Die Hafis und die Plane
Leser/innen dieses Blogs wissen, dass ich meinen Jungs immer auch gerne Dinge nahebringe, die Pferde eigentlich gruselig finden. Und sie wissen auch, dass meine Jungs auf solche Projekte immer etwas unterschiedlich reagieren.
Heute zeige ich Euch die Jungs mit einer Plastikplane – und zwar ging es nicht um das Rüberlaufen (das kennen beide), sondern ich wollte mal schauen, was passiert, wenn ich mich unter der Plane verstecke.
Anthony reagierte so, wie ich es erwartet hatte:
Rotzfrech zog er mir die Plane vom Kopf 😀
Und er hatte auch kein Problem damit, selbst ein Stück unter die Plane zu kommen, um zu sehen, was ich dort mache:
Aramis ist ja immer etwas zurückhaltender. Deshalb freute ich mich sehr, dass er es höchst spannend fand, als ich mich hinter der hochgehaltenen Plane versteckte:
Als ich ihn dann aber zu mir unter die Plane locken wollte, fand er das doch etwas bedenklich und wich zurück:
Bemerkenswert war in diesem Moment meine Reaktion, denn ich tat, was wohl die meisten in dieser Situation tun würden: Ich ging automatisch einen Schritt auf ihn zu. Lockend und flötend, denn ich wollte ihm ja zeigen, dass alles in Ordnung ist.
Babette wies mich dann darauf hin, dass genau das falsch ist! Wenn ein Pferd vor etwas Angst zeigt, sollte man mit dem Gegenstand nicht zu dem Pferd gehen, sondern im Gegenteil: Man sollte den Gegenstand von dem Pferd wegbewegen!
Hier seht Ihr, welchen Effekt es hatte, als ich etwas rückwärts ging:
Ja, genau – so wurde die Sache auch für den Großen interessant! So interessant, dass er der Folie dann fast wie ein Hündchen folgte:
Sehr oft kann man sehen, wie Pferde an Gegenstände gewöhnt werden sollen, die ihnen Angst machen, indem der Mensch immer wieder mit der Sache zu dem Pferd geht und es damit berühren will. Weicht das Pferd aus, bleibt der Mensch dran, scheut das Pferd, wird es festgehalten und man probiert es nochmal. Nach einer gewissen Zeit erreicht man so auch bei den meisten Pferden zumindest eine Duldung. Echtes Vertrauen und vor allem Selbstvertrauen erreicht man aber über den anderen Weg: nämlich das Pferd den Gegenstand selbst entdecken und verfolgen zu lassen.
Ich hoffe sehr, dass ich in Zukunft meine automatische Reaktion durchbrechen kann und bei Angstreaktionen das furchtauslösende Objekt weg von dem Pferd nehme, anstatt damit auf es zuzugehen. Und vielleicht ist das ja auch für Euch eine gute Anregung?
20. August 2009 von Tania Konnerth • Kategorie: Spiele & Co • 8 Kommentare »
Von Rike
• 21. August 2009
sehr treffend, was du zum selbstvertrauen schreibst.
ich bin mit meinem großen vor einiger zeit durch den wald gekraxelt (an der hand) und hab den weg nicht mehr erwischt. ich wusste, wo er lag, aber zwischen uns und dem weg standen kiefern und unterholz.
ich bin auf eine einigermaßen durchlässig aussehende stelle zu, musste aber feststellen, dass ein wirklich sperriger kiefernast bis auf 1 m runterhing und nicht zur seite zu schieben war – jedenfalls nicht für mich.
moshe stand neben mir und schien drauf zu warten, dass ich irendwas entscheide. als ich nach einiger zeit immer noch nicht wusste, was ich tun will, ist er (1.85 stock) kurzerhand unter dem ast durchgetaucht, ohne mit der wimper zu zucken – und hielt mir sozusagen das tor auf.
er hatte danach eine ganz andere ausstrahlung – schien noch nen meter größer und war offensichtlich bollestolz – und ich auch 😉
(irgendwelche ‚dominanzprobleme‘ haben wir übrigens nicht davongetragen)
_______________________
Tolle Geschichte! Ich habe mal etwas sehr Ähnliches erlebt: da hat mir Aramis den Weg auch freigemacht, in dem er auf eine umgestürzte junge Birke trat und das Ding einfach auf ein Format brachte, wo wir bequem rüberkamen. Es ist schön zu sehen, auf welche Ideen Pferde kommen, wenn man ihnen den Raum lässt, selbst Lösungen zu entwickeln.
Tania
Von Lisa (Mondra)
• 24. August 2009
Guter Beitrag!!!
Genauso habe ich das von meiner Pferde-Mentorin und Züchterin meines Pferdes gelernt und halte mich (meistens) auch daran:
Das Prinzip Annäherung-Entfernung…funktioniert eigentlich für alles, was Pferd unangenehm oder beängstigend findet, wie Gewöhnung an Sattel und Aufsteigen, an Halfter, an Menschen, an Regenschirme, Planen, pferdefressende Steine, usw., usw.
Habe mich aber auch schon dabei ertappt, den anderen Weg zu gehen, insbesondere dann, wenn ich keine Ängste erwarte…das ist dann ungefähr so wie: Das kann ja jetzt nicht beängstigend sein, das versteht Pferd schon….hmmmm, wohl doch nicht, also wieder wegdrehen, hindrehen, wegdrehen…OK, siehe da, jetzt funktioniert’s wieder…;-)
Grüßchen
Lisa 🙂
__________________
Lieben Dank, Lisa, für Deinen Beitrag. Schön zu wissen, dass auch andere dieses Prinzip kennen und lehren!
