Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 1: das hektische Pferd

Mit meinem Longenkurs gebe ich eine sehr praxisorientierte Anleitung für das korrekte Longieren nach biomechanischen Grundsätzen und zeige darin kleinschrittig, wie sich das gute Laufen erarbeiten lässt. In der Praxis zeigen sich dann oft recht ähnliche Probleme oder Herausforderungen und so denke ich, dass es für viele von Ihnen hilfreich ist, wenn ich hier hin und wieder anhand von Praxisbeispielen aufzeige, wie ich mit ihnen umgehe. 

Alles zu hektisch!

Eine junge Warmblutstute wirkt an der Longe sehr nervös. Sie gibt zwar schnell im Genick nach, drängt aber auch immer wieder nach innen und zeigt kurze, hektische Tritte. 

So gehe ich vor:

Zunächst muss die innere Losgelassenheit des Pferdes erarbeitet werden und dafür muss ich als Longierende viel Ruhe in die Einheiten bringen. Mittels Führübungen wie z.B. das „Führen in Stellung“ und mit beruhigenden Übungen wie das Kopf tief arbeite ich ein nervöses Pferd erst einmal solange, bis es ruhig im Schritt auf etwas Distanz zu mir gehen und sich immer besser entspannen kann. Erst dann lasse ich das Pferd für ein paar Schritte ruhig antraben und pariere es gleich wieder durch, möglichst, bevor das Pferd wieder hektisch oder zu schnell geworden ist.

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Ruhe vor allem anderen

Bleibt das Pferd im Trab entspannt und ruhig, darf es im Trab bleiben. Ich gehe mit ca. drei Metern Abstand neben dem Pferd auf Kopfhöhe mit und wirke beruhigend auf das Pferd ein. Meiner Erfahrung nach wirke ich beruhigend auf Pferde, wenn ich mich selber etwas klein mache und mit leisen, beruhigenden Worten mit dem Pferd sanft rede. Grundsätzlich gilt, dass Sie die Energie ausstrahlen sollten, die Sie sich vom Pferd wünschen. Um zu beruhigen, strahlen Sie also so viel Gelassenheit und Ruhe aus wie nur möglich. Stellung und Biegung können zu diesem Zeitpunkt noch vernachlässigt werden, zunächst muss das Pferd gelernt haben, wirklich stabil losgelassen neben dem Menschen zu traben. In den Momenten, in denen das Pferd nach innen drängt, gebe ich mit einer Gerte oder einer kurzen Fahrpeitsche langsame, vorsichtige Berührungen an die Schulter, bzw. bei sehr sensiblen Pferden reicht oft auch schon das Hinzeigen mit der Gerte zur Schulter des Pferdes.

Achtung: Das Pferd darf dadurch nicht wieder Stress bekommen! Ist das der Fall, wurde die Hilfe zu schnell und/oder zu stark gegeben. Auf keinen Fall darf das Pferd Angst vor der Hilfe haben.

Hilfe durch eine innere Bande

Sehr hilfreich ist für solche Pferde auch die Arbeit mit einer inneren Bande aus Dualgassen. Diese Bande hilft dem Pferd, seine Lauflinie zu halten, wodurch das Hereindrängen auch ohne viele Hilfen oft gut verhindert wird.

Hält das Pferd dann seine Lauflinie auf dem Kreis und trabt ruhig auf dem Zirkel, beginne ich damit, mit weichen Impulsen an der Longe, um um etwas mehr Stellung zu bitten. In Kombination mit der Gertenhilfe zur Schulter sollte sich das Pferd im Laufe der Zeit immer mehr aufrichten und biegen lassen. Jede richtige Idee des Pferdes, sich im Genick zu stellen, die innere Schulter anzuheben und sich zu biegen, lobe ich begeistert.

Bleibt das Pferd ruhig und hat sich die Haltung verbessert, verlängere ich langsam die Longe und versuche behutsam, mit etwas mehr Energie und vorsichtig treibenden Hilfen die Hinterhand des Pferdes aktiver zu machen und die Schritte des Pferdes zu vergrößern. Gerät das Pferd dabei wieder in Hektik, muss der Mensch das Pferd erst wieder beruhigen. Klappt das im Trab nicht, geht man wieder zurück zur Schrittarbeit. Ist das Pferd wieder entspannt, versucht man es erneut und geht erst über das ruhige Antraben wieder in die Trabarbeit.

