Es gibt immer wieder Themen, über die man am liebsten nicht nachdenken möchte, weil sie zu anstrengend und unbequem sind und sie einem ein schlechtes Gewissen machen – und genau deshalb sind sie so wichtig. Im Folgenden findet Ihr einen sehr berührenden und nachdenklich stimmenden Erfahrungsbericht zum Thema „Reiten im Ausland“ von Teresa Moninger. Teresa hat vor einigen Jahren bei Babette ein einjähriges Praktikum gemacht und ist inzwischen in die USA gezogen, wo sie nun als Yogalehrerin arbeitet. Ihre Liebe zu den Pferden ist ihr dabei nicht verloren gegangen. Aus dieser Liebe heraus hat sie diesen Artikel verfasst, in dem sie ein Thema anspricht, über das nur wenig zu lesen ist, weil es heikel und unbeliebt ist. Ein ziemliches „Spaßbremsen-Thema“, also – um so wichtiger, es anzusprechen.
Ganz grundsätzlich werden Missstände in der Pferdewelt oft nur zögerlich angesprochen, man will ja niemanden auf die Füße treten, weil man selbst auch schon einiges gemacht hat, von dem man genau weiß, dass es nicht okay war. Und wenn es dann noch um den Urlaub geht und um fremde Länder, in denen das Leben aus verschiedenen Gründen ein bisschen anders abläuft als bei uns, wird es noch schwieriger. Teresa hat dieses so wichtige Thema auf eine ebenso persönliche wie differenzierte Weise verarbeitet, so dass ihr Text aus unserer Sicht, die Grundlage für die unerlässliche Portion Selbstreflexion bietet, die wir alle aufbringen müssen, wenn wir echte Pferdefreunde sein wollen, und das, ohne alles nur schwarz-weiß zu zeichnen.
Viele von Euch werden die in diesem Jahr geplanten Urlaube wohl nicht antreten können und so bietet sich in dieser Zeit eine gute Gelegenheit, einmal ganz in Ruhe für sich selbst zu überlegen, wie man in Zukunft mit der Frage umgeht, ob man auch im Ausland auf das Reitvergnügen nicht verzichten will und unter welchen Bedingungen das zu vertreten ist …
Das Reiten im Ausland
Von Teresa Moninger
Weißer, endloser Strand, wehende Mähnen, das Rauschen des türkisfarbenen, karibischen Meeres neben dir und du im Galopp – eine kitschige, wenngleich auch traumhafte Pferdemädchen-Szene. Ich habe sie selbst erlebt: als Mitreiterin, als Guide und in den Augen der verschwitzten Touristen, deren Pferde ich nach dreistündigen Strand- und Dschungelritten entgegennahm. Ich habe die Pferde für sie abgesattelt, geputzt, gefüttert und auf die Weide entlassen.
Meine Zeit in Costa Rica
Dort wo ich wohne, gibt es Wildpferde und damit nicht die Möglichkeit, selbst ein Pferd zu halten. Deshalb verlasse ich jedes Jahr im Winter die Insel, auf der ich in den USA lebe, und reise in ein fremdes Land, um mit Pferden zu arbeiten. Dieses Mal war ich fünf Wochen lang in einem kleinen Dorf direkt an der karibischen Küste Costa Ricas. Ein Ort mit Faultieren, Dschungelgeräuschen, Palmen und sehr vielen, vorwiegend deutschsprachigen Touristen.
Costa Rica hatte ich bisher nur als Backpacker erlebt. Damals sah ich kleine, dünne Pferde am Straßenrand, wie sie Einheimischen beim Treiben der Viehherden halfen. Nach einigen Recherchen stellte sich heraus, dass Costa Rica voll von Pferderanches ist, auf denen sich Reisende ihren Traum von einem Strandritt verwirklichen können. Ein paar Emails später hatte ich einen Job als Volontärin, um beim Pferdetraining und der Pflege von über zehn Pferden zu helfen.
