Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 3: Das Kleben an der äußeren Bande

Heute habe ich ein weiteres Fallbeispiel aus der praktischen Arbeit nach meinem Longenkurs für Sie (weitere Beispiele finden Sie hier und hier). 

Das Kleben an der äußeren Bande

Eine neunjährige Islandstute läuft auf dem Longierzirkel brav und lässt sich recht manierlich stellen und biegen. Sobald sie aber im Viereck longiert wird und keine äußere Begrenzung mehr hat, zieht sie heftig nach außen weg.

So gehe ich vor:

Viele Pferde neigen dazu, sich an Zäune oder Banden „anzulehnen“ und regelrecht daran zu kleben. Versucht man ein solches Pferd ohne äußere Begrenzung, also z.B. in der Mitte der Reitbahn zu longieren, zieht es sie entsprechend stark zur Wand. Das hat nichts mit Widersetzlichkeit oder Bockigkeit zu tun, sondern es handelt sich dabei schlicht und einfach um ein Balanceproblem, das sich durch gezieltes Training beheben lässt. 

Die Stute aus dem Beispiel würde ich zunächst für einige Einheiten in der Quadratvolte mit Dualgassen arbeiten. Diese geben dem Pferd zwar noch eine äußere Orientierung, sind aber schon eine deutliche Stufe weniger als die Bande. Wenn das Pferd diese Aufgabe gemeistert hat, versuche ich es für kurze Sequenzen ohne die Quadratvolte, kehre aber gleich wieder dorthin zurück, wenn das Pferd wieder nach außen driftet. Hier muss man genau die Zeit und Geduld investieren, die das Pferd braucht, um seine Schulterbalance von sich aus zu finden, bei dem einen geht es schneller, bei dem anderen dauert es länger.

Parallel dazu übe ich mit einem solchen Pferd intensiv, ruhig an der Hand anzutraben. Dazu führe ich das Pferd mit meiner Hand direkt am Kappzaum vom Schritt in einen langsamen Trab und dann in diesem langsamen Trab auf Volten und größere Kreise. Das mache ich so lange, bis ich merke, dass das Pferd nicht mehr nach außen zieht und ganz leicht an der Hand ist. Sobald ich das spüre, lasse ich langsam die Longe Stück für Stück länger werden und entferne mich vorsichtig vom Pferd. Bleibt das Pferd in guter Balance, kann ich mich auf Longendistanz entfernen und normal weiter longieren. Bleibt das Pferd leicht und im guten Gleichgewicht, versuche ich dann, das Pferd vorsichtig zum aktiven, schwungvolleren Laufen zu animieren.

Merke ich aber, dass wieder Zug auf die Longe kommt, gehe ich sofort dichter an das Pferd heran und nehme das Tempo wieder heraus. Wenn nötig, gehe ich wieder so dicht an das Pferd heran, bis ich es erneut direkt am Kappzaum führen kann.

Mit solchen Pferden arbeite ich gerne auf sehr großen Plätzen, so dass ich immer viel Abstand zur Bande halten kann. So lernen die Pferde schneller, ohne Wand zum Anlehnen zu laufen.

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Tipps: Wichtig ist auch zu wissen, dass viele Pferde dann nach außen ziehen, wenn der Mensch

  • zu früh viel Tempo fordert und damit das Pferd aus dem Gleichgewicht bringt oder
  • sich körpersprachlich falsch zum Pferd ausrichtet.

Viele drehen ihren Körper beim Longieren zum Pferd hin. Dadurch „drückt“ der Mensch das Pferd gleichsam nach außen. Gerade bei Pferden, die sowieso schon dazu neigen, nach außen zu ziehen, müssen wir sehr darauf achten, unseren Körper in die Bewegungsrichtung auszurichten, also nach vorn und nicht zum Pferd hin. Die Schulter des Menschen sollte immer so gestellt sein wie die Schulter des Pferdes (genau wie beim Reiten auch).

31. Mai 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Allgemein, Longieren 6 Kommentare »

Das Abspulen erkennen, verstehen und auflösen

Mein letzter Beitrag über das Abspulen bei der Freiarbeit brachte viele Reaktionen und warf die Frage auf, wie man damit umgehen kann, wenn man ein solches Abspulen bei seinem Pferd bemerkt. Deshalb kommt hier nun ein weiterer Artikel, in dem ich das Thema vertiefen möchte. 

Das Abspulen erkennen

Zunächst müssen wir ein Abspulen überhaupt erst einmal erkennen. Für mich spult ein Pferd ab, wenn das Training kein Miteinander mehr ist, sondern eine mehr oder weniger einseitige Angelegenheit. Das Pferd tut Sachen, von denen es annimmt, dass es diese tun soll, ob der Mensch das nun angeregt hat oder nicht. Das kann sich in kleinen Dingen zeigen oder auch zu einem maschinenartigen Funktionieren führen, es kann momentweise auftreten oder auch ganze Einheiten bestimmen.

Mein Aramis hatte schon immer eine Tendenz zum Abspulen: Er zeigt oft Sachen, von denen er glaubt, dass ich diese gerade möchte. Das können Seitengänge sein oder ein Angaloppieren oder ein spanischer Gruß und anderes mehr. Zu Beginn fand ich das natürlich oft toll, dass er plötzlich Travers geht, scheinbar „ganz leicht“ – … nur hatte ich gar keine Hilfe dazu gegeben. Oder er galoppierte an der Longe an, obwohl ich eigentlich nur den Trab verstärken wollte – hübsch, aber nicht das, worauf es mir in diesem Moment ankam und es war auch kein übermütiges Angaloppieren aus Freude, das ich gerne angenommen hätte, sondern es fühlte sich anders an. Und auch beim Clickern zeigte er dieses Verhalten und bot mir oft alles Mögliche an, ohne überhaupt noch auf mich zu achten. 

Seine Motivation dabei war unterschiedlich: Als ein Pferd, das möglichst alles richtig machen will (vor allem mir gegenüber), tat er vieles aus Nervosität und Stress heraus. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass ich das eigentlich immer selbst mit meinen hohen Erwartungen an ihn ausgelöst habe. Manchmal aber spulte er auch Sachen ab, weil das eigentlich Gewünschte zu anstrengend oder schwierig war. Auch das musste ich erst lernen zu erkennen und zu akzeptieren (mir selbst erschien ja vieles gar nicht als sooo schwierig, aber genau darauf kommt es eben nicht an…) und dabei wieder an meinen Erwartungen und Ansprüchen arbeiten.

Sehr dabei geholfen hat mir die Freiarbeit, denn da wurde deutlich, dass ich jeden echten Kontakt zu Aramis verlor, wenn er abzuspulen begann. Zu Beginn lief er oft einfach um mich herum, und lief und lief und lief. Er ließ sich nicht verkleinern, nicht anhalten, reagierte auf nichts – ich konnte machen, was ich wollte. Sein Laufen hatte dabei wenig Freudvolles und ich fühlte mich hilflos und wurde traurig. Es tat mir leid, ihn so zu erleben, aber es machte mir klar, dass er auch in anderen Bereichen manchmal genauso reagierte, ohne dass ich verstanden hatte, was da geschah. Erst seitdem ich sein Abspulen als Ausdruck von Überforderung erkenne (durch Ansprüche, die Stimmung oder auch konkrete Aufgaben), kann ich es auf eine gute Art für uns auflösen. 