Bei nervösen Pferden, egal welchen Alters, empfehle ich also grundsätzlich dieses schrittweise Vorgehen:

  • Ruhe und Losgelassenheit erarbeiten,
  • an der Verbesserung der Haltung feilen,
  • dann die vorsichtige Vergrößerung der Distanz zum Menschen und
  • erst dann das Erarbeiten von Schwung und einem frischen Vorwärts.

Und hier finden Sie Fallbeispiel 2: Mühsam, zäh und steif

 

29. März 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Allgemein, Jungpferdausbildung, Longieren 4 Kommentare »

Doppellonge mal anders: das Fahren vom Boden

Auf unseren Beitrag zum Thema Bodenarbeit mit Pferden haben wir einen Beitrag von Gesine bekommen, der sicher eine schöne Inspiration für viele ist, die mal Lust darauf haben, am Boden etwas Neues auszuprobieren. Wir selbst kennen das unter „Langzügelarbeit“ bzw. „Fahren vom Boden“ und stellen das ausführlich in unserem Aufbaukurs zum Longenkurs vor. Diese Arbeit ist grundsätzlich eine wirklich nette Ergänzung zu den bereits bekannteren Bodenarbeitsweisen und eignet sich hervorragend dazu, Pferde fit zu halten (ob reitbar oder nicht).

fabHier also nun Gesines Text:

Die Arbeit an der Doppellonge kennt man ja; hier in Norwegen bin ich aber einer ein bisschen anderen Art der Doppellongen-Arbeit begegnet, die hier für viele, besonders Jungpferde in der Ausbildung, egal ob zum Reit- oder Fahrpferd, angewandt wird. Genannt wird das tømmekjøring, ”Fahren mit Leinen”, oder besser: Fahren ohne Wagen. Natürlich wird das erstmal in der Bahn geübt, das Pferd an die Leinen gewöhnt, an die Führposition hinter dem Pferd und grundlegende Kommandos. Manche hören da auch schon wieder auf, aber dann, finde ich, wird es erst spannend. Dann geht es nämlich raus, auf die Wege, rauf und runter, rechts und links.

  • Vorteile gegenüber dem Führen: Das Pferd hat mehr Platz um sich herum, man kann schmale Wege entlang balancieren, es macht nichts, wenn das Pferd mal zur Seite hüpft; es bekommt dann nicht automatisch einen Ruck am Strick oder hüpft einen selbst über den Haufen, es kann seinen Weg in unebenem Gelände selber suchen. Auf offenen Flächen kann man auch gerne mal eine Runde oder zwei im Trab doppel-longieren, wenn man denn möchte.
  • Vorteile gegenüber dem Fahren: Man braucht keinen Wagen. Man kann alle möglichen Wege und Pfade entlanggehen, man kann im Wald klettern, ohne das Pferd zu behindern, ein paar unkontrollierte Bewegungen des Pferdes bringen einen nicht gleich in Lebensgefahr. Man kann Steigungen zum Intervall-Training nutzen, ohne dass das Pferd Gewicht ziehen muss. Dabei kann man das Pferd quasi nicht physisch überfordern, denn man läuft ja selbst jeden Meter mit, und normalerweise haben unsere Pferde uns ja einiges voraus in Sachen Kondition.
  • Vorteile gegenüber dem Reiten: Das Pferd kann sich ohne Gewicht bewegen, man ist auf minimale Hilfengebung angewiesen, das Pferd lernt, selbstständig Gefahrensituationen einzuschätzen. Reiter, die nicht hundertprozentig ausbalanciert sitzen, können so trotzdem Natur und Landschaft gemeinsam mit ihrem Pferd genießen. Man selbst lernt, sehr kleinschrittig zu trainieren, denn sollte man das Pferd mental überfordern – wird es z.B. nicht an Autos gewöhnt, bevor man an die Landstraße geht o.Ä. – ja, dann geht man alleine nach Hause. Aus meiner Erfahrung ist es nicht möglich, ein Pferd an den Leinen zu behalten, wenn es das nicht will, weder mit Halfter, Sidepull noch mit Trense. (Die Verwendung von schärferen Gebissen oder Zäumungen schließt sich eh aus). Also empfehle ich, mit einem leichten Zaum ohne Gebiss zu arbeiten, damit, wenn das Pferd mal tatsächlich auf dem Hacken kehrt macht und nach Hause rennt, es nicht zu Verletzungen im Maul kommt, sollte das Pferd auf die Leinen treten.

