DIE Methode gefunden?

Ich nehme an, dass Ihr das auch kennt: Man hat eine neue Methode entdeckt, die einem wie eine Offenbarung erscheint – vielleicht eine neue Reitweise, eine neue Art, ein Pferd auszubilden oder einen anderen Ansatz, zu trainieren. Oder vielleicht auch einen neuen Zaum, ein neues Halfter oder eine andere Trainingshilfe. Was auch immer es im Einzelfall ist, in diesem Moment ist man überzeugt davon, endlich DIE Lösung, DEN ultimativen Weg gefunden zu haben. Dann kauft man Bücher darüber, das Zubehör dazu, bucht Kurse und geht ganz diesen neuen Weg (oder nutzt eben nur noch das neue Equipment). Darüber hinaus versucht man vielleicht auch noch andere zu überzeugen, das doch auch auszuprobieren, weil das sooo super ist und sooo viel bringt. Und das geht solange, bis, ja bis auch mit dieser tollen Methode (oder Halfter oder Hilfszügel) die ersten, meist altbekannten Probleme auftauchen …

Ich weiß nicht, wie oft mir das schon passiert ist! Erst war ich Feuer und Flamme, aber über kurz oder lang klappte die Sache dann doch nicht mehr so toll, mein Pferd fand es doof oder ich las etwas Kritisches darüber, was mich nachdenklich machte. Dann schob ich das teure Zeug, das ich gekauft hatte, immer weiter nach hinten im Spind und räumte auch vor anderen kleinlaut ein, dass ich doch nicht mehr so überzeugt von der Sache sei.

Es ist nicht leicht, sich einzugestehen, mal wieder auf einem falschen Weg gewesen zu sein, aber ich denke, es ist wichtig, sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen, gerade dann, wenn man auf etwas besonders anspringt. Was steckt dahinter? Meine Sehnsucht nach einer leichten Lösung? Will ich endlich sicher sein, alles richtig zu machen? Will ich anderen gefallen? „In“ sein und mithalten? Will ich mich wichtig machen? Oder geht es wirklich um mein Pferd und darum, was für es am besten ist?

Heute renne ich nicht mehr mit fliegenden Fahnen hinter dem neuesten Trend hinterher, da ich erkannt habe, dass vieles, was so toll klingt, vor allem gut aufbereitetes Marketing ist. Ich glaube nicht mehr an Halfter, die alle Probleme lösen, oder an Trainingshilfen, die Gesundheit garantieren. Ich lass mich nicht mehr blenden von schönen Bildern und großen Versprechen und erst recht glaube ich nicht an Abkürzungen in der Pferdeausbildung und nicht an Universalrezepte. Aber ich schaue noch immer aufmerksam hin, was neue Trainer vorstellen oder was für neue Erkenntnisse präsentiert werden. Denn: Dazulernen kann man immer etwas und dafür möchte ich offenbleiben.

Wenn mich etwas wirklich überzeugt, bin ich jederzeit bereit, meine Meinung zu ändern, zu erweitern oder zu korrigieren, aber ich habe heute genug Selbstvertrauen, nicht mehr alles bisher Erarbeitete über den Haufen zu werfen, nur weil mal wieder ein neuer Guru geboren wird, nach dessen Methode alles anders wird. Denn ich höre heute mehr denn je auf meine Pferde. Und die zeigen mir sehr deutlich, wann ich mal wieder mit etwas auf dem Holzweg bin oder nicht. 🙂

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27. August 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 21 Kommentare »

Nicos Ausbildungsweg – der vierzehnte Monat

Der Juli war sehr heiß und leider komplett bremsenverseucht. Die Pferde trauten sich kaum auf die Weide, die sich am Waldrand befindet, und standen fast nur auf dem Paddock, wo sich weniger dieser lästigen Biester aufhalten.