Verstehen, warum ein Pferd abspult

Pferde sind Gewohnheitstiere, insofern kann das Abspulen schlicht und einfach übernommenes Verhalten sein, denn auch wir Menschen sind oft Gewohnheitstiere und machen unbewusst manches immer sehr gleich. Die meisten von uns dürften das kennen, dass das Pferd z.B. immer am selben Punkt angaloppiert, nach dem Anhalten an der langen Seite gleich rückwärts geht oder genau weiß, dass nach den anstrengenden Traversalen Schluss mit der Einheit ist. So zeigen sich schnell die Trainingspunkte, die wir besonders oft gemacht haben, und das lässt sich durch etwas mehr bewusster Abwechslung meist leicht auflösen. 

Das Abspulen ist aber eben häufig auch eine Vermeidungsstrategie des Pferdes, von der es sich erhofft, weniger Ärger zu bekommen. Und das kann, wie ich anhand von Aramis weiter oben aufgezeigt habe, ganz unterschiedliche Ursachen haben: Manche Pferde tun das aus Angst und Unsicherheit. Sie wollen auf keinen Fall Fehler machen, weil sie Strafen fürchten. Manche Pferde machen das auch aus Bequemlichkeit, weil es ihnen leichter erscheint, das anzubieten, was sie schon können, als etwas Neues zu erlernen. Und manche spulen das ab, was sie schon kennen, weil sie nicht verstehen, was der Mensch möchte. Es ist wichtig, die Motivation des Pferdes zum Abspulen zu erkennen, um auf eine hilfreiche Weise reagieren zu können. 

Achtung: Ein Abspulen hat eine ganz andere Energie als wenn das Pferd von sich aus eigene Vorschläge macht oder Ideen einbringt – das gilt es, gut zu unterscheiden!

Und so können wir auf das Abspulen reagieren

Das Allerwichtigste beim Abspulen ist  zu verstehen, dass es sich dabei nicht um eine Widersetzlichkeit handelt. Das Pferd ist nicht stur und nicht bockig. Sein Ziel ist eigentlich, es uns recht zu machen, nur wählt es dafür eben manchmal einen Weg, der wie das genaue Gegenteil wirkt.

Ein Pferd, das an der Longe nicht mehr zu traben aufhört, gilt bei vielen als „unerzogen“, „wild“ oder „widersetzlich“, dabei kann es schlicht und einfach unsicher sein und Angst haben, dass es Ärger gibt, wenn es langsamer wird. Gleiches gilt für Pferde, die z.B. nur noch Travers laufen oder bei der Bodenarbeit ständig spanischen Schritt anbieten. Sie sind so sehr davon überzeugt, das Richtige zu tun, dass sie gar nicht mehr zuhören. Zuhören ist aber wichtig, damit das Training wieder eine gemeinsame Angelegenheit werden kann. 

Schritt 1 lautet also: erkennen und vor allem würdigen, dass das Pferd mit seinem Abspulen etwas „Gutes“ tun will. Ich sage in solchen Momenten zu meinem Pferd: „Das ist lieb, dass Du das jetzt machst, dankeschön, aber eigentlich möchte ich etwas anderes.“

Damit wir das Pferd aus seinem inneren Film heraushohlen können, damit es wieder auf uns achtet und uns zuhört, ist es unerlässlich, die Situation zu entstressen. Selbst Pferde, die vollkommen cool wirken, können innerlich stark gestresst sein und deshalb ins Abspulen kommen. Das sind z.B. Pferde, die einem im Schritt durchgehen. Sie laufen einfach weiter und lassen sich nicht mehr anhalten. Die meisten dieser Pferde sind meiner Erfahrung nach nicht „stur“, sondern vor allem verunsichert und versuchen, etwas Richtiges zu tun.

Schritt 2  besteht deshalb darin, für Ruhe und Entspannung zu sorgen. Dafür gilt es, die eigenen Erwartungen und Ansprüche loszulassen und erst einmal nur dafür zu sorgen, dem Pferd zu vermitteln, dass alles ok ist. Hier lautet meine Botschaft an mein Pferd: „Wenn Du mir gerade nicht zuhören kannst, dann lass uns eine Pause machen.“

Achtung: Bei sehr nervösen und unsicheren Pferden ist allein das schon eine schwierige Aufgabe! Doch ohne ein Grundmaß an innerer Ruhe ist jedes Training Stress. Wer clickert, kann hier gezielt Ruhe und Entspannung clickern.

Habe ich das Abspulen auf diese Weise ruhig und liebevoll stoppen können, überlege ich, wie ich sinnvoll weitermachen kann:

  • Vielleicht ist es nötig, das Training ganz anders aufzubauen?
  • Brauchen wir mehr Freude und Spaßmomente?
  • Mehr Pausen?
  • Vielleicht überfordere ich mein Pferd mit dem, was ich will?
  • Arbeite ich mit zu viel Druck und zu wenig Lob?
  • Reagiere ich unbewusst unwirsch und streng auf Fehler?
  • Vielleicht habe ich ihm noch nicht verständlich machen können, worum es mir eigentlich geht?
  • Vielleicht kann es mir einfach auch nicht geben, was ich möchte und bietet mir deshalb etwas anderes an? 

Mit all diesen Fragen setze ich bei mir an, denn das Abspulen sehe ich als menschengemachtes Problem, das auch nur von der Menschenseite her gelöst werden kann. 

Schritt 3 beginnt mit Überlegungen, wie ich es meinem Pferd ganz praktisch leichter machen kann und wie ich es schaffe, das Training so zu gestalten, dass es nicht mehr in sein Abspulmuster fallen muss. Dazu gehören für mich diese Punkte: 

  • Fehler zu machen ist erlaubt! Sie werden nicht bestraft und nur wenn nötig, sanft korrigiert. 
  • Pausen sind mindestens so wichtig wie die Arbeit selbst, ich belohne also auch das gemeinsame Nichtstun. 
  • Ich freue mich über jede eigene Idee vom Pferd und sei sie noch so zaghaft. 
  • Ich versuche nichts zu erwarten und nichts vorauszusetzen, sondern schaue jeden Tag neu, wie die Stimmung ist.
  • Mein Ziel ist eine liebe- und freudvolle, humorvolle Grundstimmung, in der auch gelacht werden darf und das Pferd Faxen machen kann. 

Ich bin fest davon überzeugt: kein Pferd spult freiwillig ab. Das Abspulen ist für mich im besten Fall eine Verlegenheitslösung, in den meisten Fällen aber ein Ausdruck von innerer Unsicherheit und oft sogar Not. Und ich sehe es so, dass es in meiner Verantwortung liegt, dafür zu sorgen, kein Pferd überhaupt erst in eine Situation zu bringen, in der es glaubt, abspulen zu müssen.

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24. Mai 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Clickertraining, Freiarbeit, Longieren, Reiten, Umgang, Verhalten 2 Kommentare »

Das Abspulen – ein typisches Problem bei der Freiarbeit

Ich bin immer sehr dankbar, wenn ich auch mal mit einem anderen als meinen eigenen Pferden arbeiten darf, denn dadurch lerne ich sehr viel. Neulich hatte ich eine kleine Freiarbeit-Einheit mit Babettes Ronni machen dürfen, die mich gleich zu einem neuen Blogbeitrag inspiriert hat. 

Ronni gerät sehr schnell in Stress. Er möchte alles richtig machen und reagiert unter Druck schnell panisch. Als ich ihn zur Freiarbeit einlud, zirkelte er sofort um mich herum, trabte in Stellung, galoppierte an und zeigte sein ganzes Repertoire. Das war sehr hübsch anzuschauen und auch rührend, wie er da als kleiner Oberstreber um mich herumschwebte und es wäre verlockend gewesen, das anzunehmen. Statt dessen brach ich die Einheit aber sehr schnell ab und führte ihn noch einige Runden am Strick herum, lobte ihn dafür und brachte ihn wieder hinaus. 

