Ich habe Ihnen in meinem Blogbeitrag Clickertraining schon einiges von dieser wundervollen Ausbildungsmethode vorgestellt. Heute möchte ich Ihnen ein weiteres Element aus diesem Ausbildungskonzept vorstellen und zwar das so genannte „freie Formen“ oder auch „Shaping“.
„Freies Formen“ bedeutet, dass Sie beobachten, was Ihr Pferd macht und dass Sie dann genau das Verhalten clickern, welches Sie gerne fördern möchten. Sie geben also kein Kommando und keine Korrektur, sondern Sie warten auf die Hilfe „Zufall“.
Wichtig: Es wird nicht erst die komplette richtige Ausführung einer Übung verstärkt, sondern bereits jede Annäherung an die gewünschte Handlung. Mit dieser Technik kann man den Tieren völlig zwanglos die tollsten Dinge beibringen.
Was Sie dazu benötigen:
- einen Clicker (alternativ Lobwort),
- Belohnungskekse,
- Geduld,
- ein gutes Gefühl für Timing und
- die Fähigkeit, die kleinsten Ansätze eines gewünschten Verhaltens zu erkennen (was sich trainieren lässt).
Und so geht’s
Wie das freie Formen im konkreten Fall aussehen kann, möchte ich Ihnen anhand eines Beispiels zeigen.
Das häufigste Argument, warum Pferdebesitzer nicht mit Futter als positiven Verstärker arbeiten wollen, ist, dass die Pferde dann zu betteln anfangen und „frech“ werden. Nehmen wir also das Zielbild „Mein Pferd steht geduldig abwartend neben mir, ohne mich anzubetteln“.
Es gilt: Machen Sie es Ihrem Pferd so einfach wie möglich! Gerade bei Pferden, die sich das Betteln und Rumschnuckern schon angewöhnt haben, nutzen Sie genau diesen Weg.
Stellen Sie Ihr Pferd hinter eine Absperrung, so dass es gar nicht an Ihnen rumknuspern kann. Sie stehen mit dem großen Beutel voller Leckerbissen dennoch nah bei Ihrem Pferd und Ihr Pferd wird sicherlich eine längere Zeit versuchen, irgendwie an Sie und den Beutel heranzukommen oder Sie durch das Anbieten von irgendwelchen tollen oder „süßen“ Aktionen zur Herausgabe eines Leckerbissen zu animieren. In dieser Zeit drehen Sie sich etwas vom Pferd weg und ignorieren es komplett (auch wenn es noch so lieb guckt!).
Hier gibt es keinen Click und Belohnung (C+B)! (Auch nicht für die ach so süßen Hundies 🙂 ):

Nein, auch dafür gibt es nichts!

Und für das Betteln mit einem Vorderbein erst recht nicht (es sei denn, Sie möchten den spanischen Schritt frei formen…).

Beobachten Sie aber Ihr Pferd aus dem Augenwinkel heraus dabei genau. Irgendwann wird Ihr Pferd kurzfristig seine Aufmerksamkeit von Ihnen abwenden und in eine andere Richtung schauen. Dies ist der Moment für Click und Belohnung (C+B).
Wichtig: Achten Sie bei der Gabe des Futters immer auf die Einhaltung der guten Manieren! (Lesen Sie dazu bitte auch meinen Blog: Futter aus der Hand?)
Hier darf ich clickern! (Achten Sie darauf, wie gleich doch Hund und Pferd reagieren.)

So ist sehr gut! C+B

Auch das ist ein guter Moment für eine positive Verstärkung, hier schon unter erschwerten Bedingungen, also ohne Zaun zwischen uns:

Noch wird Ihr Pferd den Zusammenhang nicht 100%ig verstanden haben und wahrscheinlich wiederum mit Betteln reagieren. Dieses Verhalten wird wieder vollkommen ignoriert, bis es die nächste Situation für C+B ergibt.

Über kurz oder lang wird jedes Pferd den Zusammenhang verstehen, eines braucht länger, beim anderen geht es schneller – aber lernen tun sie es alle!
Am Anfang arbeiten Sie mit einer hohen Clickerfrequenz, d.h. Sie clickern schnell und oft. Nach und nach sinkt die Clickerfrequenz. Wenn Ihr Pferd verstanden hat, welches Verhalten Sie möchten, erwarten Sie als nächstes, dass dieses Verhalten länger gezeigt wird. In unserem Beispiel sieht das so aus, dass Sie zu Beginn das erste Wegschauen Ihres Pferdes belohnen, um später nur noch zu clickern, wenn Ihr Pferd eine gewisse Zeit entspannt und geduldig neben Ihnen steht, ohne auch nur einen Ansatz von Betteln zu zeigen.
Hat Ihr Pferd das verstanden, üben Sie weiter, ohne sichere Absperrung dazwischen.
Tipp: Die Übung Kopf tief ist auch sehr gut über das freie Formen zu vermitteln.

Durch diese Art der Arbeit lernen die Pferde, selbstständig Angebote zu machen, das heißt, sie lernen mitzudenken. Der Mensch kann dann aus diesen Angeboten auswählen, was er fördern möchte und was nicht. Pferde, die so gefördert werden, werden selbstbewusster und sind viel motivierter als Pferde, die über negative Verstärkung oder über Strafe „erzogen“ werden.
Probieren Sie es doch mal aus!