Herzlichen Dank an Gesine und nun die Frage in die Runde: Wer hat damit schon Erfahrungen gemacht und mag berichten? Gibt es Tipps oder weitere Anregungen? Wir sind gespannt!

14. April 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Arbeit an der Hand, Jungpferdausbildung, Longieren 12 Kommentare »

Eine Übung für das gesetzte Angaloppieren

Hier bei „Wege zum Pferd“ geht es immer wieder um das gute Laufen des Pferdes (s. z.B. hier und hier). Ein Pferd soll idealerweise korrekt gestellt und gebogen sein, der Rücken soll schwingen und es soll Last mit der Hinterhand aufnehmen und losgelassen und in Balance laufen können – und das in allen Gangarten.

Während viele sich das mit ihrem Pferd im Schritt und Trab recht gut erarbeiten können, zeigen sich im Galopp häufig größere Probleme. Hier nämlich kommt es sehr schnell zu einem Balanceverlust und das Pferd versucht, sich ins Tempo zu retten, stürmt also los. In unserem Longenkurs empfehlen wir, zunächst nur das Angaloppieren zu üben, also wirklich nur die ersten Galoppsprünge und nicht mehr, um das heillose Davonstürmen zu vermeiden. Sehr gut unterstützen lässt sich das mit der folgenden Übung.

Das Angaloppieren aus dem Schulterherein

Für uns stehen die Seitengänge in der Ausbildung vor dem Galoppieren an, wir erarbeiten uns also z.B. das Schulterherein schon sehr früh. Bereits in der stellenden und biegenden Longenarbeit fragen wir ein leichtes Schulterherein ab, um z.B. das innere Hinterbein zum vermehrten Untertreten anzuregen. Zuerst nur im Schritt, dann aber auch im langsamen Trab. Das Schulterherein kann dann sehr gut durch die Arbeit an der Hand weiterentwickelt und auch unter dem Sattel erarbeitet werden.

Wenn Ihr Pferd das Schulterherein beherrscht, können Sie folgende Übung probieren – und das sowohl an der Longe als auch geritten:

  • Lassen Sie das Pferd ganze Bahn im Schulterherein traben.
  • An der nächsten langen Seite nutzen Sie den Mittelzirkel (damit haben Sie genug Strecke, um ein lockeres Schulterherein zu erarbeiten, später können Sie auch auf einen normalen Zirkel gehen), um im Moment des Abwendens sanft die Galopphilfe zu geben – wichtig: das Pferd soll auf dem Zirkel nicht mehr im Schulterherein galoppieren, sondern dort dann einfach der Zirkellinie entsprechend korrekt gebogen.
  • Freuen Sie sich über jeden Galoppimpuls des Pferdes – es muss noch gar nicht richtig angaloppieren, sondern soll erst nur verstehen, dass es aus dem Schulterherein angaloppieren soll und das möglichst ohne loszustürmen.
  • Auf dem Hufschlag gehen Sie wieder Trab, führen das Pferd behutsam zurück ins Schulterherein und lassen es wieder ganze Bahn gehen.

sh_galoppBitte schön locker und ohne große Erwartungen

Der Wechsel von Schulterherein und Angaloppieren ist sowohl für Sie als Reiter/in als auch für das Pferd eine anspruchsvolle Lektion. Geben Sie sich also beiden Zeit, die Aufgabe zu bewältigen. Vermeiden Sie jede Hektik und werden Sie nicht unwirsch, wenn Ihr Pferd beim Abwenden losstürmt, sondern setzen Sie wieder neu an. Geben Sie sich zu Beginn damit zufrieden, dass Ihr Pferd nur einen Galoppimpuls zeigt und loben Sie es ausgiebig, wenn es sich vom Tempo her leicht wieder einfangen lässt.

Üben Sie auch bitte nicht zu lang und oft, denn diese Aufgabe kostet viel Kraft und Konzentration. Bauen Sie die Übung lieber immer mal wieder zwischendurch ein, so als würden Sie einfach aus Interesse die Frage stellen: „Lass uns doch mal schauen, ob du vielleicht aus dem Schulterherein angaloppieren kannst?“ Nach und nach wird Ihr Pferd diese Frage immer öfter mit „Ja, kann ich!“ beantworten und Sie werden einen immer schöneren, gesetzten Galopp erleben dürfen.