Der Grund, warum ich nicht weiterarbeitete, war der, dass mir Ronni nicht zuhörte. Er tat das, was ich „Abspulen“ nenne und tatsächlich ist das ein häufiges Phänomen in der Freiarbeit: Besonders unsichere Pferde bieten das, was ihnen „sicher“ erscheint, ohne dabei aber auf den Menschen und seine Signale zu achten. Ronni kannte durch Babette schon die Freiarbeit und kann sehr viel. Das alles bot er mir an, aber in dieser Situation nicht aus Freude, sondern vor allem aus Unsicherheit. Es ist wichtig, das zu erkennen. (Eine andere, häufigere Version des Abspulens ist die, dass das Pferd einfach nur auf dem Hufschlag Runde um Runde herumläuft und sich nicht zum Verkleinern einladen lässt, manchmal sogar schwer anzuhalten ist. Es läuft und läuft und läuft – nicht weil es stur ist, sondern weil es unsicher ist und das das einzige ist, was ihm in diesem Moment einfällt.)

Miteinander heißt aufeinander zu reagieren

Mein Ziel bei der Freiarbeit ist ein Miteinander. Ich möchte in Kommunikation mit dem Pferd treten, möchte, dass es auf mich reagiert und wünsche mir, eine Art Dialog zu führen. Mit einem Pferd, das nur abspult, kann ich nicht kommunizieren, schlicht und einfach, weil es nicht bereit zum Zuhören ist. 

Wenn ein Pferd Runde um Runde einfach nur läuft, ohne auf meine Signale zu hören, ist das Abspulen relativ leicht zu erkennen. Aber bei einem Pferd wie Ronni, das ganz vieles anbietet, ist es schwieriger. In der Freiarbeit begrüßen wir ja auch eigene Ideen und Vorschläge vom Pferd, wie erkenne ich also, ob ein Pferd aus Eigeninitiative einen Galopp vorschlägt oder weil es glaubt, das jetzt tun zu sollen? Indem ich sehr genau auf das Pferd achte. 

Ich frage mich immer: 

  • Kann ich das Pferd fühlen? Sind wir in Kontakt?
  • Fühlt es sich nach einem echten Miteinander an oder eher so, als würde jeder „sein Ding“ machen?
  • Hat das Pferd eine freudige, kraftvolle Energie oder zeigt sein Blick Sorge oder Stress oder wirkt es in sich gekehrt?
  • Wirkt das Pferd konzentriert und engagiert oder eher gelangweilt und lustlos oder gar gestresst und besorgt?
  • Reagiert das Pferd auf meine Signale oder ignoriert es mich?

Wenn ich mit einem Pferd wie Ronni arbeite, ist das im ersten Moment beglückend, weil alles  gleichsam wie von selbst klappt. Aber genau das ist für mich nicht Sinn der Freiarbeit. Ich will keine Maschine, ich möchte Kontakt – gerade in der Freiarbeit! Ich möchte spüren, was das Pferd mag, was ihm schwer fällt, wo es sich anstrengen muss und was es ganz locker kann. Ich möchte mich einstellen können auf die Hilfengebung und möchte das Gefühl von Zweisamkeit haben. Ich ziele darauf, mit dem Pferd gemeinsam zu tanzen und nicht, dass es vortanzt. 

Mein Anthony hat mich gut in Sachen Verbindung geschult: Er fordert bei der Freiarbeit voll und ganz meine Präsenz. Wenn ich nur halb anwesend bin, macht er schnell sein eigenes Ding. Bin ich nachlässig, stellt Anthony sich dann beispielsweise nach außen oder läuft ganze Bahn, wechselt die Richtung usw. Wenn ich hingegen wirklich da und mit ihm in Kontakt bin, lässt er sich mit minimalem Einsatz wundervoll in Stellung und Biegung arbeiten, vom Tempo und der Gangart regulieren und wir können ganz butterweich Volten vergrößern und verkleinern oder Handwechsel machen. 

Hier ist schön zu sehen, wie er mit einem Ohr ganz bei mir ist – eine solche Aufmerksamkeit ist für mich die Basis einer gelungenen Freiarbeit (beim Pferd, aber auch beim Menschen!).

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Berichtet doch mal, ob Ihr das, worüber ich hier schreibe, auch selbst kennt. Mein Eindruck ist, dass das Abspulen nicht nur ein Phänomen der Freiarbeit ist, aber da zeigt es sich für mich ganz besonders deutlich. Denn was oft so „magisch“ aussieht und vielfach bewundert und bestaunt wird, nämlich ein Pferd das scheinbar mit Gedanken gelenkt wird und perfekt funktioniert, macht zu Showzwecken sicher etwas her, aber genau das hat für mich eben nur wenig bis gar nichts mit FREIarbeit zu tun.

Lesetipp: Tanias Freiraum-Training

17. Mai 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Freiarbeit, Verhalten 9 Kommentare »

Eine Coaching-Woche mit Steffi und Nele

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10. Mai 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Aus dem Reitunterricht und Coaching, Erfahrungsberichte, Sonstiges 3 Kommentare »

Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 2: Zäh, mühsam und steif

Nach dem ersten Fallbeispiel zur praktischen Arbeit nach meinem Longenkurs möchte ich hier nun wieder exemplarisch auf ein ganz typisches Problem beim Longieren eingehen:

Zäh, mühsam und steif

Ein 17-jähriger Welsh-Cob ist eher gemütlich veranlagt. Er schlurft über den Platz und lässt sich auch mit viel Mühe kaum motivieren. Im Hals bleibt er sehr starr und lässt sich kaum stellen. 

Wenn ein Pferd sehr schwer zu motivieren ist und steif und unbeweglich ist, mache ich mich immer zuerst auf die Suche nach möglichen Ursachen. Gibt es vielleicht körperliche Probleme, die seine Motivation bremsen und den starren Hals verursachen? Ein Pferd mit Schmerzen oder Beschwerden wird zwangsläufig zäh und unmotiviert sein. Liegt vielleicht ein Mineralstoffmangel vor? Ein Pferd wie diesen Wallach würde ich also zunächst immer erst einmal von einem guten Pferdphysiotherapeuten/Osteopathen und/oder einen Tierarzt untersuchen und wenn nötig behandeln lassen.

Sind körperliche Ursachen ausgeschlossen, schaue ich mir auch die Lebensumstände des Tieres kritisch an: Wird das Pferd artgerecht gehalten? Hat es Kontakt mit anderen Pferden, kann es sich frei bewegen, hat es Freude- und Spaßmomente in seinem Alltag? Und wie sieht es mit dem Futter aus? Bekommt es genug zu fressen, um Energie zu haben? Auch hier sollten, wenn nötig, Änderungen erfolgen, damit das Pferd wieder mehr Lebensfreude und Energie hat. 

Um die Motivation im Training selbst zu verbessern, eignet sich aus meiner Sicht am besten das Clickertraining. Wichtig ist, die Pferde zu begeistern und herauszufinden, woran sie Spaß haben. Ewig eintöniges Laufen im Kreis und ein Mensch, der in der Mitte steht und ständig treibt, nehmen vielen Pferden schnell jeden Spaß an der Sache! Ganz entscheidend ist auch, solche Pferde nicht müde zu arbeiten, denn so lernen sie nur, ihre Reserven noch mehr zu schonen.

