Nicos Ausbildungsweg – der fünfzehnte Monat

Nico hat dadurch, dass Petra, Alex und ich momentan sehr viel um die Ohren haben, mehr oder weniger eine Zwangspause. Warum schreibe ich „Zwangspause“, obwohl ich normalerweise ausdrücklich Pausen in der Jungpferdausbildung rate? Weil Nico die Welt nicht mehr versteht, wenn Petra und Alex nichts mit ihm machen, und enttäuscht und frustriert reagiert.

Ja, eigentlich empfehle ich, einem Pferd während seiner Ausbildung längere Pausen zu gönnen, in der das Jungpferd einfach noch mal nur Pferd sein darf und sich das Gelernte in Ruhe setzen kann. So eine Pause darf gerne ein halbes Jahr oder länger dauern. Und eigentlich haben wir auch die besten Voraussetzungen für so eine schöne Pause: Nico steht mit seinen Kumpels auf der Sommerweide und könnte einfach sein faules Leben genießen. Aber sobald er Petra oder Alex kommen sieht, rennt er voller Begeisterung zum Tor und ist offenkundig enttäuscht, wenn sie ihn nicht rausholen und bespaßen. Für Nico ist die „Arbeit“ eben keine Arbeit, sondern ein wunderbares Spiel, bei dem er Zuwendung und Bestätigung bekommt und viel Freude hat. Ich stelle mir das ganz ähnlich vor, wie wenn ich einem 6-jährigen Kind die tägliche Spielstunde entziehen würde als „Belohnung“ für seine tolle Entwicklung – kaum ein Kind würde sich wohl darüber freuen, oder?

Nach wie vor bin ich grundsätzlich für das Einbauen einer Trainingspause, aber auch hier gilt, wie bei allem anderen auch: Man muss es individuell sehen und je nach Einzelfall entscheiden. Nicht immer ist das, was für die meisten gut und richtig ist, für das eigene Pferd ebenso gut und richtig. Und so machen wir, wenn unsere Zeit es zulässt, doch immer mal wieder eine Einheit mit unserem Nico.

Einige von Euch mögen sich vielleicht fragen, warum wir beim Reiten noch nicht weiter sind. Immerhin sind andere Pferde nach ein bis zwei Monaten Beritt ja schon fast turnierfertig … Das Schöne an unserem Ausbildungsweg ist für uns: Wir haben Zeit! Das Reiten ist kein Schwerpunkt unseres Weges, im Gegenteil. Noch können wir die Male, die Alex auf Nico saß, an zwei Händen abzählen. Wir möchten, dass Nico es zwar schon kennenlernt, dass ein Mensch auf ihm sitzt, und wir vermitteln ihm auch nach und nach die Hilfengebung von oben, aber das „richtige“ Reiten ist noch nicht unser Ziel.

Wir wollen Nico viel Zeit geben, seinen Geist und seinen Körper zu entwickeln. Nico ist jetzt 4,5 Jahre alt. Noch sind nicht alle Wachstumsfugen geschlossen, sein Körper sollte also noch nicht lange mit Gewicht belastet werden. Wir möchten Nico trotz eines Reitpferd-Daseins ein langes, gesundes Leben schenken und dafür ist eine späte Belastung durchs Reiten für mich eine Grundvoraussetzung. So werden wir auch in den nächsten Monaten weiterhin viel vom Boden aus mit Nico „arbeiten“. Zum Glück gehen uns bei der unendlichen Vielzahl an tollen Dingen, die man vom Boden aus mit einem Pferd machen kann, die Ideen noch lange nicht aus. 🙂

Hier folgen nun noch einige Bilder aus diesem Monat und der übliche Film ist hier anzusehen.

Dehnübungen mit Handtarget

Petra übt mit Nico Dehnübungen des Halses über die Führung mit dem Handtarget:

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n2n3Super macht er das!

Bei der Dehnung von Schulter- und Hinterhandmuskulatur muss Petra allerdings selbst anpacken:

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Langzügel

Es folgt die erste Einheit am langen Zügel:

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Und ein Extra: die Knallgewöhnung

Ein unerfreuliches Thema macht es sinnvoll, Nico an Knallgeräusche zu gewöhnen. An unsere Weide grenzen von zwei Seiten Maisfelder. In diesen Maisfeldern halten sich gerne Wildschweine auf. Leider drücken die Jäger regelmäßig die Felder durch und so wird teilweise in unmittelbarer Nähe der Pferde, ohne auf diese Rücksicht zu nehmen, geschossen. Unsere Pferde sind fast alle Profi-Luftballonzerknaller und durch etliche Silvester im Offenstall relativ schussfest, nur Nico kennt so eine Knallerei noch nicht. Also wollen wir auch aus Nico einen Luftballonzerknaller machen und bereiten ihn auf seine neue Aufgabe vor.