Tipp: Probieren Sie auch aus, aus dem Schritt im Schulterherein anzugaloppieren.

17. März 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Longieren, Reiten, Übungen 3 Kommentare »

Das gute Laufen ist ein Dauerthema

Wir haben uns ja  sehr ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie man einem Pferd das gute Laufen auf der gebogenen Linie vermitteln kann. Dieses Vermitteln einer guten Laufmanier ist dabei weniger als eine Art Lektion zu sehen, sondern es ist vielmehr ein dauerhafter Prozess.

Was wir damit meinen? Lesen Sie weiter. 

Pferde laufen in der Natur keine Kreislinien, sondern vor allem in gerader Richtung und wenn sie die Richtung wechseln wollen, sieht das meist so aus:

wechselSie stoppen schlagartig und drehen auf der Stelle. Dabei fallen sie extrem auf eine Seite. Da Pferde das in der freien Natur nicht ständig tun, wirkt sich das in der Regel nicht gesundheitsschädigend aus. Lässt man nun aber ein ungeschultes Pferd an der Longe (oder unter einem Reiter) unbeeinflusst auf der Kreislinie laufen, zeigt sich dasselbe Bild:

kurveWieder kippt das Pferd extrem auf die innere Schulter. Muss es dann so Runde um Runde und Trainingseinheit für Trainingseinheit und oft auch noch in einem viel zu hohen Tempo laufen, sind auf diese Weise Gesundheitsschädigungen vorprogrammiert. 

Ein Pferd muss erst lernen, wie es eine gebogene Linie in einer Manier bewältigen kann, die seiner Gesundheit nicht schadet –  siehe dazu unseren Longenkurs und Sehen lernen. Wir können dem Pferd Schritt für Schritt zeigen, dass es dafür im Genick nachgeben, sich stellen und biegen, die innere Schulter anheben, den Rücken mehr anheben und mit dem inneren Hinterbein mehr Last aufnehmen kann, um die gebogene Linie zu meistern:

gebogenDas Entscheidende bei der Sache ist aber die: Es ist beim guten Laufen mit einem einmaligen Lernen nicht getan! Wenn ein Pferd das Grundprinzip verstanden hat, ist natürlich schon viel gewonnen. Deshalb wird es aber dennoch immer wieder ganz schnell in die alten Bewegungsmuster geraten, also vielleicht auch nach monatelangem Training plötzlich wieder nach innen fallen oder sich nicht stellen lassen. Das tut es NICHT, um uns zu ärgern, weil sie stur sind oder dumm, sondern weil bewusste Bewegungen anstrengender sind als die natürlichen Bewegungsmuster (oder weil es z.B. auch körperliche Beschwerden hat, die sich dann so zeigen). 

Das ist nicht viel anders als bei uns: Denken Sie einfach nur mal an das gerade Sitzen. Vielleicht waren Sie bei der Krankengymnastik und haben gezeigt bekommen, wie Sie idealerweise sitzen sollen. Dann machen Sie das vielleicht in den ersten Tagen, aber ganz schnell schleichen sich die alten Gewohnheiten ein und Sie hängen wieder durch. Genauso ist es auch bei Pferden, denn das, was wir ihnen zeigen, entspricht nicht ihrer natürlichen Bewegungsweise. Wenn wir möchten, dass unser Pferd dauerhaft gut läuft, ist es wichtig, immer wieder von den Grundlagen an das Laufen neu aufzubauen. Selbst mit echten Longierprofis beginnen wir, wenn es nötig ist, mit den Basisübungen wie „Führen in Stellung“ und „Anschraten“.

Das gute Laufen ist also als Lernaufgabe ein Dauerthema und wird das Pferd, solange es gearbeitet werden soll, begleiten. Und dabei müssen wir auch immer wieder bereit sein, bei Null anzufangen.

10. Februar 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Anatomie und Körper, Longieren 8 Kommentare »

Nochmal ganz von vorn…

Wer hier schon länger mitliest, weiß, dass ich meinen Anthony mit gut 3 Jahren bekommen und selbst ausgebildet habe. Longiert wurde er nach unserem Longenkurs und diente als positives Beispiel durch manches Foto im Kurs. Er kann es also durchaus, der Kleine…

Longieren ist doof!

