Gewalt ist falsch – Inspiration des Monats
Mit unserer Rubrik Inspiration des Monats nehmen wir uns jeweils ein Schwerpunktthema vor, für das wir Euch kurz und knapp Denkanstöße und Anregungen geben möchten. Lange Texte gibt es bei uns genug, aber gerade bei Basis-Themen denken wir, ist es wichtig, sie immer wieder mit in den praktischen Pferde-Alltag zu nehmen, um für eine längere Zeit im Herzen bewegt zu werden. Und meist sind es Schlüsselsätze oder -erkenntnisse, die man wirklich bei sich behält.
Unser Tipp: Zieht Euch jeweils unsere Inspiration des Monats auf Euer Handy, damit Ihr die Fragen und Denkanstöße für eine Weile immer dabei habt – Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wie unterschiedlich Eure Antworten und Gedanken dazu in verschiedenen Situationen ausfallen können.
Thema des Monats:
Gewalt ist falsch
Mit dem Thema „Gewalt“ haben wir uns schon häufig befasst, zum Beispiel hier, hier, hier und hier. Aus aktuellem Anlass gibt es nun auch eine Inspiration des Monats zu diesem Thema. Vor einigen Tagen wurde bei den Olympischen Spielen ein Pferd im Fünfkampf von seiner Reiterin nach mehreren Verweigerungen auf Zuruf der Trainerin („Hau mal richtig drauf!“) geschlagen, was eine Welle der Empörung auslöste. So wichtig es ist, das Fehlverhalten einzelner Personen zu ahnden, so greift die Empörung allein über die Reiterin zu kurz. Das Problem liegt viel tiefer, nämlich im (Reit-)System selbst und in den Glaubenssätzen und Überzeugungen, die diesem System zu Grunde liegen. Ein System, das Gewalt zum Zweck der Ausbildung und des Trainings von Pferden billigt, als notwendig bezeichnet und sogar gutheißt, ist ein krankes System. Die Tatsache, dass Reiterin und Trainerin der Meinung sind, nichts Falsches getan zu haben, zeigt das mehr als deutlich.
Fakt ist: In der konventionellen Reiterei wird noch immer das „Durchsetzen“ über das Verständnis für das Tier gesetzt, was zwangsläufig zu Gewalt führen muss. Was bei den Olympischen Spielen zu sehen war, ist in vielen Reitställen „normal“: Pferde werden geschlagen, sie werden getreten und es wird an Zügeln gerissen. Zahlreiche Reiter/innen nutzen Hebelgebisse, Flaschenzüge, Sporen und Ähnliches, um Pferde zu kontrollieren. Und zahlreiche Trainer und Ausbilderinnen setzen Rollkur, Strom und andere schmerzauslösende Mittel sowie psychische Gewalt ein, um Pferde zu gewünschten Leistungen und Aktionen zu bringen. Schon Reitanfänger/innen und Kinder werden frühzeitig angeleitet, Gewalt zu nutzen, um Pferde zu dem zu bringen, was als Aufgabe gestellt ist. Auch wenn sich schon manches zum Guten geändert hat, so sind es immer noch viel zu viele, die diesen Weg gehen und viel zu viele von uns schauen weg, wenn es passiert.
Ob Profi oder Anfänger, ob Jung oder Alt, ob Schüler oder Trainer, ob auf einem Turnier oder im Gelände, ob am Boden oder im Sattel – Gewalt ist immer der falsche Weg. Wenn ein erfolgreicher Turnierreiter ein Pferd mit der Gerte schlägt oder mit Sporen sticht, ist das für das Pferd genauso schlimm, wie wenn es ein Freizeitreiter tut. Die Schmerzen, die durch ein Hebelgebiss oder Schlaufzügel ausgelöst werden können, sind für das Pferd dieselben, egal ob sie eine erfahrene Reiterin oder ein Anfänger verursacht. Jeder „Experte“, der Gewalt gegenüber Pferden für angemessen hält, disqualifiziert sich selbst. Außer in echten Notfällen (wenn es also darum geht, schlimme Unfälle zu vermeiden oder gar Leben zu retten) gibt es keine Rechtfertigung für den Einsatz von Gewalt gegen Pferde, um sie gefügig zu machen und die eigenen Ziele durchzusetzen. Pferde dürfen nicht geschlagen oder getreten werden und Werkzeuge, die dazu geeignet sind, Pferden Schmerzen zuzufügen, können niemals zu einem harmonischen Miteinander führen. Wir alle, die wir mit Pferden zu tun haben, tragen hier eine Mitverantwortung.
Bitte seid bereit,
- immer wieder selbstkritisch Euer eigenes Tun zu überdenken und ggf. zu ändern,
- nein zu sagen, wenn Trainer oder Lehrerinnen Euch auffordern, gegenüber einem Pferd Gewalt anzuwenden, und
- Euch zu Wort zu melden, wenn Ihr Gewalt gegen Pferde beobachtet.
Gewalt darf einfach nicht länger als „normal“ gelten, denn es geht auch anders!
10. August 2021 von Tania Konnerth • Tags: Pferde, Pferdeausbildung, Pferdetraining, Reiten, Reitsport • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Reiten, Umgang • 5 Kommentare »