Auch Nico ging deshalb zur Bremsenabwehr den Modetrend dieser Saison mit: Der Zebralook.

n1Bei dem Wetter kommt eine kleine Abkühlung gerade recht:

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 Nico lernt, seine Beine bewusst zu setzen:

n4n5n5Und zeigt, dass auch Zebras schön an der Longe laufen können:

n3n4Petra etabliert weiter die Zügelhilfen vom Boden aus:

n6Und bringt Nico ein Haltesignal mit dem Halsring bei:

n7Nico bekommt langsam einen schönen Hals, findet Ihr nicht?

Gerne wollten wir Nicos musikalisches Talent fördern. Wir dachten daran, ihn „Alle meine Entchen“ mit einer Fahrradtröte hupen zu lassen. Leider überlebte die Tröte nur die ersten Akkorde … 😉

n8Und hier könnt Ihr auch diesen Monat wieder in bewegten Bilder sehen.

Und zum nächsten Beitrag geht es hier.

20. August 2013 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung 6 Kommentare »

Zebrastreifen

Sicher haben viele von Euch auch von der Meldung gehört, dass Zebrastreifen gut gegen Bremsenattacken sein sollen. Nun bin ich bei solchen Hypes immer eher skeptisch, aber es leuchtete mir ein, dass die Natur hier mal wieder etwas Geniales entwickelt hat: das schwarz-weiß-gestreifte Fell der Zebras führt zu einem optischen Flimmern, das den Bremsen den Anflug erschwert. Und so machte ich mich dann also auch an das Experiment „Zebrastreifen“ und teile hier meine Erfahrungen mit Euch.

1. Versuch: Fingerfarbe

Die erste Frage: Welche Farbe kann ich nehmen, um aus meinen Hafis Zebras zu machen? Ungiftig soll es sein und möglichst stark leuchten. Ich entschied mich als erstes für Fingerfarbe. Dafür kaufte ich zunächst zwei kleine Tuben aus einem Bastelladen (teuer!). Mit denen konnte ich die Jungs leidlich anmalen (ich hätte gerne mehr Streifen draufgemalt, aber die Farbe war so schnell alle), die Farbe leuchtete aber wirklich schön stark:

z8z9Das Auftragen war nicht so einfach, da die Farbe zäh war und schnell trocknete. Es dauerte auch ordentlich lang, bis ich fertig war und sah von den Streifen her nicht so professionell aus, wie ich es geplant hatte.

Anthonys Kommentar:

z10 Den ganzen Beitrag lesen »

13. August 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Haltung 15 Kommentare »

Buchtipp: „Equine Beauty“ von Raphael Macek

Equine Beauty: Die Schönheit der Pferde von Raphael Macek
Kempen: teNeues, 2013
ISBN 978-3-8327-9727-0
ca. 60,- EUR (gebunden, durchgehend großformatige Fotos)

Eindrucksvolle Fotos von Pferden gibt es viele. Meist stammen sie von den beiden sehr bekannten Fotografinnen Christiane Slawik und Gabriele Boiselle. Mit „Equine Beauty“ können Sie nun einen in Deutschland noch etwas weniger bekannten Pferdefotografen aus Brasilien kennen lernen: Raphael Macek.

Der opulente Bildband präsentiert die Schönheit von Pferden aus ungewohnten Perspektiven und Einstellungen und bietet damit eine Abwechslung zu den normalen Hochglanzpräsentationen. Schade ist nur manchmal der Knick in der Mitte. Schön ist, dass viele verschiedene Rassen gezeigt werden, so z.B. auch Tinker.

Ein kostbares Geschenk für Pferdefans, die gute Fotos zu schätzen wissen.Mich persönlich hat das Buch insofern nachdenklich gemacht, dass die schönsten Bilder eindeutig die sind, auf denen die Pferde ohne Menschen-Einfluss (durch Zügel usw.) abgebildet sind, nur da strahlen sie wirklich.

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3. August 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Buchtipps 0 Kommentare »

Nicos Ausbildungsweg – der dreizehnte Monat

Nico genießt das Leben mit seinen Kumpels auf der Weide.