Irgendwann im letzten Jahr entschied Anthony, dass Longieren doof ist. Auslöser mag eine Lahmheit in der Hinterhand gewesen sein oder eine andere Unpässlichkeit. Vielleicht kam er aber auch einfach so auf die Idee, sich dem Longieren von einen Tag auf den anderen zu verweigern: Er stellte sich bei jedem Versuch massiv nach außen und zog nach außen weg.

Zuerst gab ich ihm einfach eine Pause und ließ die Lahmheit behandeln. Ich suchte mir natürlich auch Rat und Unterstützung und reflektierte, was ich tat, selbst dachte und fühlte, wenn es um das Longieren ging. Ich probierte verschiedene Kappzäume und auch ein einfaches Halfter, korrigierte meine Hilfen, meine Position und was weiß ich noch was. Zähne wurden natürlich auch gecheckt (und anderes mehr).

Nichts half, Anthony fand Longieren doof und Punkt. (Dazu ist vielleicht interessant, dass er in der Freiarbeit durchaus bereit und auch fähig war und ist, wundervoll auf dem Kreis in Stellung und Biegung zu laufen.) Letztlich ratlos akzeptierte ich sein Nein und hörte ganz auf, ihn longieren zu wollen.

Oder vielleicht auch nicht?

Nun befasse ich mich aktuell gerade intensiv mit dem Clickern. Ich bin schon seit langem von diesem Ansatz in der Pferdeausbildung überzeugt, aber wirklich systematisch habe ich das Clickern selbst noch nicht genutzt. Ja, um mal einige Tricks zu vermitteln und auch um gute Sachen zu loben, ja, aber leider (!) eben bisher nicht in der Intensität, wie ich es eigentlich sinnvoll fände. Tja, und nun dachte ich mir, ich könnte ja einfach mal probieren, was passiert, wenn ich das Clickern tatsächlich mal systematisch zum Longieren nutze. Nach ich-weiß-nicht-wie-vielen Monaten und der inneren Bereitschaft, noch einmal ganz von vorne zu beginnen, nahm ich also Anthony an die Longe. Seine Reaktion war prompt und deutlich: „Wie doof ist das denn schon wieder!“ – Außenstellung und Grummelgesicht inklusive.

Es half mir sehr, dass ich die Sache eigentlich schon komplett aufgegeben hatte, so hatte ich keinerlei Erwartungen und nahm ihm sein Verhalten auch nicht übel. Ich ließ ihn, als wäre er ein vollkommen unerfahrenes Jungpferd, in seiner extremen Außenstellung laufen und begleitete ihn an der locker durchhängenden Longe. Einfach so, ohne zu zuppeln, ohne zu beeinflussen und vor allem ohne mich in meiner Stimmung zu verändern. Ich tat nur eines: ich wartete geduldig.

Worauf? Darauf, dass ihm die Sache zu unbequem werden würde (denn den Kopf so stark nach außen zu halten, ist ganz schön anstrengend). Nach einer ganzen Weile sah Anthony das auch so und drehte seinen Kopf so, dass er annähernd gerade gerichtet war. CLICK und Belohnung. Überraschter Blick beim Pferd.

Weiter ging es damit, dass ich ihn nur begleitete und jedes Bisschen mehr an Innenstellung clickerte und belohnte. Ich kann nicht genau sagen, wie lange es dauerte, vielleicht waren es zehn Minuten, sicher nicht viel länger, und mein kleiner Longenhasser lief in manierlicher Innenstellung auf verschieden großen Kreisen um mich herum. Mehr noch: Seine Augen waren rund, sein Maul entspannt, fast hätte man sagen können: er sah gut gelaunt aus!

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8. April 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Clickertraining, Longieren 15 Kommentare »

Zurück zur Balance, zurück ins Leben

Ein scheinbar aussichtsloser Fall wird zur Sternstunde

Von Conni

Als die zehnjährige Traberstute Luna Ende April 2012 mein Leben trat, war sie ein Schatten ihrer selbst:  Sie ließ sich weder einfangen noch berühren, schlug nach Menschen aus und versprühte eine permanente Unruhe. Sie hatte alles erdenklich Schlimme erlebt, was einem Pferd im Laufe seines Lebens widerfahren kann: Von der Rennbahn ausgemustert wegen Kehlkopfpfeifen und einem halb blinden Auge war sie wegen ihrer Schnelligkeit durch zahlreiche Hände gewandert, die mit diesem Pferd nicht gerade zimperlich umgingen.