Mit eher unmotivierten Pferden mache ich kurze, witzige Einheiten mit vielen Spielchen: Slalom longieren, Achten longieren, mit dem Pferd die lange Seite um die Wette laufen usw. Jedes Mehr an Vorwärts und jede positive Reaktion auf treibende Hilfen lobe ich begeistert. Ich habe immer wieder festgestellt, welchen großen Einfluss meine eigene Stimmung und Energie auf die Pferde hat. Ich muss also gleichsam mit positiver Kraft in Vorleistung gehen und hoffe damit, auch das Pferd begeistern zu können. 

Bei der praktischen Arbeit wechsle ich dann häufig zwischen verschiedenen Arbeitsphasen: Auf der einen Seite nutze ich ruhige Schrittphasen mit gezielter Biegearbeit (Seitengänge) und einer Lockerung des Halses mittels Massagen und Dehnübungen. Hier lasse ich übrigens das Pferd zunächst das Tempo bestimmen. Ständiges Treiben führt bei eher phlegmatischen Pferden in der Regel zu immer mehr Abstumpfung.

Dann würde ich wieder eine peppige Phase einlegen, in der ich mit viel Energie und Freude versuchen würde, das Pferd zum frischen Laufen zu animieren. Hier würde ich zunächst den Schwerpunkt noch nicht auf die Laufhaltung legen, also nicht schon versuchen zu sehr an Biegung und Aufrichtung des Pferdes zu arbeiten. Hauptsache es kommt überhaupt erstmal ein Vorwärts, dass ich dann auch prompt begeistert lobe. Erst wenn das Pferd von sich aus gut vorwärtsläuft und wieder Motivation und Freude an der Longe zeigt, würde ich den Schwerpunkt auf die Verbesserung der Laufmanier legen. 

Wichtig ist, immer sowohl den Körper des Pferdes zu berücksichtigen, aber eben auch seine Stimmung. Beides beeinflusst sich wechselseitig: Ein motiviertes Pferd läuft freier und lockerer und ein Körper, der sich gut anfühlt, weil er locker ist und nicht verspannt ist, führt zu mehr Motivation.  

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3. Mai 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Allgemein, Jungpferdausbildung, Longieren 5 Kommentare »

Ronni erteilt Tania eine kleine Lektion

Wenn Babette für ihre Kurse unterwegs bin, füttere ich hin und wieder ihren Ronni. Neulich hat er mir eine nette, kleine Lektion erteilt, über die ich hier berichten möchte.

Ronni ist kein einfaches Pferd und als ich ihn zum ersten Mal zum Füttern vom Paddock holte, war ich ganz überrascht, wie offen, freundlich und zugewandt er auf mich reagierte. Schnell stand er schon am Tor, wenn ich kam, ja, wieherte mir sogar leise zu. Immer nimmt er den Kopf ganz tief runter für mich, damit ich es mit dem Halftern leichter habe (bei diesem Riesenross ist das mit meinem 1,55m eine sehr willkommene Serviceleistung 😉 ). 

Es reizte mich, mal zu schauen, ob Ronni nicht auch Lust auf ein bisschen Freiarbeit mit mir hätte, und mit Babettes Einwilligung beschloss ich dann neulich, mit ihm in die Halle zu gehen. Ich lief fröhlich voraus, Ronni am lockeren Strick hinter mir. Kurz vor der Halle rammte er dann die Vorderbeine in die Erde und riss den Kopf hoch, so dass mir der Strick recht schmerzhaft durch die Finger gezogen wurde. 

Ich drehte mich um und da stand Ronni mit hoch erhobenem Kopf, aufgerissenen Augen und einem klaren Nein! vor mir – und mir wurde sofort bewusst, wie unachtsam und respektlos  ich gewesen war!

Ganz klar MEIN Fehler!

Von außen betrachtet hätten viele vielleicht gesagt: „Boah, ist der bockig!“ oder „Na, dem würde ich schon zeigen, was mitkommen heißt.“ – tatsächlich aber lag der Fehler nicht bei Ronni, sondern ganz klar BEI MIR.

Ich hatte genau den Fehler gemacht, über den ich so oft schreibe: Ich hatte etwas als selbstverständlich genommen, was nicht selbstverständlich ist. Die Tatsache, dass Ronni mir vertraut, zum Futterplatz und wieder zurück zum Paddock zu gehen, ist eine Sache, deshalb habe ich mir aber noch lange nicht „verdient“, dass er auch in die Halle mit mir geht! Natürlich hätte ich ihn erst fragen und einladen sollen und ihm ausreichend Zeit geben müssen, damit er die Chance hat, sich zu entscheiden, mit mir zu gehen. Stattdessen lief ich einfach drauflos, ohne auf das Pferd zu achten. Ich entschuldigte mich sofort bei ihm und erklärte ihm, dass nichts Schlimmes passieren würde. Es dauerte nur wenige Momente und er senkte den Kopf, um mir in die Halle zu folgen. 

Ja, solche Fehler können leicht passieren, mir wie jedem anderen auch. Und sie sind auch nicht schlimm, solange wir sie als UNSERE Fehler erkennen.

Vertrauen ist leider schnell verspielt … 

In vielen Fällen würde ein Pferd für seine Weigerung in die Halle zu gehen, ausgeschimpft oder sogar bestraft werden, sein Verhalten würde als Widersetzlichkeit interpretiert werden, die schmerzende Hand würde oft zu einer wütenden Gegenreaktion führen, wie z.B. ein Rucken am Strick. Doch hätte ich so reagiert und hätte ich mich „durchsetzen“ wollen, hätte ich damit Ronni über alle Maßen enttäuscht bzw. ihn voll und ganz in seinen Ängsten bestätigt. Damit hätte ich sehr wahrscheinlich die kleine, schon vorhandene Portion Vertrauen verspielt und ich hätte wahrscheinlich sogar riskiert, dass er sich mit einer weiteren Kopfbewegung losgerissen hätte.

Indem ich mich aber sofort bei ihm entschuldigte, selbst erst einmal durchatmete und ihn dann respektvoll, höflich und achtsam fragte, ob er mitkommen würde, fühlte er sich in seinen Bedenken angenommen und schenkte mir das Vertrauen, mit mir in die Halle zu gehen. 

Danke, Ronni, dass Du mir gezeigt hast, dass ich nicht nur schlaue Dinge schreiben, sondern auch selbst befolgen sollte!

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26. April 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 13 Kommentare »

Erfahrungsbericht zum Longenkurs von Anne

Der Longenkurs für kleine Hektiker
– ein Erfahrungsbericht von Anne und ihrem Pferd Pia

Hier geht es zum Video von Anne und Pia.

Pia ist mein Herzenspferd. Bis ich sie kennen lernte, hätte ich nicht gedacht jemals ein eigenes Pferd zu haben. Ich reite seit ich 11 Jahre alt bin, also nun seit 20 Jahren. Dabei war ich als Schulpferdereiter ganz zufrieden mit einem Mittelmaß an Reitspaß und einem Mittelmaß an Verantwortung.

Dann kam Pia. Ihr schöner Name steht im wahrsten Sinne für „Pony in action“ – PIA. Als ich Pia gekauft habe, war sie sieben Jahre alt. Für fast drei Jahre war sie im Schulbetrieb eines Reitvereins. Dieser Job hat bedeutet, dass sie zwei bis drei Reitstunden je Tag hatte, darüber hinaus kam sie nur selten raus. Im Sommer war sie höchstens ein bis zwei Stunden allein auf einer kleinen Mini-Koppel. Auf dem Platz und in der Halle wurde Pia dann heiß, das heißt schnell. Ihr einziger Weg aus dem Nicht-Verstehen war die Flucht nach vorne. Das gipfelte darin, dass regelmäßig nach einer Reitstunde, wenn man entspannt im Schritt abreiten wollte, Pia im Schritt immer schneller wurde. Immer schneller, bis sie irgendwann von alleine in den Trab fiel. Auch da wurde sie immer schneller, bis sie irgendwann von alleine anfing zu galoppieren. Ohne kurzen, engen Zügel war ihr nicht zu vermitteln, dass sie einfach entspannen sollte. Das führte dazu, dass sie wieder verkauft werden sollte.

