Eine Portion Selbstreflexion

Auch das dürften mal wieder viele von Euch auch gut kennen: Wenn man eh schon einen stressigen Tag hat, wenig Zeit oder Kopfweh, genau dann müssen unsere lieben Samtnasen fröhlich unsere Knöpfe drücken, indem sie an diesem Tag natürlich ununterbrochen in den Führstrick beißen, uns anrempeln, auf die Füße treten oder plötzlich alle gelernten Lektionen auf einmal vergessen haben.

Zufall? Nein, ich glaube fest daran, dass sie damit einfach nur beantworten, WIE WIR zu ihnen kommen. Pferde haben extrem feine Antennen für uns und unsere Befindlichkeiten. Wenn wir gestresst, genervt, traurig oder in welcher Stimmung auch immer zum Pferd kommen, wissen die das meist schon, bevor wir auch nur ihre Nase gestreichelt haben. Einige Pferde halten die Bälle tief, wenn dicke Luft ist und sind besonders brav. Die meisten aber reagieren dann so, wie man es auch bei Kindern oft beobachten kann: sie scheinen „erst recht“ zu provozieren. Oder zumindest empfinden wir es so. Und leider knallt es dann an solchen Tagen oft zwischen Mensch und Pferd, was für beide Seiten unschön ist. 

Ich habe mir deshalb angewöhnt, mich im Auto, wenn ich zu den Pferden fahre, mir einige Fragen zu stellen:

  • Wie geht es mir gerade?
  • Wie bin ich drauf?
  • Was erhoffe ich mir von der Zeit bei den Pferden?
  • Ist es eine gute Idee, heute etwas mit ihnen zu machen oder sollte ich vielleicht nur füttern?

Es hat ein bisschen Selbstdisziplin gebraucht, um diesen kleinen Selbst-Check zur Gewohnheit zu machen, aber inzwischen weiß ich bei der Ankunft am Stall meist ziemlich genau, wie ich drauf bin (und was ich in dieser Stimmung dann von meinen Pferden zu erwarten habe 😉 ). Diese kleine Portion Selbstdisziplin erspart mir und meinen Pferden viele unnötige und oft auch unfaire Auseinandersetzungen, weil ich mich ihnen nicht mehr ungefiltert mit meinen Stimmungen zumute. Und manchmal bin ich erstaunt, wie liebevoll sie mich aufnehmen, obwohl ich gestresst bin und ihnen genau das sage. Klingt vielleicht ein bisschen schräg, aber es kommt mir oft vor, als bekäme ich ein Lob von ihnen, wenn ich sage: „Sorry Jungs, aber mein Tag heute war so bescheiden, dass ich Euch nur kurz über die Nase streicheln werde. Morgen bin ich sicher wieder lockerer drauf.“

Und wieder einmal haben sie mich ein gutes Stück erzogen, die beiden.

jungs

17. September 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang 9 Kommentare »

 

9 Reaktionen zu “Eine Portion Selbstreflexion”

 

Von Simone Autenrieth • 17. September 2013

Jaaa, das kenne ich…dazu hatte ich mir neulich auch schon mal Gedanken gemacht. Das Ding ist ja auch, dass man soooo schnell viel Vertrauen zerstört an so einem schlechten Tag (den man eigentlich erst mal nur selbst hat), das man hinterher mühsam wieder erarbeiten muss.
Liebe Grüße, Simone

 

Von Anke Doose • 20. September 2013

Ich nehm an solchen Tagen mein Pferdchen an die Leine, den bewegen muss er sich ( er ist zu dick )und dann laufen wir zusammen ne Runde. Oft wird allein dadurch meine Stimmung schon leichter. Dann schau ich ihm beim Fressen zu und werde ruhig. Ja und manchmal bekomme ich dann Lust nocht ein paar kleine Übungen am Seil zu machen, denn Gynastik ist ja so gesund. Und oft hat mir mein Pferd dann doch noch ein Lächeln ins Gesicht gezaubert! Ob Du es glaubst oder nicht, er kann dann auch lächeln!!!