Sie wurde geschlagen, bis sie irgendwann lernte, zurückzuschlagen. Daraufhin begann eine Zeit der Isolation. Niemand wagte sich an sie heran, bis sie der Menschheit gänzlich den Rücken kehrte. Sie war gehetzt worden, dass sie schwer stürzte und einmal sogar in ein Moorloch fiel, sie lebte zeitweise auf einem verdreckten Messie-Anwesen zwischen Scherben und Draht – all das hatte ihre zarte Seele geprägt und unzugänglich gemacht.

Ich hatte ihre Geschichte insgesamt über sieben Jahre hinweg verfolgt und mich zwischenzeitlich um sie gekümmert. Luna lag mir seit dem ersten Tag unserer Begegnung am Herzen und sieben Jahre später kam ich schließlich durch Zufall dazu, sie zu kaufen.

Eine schöne Vorstellung, die nach Happy End verlangt, doch nun stand ich erst einmal vor diesem Scherbenhaufen und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Denn das waren nur ihre seelischen Baustellen. Körperlich war sie kaum besser dran: schiefe Hufe, stumpfes Fell, ein zurückgebildeter Trapezmuskel, viel zu dünn und mit riesigem Unterhals:     c3 c2 c1Durch zahlreiche Behandlungen von Physio, Osteo, Cranio, Zahnarzt, Tierarzt etc. gelang es allmählich, ihre körperlichen Baustellen zu beheben. Selbstverständlich wurde sie von mir nicht geritten. Das erste halbe Jahr gingen wir nur spazieren. Sie machte Fortschritte, stellte aber nach wie vor eine Gefahr für Menschen dar, indem sie nach ihnen ausschlug.

Ich tastete mich voran. Immer darauf bedacht, dieses Seelchen nicht zu überfordern.

Luna hat es mir oft nicht leicht gemacht. Wir zogen mehrmals um und fanden schließlich einen Offenstall mit kleinem Reitplatz. Das war im Januar 2013. Diese Gelegenheit nutzten wir, um mit der Bodenarbeit nach dem Longenkurs zu beginnen.

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19. November 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Longieren 20 Kommentare »

Beginne nie mit dem Zielbild

„Beginne nie mit dem Zielbild!“ – so lautet ein Leitsatz aus dem Clickertraining. Tatsächlich aber ist dieser Leitsatz nicht nur für das Clickertraining wichtig, sondern für die gesamte Pferdeausbildung. Leider wird er viel zu häufig vernachlässigt…

Beginne nie mit dem Zielbild!

Was ist mit diesem Satz gemeint?

Natürlich haben wir alle, wenn wir eine Lektion mit einem Pferd erarbeiten wollen, ihre korrekte Ausführung im Kopf. Wir denken also z.B. an ein perfektes Angaloppieren, an einen perfekten Zirkel im Trab oder an ein korrektes Schulterherein. Eine klare Vorstellung von dem zu haben, was wir uns erarbeiten wollen, ist gut, denn unsere inneren Bilder geben uns die Richtung vor. Aber eben nur die Richtung. Wir können ein Ziel anstreben, aber nicht mit diesem Ziel beginnen.

Ein guter Trainer oder Pferdemensch unterteilt deshalb jede Übung in möglichst viele Teilschritte und geht dann ganz kleinschrittig an eine Übung heran. Erst wenn ein Teilschritt vom Pferd verstanden wurde, geht er einen Schritt weiter. Manchmal muss man sogar wieder einige schon erreichte Teilschritte zurückgehen, denn Lernen ist kein geradliniger Vorgang, sondern findet in Wellen statt.

Dieses Vorgehen erspart vieles an sogenannten Widersetzlichkeiten, die entstehen, wenn ein Pferd eine Aufgabe nicht versteht oder überfordert ist. Es verhindert, dass das Pferd Fehler macht und dadurch demotiviert wird. Und es ermöglicht ein schönes Miteinander von Mensch und Pferd, da sich der Mensch auf diese Weise dem Lern- und Versteh-Tempo des Pferdes anpasst.