Herzlich,
Tania
Von Kelly
• 25. August 2009
Liebe Tania,
ein toller, sehr lehrreicher Beitrag. Vielen Dank :-))).
Herzliche Grüße. Kelly
______________________
Danke, Kelly – freu mich riesig über Dein Feedback,
Tania
Von TineM
• 7. März 2010
Ein toller Beitrag, werde ich künftig auch beherzigen. Was aber macht man, wenn es sich um Gegenstände handelt, die man nicht beeinflussen kann z. B. ein Jogger in der Ferne oder Geräusche?
______________________
Grundsätzlich kann man Geräusche schon auch üben – hast Du Dir z.B. mal die Übung zum Ballons-Zertreten angeschaut?
Tania
Von Claudia
• 5. Mai 2010
Hallo Tania 🙂
Mit meinem Pflegepferd hab ich das mal ausprobiert aber die hat nicht mal mit der Wimper gezuckt – sie war zwar interessiert aber nicht ängstlich.
Ich hab jedenfalls einiges mit der Plane ausprobiert, u.a. auch auf mich draufgelegt, raschelnd durch die Luft geworfen (nicht zu schnell), sie drüber laufen lassen. Hab ihr dann auch vorsichtig die Plane auf den Rücken gelegt (zuerst klein gefalten, mit der Zeit dann größer gemacht). Ich war mal mit ihr unter der Plane, mal war sie allein drunter (mit dem Kopf!).
Ihre Reaktion war jedenfalls nur der „Gibts jetzt Leckerli????“ Blick 🙂
Zwei junge Ponys (gut befreundet), die sowas vorher nicht kannten, hab ich auch mal versucht an die Plane heranzuführen. Hab die Plane zerknüllt auf den Reitplatz gelegt und Leckerlis drin versteckt – dann hab ich die zwei zusammen laufen lassen. Die eine war zwar anfangs ein bisschen misstrauisch, aber weil der andere cool geblieben ist und sich gleich über die Plane hergemacht hat hat sie sich auch getraut 🙂
Hab mich selbst ein bisschen gewundert dass die zwei nicht mal erschrocken sind als ich die Plane aufheben wollte und das Ding sich riesig aufgeblasen hat (war windig).
_____________________
Ich finde es immer toll, wenn Pferde auf so etwas nicht ängstlich, sondern neugierig reagieren! Die Idee mit der zusammengeknüllten Plane mit Leckerlies drin ist super!
Tania
Von Petra
• 4. Januar 2011
Hallo Tania,
habe heute Deine Technik ausprobiert, allerdings nicht mit einer Plane sondern mit einer Decke (sind ja nicht meine eigenen sondern zur Pflege – da ist man etwas vorsichtiger) und auch nicht wegen meiner Hafi Dame sondern eher wegen der WB Stute mit der Sie zusammen steht – die ist etwas ängstlich. Also ich mit der Decke auf den Auslauf. Die Decke habe ich mir erst umgehängt und dann über den Kopf gehoben. Der Blick von meiner – was macht die den jetzt wieder für einen Blödsinn! Die WB Dame – wie vermutet – leicht hecktisch und am Schnauben wie eine Dampflok. Dann wurde meine eher etwas skeptisch und leicht irritiert. Habe Deinen Rat befolgt und bin wie Du etwas zurück gegangen. Das war es dann, sie wollte unbedingt erkunden was ich da unter der Decke zu tun habe und ob sich die Decke nicht etwa in etwas essbares verwandelt – leider nicht, schmeckte wie Decke. Ich habe mich vor lachen beinahe weggeschmissen. Als ich es dann am Nachmittag noch einmal ausprobiert habe – hat sich sogar die WB Dame dafür interessiert. Also das mach ich wieder und dann mit Plane. Vielen dank für deine Anregung.
Viele Grüße
Petra
_______________________
Klasse!!! Erfolg auf ganzer Linie 😀
Belohnungskekse für Euch alle drei,
Tania
Von Blanca
• 13. August 2014
Ich habe 2 fragen: das pferd was ich jetzt übernommen habe ist 16 jahre alt und wirklich ein lieber. Alle anfänger u kinder haben es genommem, weil er im grunde ein ruhiger ist der sich nicht aus der ruhe bringen lässt, aber gestern, ich sass auf ihm, bekam ich eine wasserflasche aus plastik in die hand gedrückt u er ging durch, konnte mich grad so halten. Die ex besitzein konnte es nicht glauben. Wie passiert plötzlich so was? Wir haben es nochmals propiert u tatsächlich ist das die ursache. Nach der reitstunde ging ich zu seiner box um zum ersten mal zu clickern, ich habs geschaft das er sich das ding mal näher betrachtet hat, mehr wollte ich auch nicht, es war ein kleiner schritt! Heute möchte ich es auf der bahn probieren. Könnt ihr mir sagen wie so etwas plötzlich auftretten kann?
Lg aus spanien
___________________________
Hallo Blanca,
da kann es verschiedene Ursachen geben, denke ich. Vielleicht hat das Pferd mal schlechte Erfahrungen mit einer solchen Situation gemacht. Vielleicht ist eine Wasserflasche von oben etwas ganz anderes als von unten. Vielleicht war es eine Bewegung von Dir … Für uns sind die Dinge oft „gleich“, für ein Pferd aber gibt es entscheidende Unterschiede.
Herzlich,
Tania
Von Blanca
• 13. August 2014
Ps. Er kennt wasserflaschen sehr gut!
Einen Kommentar schreiben