Wäre sie gegangen, hätte ich den größten Liebeskummer meines Lebens gehabt. Also kaufte ich sie.

Erste Bodenarbeit mit einigen Tiefpunkten

Von Anfang an wollte ich alles richtig machen. Ich begann noch vor der Kaufentscheidung mit simpelster Bodenarbeit, also etwas Grunderziehung vom Boden aus. Schon bei Übungen wie Schritt – Halten – Schritt – Halten war Pia sehr nervös. Sie wollte verstehen und konnte nicht. Ihr „Ich versteh nicht was du meinst“ endete immer in Kopflosigkeit. Bei der Bodenarbeit fing sie an zu steigen.

Pia’s Umzug in einen neuen Stall brachte soziale Kontakte und viel mehr Licht, Luft und Weidegang. Rückblickend ist Pia aber nun einmal Pia und die Haltung hat weniger dazu beigetragen aus ihr ein gelassenes Pferd zu machen als die richtige Ausbildung und der ruhige, bestimmte Umgang mit ihr. Aber selbstverständlich ist alles ein Gesamt-Paket und eine artgerechte Haltung ist elementar. Da sie diese im Schulbetrieb nicht bekommen hatte, waren zu Beginn Umwelteinfüsse jeder Art eine immense Reizüberflutung. Ich fing an mit ihr Spaziergänge auf dem Vereins-Gelände zu machen. Anfangs nicht mehr als 100m weg vom Stall. Jeden Tag 10m mehr. Dann auch mal erste Versuche in den angrenzenden Wald. Nach langer Zeit, in der Pia ausschließlich die Halle und die Gitterbox von innen gesehen hatte, war das für sie zu viel. Es ging schließlich nur mit langem Bodenarbeitsstrick, Gerte, Trensenzaum, Handschuhen und Bachblüten-Rescue-Tropfen für sie und für mich.

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Nach vielen Einheiten, in denen Pia im Galopp um mich herum gerast ist, kann ich heute sagen, dass sich die Geduld gelohnt hat. Ich arbeitete permanent an meinem inneren OHM und erkannte kleine Erfolge großzügig an.

Ich stieß dann auf die Online-Angebote von Tania und Babette und hatte Glück, dass Babette mehrmals im Jahr eine halbe Stunde von uns entfernt Live-Longenkurse gibt.

Erster Kurs mit Babette Teschen

Wir bereiteten uns etwa vier Wochen auf den ersten Live-Kurs bei Babette im März 2013 in Heidelberg vor. Ein Führen in Stellung konnten wir tatsächlich auch in fremder Umgebung abrufen. Das war ein Erfolg! Von Anfang an mochte Pia die Hand auf der Nase nicht sonderlich. Sie spannt sich sehr an und fängt gern an zu schnappen, wenn ihr die Hand zu nahe kommt oder der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe zu hoch wird.

Im ersten Kurs war sie dann erstmals mit Dualgassen konfrontiert und mit ersten Versuchen, auf geringe Distanz zu longieren. Pias Überforderung zeigte sich deutlich. Ein kleines Wildpferd sprang da um uns herum. Ich musste in der Folgezeit lernen, ganz viel auszuatmen. Ich war ehrgeizig, wollte ich doch meinem Pferdemädchen dabei helfen, gelassener zu werden.

Wir longierten drei bis viermal pro Woche. Am Anfang dachte ich, das wird nie was. Über Wochen! Ich sah keine Erfolge. Konnte mich aber zurückhalten, erbost zu werden oder aufzugeben. Was hätte es gebracht? Ich konnte trotzdem spüren, dass das unser Weg ist. Und ganz plötzlich, drei Monate nach dem ersten Kurs bekam ich von Pia eine positive Antwort auf mein Locken an der Longe auf etwa zwei Meter Distanz. Sie sagte „So, soll ich machen? So?“ und bot eine super feine Stellung an. Der Himmel auf Erden!

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Von da an gab es kein Halten mehr. Wir starteten einen Dialog. Der war immer wieder holprig, aber allmählich sagte Pia nicht mehr so oft „Ich weiß nicht, was du von mir willst und ich kann das nicht“ sondern sie sagte „Was soll ich machen? So oder so?“ Ein ganz anderes Arbeiten!

Zeitgleich folgte ich Babettes Rat und begann beim Longieren zu clickern und mit Futterlob zu arbeiten. Außerdem stieg ich auf Babettes Kappzaum um, der Pia ein sichtbar besseres Gefühl gab und mir die Sicherheit, stets die weichest mögliche Verbindung zu behalten. Im Jahr 2013 waren wir insgesamt dreimal bei einem Live-Kurs mit Babette. Die Fortschritte waren beachtlich. Wir wurden einfach ein besseres Team.

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Viele Lernziele auf einmal

Zeitgleich war es nicht sinnvoll möglich, mit Pia auszureiten. Niemals war es ein alleinstehender Umweltreiz, der sie zu sehr stresste. Ein Traktor war ok. Eine Gruppe Radfahrer, ok. Aber wenn zu viel nacheinander kam, dann war ihr Speicher irgendwann voll. Und dann kam erneut die Kopflosigkeit. Die zeigte sich, indem Pia nicht mehr vorwärts, sondern nur noch im Stechschritt rückwärts ging. Bei völlig losgelassenem Zügel half nichts. Die anderen Pferde ritten weg, warteten, kein sanfter, kein kräftiger Schenkeldruck… Es blieb mir nur, sie nach Hause zu führen. Ein Pferd neben mir, das auf dem Heimweg hochsensibel auf meine Signale reagierte und eindeutig meine Hilfe brauchte.

Wir intensivierten unsere Spaziergänge. Immer neue Strecken, immer andere Strecken. Ich bestand auf guter Erziehung. Ab und an war Pia aufgeregt und drängelte. Ich duldete das nicht, schickte sie immer wieder auf Abstand. Außerdem verknüpfte ich die Spaziergänge mit Bodenarbeitsübungen, darunter viele Anregungen aus Babettes Blog. Ich möchte behaupten, viele Dinge intuitiv richtig gemacht zu haben, und gewann immer mehr Pias Vertrauen. Und sie meins.

Auch im zweiten gemeinsam Jahr besuchten wir mehrere Kurse bei Babette. Sowohl die Longier-Einheiten als auch der sonstige Austausch brachten immer sehr wertvolle Impulse für die nächsten Monate zu Hause. Ich weiß noch, wie mich ein anderes Lehrgangspferd mit dem gelockten Travers an der Bande beeindruckte. Das wollte ich auch. Ich arbeitete recht konsequent nach dem Longenkurs von Babette und näherte mich diesem Ziel.

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Da ich Ende 2013 schwanger wurde, mochte ich nicht mehr ausreiten, ritt aber weiter in der Halle und longierte weiterhin viel. Wir nahmen in dieser Zeit zweimal an Kursen teil. Unsere Basis wurde immer stabiler, Pia immer lockerer.

Gleichzeitig zeigten sich selbstverständlich unsere Dauerbaustellen immer besser. Das wäre zum einen die Toleranz der Hand auf dem Kappzaum-Naseneisen. Das mag Pia einfach nicht. Ich fürchte, ich war auch mal zu fest in meiner Hand. Daher setzen wir das nur in homöopathischen Dosen ein und regelmäßig üben wir, entspannt den Hals fallen zu lassen mit Hand auf der Nase im Stand. Ich sage dazu „Ohm“, massiere gegebenenfalls den Hals und lobe, was das Zeug hält, wenn ich eine positive Antwort bekomme.