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Zunächst haben wir einen Luftballon an eine Peitsche gebunden und lassen den Luftballon vor Nico weichen. So verliert er schnell seine Skepsis davor und sieht den Luftballon als Target.

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Dann lassen wir in etwas Entfernung Luftballons zerplatzen. Die ersten Male erschrickt Nico, aber ein paar Knaller später bleibt er schon ruhig stehen.

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Nach der Aufregung darf Nico noch zur Entspannung etwas  Teppich ausrollen – ein sehr beliebtes Spiel. 🙂

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10. September 2013 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung 4 Kommentare »

 

4 Reaktionen zu “Nicos Ausbildungsweg – der fünfzehnte Monat”

 

Von Anette • 13. September 2013

Im Mai letzten Jahres habe ich mir einen 4-jährigen Camargue gekauft, der zu dem Zeitpunkt Sattel und Reitergewicht kannte. Auf der Suche nach einem Longenkurs bin ich auf Eurer Seite gelandet und schaue regelmässig rein, um mir neue Anregungen zur Ausbildung meines Jungspundes zu holen. Und auch heute fühle ich mich wieder von Euch auf meinem Weg bestätigt, auch, wenn ich hier auf dem Hof viel und oft Kopfschütteln ernte. Angefangen letztes Jahr mit „Wenn er nicht gleich zum Putzen angebunden wird, lernt er das angebunden sein nie“ (Mein Kleiner fand Putzen anfangs furchtbar, wir haben das immer frei im Paddock geübt) „Wann reiten Sie denn endlich“ über „Na ja, ist ja wichtig einen aufblasbaren Wal auf die Koppel zu legen, falls mal einer hier am Bach strandet…“ zu „Wie, Du galoppierst noch nicht im Gelände? Du kannst Doch reiten!“

Nein, ich galoppiere noch nicht im Gelände, weil er den Galopp erst seit ca. März unter seiner Bereiterin, die ein- bis dreimal im Monat kommt, auf dem Platz lernt. Nein, Reiteinheiten in der Halle sind nie länger als 30 min und er wird immer noch nicht öfter als ca. 3 Mal/Woche geritten. Nein, wir arbeiten nicht täglich, aber oft und abwechselnd mit Bodenarbeit, Gelassenheitstraining und Spaziergängen. Aber es gibt täglichen Koppelgang mit zwei Kumpels. Ins Gelände reiten wir höchstens 1h, sollte meine Mitreiterin länger unterwegs sein wollen, führe ich eben den Rest oder zwischendurch, um seinen Rücken nicht zu überlasten.
Meine Auswahl an Mitreitern ist dadurch leider etwas eingeschränkt.

Dafür haben wir mittlerweile etwas, das viele hier nicht haben: Eine Basis. Unix frisst nicht unterwegs, weder an der Hand noch beim Reiten, ausser, ich erlaube es ihm. Er klebt nicht und lässt sich entspannt an allen Positionen reiten. Wenn das Begleitpferd aufgrund deutlich längerer Beine bereits 150 m vor uns trabt, hält er Takt und Tempo ohne hinterher zu rasen. Am langen Strick folgt er mir überall hin, rempelt nicht und überrrennt mich nicht, wenn es eng wird und er hinter mir gehen muss. Er lässt sich überall anbinden, auch länger, ohne Theater zu machen. Er geht auch im Gelände neugierig auf alles zu, was eigentlich gruslig wäre, denn bei grusligen Sachen gibt es Kekse 🙂 Und wenn doch etwas ganz schrecklich ist, reisst er sich zusammen, bis der Reiter abgestiegen ist, ohne blind davon zu stürmen.

Ich finde also, mein „Wildpferd“ (er ist in der Camargue gezogen) hat schon ganz schön viel gelernt. Galoppieren kann ich mit ihm vermutlich in 20 Jahren auch noch, eben weil ich versuche, ihn langsam aufzubauen und auf seine Jugend Rücksicht zu nehmen.