Mir, wie vermutlich den meisten Pferdeinteressierten, war im Vorfeld klar, dass ein Pferd in Zentralamerika ein anderes Leben führt als in einem europäischen Land und dort auch heute noch hauptsächlich als Lasten-, Treib- und Transportmittel dient. Der besonders in Costa Rica immer größer gewordene Tourismus hat ausländische Investoren dazu veranlasst, Strandritte mit Pferden anzubieten. In der Regel werden diese von einheimischem Personal geleitet, welches mit der Sprache und den Örtlichkeiten besser vertraut ist. Die Pferde werden meist mit landestypischer Hakima (entspricht einem Bosal) und Freizeit-Sattel im Westernstil geritten und sind aufgrund des steinigen Bodens sehr häufig beschlagen.
Ein Pferd in Costa Rica kann für circa 350,- Euro erworben werden und lebt, je nach Einsatzzweck, gewöhnlich auf mit einer Stacheldraht umzäunten Weide oder angebunden auf einem Feld. Bei meiner Ankunft fiel mir auf, dass alle Pferde freundlich, aber am Menschen relativ uninteressiert waren, was bei täglich wechselnden Reitern durchaus verständlich ist. Mit Ausnahme der noch nicht eingerittenen Pferde, wiesen alle von ihnen Narben, haarlose Stellen und teils knotige Wunden am Rücken und auf der Nase auf. Besonders der Widerrist, welcher normalerweise weich in Muskulatur eingebettet sein sollte, war davon betroffen. Er ragte mit deutlichen Verletzungen hervor und sollte daher von mir mit zurecht geschnittenen Schaumstoffstücken oder kleinen Kissen unterpolstert werden. Keiner der Sättel passte den Pferden, alle waren extrem eng am Widerrist, erlaubten kaum Luftzirkulation an der Wirbelsäule und verhinderten somit das Wachsen der Tragemuskulatur. Immerhin wurde die Sattellage von allen Guides gründlich geputzt, was einiges wert ist, einen verschmutzten Sattelgurt und einen unpassenden Sattel allerdings nicht wettmachen kann.
Die Pferde bekamen täglich Pellets und Heu zusätzlich zum Weidegras, dennoch ragten bei vielen die Hüftknochen und sogar die Dornfortsätze hervor. Die Hals- und Rückenmuskulatur war nahezu vollständig atrophiert und in Folge dessen erkannte ich zwei Laufmuster der Pferde: Die einen, welche trippelten, rannten und sehr taktunrein gingen, mit hochgerissenem Kopf und gestressten Augen und die anderen, deren Lauffreude unter dem Reiter nicht mehr vorhanden war. Sie schlurften, ließen sich kaum vorwärts bewegen, selbst wenn der Rest der Gruppe davonpreschte. Sie zeigten seitlich hängende Ohren, zusammengekniffene Kiefer und sorgenvoll ausgehöhlte Augen.
Ich beschloss nach meinem ersten Ausritt, dass ich so wenig wie möglich daran teilnehmen wollte, und beschränkte meine Pferdearbeit vornehmlich auf deren Wellness. Ich massierte verspannte Pferdekörper, worauf die Tiere erst skeptisch drohend dann kauend mit geschlossenen Augen diese Art der Berührung erlebten und erlaubten. Jedes der Pferde reagierte äußerst druckempfindlich auf Berührungen im Sattelbereich und am Genick und die Hälfte der Pferde zeigte deutlichen Sattelzwang. Dennoch ertrugen sie täglich, ein- bis zweimal gesattelt zu werden, mit der für Pferde typischen und mir fast unbegreiflichen Geduld und Nettigkeit. Würde man mich jeden Tag einer solchen Tortur aussetzen und mir zu kleine Schuhe oder einen unpassenden Rucksack verpassen, so würde ich mich spätestens am Folgetag vehement wehren. Ich versuchte, das Beste aus der Situation zu machen, und ging mit einigen Pferden spazieren und übte ein kleines bisschen Stellung und Biegung vom Boden aus. Da die Pferde wirklich nur geradeaus geritten wurden, war dies etwas völlig Neues für sie. Oft fühlte sich aber jede zusätzliche Arbeit mit den Vierbeinern falsch an, da ich ihnen einfach Ruhe gönnen wollte.