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Plötzlich Freiarbeit

Anderthalb Jahre nach meinem Beginn mit dem Longenkurs ließ ich Pia in der Halle frei laufen, da ich spät am Stall war und keine Zeit für andere Beschäftigung war. Ich wollte Pia noch einmal fortschicken und da bot sie mir etwas Stellung und Biegung auf einer Volte um mich herum an. Ich nahm das wahr, lobte sie mit Leckerli und fragte sie nach einer Wiederholung. Die Antwort war genial. „So soll ich machen, so? Ok, das kann ich tun.“ Das war unsere erste Freiarbeit!

Wir haben das nie viel gemacht. Immer hab ich ein bisschen befürchtet, enttäuscht zu werden. Aber wenn man nur mal für ein paar Sekunden sieht, was möglich ist, dann macht es süchtig. Ich begann selten, aber doch ab und an in der Halle die Quadratvolte aufzubauen und versuchte, Pia frei ohne jedes Hilfsmittel dort durch zu „longieren“, besser zu navigieren. Das Clickertraining ist an dieser Stelle Gold wert. Pia hatte schon immer viele Ideen und hat bei mir gelernt, dass sie sie einbringen darf. In Kombination mit einer soliden Ausbildung an der Longe brauchte es gar nicht viel, auch in Freiarbeit weiterzukommen.

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Lebenslanges Lernen mit Pia

Zu Beginn unserer Longenarbeit kommunizierte Pia oft mit mir, wenn sie fand, dass sie etwas gut gemacht hat. Sie brummelt dann und sagte „Brummel brummel, hab ich doch gesagt, ich hab das gut gemacht.“ Auch heute macht sie das noch bei Lektionen, die sie als besonders schwer empfindet. Aber es kommt kein „Nein“ mehr, kein „Das kann ich nicht“ und das ist so unglaublich schön.

Letzten Sommer sind wir wieder ausgeritten. Erst nur mit Pia’s Paddock-Partner, mittlerweile sogar mit mehreren Pferden. Auch hier ist es noch ein weiter Weg bis zu wirklicher Gelassenheit. Aber die vergangen drei Jahre zeigen mir, dass alles geht.

Danke Babette, für die gute Wegbegleitung. Dein Kurs ist ein super Selbstlernkurs und die Live-Kurse mit dir sind eine echte Bereicherung. Wir bleiben dir treu. Wir haben ja noch Ziele. 😉 Wie wäre es bald mal mit einem Galopptravers? Und an den einfachen Galoppwechseln an der Longe wollen wir auch noch arbeiten ….

Danke Pia, ich bin durch dich ein besserer Mensch. Ich liebe dich.

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19. April 2016 von Gastautor • Kategorie: Erfahrungsberichte, Freiarbeit, Longieren 11 Kommentare »

„Einfach nur spazieren gehen …“ – warum dieser Gedanke oft kontraproduktiv ist

Immer wieder erreichen mich Anfragen per Mail, die verschiedene Probleme bei Spaziergängen oder Ritten im Gelände beschreiben: Die Pferde wollen nicht vorwärtsgehen, sind schreckhaft, scheuen und reißen sich manchmal auch los bzw. gehen mit ihrem Reiter auf dem Rücken durch.

Nicht so selbstverständlich, wie vielleicht gedacht

Beim Lesen der vielen Mails wird mir immer wieder klar: Die wenigsten Pferdemenschen machen sich bewusst, dass es für viele Pferde ganz und gar nicht selbstverständlich ist, mit einem Menschen ins Gelände zu gehen. Tatsächlich aber ist das eine große und wirklich schwierige Aufgabe, ganz besonders dann, wenn keine anderen Pferde dabei sind. 

So nett die Vorstellung für uns Menschen sein mag, fröhlich und entspannt mit unserem Pferd spazieren zu gehen oder auszureiten, so übersehen wir dabei oft ein ganz wesentliches Element: Pferde sind Herdentiere und in der freien Natur wäre ein Pferd allein leichte Beute. Die Angst eines einzelnen Pferdes im Gelände ist also keine „Spinnerei“ und auch kein „Ungehorsam“, sondern ein von der Natur eingebautes Überlebensprogramm. 

Natürlich gibt es viele Pferde, für die es kein Problem ist, alleine ins Gelände mit dem Menschen zu gehen, aber für junge Pferde, für eher unsichere Tiere oder für Pferde mit Trennungsangst (so genannte Kleber) oder schlechten Vorerfahrungen ist es wirklich eine riesige Herausforderung, alleine mit dem Menschen ins Gelände zu gehen. Und je unwirscher der Mensch wird, wenn das Pferd Angst oder Unwillen zeigt, desto mehr wird es sich darin bestätigt sehen, dass das Gelände keine gute Idee ist …

Ein Beispiel zur Veranschaulichung

Nun denken viele Pferdemenschen, dass ihre gute Beziehung zu ihrem Pferd doch ausreichen muss, um dem Pferd die Angst zu nehmen, und sie ihm allein durch ihre Anwesenheit Sicherheit geben können. Dazu einfach mal ein Gedanke von mir aus meiner eigenen Gefühlswelt:

Ich leide unter Flugangst. Wenn eine Person mit mir fliegt, der ich vertraue, wie z.B. meine ältere Schwester, sie meine Hand hält und mir sagt, dass alles gut ist, dann geht es mir auf jeden Fall besser. Es ist tröstlich und schön, wenn sie dabei ist. Aber: Angst habe ich trotzdem, sehr große sogar. Am liebsten würde ich einfach aussteigen oder im übertragenen Sinn: Wäre ich ein Pferd, würde ich mich bei jedem Luftloch loszureißen versuchen, um wegzulaufen – und dass, obwohl ich meiner Schwester vertraue …

An dieser Stelle ist übrigens auch sehr spannend, dass meine Schwester, die sonst keine Probleme im Flugzeug hat, auf dem Flug, bei dem ich mit feuchten Händen und klopfendem Herzen neben ihr saß, selbst auch Angst hatte. Meine Angst hatte sie angesteckt! Und so geht es uns Pferdemenschen doch in der Regel auch, wenn wir mit einem ängstlichen Pferd spazieren gehen, oder nicht? Diese Unsicherheit wiederum spürt unser Pferd ganz genau, was ihm die Sache natürlich noch schwerer macht. 

Angst verstehen und akzeptieren

Ich denke, wir müssen verstehen und akzeptieren, dass unser so vermeintlich „kleiner“ Wunsch, mit einem Pferd entspannt ins Gelände zu gehen, nicht mit jedem Pferd einfach so zu realisieren ist, sondern dass die Angst einfach manchmal stärker ist. Ein Stück weit kann man auch solche Pferde ans Gelände gewöhnen, aber man muss jederzeit damit rechnen, dass selbst kleine Auslöser (die manchmal für uns vielleicht nicht einmal zu erkennen sind), die Angst wieder aufkommen lassen.

Auch dazu noch einmal das Beispiel meiner Flugangst: Eine Weile bin ich oft geflogen, weil ich meine Flugangst überwinden wollte. Ich habe in dieser Zeit alle möglichen Übungen gemacht, Klopftechniken und Atemtechniken angewendet und Hörbücher zum Thema Flugangst gehört. All diese Maßnahmen haben erreicht, dass ich die Flüge besser überstanden habe. Es war nicht mehr der blanke Horror und zeitweise konnte ich auf den Flugstrecken sogar gut entspannen. War der Flug aber unruhiger, kam ein größeres Luftloch, veränderten sich die Motorengeräusche deutlich, war die Angst auch ganz schnell wieder da. Ich konnte zwar besser mit ihr umgehen, aber sie war trotzdem da.  