In diesem Monat hatten wir in der Region ein schlimmes Hochwasser und so haben ein paar Tiere bei uns auf dem Hof Unterschlupf gesucht. Darunter auch eine kleine Herde von 30 Schafen. Ich weiß nicht, warum Schafe so gruselig auf Pferde wirken, aber trotz der Versicherung unsererseits, dass wir es hier mit Vegetariern zu tun haben, die wirklich keine Pferde essen, waren all unsere Pferde sehr zögerlich den kleinen Wolltieren gegenüber. Für uns war das natürlich eine prima Gelegenheit, mit Nico zu üben und so haben wir den Schafen den einen und anderen Besuch abgestattet.

Hier liegen sie noch alle friedlich im Schatten ihres Anhängers:

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Nico guckt sich das Ganze aus sicherer Entfernung an. Ganz sicher ist er sich noch nicht, ob er lieber flüchten möchte oder doch mal näher ran gehen sollte?

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Alex fragt Übungen wie das Kopf tief, Bein hoch und verschiedene Kopftargets ab.

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Nico macht mit und entspannt Stück für Stück immer mehr.

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Die Schafe sind mittlerweile auch munter und kommen gucken, was wir so treiben.

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Mittlerweile hat Nico sich schon ganz mutig bis an den Zaun getraut.

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Und schaut den Wollknäulen tief in die Augen 🙂

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So ein tapferes Pferd!

Dann trafen wir Vorbereitungen für den ersten „Ausritt“:

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Okay,  „Ausritt“ ist vielleicht noch etwas übertrieben, aber immerhin sind wir wieder einen großen Schritt vorangekommen: Babette hat den gesattelten Nico als Handpferd mit in den Wald genommen. Als er schön entspannt war, hat sich Alex für ein paar Minuten auf ihn gesetzt. Und das hat er prima mitgemacht! Zu gerne würden wir das jetzt öfter wiederholen, aber leider sind zur Zeit die Bremsen so schlimm unterwegs, dass sie uns den Gang in den Wald gründlich vermiesen.

Dafür gab es für Nico dann die erste Einheit an der Doppellonge:

Ohne Titel 2

Und all das ist natürlich auch wieder im Film anzuschauen: hier klicken! 🙂

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9. Juli 2013 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung 2 Kommentare »

Hilfe, mein Pferd ist alt?

Mein Aramis ist in diesem Jahr 21 geworden. Schon immer hatte er eine stark ausgeprägte Fehlstellung in beiden Vorderhufen und mir war klar, dass das irgendwann Probleme in Sachen Arthrose bringen könnte. Tatsächlich fing er dann im Sommer 2011 an, mal mehr, mal weniger zu lahmen. Wochen- und monatelang war alles wieder gut, aber im letzten Jahr lahmte er dann irgendwann kontinuierlich, erst im Trab, dann auch im Schritt. Auf dem Röntgenbild waren klare Veränderungen zu erkennen, die laut Tierarzt eindeutig zu den Schmerzen führten, die er erst nur im Trab, dann aber auch im Schritt immer deutlicher zeigte.

Da war also es gekommen: Mein Großer wird alt, mein Großer ist nicht mehr gesund.

Und nun?

Ich war wie gelähmt und wusste damit erst gar nicht umzugehen. Natürlich konnte ich ihn nun nicht mehr arbeiten! Wer würde sich auf ein lahmendes Pferd setzen, wer etwas von einem Pferd, das so viel in seinem Leben geleistet hat, verlangen, wenn es nicht fit ist. Er sollte seine Rente bekommen, keine Frage. Also holte ich ihn zwar noch immer täglich raus, clickerte mal ein bisschen mit ihm oder ging ein Stück spazieren. Aber  auch etwas mit ihm tun? Nein, das war gestrichen.