Der von einer Europäerin betriebene Hof bietet zweimal täglich Ausritte in die Berge, in den Dschungel und an den Strand an. Das Können und Alter der Reiter bleibt dabei unbeachtet. Allerdings gibt es laut Besitzerin eine Gewichtsgrenze, die nicht überschritten werden darf.
Nach Aussagen der Besitzerin und des Guides lieben sowohl erfahrene Reiter als auch Einsteiger, einen schnellen Galopp am Strand. Da die Pferde kaum schwungvolle Gangarten haben, lassen sie sich einigermaßen von jedem sitzen. Ich sah Anfänger unsanft im Sattel herumwackeln, doch alle bleiben oben – getragen werden statt reiten …
Ja, es ist ein Traum am endlosen Strand mit einer Gruppe von bis zu zehn Pferden zu galoppieren. Und wenn einer sein bereits gesatteltes Pferd besteigt, ist alles was dann zählt, dieser Traum, der auf Reisen in Erfüllung geht. Dort, wo wir die Welt ohnehin anders betrachten. Und wenn man absteigt, verschwitzt und glücklich, den Kopf und das Handy voller märchenhafter Bilder, dann vergisst man vielleicht, sich bei seinem Pferd zu bedanken. Während die Volontäre sich an das Absatteln machen, jagt man schon dem nächsten Highlight der Reise hinterher. Man hat ja vielleicht nur diese zwei Wochen, um seinem Alltag zu entkommen, und hat diesen teuren Flug bezahlt, um eine Auszeit von seinen Sorgen und Gedanken zu erleben. Ich verstehe das gut und gönne es jedem. Reisen erweitert den Horizont, wir entdecken nicht nur ein fremdes Land, sondern auch ganz unbekannte Wege in unserem Inneren. Das Zeitgefühl ändert sich und unser Nervensystem bekommt neue Reize durch das exotische Essen, eine andere Kultur, fremde Tiere und das warme Klima.
Bezahlbare Träume und die nackte Realität
Ich verstehe, dass sich viele Zuhause das Reiten nicht leisten können und wie verlockend dann so ein im Verhältnis günstiger Ritt im Paradies sein kann. Und ich verstehe auch, dass ein absoluter Pferde-Neuling keinen Blick dafür haben kann, ob ein Pferd gesund ist oder ausgebeutet wird. Was ich aber nicht verstehe ist, warum wir Reiter oder Pferdebesitzerinnen im Ausland unsere Werte bezüglich artgerechten Reitens (falls es das gibt) nicht mit in den Reisekoffer packen. Schaut man hinter die Fassade des netten Reisetraums, dann wird man sie sehen, die Sorgenfalten um Augen und Nase, das Desinteresse am Menschen, die Narben auf dem Nasenrücken, die Taktunreinheiten. Und auch den Satteldruck, den wir nicht übersehen würden, wenn wir beim Satteln oder Absatteln darauf bestehen würden, anwesend zu sein. Anwesend beim Satteln war jedoch keiner der wöchentlich eintreffenden Reitergruppen, die eine Reise über eine der bekannten weltweit operierenden Organisationen gebucht hatten und fast ausschließlich aus Europa und Nordamerika kamen.
