicht so einfach, was? Wie eingangs beschrieben biete ich in diesem Beitrag keine Antwort, sondern vor allem offene Fragen und Mitgefühl. Denn ich kenne dieses Gefühl nur allzu gut. Und ich habe eines inzwischen verstanden: dass ich auch für mich selbst sorgen muss, da zu viele Sorgen einen selbst krank und kaputt machen können.

Wie geht Ihr mit solchen Phasen um? Holt Ihr so lange Fachleute, bis Eure Pferde wirklich gesund sind oder lasst Ihr auch manchmal der Zeit die Chance, Eure Pferde zu heilen? Wann muss man sich damit abfinden, dass ein Pferd bestimmte Symptome behalten wird (z.B. in zunehmenden Alter oder bei chronischen Erkrankungen)? Wie weiß man, dass man nicht doch noch etwas anderes versuchen sollte und wie, welchen Weg man dann einschlägt? Wo holt Ihr Euch Rat oder Trost? Wie geht Ihr damit um, wenn nichts wirklich zu helfen scheint?

3. September 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Gesundheit 35 Kommentare »

  • Über Tania Konnerth

    Mitgründerin und aktuelle Betreiberin von "Wege zum Pferd".

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