Das Aussacken oder: Wie man Pferde besser nicht an Neues gewöhnt
Wenn es um die Ausbildung eines jungen Pferdes geht, hört man häufig den Begriff „Aussacken“. Mit dem Aussacken sollen Pferde an ihnen bisher unbekannte Dinge gewöhnt werden. So weit klingt das ja ganz gut. Was sich aber wirklich hinter dem Begriff „Aussacken“ verbirgt, ist eine Ausbildungsmethode, bei der das Pferd an einen stabilen Pfosten gebunden wird und solange mit angstauslösenden Gegenständen (Gerte mit angebundener Plastiktüte, Stangen, Autoreifen…, was die Phantasie des Menschen so hergibt) abgeklatscht wird, bis das Pferd resigniert und das, was der Mensch macht, stillstehend erträgt.
Ich lernte diese Ausbildungsmethode erstmalig durch ein Video kennen, das mir zu einem Pferd, das mir geschenkt wurde, mitgegeben wurde. Auf diesem Video ist ein peruanischer Pferdeausbilder zu sehen, der sich selber als „Pferdeflüsterer“ bezeichnet. Später bekam ich heraus, dass mein Peruanischer Paso Mariscal bei demselben Trainer seine Grundausbildung „genossen“ hat und alles, was auf dem Video den anderen Pferden angetan wurde, auch meinem Mariscal passiert war. Ich weiß, dass viele Pferdemenschen von diesem Trainer und seinen Methoden sehr angetan sind und ihm viel Geld für seine Arbeit bezahlen. Ich kann das nicht begreifen!
Auf diesem Video sind ununterbrochen Pferde in großen Angstzuständen zu sehen. Sie hängen sich in ihre Halfter und versuchen, sich mit aller Macht zu befreien. Sie schwitzen stark, die Atmung jagt, sie beben und zittern. Sie galoppieren panisch auf einem Minikreis von circa sechs Metern Durchmesser in steilster Schieflage.
Mal abgesehen von den negativen Auswirkungen dieser Art und Weise auf die Psyche des Pferdes, ist es immens, was für eine Belastung diese Abwehr- und Fluchtbewegungen für das Genick und für die Muskeln, Sehnen und Bänder darstellen. (Das Pferd, das ich damals bekam, erkrankte übrigens kurz nach dieser Ausbildungszeit schwer an einer Hufrollenerkrankung und wäre deswegen beinahe vorzeitig in den Pferdehimmel befördert worden…)
Den Pferden werden auch Stangen, Reifen u.v.m. an den Körper gebunden und damit werden sie gejagt, bis sie irgendwann stehen bleiben. An anderer Stelle wird der Pferdekopf an dem Schweif festgebunden und so über einen längeren Zeitraum sich selbst überlassen. Mir kommen Tränen, wenn ich nur an die Angst, Hilflosigkeit und Resignation dieser Pferde denke. Der Sinn hinter dieser „Ausbildung“ ist es angeblich, dass das Pferd lernt, alles zu ertragen, seinen Fluchtinstinkt auszuschalten.
Ich sage dazu: Das Pferd soll gebrochen werden.
Bei den zwei Pferden, die ich kenne, die diese Ausbildung durchlitten haben, hat dies nicht funktioniert. Was bis heute geblieben ist, ist ein tiefes Misstrauen Menschen gegenüber (besonders dunkelhaarigen Männern) und die Neigung, bei Angst in Panik auszubrechen. Herzlichen Glückwunsch!
Es gibt mittlerweile eine deutlich sanftere Art des Aussackens, die von vielen Pferdetrainern angewandt und beworben wird. Dabei werden die Pferde nicht angebunden und die Pferde werden nur so weit mit den Dingen konfrontiert, solange sie nicht in Angstzustände kommen. Diese Form des Aussackens finde ich tolerabel und würde sie nicht, im Gegensatz zu der oben beschriebenen Art und Weise, als tierquälerisch beurteilen.
Dennoch gefällt mir die Herangehensweise nicht.
Eine andere Möglichkeit, das Pferd an Neues heranzuführen
Auch ich finde es gut und richtig, unsere Pferde mit möglichst vielen Dingen bekannt zu machen (Planen, Autoreifen, lauten Geräuschen usw.). Doch mein Weg ist es, mein Pferd dahin zu motivieren, dass es von sich aus Kontakt zu den Gegenständen möchte!
Möchte ich z.B., dass mein Pferd auf eine Plane geht, streue ich etwas Futter auf die am Boden liegende Plane. Geht mein Pferd nun mit seiner Aufmerksamkeit Richtung Plane, wird dieses von mir positiv bestärkt. Für jeden kleinen Schritt Richtung Plane wird mein Pferd so gelobt, als würde es sich schon darin einwickeln lassen.
Ich habe mein Vorgehen ausführlich in den Beiträgen Clickertraining und Wie Ihr Pferd lernt eine Trense zu nehmen und So wird Ihr Pferd zum Luftballon-Killer beschrieben. Das Prinzip ist immer dasselbe.
Ich möchte Pferde ausbilden, die von sich aus zu allem hinwollen, weil sie immer die Erfahrung machen, dass es überall nett und schön ist und sie immer freiwillig entscheiden dürfen, in Kontakt zu diesen Gegenständen zu gehen. So können die Pferde selbst bestimmen, wie viel Zeit sie brauchen, bis sie wirklich auf die Plane gehen und meiner Erfahrung nach ist es der schnellere, einfachere und viel schönere Weg!
Lesen Sie hier z.B., wie Sie ein Pferd an einen so genannten Klappersack gewöhnen können. Probieren Sie es doch mal aus! Und erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen 🙂
24. Juni 2008 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung, Spiele & Co, Umgang, Verhalten, Vertrauenstraining • 7 Kommentare »