Nicos Ausbildungsweg – der zweite Monat
Wir haben im Großen und Ganzen das weiter geführt, womit wir begonnen hatten:
- Führtraining,
- Hufe geben,
- still stehen
- die Übung Kopf tief.
Dieses Training haben wir aufgelockert mit kleinen Späßchen wie Ballspielen und ersten Apportierspielchen.
Einen Zusammenschnitt dieser Einheiten können Sie sich in diesem Film anschauen.
Über Stolpersteine und Schwierigkeiten
Nico ist nach wie vor mit großer Begeisterung bei der Sache. Er ist hoch motiviert und lernt schnell. Wenn man unsere Berichte verfolgt, könnte man meinen, es gibt keinerlei Probleme und alles ist rosarot. Aber so ist es nun auch nicht. Heute möchte ich deswegen auch über die Schwierigkeiten und Stolpersteine berichten, die sich auftun.
Nicos Wesen und was es mit sich bringt
Nachdem wir Nico nun einige Wochen kennen, trauen wir uns eine Einschätzung von Nicos Wesen zu: Nico ist ein selbstbewusstes und starkes Pferd. Auf Neues geht er schnell und relativ angstfrei zu. Er untersucht die Dinge und schaut, was sich damit anstellen lässt. Als ich z.B. mit einem Schlauch Wasser in einen Bottich auffüllte, kam Nico ohne zu zögern zu mir, biss in den Schlauch und zog und spielte mit dem Schlauch, ohne sich an dem Wasserstrahl zu stören.
In der Herde hat er sich schon einen festen Platz erobert und einige andere von ihrer höheren Position in der Rangordnung geschubst. Er lässt sich nicht „die Butter vom Brot nehmen“. Und mit eben diesem Selbstbewusstsein und mit dieser Stärke begegnet er auch uns. Das sieht dann teilweise so aus, dass Nico uns gerne umplatziert, uns auch mal das Hinterteil zeigt, wenn er meint, wir stören oder dass wir ihm sein Futter streitig machen. Wenn Nico etwas nicht versteht oder er seiner Meinung nach nicht schnell genug eine Belohnung erhält, reagiert er leicht frustriert und wird fordernd. Dann fängt er an, mit dem Huf aufzustampfen, zu schnappen und zu rempeln. Und auch wenn Petra und Alex nach fast jeder Einheit glücklich und zufrieden nach Hause fahren, gab es auch schon Tage, an denen alle Beteiligten frustriert waren.
Petra, Alex und ich möchten Nico gewaltfrei und mittels positiver Verstärkung erziehen und ausbilden. Doch wie reagiert man nun, wenn einem das Pferd drohend das Hinterteil zuwendet und einen behandelt wie einen rangniedrigen Herdenkumpel? Wie erklärt man einem pubertären, rotzfrechen Rocker, dass er den Menschen bitte zu respektieren hat, und das möglichst ohne laut zu werden, zu hauen und zu boxen? Bei anderen Pferden reicht ein schärferes Wort, ein böser Blick. Bei Nico definitiv nicht und auch wenn wir nicht auf dem „Dominanzweg“ unterwegs sind, so möchten wir uns dennoch nicht ein Pferdchen heranerziehen, welches uns fröhlich auf der Nase rumtanzt. 😉
Uns ist klar, dass wir Nico erklären müssen, dass es Grenzen gibt. Er braucht Erziehung und muss lernen, dass wir eben nicht durch die Gegend geschubst oder über den Haufen gerannt werden möchten und dass auch nicht er bestimmt, wann es wohin geht und wann es Zeit für ein Leckerchen ist. Nur weil man sein Pferd hauptsächlich über positive Verstärkung und ohne Gewalteinsatz erziehen möchte, ist man nicht automatisch für anti-autoritäre Erziehung … 🙂
So ist für uns wichtig, dass Nico jetzt lernt, sich von uns in alle Richtungen bewegen zu lassen. Wir beginnen also jetzt schon damit, Nico kleinschrittig beizubringen, sein Gewicht nach hinten zu verlagern, mit der Kruppe herumzugehen und sich auch die Schulter von uns verschieben zu lassen. Wir arbeiten dabei mittels negativer und positiver Verstärkung. Wenn Nico also z.B. mit der Kruppe herumtreten soll, geben wir leichten Druck an die Kruppe bis Nico mit der Kruppe zur Seite weicht. Sobald er das tut, erfolgt C+B (Click und Belohnung). Wir sind, um uns Nico gegenüber verständlich zu machen, auch bereit die negative Verstärkung zu steigern, aber nicht über die Grenze hinweg, bei der es in den Bereich geht, in dem Nico Angst bekommt und/oder sich gestraft fühlt. Das ist ein ziemlicher Spagat, den wir da hinlegen müssen. Und wir gelangen immer wieder zu einer Frage, die mir auch von vielen Lesern immer wieder gestellt wird:
„Ist Pferdeausbildung und Erziehung ohne Strafe und Gewalt möglich?“
Auf diese Frage werde ich im nächsten Beitrag ausführlich eingehen. Bis dahin sammle ich noch ein wenig Erfahrung mit unserem super süßen (B)-Engel Nico. 😉
21. August 2012 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung • 10 Kommentare »