Aber so viel Spass es macht, ein immer motiviertes Pferd zu haben, das viel anbietet und mir zuhört, so anstrengend ist es, sich fast täglich Fragen wie oben auszusetzen und erklären zu müssen, warum ich vieles anders mache als im Reitsport üblich. Schade, dass es nicht mehr Leute gibt wie Euch, die einem jungen Pferd seine Jugend gönnen und nicht erwarten, dass es mit drei, spätestens vier Jahren (oder nach zwei Monaten Beritt) schon turnierfertig ist.
Momentan würde ich mir gern ein Schild um den Hals hängen, warum mein Kleiner im Gelände feuerrote Hufschuhe trägt und ich ihn nicht einfach beschlagen lasse (für 1 bis drei Ausritte im Monat???)

Schön, dass es Euch gibt und Nico eine gute Jugend und Ausbildung hat. Ich freue mich schon auf die weiteren Berichte über Nico. Macht weiter so!

 

Von • 16. September 2013

Oh, Danke, der Eintrag kam genau im richtigen Moment, in dem ich mir wieder Sorgen gemacht habe, dass mein Kleiner und ich nicht so schnell vorankommen, wie es vielleicht sein könnte. Er ist nun 5 Jahre alt. Ich habe ihn seit einem Jahr und seitdem haben wir nur Bodenarbeit gemacht. Seit 2 Monaten reite ich ihn, und er macht es auch richtig gut!
Aber ich denk mir immer wieder, andere Pferde sind in diesem Alter schon L-fertig, und wir üben gerade sich im Trab mit Knotenhalfter auszubalancieren. 😉
Ich mache mir immer Sorgen, dass mir die Zeit davonläuft und junge Pferde am besten lernen, was mir immer wieder vorgehalten wird. Welche Erfahrungen habt ihr denn damit gemacht?

 

Von Melanie • 18. September 2013

Mich beschäftigt zur Zeit, wie ich mein junges, 4 1/2 jähriges Pferd ausreichend bewege und beschäftige, ohne ihn körperlich und geistig zu überfordern und trotzdem auf sein Gewicht zu achten (Tierarzt meinte neulich, er stände etwas zu gut im Futter für sein Alter und müsse mehr bewegt werden). Er ist jeden Tag 10 Stunden mit zwei anderen Pferden auf der Weide, die täglich abgesteckt wird. Er neigt jedoch aufgrund seiner Rasse (Freiberger) zu schneller Gewichtszunahme, aber eine alternative Paddockhaltung ist leider nicht möglich.
Er wird 1x wöchentlich max. 30 MInuten auf dem Platz und, wenn das Wetter mitspielt, 1x wöchentlich 1 Stunde im Gelände geritten.Ansonsten beschäftigen wir uns fast täglich mit Freilongieren, „Mini-Hindernis-Springen“ oder Clickertraining. Zweimal in der Woche hat er zur Zeit frei. Mein Wallach macht bei Allem sehr motiviert mit und freut sich auf seine Beschäftigungen.
Da mich dich Aussage des Tierarztes etwas beunruhigt hat, habe ich die heutie Bodenarbeit etwas intensiver gestaltet und auch länger gemacht als sonst. Normalerweise höre ich bei gut gelungenen Übungen auf (auch wenns schon nach 10 Minuten soweit ist), aber heute setzte sich der Ehrgeiz durch und ich hörte nicht mehr auf mein Gefühl. Als mein Wallach keine Lust mehr hatte und anfing Fehler zu machen, machte ich weiter, um noch „einen guten Abschluss“ zu bekommen. Aber das war zu spät. Es tut mir so leid für meinen Kleinen, da er lange Zeit so bemüht war und ich die Zeichen ignoriert habe, nur wegen Ehrgeiz und Rechtmacherei. Ich weiß zwar nicht, ob mein bisheriges Beschäftigungsangebot für eine schlanke Pferdefigur ausreicht, aber es hat uns auf jeden Fall für unsere Beziehung und seine Entwicklung mehr gebracht. Deshalb werde ich auch weiterhin lieber kürzer und damit auch körperschonender arbeiten. Ich denke, bei jungen Pferden sollte der Spaß im Vordergrund stehen. Aktive Reittiere sind sie noch lang genug bzw. sollen sie lange bleiben können.

 

Von Wege zum Pferd » Blog Archiv Nicos Ausbildungsweg – der sechzehnte Monat » Wege zum Pferd • 8. Oktober 2013

[…] Im letzten Monat hatten wir Nico ja schon mal mit Luftballons konfrontiert. Bereits in der zweiten Einheit hat uns Nico mal wieder gezeigt, was für eine coole Socke er ist: Der Knall der zerplatzenden Ballons hat ihm kaum noch ein Zucken entlockt. So haben wir ihn an fliegende Luftballons gewöhnt und hatten dabei eine Menge Spaß […]

 

 

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