Niemand fragte nach den Eigenheiten der Pferde, danach, wie geritten würde oder unter welchen Bedingungen sie gehalten werden. Aber alle kamen pünktlich zum Aufsteigen. Es gab von den Guides keine Einführung zur Art des Reitens oder zur Hilfengebung. Ein Ritt startete mit Aufsteigen, in-den-Bauch-treten und am-Zügel-ziehen zum Lenken und Anhalten. Ich konnte die Hofbetreiberin zumindest davon überzeugen, dass alle Reiter von einem Stuhl aus auf die Pferde stiegen, wenngleich der Guide sich weigerte und mit einem beherzten Satz aufsprang und unsanft auf dem schon loslaufenden, nach Balance suchenden Pferd landete. Ich versuchte den englisch- und deutschsprachigen Reitern kleine Anhaltspunkte zu geben. “Lass sie vorne los, sie schlägt sonst mit dem Kopf”, “Achte darauf dass er nicht ganz vorne in der Gruppe läuft, weil er sich sonst aufregt.”, “Bleib mit der Mutterstute in der Nähe des frei mitlaufenden Fohlens”, “Wirke mit ruhiger Stimme und Sitz auf ihn ein, wenn ein Lastwagen an euch vorbeikommt” – das waren meine kleinen Versuche, ihnen etwas von der Persönlichkeit der Pferde zu vermitteln.
Nachdenken, fühlen und immer wieder neu entscheiden
Was also bleibt zu tun? Sollen wir den Traum vom Strandritt für immer begraben und all die Pferde arbeitslos machen? Was passiert dann mit ihnen? Und sind Pferde, die in einer Gruppe am Strand laufen, nicht vielleicht doch glücklicher als so manches Schulpferd, das seine Kreise in einer staubigen Halle zieht? Tierleid durch Unwissenheit, Geldgier, Missbrauch, Ausnutzung oder aus Armut heraus gibt es überall, in Industrie- wie auch Entwicklungsländern. Und ebenso gibt es überall auch liebende, fürsorgliche, wissende und sensible Menschen, deren Pferde ein artgerechtes und schönes Leben führen und vielleicht trotzdem etwas Geld mitverdienen.
Es geht nicht darum, mit dem Finger von sich weg zu zeigen. Auch ich will das nicht. Ich habe mir mein Essen und meine Unterkunft damit verdient, für eine Frau zu arbeiten, die ihr Geld unter anderem mit Pferden macht. Auch ich habe als Fünfjährige meine Eltern im Türkei Urlaub angefleht, einen Strandritt machen zu dürfen. Und ich durfte. Auch ich bin Schulpferde geritten, deren Leben rückwirkend betrachtet wirklich kein schönes war, hinter Gittern und voller Angst vor der Reitlehrerin. Fühle ich mich schlecht deswegen? Absolut. Genau deswegen spüre ich, wie wichtig es ist, meine Stimme und mein Wissen jetzt dafür zu verwenden, um für die zu sprechen, die uns stumm tragen.
Unsere Nachfrage bestimmt das Angebot. Daher lasst uns die richtigen Fragen stellen und aufmerksam beobachten, was die Pferde uns schon vor dem Buchen eines Rittes erzählen können:
- Wie ist der Allgemeinzustand der Pferde, ihrer Hufe, Fütterungszustand, Fell?
- Wie oft und wie lange laufen sie?
- Haben die Tiere freie Tage?
- Wie reagieren sie auf ihr Pflegepersonal?
- Würde ich zuhause auf einem Pferd reiten, das offene Stellen am Rücken hat?
- Was bin ich bereit zu zahlen?
- Hat jedes Pferd eine passende individuelle Ausrüstung und lässt sich diese entspannt anlegen?
- Werden die Pferde liebevoll vor, während und nach der Arbeit versorgt?
- Welche Energie herrscht am Anbindeplatz?
- Welche Erwartungen bringe ich als Tourist und möchte ich diese unter allen Umständen erfüllt bekommen?
- Traue ich mich, von einem lahmenden Pferd abzusteigen?
- Hinterfrage ich, warum mein Pferd unentwegt mit dem Kopf schlägt oder einfach nicht vorwärts gehen möchte?
