Wir hatten Anfang September in einer Aktion dazu aufgerufen, uns Ideen zu schicken, mit denen sich die Welt der Pferde verbessern lässt. Und es sind viele gute Ideen zusammen gekommen! Wir haben ein Weilchen überlegt, was wir mit den tollen Gedanken und Ansätzen machen. Fürs Erste stellen wir im Folgenden eine gut gemischte Auswahl an Ideen zu allen möglichen Bereichen vor und die eher konkreten und praktischen Ideen veröffentlichen wir dann immer mal wieder als Tipps zwischendurch.
Nun besteht bei solchen Listen das Problem, dass viele Ideen nicht wirklich neu sind und auch woanders schon zu lesen sind, aber dennoch wenig passiert, weil keiner so recht weiß, wo man beginnen soll. Gleichzeitig sind solche Listen aber auch sinnvoll, weil gar nicht oft genug darauf hingewiesen werden kann, wo noch Handlungsbedarf und vor allem auch erst einmal Diskussionsbedarf besteht. Denn eines ist klar: so gut eine Idee erstmal klingt, so müssen immer auch ganz verschiedene Aspekte beachtet werden, so dass sich manches bei genauerem Hinsehen dann doch wieder als kritisch erweist. Aber genau darum geht es ja: Im Austausch Ideen zu entwickeln, die tatsächlich etwas Gutes bewirken und die vielfältige Sammlung unserer Leser-Einsendungen kann genau dafür eine gute Grundlage bieten.
Wir werden in der nächsten Zeit immer mal wieder einige Punkte in anderer Form zur Diskussion stellen (sei es als einzelne Artikel, als Aufrufe oder Inspirationen) und hoffen so, immer wieder zum Umsetzen anzuregen. Teilt auch Ihr die Ideen mit anderen und werdet nicht müde, immer wieder neu anzusetzen – es braucht viele, viele aktive Menschen, damit sich wirklich etwas ändert!
Eine exzellente Frage!
Am allerbesten hat uns der Denkanstoß von Daniela gefallen. Sie regte an, sich immer wieder selbst in den unterschiedlichsten Situationen zu fragen:
Würde ich mein eigenes Pferd sein wollen?
Bei einer ehrlichen Beantwortung dürfte das wohl zu so mancher Änderungen führen…
Grundsätzliches
Am häufigsten kam der Vorschlag, einen Pferdeführerschein einzuführen, und zwar zusätzlich zum bereits bestehenden Basispass Pferdekunde. Diesen Pferdeführerschein müsste dann jeder machen, der sich ein Pferd anschaffen will. Damit soll sichergestellt werden, dass wenigstens die wichtigsten Fakten darüber bekannt sind, was ein Pferd braucht, wie es gehalten werden soll und wie mit ihm umzugehen ist. Hier wurde immer wieder die Wichtigkeit von Infos über die Gesunderhaltung von Pferden betont (vor allem Ernährung). Aus unserer Sicht gäbe es hier noch viel Klärungsbedarf z.B. darüber, wer wie über die Inhalte und Infos für einen solchen Führerschein entscheidet, durch wen dann die Prüfungen abgenommen werden sollen usw. Wir alle wissen ja, dass die Ansichten darüber, was gut für Pferde ist, doch sehr weit auseinandergehen und es dürfte eine große Herausforderung sein, hier wirklich etwas im Sinne der Pferde zu bewegen (und nicht zum Beispiel einfach nur Bestehendes zu festigen, weil es eben immer schon so „richtig“ war…).
Alternativ könnte eine Beratungsstelle für Menschen eingerichtet werden, die sich ein Pferd anschaffen wollen, bei der es Infos und Antworten zu allen möglichen Themen und Fragen gibt (Kosten, Versicherungen, Ernährung, Gesundheit, Training usw.).
Ein weiterer Vorschlag war der, eine überregionale, unabhängige Internetseite aufzubauen, auf der Dienstleister rund ums Pferd seriös bewertet werden, so dass Pferdeleute eine Chance haben, gute Leute zu finden. Und hierzu noch eine originelle Idee: Die jährliche Kür des unnötigsten Produkts in der Pferdewelt (denn es gibt tatsächlich haarsträubende Erfindungen).
Angeregt wurde auch, bestimmtes Pferdezubehör nur mit einer Beratung verkäuflich zu machen, in letzter Konsequenz zu allem, was geeignet ist, Pferden Schmerzen zuzufügen.