Eine Zeitlang war er zufrieden und ich war rund damit, nun eben einen Senior zu haben. Aber dann gefiel mir zunehmend sein Blick nicht mehr, er baute ab und irgendwie fühlte sich alles immer weniger rund an. Litt der Große? Hatte er dolle Schmerzen? Musste ich doch über Schmerzmittel nachdenken?

Ich holte mir Rat bei Pat, die gerade selbst in letzter Zeit viel mit älteren Pferden arbeitet. Ich wünschte mir, dass sie Aramis einmal gründlich durchchecken und mir sagen würde, was ich tun soll, denn ich war inzwischen einfach traurig und hilflos.

Ein anderer Blick

Pat tat dann etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Sie forderte mich auf, mit Aramis ein bisschen etwas zu tun: Arbeit an der Hand – Antreten, Seitengänge, Rückwärtsrichten. Sie gab mir einige Tipps für seine Haltung, für das Tempo und was ihm an Übungen gut tun würde. Am Ende gab es ein bisschen Massage für den Großen und es wurden noch einige Akupunkturpunkte behandelt, aber es war deutlich: Nicht die Behandlung war das Wesentliche, sondern einmal mal mehr ging es mein Verhalten beziehungsweise um meine Einstellung.

Es ging darum, zu erkennen, WIE ich immer öfter auf mein Pferd geschaut hatte:

  • wie ich seinen Blick als niedergeschlagen deutete, obwohl sich ein Pferdeblick im Alter einfach verändert und das gar nicht schlimm sein muss,
  • wie ich seine verschwundene Muskulatur als Zeichen für seinen schlechten Zustand deutet, obwohl sich bei jedem Pferd, das nicht arbeitet, die Muskulatur zurückbildet,
  • wie ich jede kleine Gegenreaktion von ihm als Signal interpretierte, dass er nicht kann,
  • wie ich mein Pferd mit jedem Tag um Jahre älter guckte …

Ich war dabei gewesen, mein zwar nicht mehr junges und auch nicht mehr ganz gesundes Pferd zu einem alten und kranken Pferd zu machen. Vor lauter Angst hatte ich mich mehr und mehr in die kleinen Dinge gesteigert, die sich verändert hatten – die aber nichts weiter sind als der ganz normale Lauf der Dinge. Ältere Pferde sehen anders aus als junge, sie laufen anders, sie lahmen öfter mal, sie gucken anders, bauen auch mal ab – aber: Sie sind deshalb nicht todkrank!

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2. Juli 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Gesundheit, Umgang, Verhalten 22 Kommentare »

Vertrauen braucht Vertrauen

Neulich konnte ich mal wieder etwas von Babette lernen, das mich sehr bereichert hat.

Ein Pferd sollte verladen werden. Es war ein kalter Tag und es war schon einige Zeit vergangen, in der das Pferd nicht auf den Hänger wollte. Babette wurde dann um Hilfe gebeten und wir beide machten uns an die Aufgabe.

Babette hat eine sehr ruhige und klare Art und es war schön zu sehen, wie das Pferd nach kurzer Zeit schon fast im Hänger stand. In diesem Moment hätte ich wohl einen entscheidenden Fehler gemacht: nämlich Druck. Ich hätte wahrscheinlich versucht, das Pferd noch das kleine Stückchen vorzutreiben, aus Angst, es könnte sonst noch viel länger dauern. Nicht so Babette. Sie ließ das Pferd die Rampe wieder runtergehen, damit erst einmal der Äppelhaufen weggemacht werden konnte, der die Rampe doch ziemlich rutschig machte. Das Pferd ging dann fast anstandslos wieder bis an denselben Punkt: eben kurz davor, aber noch nicht ganz rein. Doch auch dieses Stück war schnell geschafft.

Nun hätte ich wohl den zweiten Fehler gemacht, nämlich möglichst gleich die Stange befestigt. Babette aber sagte, wir sollen das Pferd erst einmal ankommen lassen. Erst wenn es sich wohl und sicher fühlt, solle ich ganz langsam die Trennwand ranschieben und die Stange festmachen. Und genauso machten wir es. Das Pferd machte keine Anstalten, einen Schritt zurückzumachen, obwohl es dazu alle Möglichkeiten gehabt hätte.

