Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 15: Reden hilft,  … oder auch nicht

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich gewöhne mich langsam daran, dass mein Pferd spricht, und versuche, damit praktisch zu leben. Denn vieles ist nun wirklich umständlicher für mich geworden und mir wird immer bewusster, wie oft ich früher doch einfach über die Interessen meines Pferdes hinweggegangen bin. Allerdings bin ich immer noch ziemlich ratlos, wie ich jetzt damit umgehen soll. Nehmen wir zum Beispiel die Sache mit dem Weidetor …

Eigentlich möchte ich als Erste durch das Tor gehen, dann soll Monty mir folgen, ohne mich umzurennen, sich umdrehen und kurz warten, so dass ich in Ruhe das Tor wieder schließen kann. Theoretisch macht das durchaus Sinn, das sieht auch Monty so, denn ich habe ihm natürlich erklärt, wie ich es gerne hätte und warum – praktisch aber läuft es ganz anders.

Wenn wir von der Weide gehen, lässt Monty sich nämlich gerne viel Zeit. Und das sieht dann so aus:

Ich stehe mit dem offenen Tor in der einen und dem Ende des Führstricks in der anderen Hand und warte, dass er kommt. Er aber schaut über die Felder. Früher habe ich da einfach geschnalzt und am Strick gezupft. Das kann ich aber jetzt irgendwie nicht mehr machen, oder?

Also sage ich: „Äh, Monty, kommst du?“

„Selbstverständlich.“, antwortet er, reagiert aber nicht.

Ich warte. Meine Hand zupft, ohne dass ich es will, ungeduldig am Strick und ich beeile mich zu sagen: „Entschuldige, Monty, ich wollte nicht zupfen. Kommst du oder brauchst du noch Zeit, denn dann schließe ich das Tor erstmal wieder.“ Ich sehe nämlich gerade, dass zwei von Montys Kumpels interessiert zu uns herüberschauen – nicht, dass die gleich losschießen und abhauen. Das würde mir noch fehlen!

„Ja, ich komme.“, sagt mein Pferd, bewegt sich aber keinen Zentimeter.

„Moooonty, komm doch bitte einfach durch’s Tor, und schau’ von hier an, was immer du da anschaust, okay?“

„Ja, mach ich…“, sagt er und starrt weiter, aber setzt sich endlich in Bewegung, nur dass er dabei nicht darauf achtet, wo ich stehe und mich fast umrennt.

„Hey, Monty, pass ein bisschen auf mich auf, ja? Ich steh doch hier!“, rufe ich.

„Oh, tut mir leid, ich habe Sie nicht gesehen.“, sagt Monty und ist mit seiner Aufmerksamkeit immer noch irgendwo dort ganz hinten auf dem Feld.

„Was ist denn da bloß, Monty? Ich sehe überhaupt nichts!“, frage ich und versuche zu erkennen, was mein Pferd sieht. „Ach, doch, Moment, da ganz hinten ist tatsächlich etwas. Ein Fuchs, oder? Ja, das ist doch nur ein Fuchs, Monty, nichts Schlimmes.“

Mein Pferd starrt noch einen Moment weiter, nimmt dann den Kopf herunter und ist wieder ganz der Alte, ruhig und gelassen, als wäre nichts gewesen.

„Sag mal, kannst du mir nicht einfach sagen, wenn du etwas Beunruhigendes siehst? Dann schauen wir gemeinsam und klären, ob es wirklich gefährlich ist oder nicht, ja?“

„Wie Sie wünschen.“, sagt mein Pferd, aber ich fürchte, ich weiß genau, wie die Sache das nächste Mal aussehen wird …

Tja, und wenn wir zurück auf die Weide kommen, ist es meist genau umgekehrt, denn da hat es Monty mehr als eilig:

Sowie ich zum Torschloss greife, um es zu öffnen, drängelt Monty, als stände es bereits offen.

„Monty, nicht drängeln, das hatten wir doch abgemacht.“

„Oh, selbstverständlich, tut mir leid!“

„Gehst du bitte einen Schritt zurück, damit du mich nicht ans Tor drückst?“

„Wie Sie wünschen.“

Zwei Sekunden später drängelt er schon wieder gegen mich.

„Monty, du machst das schon wieder! Das macht es wirklich nicht leichter.“

„Oh, tut mir leid.“

„Ehrlich, das geht so nicht. Wie soll ich denn das Tor öffnen, wenn ich fürchten muss, dass du mich zerquetschst?“

„Ich, … ach nein, das würde ich nie tun. Tut mir leid.“

„Aber warum machst du das denn, Monty?“, frage ich und versuche, ruhig zu bleiben, während er schon wieder am Schubsen ist.

„Ich, … ach, ich weiß nicht, die anderen, … ich muss … Tut mir leid.“

„Also, ich verstehe ja, dass du zu deinen Kumpels willst, aber es dauert alles viel länger, wenn du nicht ein bisschen Abstand hältst und mich das Tor aufmachen lässt.“

Dann habe ich das Tor offen und spüre schon wieder seine Schulter an mir.

„Monty, es reicht!“, rufe ich laut, langsam bin ich wirklich genervt.

Wieder entschuldigt er sich. Irgendwie kommen wir dann durch das Tor, aber er starrt nur zu den anderen und ich komme kaum dazu, das Halfter zu öffnen, so hoch trägt er seinen Kopf.

„Monty, du musst schon ein bisschen mithelfen, ehrlich. Wie soll ich denn dein Halfter abmachen, wenn du den Kopf so hochnimmst? Komm bitte etwas runter, das kann doch nicht so schwer sein!“

„Entschuldigung!“, ruft mein Pferd, als ich das Halfter dann abgemacht habe, und rast zu den anderen.

So viel hilft also Reden …

–> Fortsetzung Kapitel 16

 

Monty - Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

7. Juli 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 15: Reden hilft,  … oder auch nicht

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