- Kann ich die Pferde vor dem Reiten ansehen, wird mir Auskunft gegeben und vermittelt der Besitzer benötigtes Fachwissen?
Das alles klingt nach Arbeit. Und auch noch im Urlaub. Wie war das doch gleich mit Kopf-abschalten und Sich-treiben-lassen auf Reisen? Ich bin sicher, mit etwas Pferdeverstand und ein paar gezielten Fragen und Blicken, erhält man eine Antwort, aus der man seine Schlüsse ziehen kann und sollte.
Ein erleichterndes Kriterium bei der Suche nach der richtigen Ranch, ist das Vorhandensein eines Zertifikats. Um mehr darüber herauszufinden, nahm ich Kontakt zu der Nonprofit Organisation McKee-Jaco in Costa Rica auf. Diese befasst sich schon seit Jahren, neben anderen Tierschutz-Aktionen, mit der Aufklärung von Pferde-Missbrauch durch Tourismus und stellt Hinweisschilder zum Thema Pferdegesundheit an Stränden auf. Ein Mitglied der McKee-Jaco-Organisation erzählte mir von SENASA, einer Einrichtung, die sich unter anderem für Tierschutz in Costa Rica einsetzt und Zertifikate ausgibt. Hiernach muss jede Geschäftsperson eine Lizenz ( “Patente”) haben. Ein Gesundheitszertifikat, ausgestellt und unterschrieben von SENASA, ist Teil dieser Lizenz. Leider gibt es nach wie vor Unternehmen, die diese Lizenz besitzen, ohne je eine Bescheinigung von SENASA beantragt und erhalten zu haben. Vitamin B ist in Zentralamerika kein Geheimnis.
Wenn ein englischsprachiger Reiter auf einem gut aussehenden Pferd am Strand Touristen für seine Ritte ködert, ist das eine effektive Masche, oft steht jedoch kein vertrauenswürdiges, lizenziertes Unternehmen dahinter. Und wo kein offizieller Reitbetrieb gemeldet ist, kann laut Costa Ricanischer Behörden auch nicht auf Schließung eines fragwürdigen Unternehmens beharrt werden.
Mit den mir typischen “Ich-will-die-Welt-verbessern”-Plänen war ich angereist, um schon am ersten Tag zu merken, dass ich es langsam angehen muss. Eine weiße Frau gilt in Costa Rica nicht unbedingt als Autoritätsperson und auch sprachlich gibt es Hürden. Ich habe mit den mir gegebenen begrenzten Mitteln versucht, zumindest kurzzeitig etwas zu verbessern für diese Tiere, die mir so viel bedeuten. Ich habe Gespräche mit der Besitzerin gesucht und wurde abgewiesen. Es sei eben anders hier, sagte man mir. Sie erklärte mir auch, dass Pferde im Gegensatz zu Hunden keine Menschen mögen würden, sondern einzig und allein an Futter interessiert sein.
Ich denke nicht, dass Boshaftigkeit oder Geldgier dahinter stecken, sondern sehr oft Unwissenheit. Und genau da können wir einen Unterschied machen. In kleinen Schritten. Mir ist klar, dass ein Tourenpferd nicht sechs Stunden in Anlehnung geritten werden kann, und mit gymnastizierenden Seitengängen unter Anfängern am Strand entlang traben wird. Es gibt im Dschungel auch weder Platz, noch passende Bodenverhältnisse für einen Longierzirkel. Auch wird kein 3D-Scanner für jedes Pferd einen individuellen Sattel ausmessen. Aber vielleicht kann man einfach das Gespräch suchen, wenn einem auffällt, dass die Tiere Leid erfahren.
Viele Menschen an den Küsten leben vom Tourismus. Sie bauen trendige Cabinas und melden sie bei AirBnB an, und sie lesen die Tripadvisor Bewertungen. Sie wollen, dass die Touristen ihren Ort weiterempfehlen. Also nutze deine Stimme für die Tiere und verlange einen ähnlichen Gesundheitszustand deines Reitpferdes, wie du ihn auch zuhause erwartest.