Mir zeigte das ganz deutlich: Vertrauen braucht Vertrauen. Babette vertraute nicht nur ihren Fähigkeiten, das Pferd verladen zu können, sondern sie erkannte, dass sie zuerst darauf vertrauen muss, dass das Pferd freiwillig im Hänger bleiben würde. Dass genau das dem Pferd die Sicherheit geben würde, die es brauchte, um seinerseits zu vertrauen.

Danke, Babette, ich habe damit wieder etwas ganz, ganz Wichtiges gelernt!

25. Juni 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 8 Kommentare »

Presseschau: Zwei Artikel zum Clickern

In der Pferdezeitschrift „Mein Pferd“ sind in den letzten Ausgaben zwei umfangreiche Artikel zum Clickern erschienen. Wer diese Artikel noch nicht gelesen hat und sich dafür interessiert, kann sie hier mit Click auf das jeweilge Foto als PDFs herunterladen.

clicker_meinpferd1clicker_meinpferd2Viel Spaß beim Lesen!

 Und wenn Sie mehr über das Clickern erfahren wollen, schauen Sie doch mal in unseren Clickerkurs!

20. Juni 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Clickertraining 0 Kommentare »

Nico, das erste Jahr ist um – ein Rückblick

Nico ist nun ein Jahr bei uns. Es war ein tolles Jahr, mit einigen Höhen und Tiefen, in dem wir alle viel von Nico lernen durften. Für mich ist es eine riesige Freude Petra, Alex und Nico so eng auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Wenn ich früher Pferde zur Ausbildung hatte, war ich froh, wenn die Besitzer mir drei Monate Zeit gegeben haben, bis sie ihr Pferd eingeritten wieder abholen wollten. Auch damals habe ich versucht, den Pferden die Zeit zu geben, die sie brauchen und keinen „Hau-Ruck-Beritt“ zu machen. Aber so wie Nico ausgebildet wird, empfinde ich es als absolut ideal. Zunächst ging es nur darum, eine Beziehung zu Nico aufzubauen, sein „Ja“ zu uns und zur Arbeit mit uns zu bekommen. Und nun, mit seinem Ja, geht es, ohne Zeitdruck, ganz kleinschrittig, weiter in der Ausbildung. So, wie Nico jetzt die Dinge mit uns macht, z.B. beim ersten Mal Satteln kein Buckeln zu zeigen, einen Reiter ohne Stress zu tragen, so würde ich mir wünschen, sollten alle Pferde ausgebildet werden.

Hier lassen Petra und Alex das letzte Jahr Revue passieren.

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Petra

Vor einem Jahr kam Nico zu uns.

An manchen Tagen kommt es mir vor, als wäre er schon ewig da und manchmal denke ich, für so kurze Zeit ist es ein Wahnsinn, was er schon alles kann und leistet. Wir haben ihn doch grade erst zu uns geholt!

Wir wollten darüber berichten, ein Jungpferd auszubilden. Dass ich selbst aber dermaßen durch dieses sehr spezielle Jungpferd ausgebildet werde, hätte ich vorher nie vermutet.

Nico hat einen sehr starken Charakter. Das bringt Vor-, aber auch Nachteile mit sich.

Nico war von Anfang an durch so gut wie gar nichts zu erschrecken. Selbstbewusst schaute er sich alles an und viel mehr als mal einen Sprung zur Seite machte er nie. Er legte allerdings immer sehr viel Wert darauf, seine Entscheidungen selbst zu treffen. War er von einer Sache nicht überzeugt, zeigte er es uns mehr als deutlich. Er biss, stieg und drohte uns auf beeindruckende Weise mit seinem Hinterteil. War er einverstanden, machte er allerdings mit einer riesigen Begeisterung mit.