Ein Beispiel

Schauen wir uns einmal in der Praxis an, wie ein solch kleinschrittiges Vorgehen aussieht. Es eignet sich nicht nur dazu, dem Pferd etwas ganz Neues beizubringen, sondern auch bereits Bekanntes neu aufzubauen, z.B. um einem Pferd eine eher ungeliebte Lektion schmackhaft zu machen. Als Beispiel nehmen wir das Rückwärtsrichten, das von vielen Pferden ungern ausgeführt wird.

Wollen Sie Ihrem Pferd z.B. das Rückwärtsrichten beibringen, so erwarten Sie nicht gleich zu Beginn, dass Ihr Pferd sofort einige Schritte rückwärts macht! Und das eben bitte auch dann nicht, wenn es diese Lektion eigentlich schon beherrscht. Gehen Sie zunächst von nichts aus und setzen Sie sich als ersten Teilschritt, dass Ihr Pferd seinen Körperschwerpunkt nach hinten umlagert. Mehr nicht!

Loben Sie es dafür und üben Sie diese Gewichtsverlagerung mehrere Male.

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13. November 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Arbeit an der Hand, Aus dem Reitunterricht und Coaching, Aus der Bereiterpraxis, Clickertraining, Jungpferdausbildung, Longieren, Reiten, Umgang 6 Kommentare »

Bleibt der Arm locker?

Ich beobachte im Reit- aber auch im Longenunterricht immer wieder, dass viele Menschen in der Schulterpartie und den Armen stark verspannt sind. Aber nur mit lockeren Armen können wir weiche Hilfen am Zügel oder der Longe geben! Und so besteht eine große Lernherausforderung für uns darin, die Schultern und die Arme immer wieder zu entspannen. Das ist besonders schwierig, wenn unser Restkörper andere Sachen macht. Je mehr wir uns konzentrieren, z.B. aufs Treiben mit den Schenkeln oder auf unseren Sitz oder die korrekte Longierposition, desto schneller machen wir uns in der Schulterpartie fest und spannen die Arme und Hände an. Falls Sie das auch von sich kennen, habe ich hier einige Anregungen für Sie, wie Sie daran arbeiten können.

Erstmal durchatmen

Viele, die zum Pferd kommen, bringen Stress mit. Vielleicht gab es Ärger auf der Arbeit oder einen Streit mit den Kindern oder uns machen die Finanzen oder die Gesundheit eines geliebten Menschen Sorgen oder was auch immer es bei Ihnen ist. Auf Stress reagieren wir fast alle mit hochgezogenen Schultern und Anspannung in den Armen. Noch bevor Sie also zum Pferd gehen (geschweige denn mit ihm arbeiten), sollten Sie einige Male ruhig und tief durchatmen. Ziehen Sie beim Einatmen Ihre Schultern bis hoch zu den Ohren und lassen Sie sie beim Ausatmen locker nach unten fallen. Sie können die Schultern auch genüsslich kreisen und so die ganze Partie lockern.

Nehmen Sie die ruhige Atmung mit, Ihr Pferd wird das mit Freude und Erleichterung wahrnehmen (denn Pferde reagieren sehr sensibel auf unseren Stress).

Eine Partnerübung für mehr Bewusstheit

Es gibt eine einfache, kleine Übung, mit der Sie überhaupt erst einmal spüren lernen können, ob Sie Ihre Arme wirklich lockern können. Dazu brauchen Sie einen menschlichen Partner, der Sie bei der Übung unterstützt.

Ihr Partner hält locker einen Arm von Ihnen. Lassen Sie diesen Arm ganz entspannt. Wenn Ihr Partner kleine Bewegungen mit Ihrem Arm macht, lassen Sie diese Bewegungen zu.

Ihr Partner gibt Ihnen Feedback, ob Sie wirklich locker in der Schulter oder im Arm sind. Denn oft denken wir nur, dass wir locker sind, halten aber unbewusst dennoch gegen. Ihr Übungspartner wird das merken und kann Ihnen sagen, wann Sie tatsächlich loslassen.

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22. Mai 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Longieren, Reiten, Übungen 5 Kommentare »

Einfach, einfacher und noch einfacher …

Heute möchte ich Ihnen eine ganz simple Strategie mit großer Wirkung ans Herz legen. Wenn Sie diese Strategie in der Ausbildung und im täglichen Umgang mit Ihrem Pferd befolgen, haben Sie sehr wahrscheinlich

  • weniger Probleme,
  • weniger Streit,
  • weniger Widersetzlichkeiten

und statt dessen viel Erfolg und Harmonie im gemeinsamen Alltag.