Was ich für immer mitnehmen werde …
Gegen mein Gefühl bin ich nicht gleich wieder abgereist, aber doch einige Wochen früher als geplant. Neben vielen Momenten, auch wunderschönen, möchte ich den ergreifendsten und zugleich schwersten teilen.
Inmitten dieses Dschungels, in dem Grillen zirpten, erhielt die Besitzerin einen Anruf, dass der Teil der Pferde, der auf einer entfernteren Weide stand, abgehauen sei. Es wurden Straßen im Dunkeln abgesucht und am folgenden Morgen und Mittag liefen wir nach Huf- und Fressspuren suchend durch den Dschungel. Über fünfzehn Stunden waren die Pferde nun schon verschwunden, das Eingangstor aus Stacheldraht halb zerrissen. Die Besitzerin vermutete, ein schon mehrfach ausgebrochener Eselhengst habe ihre Pferde in Panik versetzt und aufgescheucht.
Als wir bis zum Nachmittag keine Spur hatten, wurde beschlossen, dass ein Guide und ich die vermissten Tiere zu Pferd suchen sollten. Ich fühlte mich unfassbar schuldig, da der Guide und ich auf den beiden Pferden saßen, deren Rücken am schlechtesten waren, und doch war die Strecke am Strand und im Dschungel viel zu weit um zu Fuß fünf Pferde zu suchen. Wir ritten genau die Strecke, welche sonst auf der dreistündigen Tour geritten wird, und hatten wenig Hoffnung, so weit von Zuhause ein Lebenszeichen zu finden, besonders weil aufgrund der heißen Außentemperaturen damit zu rechnen war, dass sich die Pferde versteckten. Im Schritt ging es weiter Richtung Fluss, der einzige Ort am Strand, an dem die Pferde nach nun achtzehnstündiger Abwesenheit Wasser hätten finden können. Dann erreichten wir die kleine Lichtung, auf der bei Reittouren stets eine Pause gemacht wird, um den Touristen Kokosnüsse zu öffnen. Und da sahen wir sie. Alle zusammen standen sie genau in dieser Lichtung und schauten uns an. Mein Herz wurde schwer. Freie Pferde, die für einen einzigen Sonnenauf- und -untergang zurückgekehrt waren an einen vertrauten Ort der Ruhe, fernab von Menschen, das ist es, was mir im Gedächtnis bleiben wird. Wir öffneten eine Kokosnuss und während ich ansetzte, um zu trinken, hoben zwei der Pferde ihre Mäuler und wir tranken zu dritt. Ein unvergesslicher Moment.
Wir kehrten mit allen Fünfen als Handpferde zurück, die nach kurzer Überprüfung nur wenige Wunden hatten. Zurück an ihren Arbeitsplatz, an dem sie weder frei noch schmerzfrei sein würden. Wir brachten der besorgten Besitzerin ihre Pferde und Angestellten zurück, die nun nicht verhungern oder im Dschungel von Schlangen gebissen werden würden.
Was wollen wir mittragen?
Ich bin abgereist und habe mich für ein paar Tage an anderen Stränden ausgeruht. Und dort viele weitere Pferde gesehen. Manche wohlgenährter. Manche offensichtlich lahmend mit Touristen auf dem Rücken. Eines unentwegt mit dem Kopf schlagend.
Es sind keine Einzelfälle. Das kann ernüchternd sein und wir fühlen uns hilflos. Aber dann erinnern wir uns, wie viel wir bewirken können. Wenn wir aufstehen. Aufschreien. Aufzeigen. Nein sagen. Auf unser Gefühl vertrauen.
Verstand, Tierliebe und Wissen passen immer ins Gepäck, wohingegen Nichtstun und Wegsehen schwer auf den Schultern lasten können.