Alles, was einmal verstanden und akzeptiert wurde, war hinterher mit totaler Leichtigkeit sofort abrufbar. Nico lernt unglaublich schnell und präsentiert die erlernten Übungen mit einem unwahrscheinlichen Stolz und mit viel Freude.

Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem Nico es meist  😉 uns überlässt, die Entscheidungen zu treffen. Fast immer schließt er sich bereitwillig an. Falls es mal nicht so sein sollte, haben wir aber auch eine wahre Schatzkiste mit Lieblingsübungen, um die Wogen zu glätten, die Stimmung wieder aufzulockern und ihn dann doch zu überzeugen.

Durch sein Verhalten uns gegenüber bin ich oft an meine Grenzen gestoßen. Mehr als einmal habe ich unser Training unterbrochen, um mir einige Minuten Zeit zu nehmen darüber nachzudenken, wie ich gleich mit ihm weiterarbeiten werde. Den Reflex von der Gerte Gebrauch zu machen, konnte ich fast immer unterdrücken.

Dabei ist die Ausbildung über das Clickertraining und Konsequenz ohne Härte der Schlüssel für uns gewesen. Sehr oft ist mir die Erkenntnis gekommen, dass jede (für uns Menschen) noch so kleine Übung sich in weitere Unterschritte unterteilen lässt.

Was er außerdem immer braucht: Man muss gedanklich ganz bei ihm sein. Sich nebenbei zu unterhalten oder gedankliche Einkaufszettel zu schreiben, funktioniert bei Nico wirklich nie. Es ist mir durch ihn erst bewusst geworden, wie oft wir im Beisein unserer Pferde doch noch etwas nebenbei machen – und wenn es nur ein kleines Schwätzchen über die Hallenbande ist.

Rückblickend möchte ich sagen, dass Nico mein absolutes Traumpferd ist. Gerade sein spezieller Charakter macht ihn für mich so wertvoll. Nico ist kein Ja-Sager, sondern er möchte kleinschrittig, auf eine positive Art ausgebildet werden. Dieses Recht gestehen wir ihm zu und obwohl es manches Mal nicht leicht war, sind wir zu einem tollen Team zusammengewachsen.

Ich möchte sein wunderbares Wesen nicht verändern, sondern seine positiven Wesenszüge fördern, damit seine Einzigartigkeit erhalten bleibt.

Er ist unerschrocken, selbstsicher und sehr intelligent und, man mag es nicht glauben, er ist ein unerhört witziges Pferd.

Alex

Puh, wie schnell ein Jahr vorbei sein kann. Mittlerweile ist man sich so vertraut, dass man das Gefühl hat, man kennt sich schon viel länger.

Unter der Ausbildung eines Jungpferdes habe ich mir anfänglich vorgestellt, die Grundlektionen wie das Führen, das Putzen etc. zu festigen, durch das Longentraining die richtige Muskulatur aufzubauen und dann schnellstmöglich aufs Pferd zu kommen. Nun ist ein Jahr rum und wir haben so viele tolle Sachen gemacht, dass mir das eigentliche Reiten auf einmal gar nicht mehr so wichtig ist.

Nico erlaubt uns einen Weg zu gehen, der absolut fantastisch ist. Diese Schritte sind nicht planbar. Nico bringt sich mit vielen Ideen in den Alltag ein und man nimmt sie dankend an. So kommt er, wenn man ihn ruft, über die riesige Wiese galoppiert und begrüßt mich wiehernd. In solchen Momenten bin ich einfach nur glücklich. 🙂

Ich kann jetzt sagen, dass wir zu einem wirklichen Team zusammengewachsen sind. Ich vertraue Nico und er vertraut mir. Wenn wir neue Dinge in Angriff nehmen, denke ich nur: „Nico macht das schon.“ Und tatsächlich: Nico hat bisher jede für ihn unbekannte Situation so gut gemeistert, dass man häufig überrascht war.

