Eine Verständnisfrage?!
Wenn Pferde widersetzlich sind oder ein Verhalten zeigen, das wir nicht wollen, kann das viele Ursachen haben. Immer öfter komme ich zu der Erkenntnis, dass die Hauptursache darin liegt, dass Pferde uns schlicht und einfach nicht verstehen.
Nehmen wir als Beispiel eine Begebenheit in einem meiner Kurse: Ein Kursteilnehmer kam mit seinem jungen Wallach. Das Pferd war wohl im Umgang nicht einfach und so zeigte er sich in der ersten Einheit auch recht schwierig. Er mochte es z.B. gar nicht, beim Führen die Hand des Menschen in Kopfnähe zu haben, er biss viel nach der Hand und den Führstrick und stieg auch einmal. Das Pferd war kurz vor dem Kursbesuch in Profiausbildung bei einer bekannten Trainerin und der Besitzer bekam bisher von verschiedenen Leuten zu hören, dass dieses Pferd besonders dominant sei und deshalb eine strenge, ja auch harte Hand benötige.
Der Eindruck, den ich von der ersten Minute an von dem Pferd hatte, war allerdings ein gänzlich anderer: Ich sah das Pferd und spürte eine große Unsicherheit und Anspannung. Für mich war alles an ihm – auch oder sogar gerade sein Beißen und Steigen – ein Ausdruck eines großen Unverständnisses. Dieses Pferd sendete für mich durchgehend die Botschaft: „Ich verstehe nicht!“ So unterschiedlich kann ein Pferd wahrgenommen und verstanden werden!
Da die anderen das Pferd wesentlich länger kannten als ich und es eben auch schon viel länger als ich erlebt hatten, konnte ich mich freilich nicht hinstellen und sagen: „Ich habe Recht und die anderen nicht.“ Ich denke aber, dass es unendlich wichtig ist, immer zu bedenken, dass manchmal alles auch ganz anders sein kann, als man glaubt …
Meine Erfahrung nach all den vielen Jahren, in denen ich nun mit Pferden zusammenarbeite, ist die: Nicht jedes Pferd, welches sich dem Menschen widersetzt, ist dominant, ja, meist trifft sogar das Gegenteil zu! Gerade hinter den „Aufsätzigen“ verbergen sich oft sehr ängstliche, verstörte und vor allem verunsicherte Pferdeseelen. Und für diese Pferde ist ein dominantes Auftreten des Menschen alles andere als förderlich.
Strafen allein ermöglicht noch kein Verstehen
Soweit ich es in den zwei Kurstagen mitbekommen habe, wurde mit dem jungen Wallach so verfahren: Der Umgang war streng. Auf jede falsche Aktion des Pferdes wurde konsequent reagiert. So setzte es auch während des Kurses mal den Strick. Das Pferd bekam also immer prompt und deutlich (negatives) Feedback, wenn es Fehler machte. Was ich sehr vermisste, war das Feedback für das Pferd, wenn es etwas gut und richtig gemacht hat, also ein mindestens ebenso konsequentes Lob.
Einmal forderte ich meinen Schüler auf, sein Pferd mit der Stimme zu loben, als es gerade in tollster und bravster Weise an der Longe lief. Das lehnte dieser allerdings ab, da er nichts vom Stimmlob hielt. Ich sagte ihm, dass ich das schade finde, weil das Pferd dann ja gar nicht weiß, dass es seine Sache gerade gut macht. Die Antwort darauf war: „Der weiß, dass ich ihn toll finde.“ Ob das wirklich so war? Woher sollte das Pferd das denn wissen? Es bekam doch eigentlich immer nur gesagt, dass es alles falsch macht …
23. Oktober 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Umgang • 20 Kommentare »










