Tierärzte sollten verpflichtet werden, Missstände zu benennen, also nicht nur die gerufene Verletzung oder Krankheit behandeln, sondern z.B. auch auf Übergewicht und andere Gesundheitsaspekte hinweisen. Hier wurde auch gefordert, dass Tierärzte für die Kontrolle von nötigen Veränderungen eingesetzt werden könnten.
Und es wurde ein Verbot des Einsatzes von Pferden auf Jahrmärkten, Kirmessen und als touristische Attraktionen gefordert.
Ein sehr wichtiger Aspekt war dann noch die Forderung, für mehr Miteinander unter Pferdeleuten zu sorgen, also die Grabenkriege zu beenden, weniger aus Neid und Missgunst zu handeln, sondern einander zu helfen und offen zu sein für unterschiedliche Gedanken und verschiedene Ansätze im Umgang mit Pferden.
Unterricht
Für den Reitunterricht gab es viele gute Ideen, wie z.B.:
- Hinterfragen von alten Traditionen,
- vermehrtes Einfließenlassen von neueren Erkenntnissen und Ansätzen,
- im Reitunterricht auch Wissen über Anatomie vermitteln, damit die Auswirkungen von falschem Training klar werden,
- zusätzliche „Pferdestunden“ statt „Reitstunden“ einführen, in denen es um das Wesen Pferd geht und um ein harmonisches Miteinander, nicht um das Nutzen des Tieres,
- mehr Sitzlongenstunden
- anderes mehr.
Umgang und Miteinander
Für den alltäglichen Umgang gefielen uns vor allem folgende Denkanstöße:
- Pferde nicht länger als Sportgeräte zu sehen,
- positive Verstärkung als Basis für den Umgang mit Pferden durchsetzen,
- mehr Zeit im Miteinander und vor allem auch in der Ausbildung,
- Abschied vom Perfektionszwang,
- Bereitschaft vom Pferd zu lernen,
- Selbstreflexion und
- Ähnliches.
Haltung
Diese Ideen kamen in Bezug auf die Haltung von Pferden:
- Genehmigung und Führung von Pferdeställen sollte nicht mehr der Gewerbeordnung oder landwirtschaftlicher Regelungen unterliegen, sondern mehr dem Umweltschutz – das könnte zu deutlich artgerechteren Anlagen führen,
- unabhängige Kontrollen von Ställen in Hinblick auf eine artgerechte Haltung,
- reine Boxenhaltung verbieten bzw. grundsätzlich gute Lauf- und Offenstallkonzepte einführen,
- Bewegungsanreize durch Trails und Hügel schaffen,
- flächendeckend Extra-Gruppen für rehegefährdete, übergewichtige und kranke Pferde einrichten,
- umfassender und gezielter über Giftpflanzen und deren Beseitigung informieren (z.B. Jakobskreuzkraut),
- Trinkwasser für Pferde testen lassen.
Sport- und Turnierreiten
Und noch einige Ideen zum Sportreiten:
- Reform des Dressursports (was gilt als richtig usw.),
- Berücksichtigung des psychischen und physischen Zustands der vorgestellten Pferde (zu nervös, zu ängstlich, zu jung, zu schlecht bemuskelt, zu klein für den Reiter usw.),
- bei den Bewertungen mehr Gewicht auf das gesunderhaltende Reiten legen anstatt auf spektakuläre Bewegungen,
- strengere Kontrolle des Zubehörs (z.B. zu enge Sperr- und Nasenriemen abstrafen usw.),
- Kameras auf Abreitplätzen und Sichtung des Materials, bei tierquälerischen Aktionen Disqualifikation,
- grundsätzlich auch alternatives Zubehör wie z.B. gebisslose Zäumungen und baumlose Sättel zulassen,
- Einsatz von Gewalt konsequent ahnden,
- Rollkur, Low-and-deep und ähnlich tierquälerische Trainingsmethoden verbieten und jeden Verstoß ahnden,
- Preisgelder reduzieren, um damit dafür zu sensibilisieren, dass es um die Pferde gehen muss, nicht ums Geld.
Ihr könnt die Kommentar-Funktion hier gerne dazu nutzen, nicht nur Eure Gedanken zu diesen Ideen, sondern auch weitere Einfälle zu veröffentlichen – wir sind gespannt!