Spazieren gehen als Trainingsaufgabe

Es gilt, sich Spaziergänge im Gelände ganz kleinschrittig zu erarbeiten – unter Umständen deutlich kleinschrittiger als die meisten es vielleicht zunächst für nötig halten. Ich sehe es inzwischen so, dass die Übung alleine ins Gelände zu gehen, egal ob an der Hand oder unter dem Reiter, für unsichere Pferde in gewisser Hinsicht noch schwieriger ist als zum Beispiel das Erlernen der Piaffe oder fliegende Galoppwechsel. Bitte setzen Sie also Ihre Erwartungen extrem niedrig an und nehmen Sie dieses Training ernst. Geben Sie Ihrem Pferd die Zeit, die es braucht, um Sicherheit im Gelände erlangen zu können – und das kann bedeuten, dass Sie für den Anfang vielleicht wochenlang nur einmal kurz vor die Tür oder ein paar Meter gehen können!

Merke: „Mal eben eine entspannte Runde ins Gelände zu gehen“, kann bei unsicheren Pferden allenfalls das Endziel, nie aber der Anfangspunkt sein! 

Hier noch ein Wort zum Spazierengehen mit Fohlen: Oftmals möchten Pferdebesitzer auch schon mit ihren sehr jungen Pferden spazieren gehen, mit Pferden, die noch unter einem Jahr alt sind. Ich bin grundsätzlich dafür, dass junge Pferde, gerade in der Zeit, in der sie sich in der Sozialisierungsphase befinden, viel von der Welt zu sehen bekommen, aber bitte immer in Begleitung von einer ruhigen, sicherheitsgebenden Begleitung durch andere Pferde, denen das Jungtier vertraut und durch die es Sicherheit bekommen kann. Es ist nicht artgerecht, schon Fohlen an Spaziergänge allein gewöhnen zu wollen, und es kann zu heftigen Gegenreaktionen kommen, oft auch dann, wenn das Fohlen erst ganz ruhig erscheint. 

Denken Sie daran: Es geht hier sowohl um die Sicherheit Ihres Pferdes als auch um Ihre eigene. Pferde, die sich im Gelände losreißen bzw. durchgehen, sind eine große Gefahr. Wenn Sie die Angst Ihres Pferdes nicht ernst nehmen und Ihr Pferd überfordern, laufen Sie Gefahr, dass diese Angst immer größer und damit unter Umständen auch unkontrollierbarer wird.

Und so können Sie praktisch vorgehen

Am besten nutzen Sie für das Spaziertraining  einen weichen, gut gepolsterten und gut passenden Kappzaum. Dieser ermöglicht Ihnen, den Kopf des Pferdes gut zu kontrollieren, was wiederum mehr Sicherheit bedeutet.

Üben Sie zunächst auf einem sicher eingezäunten Platz das Führen des Pferdes, so dass Ihr Pferd die Grundkommandos zum Antreten und Anhalten sicher verstanden hat und sich brav, ohne zu drängeln oder zu überholen von Ihnen führen lässt.

Tipp: Üben Sie parallel kleine Lieblingsspiele mit Ihrem Pferd. Das könnte zum Beispiel die Übung Kopf tief,  das Tanzen oder Bein hoch sein.

Gehen Sie mit Ihrem Pferd dann einige Male einfach nur „vor die Tür“, also durch das Stalltor hindurch und lassen Sie es sich umgucken. Verwöhnen Sie es mit etwas Leckerem und achten Sie gut darauf, dass Ihr Pferd entspannt bleibt. Sollte es sich hier bereits gestresst und aufgeregt zeigen, gilt es, erst das so lange zu üben, bis das Pferd in dieser Situation gelassen sein kann. Hier kann die Anwesenheit eines ruhigen Pferdes, für das das Rausgehen bereits Routine ist, sehr helfen. 

Erst wenn das „Vor die Tür gehen“ eine lockere Angelegenheit ist, beginnen Sie mit den ersten „kleinen Spaziergängen“, die nur wenige Minuten dauern sollten! Je nach Unsicherheit des Pferdes können sogar schon einige Schritte vollkommen ausreichen. Schätzen Sie Ihr Pferd bitte gut ein, damit es möglichst erst gar nicht zu Stress und Angst kommt. Ein ruhiges Pferd als Begleitung kann bei diesen ersten kleinen Ausflügen für viel Ruhe und Sicherheit sorgen.

Gehen Sie also mit Ihrem Pferd ein kleines Stück vom Hof weg und machen Sie kurz ein paar Übungen, die Ihr Pferd gerne und zuverlässig ausführt. Loben Sie diese Übungen sehr, drehen Sie wieder um und gehen Sie gleich wieder nach Hause. Hat das gut geklappt, können Sie die Spaziergänge in kleinen (!) Schritten etwas verlängern. Wenn Ihr Pferd diese kleinen Spaziergänge als Routine empfindet und dabei wirklich gelassen ist, probieren Sie, auch mal ohne Begleitpferd ein kleines Stückchen zu gehen.

Wird Ihr Pferd zu unsicher und zeigt es Stress oder Angst, ist es noch nicht reif für Spaziergänge alleine ins Gelände. Dann probieren Sie es weiter erst einmal nur mit Begleitung. 

Wichtig: Gerade in der Pubertät oder auch im Frühling oder an stürmischen Tagen kann es leicht dazu kommen, dass Pferde, die eigentlich schon recht gelassen im Gelände waren, wieder in alte (Angst- und Stress-)Muster zurückfallen. Erspüren Sie deshalb möglichst vorher, ob der jeweilige Tag tatsächlich ein guter Tag fürs Gelände ist und verzichten Sie ggf. lieber einmal mehr auf den Spaziergang bzw. halten Sie ihn kurz, als dass es wieder zu heftigen Angst-Reaktionen kommt, die Sie im Training dann erst einmal wieder deutlich zurückwerfen. 

Tipp: In unserem Anti-Angst-Kurs erfahren Sie, wie Sie mit den Ängsten Ihres Pferdes besser umgehen können. Auf der Basis, die Sie sich im Anti-Angst-Kurs mit Ihrem Pferd erarbeiten, haben Sie sehr gute Chancen, ein gelassenes Gelände-Pferd zu bekommen.

Fazit

Ich glaube, dass wir die oft so angstbesetzte Aufgabe „Spaziergang“ auf eine Weise erarbeiten und trainieren können, durch die die meisten von unseren Pferden die Erfahrung machen können, dass ein Spaziergang im Gelände eigentlich eine tolle Sache ist. Die Pferde werden durch ein positives, kleinschrittiges Training sicherer und gelassener und damit auch selbstbewusster. Bei dem einen Pferd geht das schneller, bei vielen dauert es aber länger und letztlich gibt es immer auch Pferde, die leider nie wirklich ganz gelassen und angstfrei allein im Gelände sein werden. 

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12. April 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Erkenntnisse, Jungpferdausbildung, Umgang, Verhalten 37 Kommentare »

Sehen lernen leicht gemacht

Oft wird uns die Frage gestellt, wie man beim Longieren von der Zirkelmitte aus sehen kann, ob das Pferd z.B. auf die innere Schulter fällt und auf der Vorhand läuft oder ob es sich korrekt stellt und biegt. Die Antwort lautet: indem Sie es gezielt üben! Und wie Sie das am besten tun können, verrate ich Ihnen hier. 