Das Jahr war nicht immer leicht, aber ich kann nun mit Bestimmtheit sagen: Nico ist zu meinem absoluten Traumpferd geworden und ich würde ihn für kein Geld der Welt wieder hergeben. 🙂

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18. Juni 2013 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung 3 Kommentare »

Warum kannst du nicht anders sein?

Neulich schrieb ich über Ja- und Nein-Sager-Pferde. Wie die meisten von Euch wissen, habe ich ja je ein Exemplar.

Anthony macht es mir mit seinem oft massiven Nein nicht leicht. Wenn ich zur Weide fahre, braucht Aramis nur mein Auto zu sehen und kommt schon zum Tor und oft werde ich sogar wiehernd begrüßt. Anthony hingegen bleibt fast immer stehen oder geht demonstrativ zur Raufe. Tage, an denen er sich mal wirklich zu freuen scheint, wenn ich komme, sind selten. Egal, was ich mir ausdenke, seine Begeisterung währt, wenn überhaupt, meist nur einmalig oder über kurze Zeit. Immer wieder stellt er komplett alles in Frage, auch solche Aktivitäten, von denen es erst so schien, als würden sie ihm gefallen.

Ja, und irgendwann habe ich mich bei einem ziemlich miesen Gedanken ertappt. Ich habe gedacht: „Warum kannst du nicht mehr wie Aramis sein?“

Ich habe mich für diesen Gedanken sehr geschämt. Das mit Euch zu teilen, ist nicht so einfach und ich bin um diesen Artikel eine Weile herumgeschlichen. Ich glaube aber, dass sehr viele Pferdebesitzer manchmal an genau diesen Punkt kommen, sei es, dass man sich ein neues Pferd angeschafft hat, weil das alte verstorben ist, sei es, dass man sein eigenes Pferd mit dem eines anderen vergleicht oder sei es, wie bei mir, dass man seine eigenen Pferde untereinander vergleicht. Und da es mir gutgetan hätte, wenn jemand mal dieses Thema angesprochen hätte, weil ich mich dann weniger allein und schlecht gefühlt hätte, schreibe ich nun diesen Artikel.

Ja, Aramis macht es mir um Längen einfacher, ihn zu lieben und mich über ihn zu freuen, als Anthony. Er ist ein echtes Wohlfühlpferd für mich und das macht es so angenehm und so schön. Natürlich will ich ihn nicht vorziehen und erst recht will ich Anthony nicht das Gefühl geben, weniger wert zu sein. Denn so ist es nicht! Ich liebe beide Pferde und ich habe mir lange verboten, überhaupt etwas Negatives über Anthony zu denken. Aber, und das ist eine Erfahrung, die ich auch schon aus anderen Bereichen meines Lebens nur zu gut kenne: Das, was ich zu unterdrücken oder zu ignorieren versuche, gärt und brodelt immer weiter.

Tja, und so habe ich mich meiner Erkenntnis gestellt. Ich bin nicht stolz darauf, dass ich so etwas denke, aber seitdem ich es mir erlaube, kann ich viel konstruktiver damit umgehen. Ich kann, wenn ich mal wieder Wut spüre, weil Anthony mich komplett ignoriert oder mir sein Nein ins Gesicht brüllt, milder sein. Während ich früher damit extrem gehadert habe, die Schuld ständig bei mir gesucht habe und immer frustrierter wurde, konnte ich als ersten Schritt in solchen Situationen so etwas Ähnliches zu ihm sagen, wie z.B.: „Siehst du, und jetzt ist wieder so ein Moment, in dem ich es nicht leicht mit dir habe. Ich gebe mein Bestes, was willst du denn noch?“ oder „Boah, auf diese Tour kann ich heute leider gar nicht, ich stell dich zurück und wir schauen, was wir morgen machen können.“ Und in letzter Zeit gelingt es mir immer öfter, einfach nur zu sagen: „Ich hab‘ dich trotzdem lieb.“

Was für ein Unterschied!

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11. Juni 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 26 Kommentare »

  • Reitkurs

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