Die Strategie heißt: Mach es einfach, einfacher und noch einfacher!

Wann immer Sie mit Ihrem Pferd in eine Situation kommen, in der etwas nicht funktioniert, in der Ihr Pferd nicht ausführt, was Sie von ihm wollen, oder es widersetzlich, ängstlich, nervös, störrisch etc. wird, denken Sie an diese Strategie, die nichts anderes sagt, als dass Sie als geduldiger Lehrer Ihres Pferdes nur überlegen müssen, wie Sie die geforderte Aufgabe für Ihr Pferd einfacher gestalten können.

Schrauben Sie Ihre Anforderungen konsequent so weit zurück, bis Ihr Pferd wieder in der Lage ist, etwas richtig zu machen, und loben Sie diesen richtigen Ansatz, sei er auch noch so klein. Von dort aus gehen Sie Schritt für Schritt wieder hin zu Ihrem Zielbild und schauen, wie weit Sie kommen. Wann immer es wieder zu Problemen, Widersetzlichkeiten und Fehlern kommt, machen Sie es wieder einfacher …

Ganz einfach, oder? 😉

14. Februar 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Longieren, Reiten, Umgang 6 Kommentare »

Hinter die Kulissen geschaut – mein Tag mit „Mein Pferd“

Haben Sie die Januar-Ausgabe der Zeitschrift „Mein Pferd“ gelesen? Wenn ja, kennen Sie wahrscheinlich schon den dort erschienenen Bericht zum Thema Longieren. Wenn nein, dann finden Sie ihn hier.

Da ich denke, dass für viele hier interessant ist, einmal hinter die Kulissen zu schauen und zu erfahren, wie so ein Artikel in einer Zeitschrift entsteht, berichte ich heute über meinen Tag mit „Mein Pferd“.

Ich hatte mit dem Chefredakteur der Zeitschrift „Mein Pferd“, Herrn Ilja van de Kasteele, schon hin und wieder telefonisch einen sehr netten Kontakt und wusste bereits, dass er gerne einen großen Bericht zum Thema Longenarbeit mit mir als Expertin herausbringen würde. Im Oktober wurde es dann tatsächlich ernst. Wir verabredeten, dass ich zu ihm nach Köln komme, um dort mit zwei Pferden, die mir zur Verfügung gestellt werden sollten, zu arbeiten.

In aller Herrgottsfrühe machte ich mich also auf die Reise nach Köln, wo ich am frühen Mittag eintraf. Auf der Fahrt war ich doch etwas aufgeregt. Wie wird der Tag verlaufen? Was für Pferde werden mir gestellt werden? Wird es mir mit den Pferden gelingen, zu zeigen, wie schön Pferde an der Longe gehen können, wenn sie nach dem Longenkurs gearbeitet werden? Eine Einheit ist dafür ja nicht gerade sehr viel Zeit …

Herr van de Kasteele und seine Mitarbeiterin holten mich vom Bahnhof ab und gemeinsam fuhren wir in den Stall, in dem das Shooting stattfinden sollte. Dort erwartete uns bereits die Redakteurin Inga Meyer, die den Artikel schreiben sollte und die mir auch die Pferde zur Verfügung stellte.

Bei den Pferden handelte es sich um die 19-jährige Stute Suleika, ein lettisches Warmblut und um den 7-jährigen Hannoveranerwallach Joe.

Joe

Zuerst musste der gute Joe an die Arbeit. An ihm erklärte und zeigte ich ausführlich das Konzept des Longenkurses. Zu Beginn ließ ich ihn auf beiden Händen am Halfter einige Runden traben, um mir ein Bild von seiner natürlichen Balance und Laufhaltung zu machen. Das sah gar nicht so schlecht aus. Er lief in recht schönem Takt und auch losgelassen, aber es mangelte deutlich an Biegung, Aufrichtung der Schulter und Hinterhandaktivität:

Die Arbeit nach dem Longenkurs beginnt

Es folgte das Anlegen des Kappzaums und ich begann mit der Überprüfung des Genicks mittels der Übung „Führen in Stellung“.

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17. Januar 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Longieren 18 Kommentare »

  • Reitkurs

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