Die Möglichkeit der Selbstanalyse

Das Laufverhalten eines Pferdes aus der Position des Longierenden zu beurteilen, ist schwieriger als von außen. Deshalb raten wir dazu, eine Kamera zu nutzen und hin und wieder eine Longiereinheit zu filmen, um sie dann später in Ruhe anschauen und beurteilen zu können. Zum einen können Sie auf diese Weise sehr gut einen Eindruck der Gesamtstimmung bei Ihrer Arbeit gewinnen und Sie können nach Fehlern und Verbesserungsmöglichkeiten in Bezug auf Ihre Longiertechnik suchen.

Um die Laufmanier Ihres Pferdes besser überprüfen können, bietet Ihnen ein Video die Möglichkeit, jederzeit die Standbildeinstellung zu wählen und damit sehr genau anschauen zu können, wie das Pferd läuft. In ein solches Standbild können Sie sich (gedanklich oder tatsächlich) Hilfslinien einzeichnen, so wie wir sie auch im Longenkurs in den Beispielbildern eingezeichnet haben, und auf diese Weise die Haltung Ihres Pferdes im Nachhinein beurteilen. theorie1

Gezielt das Sehen üben

Um nun aber auch direkt bei der Arbeit immer besser die Haltung des Pferdes erkennen zu können, gibt es noch einen Trick: Geben Sie sich selbst in die Kamera hinein Feedback und überprüfen Sie später Ihre Einschätzung.

Nehmen wir an, Sie möchten sehen lernen, ob Ihr Pferd auf die innere Schulter fällt oder schön aufgerichtet ist. Dann longieren Sie Ihr Pferd und lassen die Kamera mitlaufen. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Pferd gerade in guter Balance ist, also weder auf die innere Schulter fällt, noch über die äußere Schulter wegläuft, zeigen Sie kurz zur Kamera hin mit Ihrem Daumen nach oben oder Sie nicken sichtbar mit dem Kopf. Wenn Sie hingegen den Eindruck haben, dass das Pferd gerade auf die innere Schulter fällt und in schlechter Balance läuft, zeigen Sie mit Ihrem Daumen nach unten oder schütteln sichtbar den Kopf. Zu Hause können Sie dann anhand der Aufnahme und ggf. Standbildern genau überprüfen, ob Ihre Einschätzung richtig war oder nicht. 

Merke: Sehen lernt man durch viel „sehen lernen üben“ 😉 – wenn Sie Ihre Einschätzung regelmäßig in dieser Weise überprüfen, werden Sie feststellen, dass Sie immer häufiger richtig liegen! 

Extra-Tipp: Inzwischen gibt es zu diesem Thema einen kompletten Kurs von uns: Sehen lernen

4. April 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Longieren, Sonstiges 1 Kommentar »

Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 1: das hektische Pferd

Mit meinem Longenkurs gebe ich eine sehr praxisorientierte Anleitung für das korrekte Longieren nach biomechanischen Grundsätzen und zeige darin kleinschrittig, wie sich das gute Laufen erarbeiten lässt. In der Praxis zeigen sich dann oft recht ähnliche Probleme oder Herausforderungen und so denke ich, dass es für viele von Ihnen hilfreich ist, wenn ich hier hin und wieder anhand von Praxisbeispielen aufzeige, wie ich mit ihnen umgehe. 

Alles zu hektisch!

Eine junge Warmblutstute wirkt an der Longe sehr nervös. Sie gibt zwar schnell im Genick nach, drängt aber auch immer wieder nach innen und zeigt kurze, hektische Tritte. 

So gehe ich vor:

Zunächst muss die innere Losgelassenheit des Pferdes erarbeitet werden und dafür muss ich als Longierende viel Ruhe in die Einheiten bringen. Mittels Führübungen wie z.B. das „Führen in Stellung“ und mit beruhigenden Übungen wie das Kopf tief arbeite ich ein nervöses Pferd erst einmal solange, bis es ruhig im Schritt auf etwas Distanz zu mir gehen und sich immer besser entspannen kann. Erst dann lasse ich das Pferd für ein paar Schritte ruhig antraben und pariere es gleich wieder durch, möglichst, bevor das Pferd wieder hektisch oder zu schnell geworden ist.

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Ruhe vor allem anderen

Bleibt das Pferd im Trab entspannt und ruhig, darf es im Trab bleiben. Ich gehe mit ca. drei Metern Abstand neben dem Pferd auf Kopfhöhe mit und wirke beruhigend auf das Pferd ein. Meiner Erfahrung nach wirke ich beruhigend auf Pferde, wenn ich mich selber etwas klein mache und mit leisen, beruhigenden Worten mit dem Pferd sanft rede. Grundsätzlich gilt, dass Sie die Energie ausstrahlen sollten, die Sie sich vom Pferd wünschen. Um zu beruhigen, strahlen Sie also so viel Gelassenheit und Ruhe aus wie nur möglich. Stellung und Biegung können zu diesem Zeitpunkt noch vernachlässigt werden, zunächst muss das Pferd gelernt haben, wirklich stabil losgelassen neben dem Menschen zu traben. In den Momenten, in denen das Pferd nach innen drängt, gebe ich mit einer Gerte oder einer kurzen Fahrpeitsche langsame, vorsichtige Berührungen an die Schulter, bzw. bei sehr sensiblen Pferden reicht oft auch schon das Hinzeigen mit der Gerte zur Schulter des Pferdes.

Achtung: Das Pferd darf dadurch nicht wieder Stress bekommen! Ist das der Fall, wurde die Hilfe zu schnell und/oder zu stark gegeben. Auf keinen Fall darf das Pferd Angst vor der Hilfe haben.

Hilfe durch eine innere Bande

Sehr hilfreich ist für solche Pferde auch die Arbeit mit einer inneren Bande aus Dualgassen. Diese Bande hilft dem Pferd, seine Lauflinie zu halten, wodurch das Hereindrängen auch ohne viele Hilfen oft gut verhindert wird.

Hält das Pferd dann seine Lauflinie auf dem Kreis und trabt ruhig auf dem Zirkel, beginne ich damit, mit weichen Impulsen an der Longe, um um etwas mehr Stellung zu bitten. In Kombination mit der Gertenhilfe zur Schulter sollte sich das Pferd im Laufe der Zeit immer mehr aufrichten und biegen lassen. Jede richtige Idee des Pferdes, sich im Genick zu stellen, die innere Schulter anzuheben und sich zu biegen, lobe ich begeistert.

Bleibt das Pferd ruhig und hat sich die Haltung verbessert, verlängere ich langsam die Longe und versuche behutsam, mit etwas mehr Energie und vorsichtig treibenden Hilfen die Hinterhand des Pferdes aktiver zu machen und die Schritte des Pferdes zu vergrößern. Gerät das Pferd dabei wieder in Hektik, muss der Mensch das Pferd erst wieder beruhigen. Klappt das im Trab nicht, geht man wieder zurück zur Schrittarbeit. Ist das Pferd wieder entspannt, versucht man es erneut und geht erst über das ruhige Antraben wieder in die Trabarbeit.

Bei nervösen Pferden, egal welchen Alters, empfehle ich also grundsätzlich dieses schrittweise Vorgehen:

  • Ruhe und Losgelassenheit erarbeiten,
  • an der Verbesserung der Haltung feilen,
  • dann die vorsichtige Vergrößerung der Distanz zum Menschen und
  • erst dann das Erarbeiten von Schwung und einem frischen Vorwärts.

Und hier finden Sie Fallbeispiel 2: Mühsam, zäh und steif

 

29. März 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Allgemein, Jungpferdausbildung, Longieren 4 Kommentare »

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