 

Von Ulla Baedeker • 21. September 2013

Wie der Mensch drauf ist, ist die eine Sache… aber
auch das Pferdi kann ja einen schlechten Tag gehabt haben; manchmal bin ich wirklich super gelaunt und überlege mir schon auf dem Weg zum Stall, was wir alles
machen können, und dann komme ich da an und mein Pferd sagt: nee, heute nicht, alles doof.. nur Fressen nicht !! Meistens nehme ich dann Rücksicht und verschiebe das Programm auf einen anderen Tag, an dem wir beide gut drauf sind. Dazu habe ich nochmal eine Frage: viele oder eigentlich die meisten meiner Stallkollegen verstehen das natürlich nicht, aber das ist mir inzwischen völlig egal, mein Pferdi Lajero und ich machen unser Ding; die Stallkollegen behaupten nun also, dass Lajero das ja immer vortäuschen könnte und so dann immer um die Arbeit rumkommt. Glaubst Du, dass Pferde in dem Sinne täuschen können; auch wenn ein Pferd beim Reiten lahmt, sagen viele, der tut nur so, weil er weiss, dann man dann absteigt. Ich bin mir da
nicht ganz sicher; vor einiger Zeit noch habe ich gedacht, nein: das können Pferde nicht, aber wenn ich mir anschaue, wie mein Lajero mich manchmal „clickert“.
LG
Ulla

 

Von Birgit • 23. September 2013

GenauSO ist es !

Ich habe mir auch angewöhnt nach meinem „Befinden“ mit meinem Pflegepferd umzugehen.

Es bringt überhaupt nichts wenn ich z.B. müde bin, etwas vom Pferd „zu verlangen“ was es bitteschön machen soll.
Das klappt nicht !

Wenn´s so ist, machen wir einfach nur einen schönen Spaziergang mit Fresspausen zwischendurch an schönen Stellen und bauen unterwegs, wenn´s passt, ein paar zirzensische Lektionen ein.

An anderen Tagen, wenn ich ruhig, ausgeglichen und gut drauf bin- ist es mein Pflegepferd komischerweise 😉 auch. UND sehr kooperativ !

Es ist ganz einfach so.

Erzwingen kann man gar nichts !

Vielen Dank liebe Tanja ein wiedereinmal Superthema.

LG von Birgit

 

Von Susanne • 23. September 2013

Tja, so geht es mir leider auch manchmal, ich nehme die schlechte Laune von der Arbeit usw. mit zum Pferd – mittlerweile scheuche ich dann die ganze Bande wieder auf die Weide u. gehe erst mal ein Stück mit dem Hund spazieren, das hilft meistens u. ich kann anschließend noch was „per Pferd“ unternehmen. (mein Hund hat ein dickeres Fell, er ignoriert mich einfach, wenn ich schlecht gelaunt bin 🙂 )
eine schöne Woche!!!

 

Von Ilma • 23. September 2013

Ich sage nur AMEN auf deinen Text Tania…

 

Von Marion • 23. September 2013

Ich finde es einfach nur unfair, wenn ich meinen Stress oder meinen Ärger an meinen Pferden auslasse.Haben sie mir doch sehr schnell deutlich gezeigt…, so…?.. mit uns nicht.
Das habe ich Gott sei Dank sehr schnell erkannt.
Ich bin so dankbar, dass es sie gibt. Sie sind meine „Therapeuten“(hört sich bestimmt jetzt auch schräg an)und helfen mir aus Stress u.Stimmungstief heraus zu kommen.Wenn ich bei ihnen war, geht es mir anschließend immer besser und ich habe an solchen Tagen keine besonderen Erwartungen und schaue was gemeinsam geht oder auch nicht geht.

 

Von Roswitha • 24. September 2013

Ich kann euch nur sagen…funkioniert auch bei Kindern gut!
Liebe grüße und immer wieder ein DANKE für eure Seite,
Roswitha

 

Von Jassy • 30. September 2013

oh, wie ich das kenne……aber kein Kopfweh kann so schlimm sein, kein Arbeitstag so stressig…wenn ich zu meinem Tarimädel komme, fällt alles ab. Sobald ich zum Stall komme, geht es mir gut. Ein Pfiff und mein Mädchen kommt von der Koppel hoch mit einem Brummeln, da ist alles Kopfweh und Stress vergessen……mein Pferd ist die beste Therapie die es gibt.

 

 

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