Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 8: Und wie ist das mit dem Reiten?

Aus „Ich bin’s, Ihr Pferd“ von Tania Konnerth
– zum ersten Kapitel geht es hier.

Ich habe verstanden, dass mein Pferd der Ansicht ist, dass ich Probleme mache, wo gar keine sind. Aber schon im nächsten Moment merke ich, dass gleich das nächste Problem lauert. Eigentlich würde ich zu gerne mal wieder reiten, aber gerade in Bezug darauf kann ich doch unmöglich die Tatsache ignorieren, dass Monty spricht. Ich fühle mich geradezu verpflichtet, ihn zu fragen, ob es überhaupt okay ist, wenn ich ihn reite.

Also geht das Gespräch weiter.

„Monty, ich weiß, du hast gerade gesagt, dass ich nicht aus allem ein Problem machen soll. Aber wie ist es denn zum Beispiel mit dem Reiten … ich würde heute eigentlich am liebsten genau das tun, aber ist das denn okay für dich? Ich meine, ich habe nie zuvor mal nachgefragt, ob du mich denn wirklich tragen möchtest … “, sage ich leise und fürchte mich vor der Antwort.

„Selbstverständlich.“, sagt Monty.

„Einfach so?“ Ich schaue auf.

„Na, wie sonst?“

Tja, darauf habe ich keine Antwort, aber ich fühle mich komplett und vollständig gehemmt.

„Pass auf, wir gehen heute ein bisschen spazieren, was hältst du davon?“, schlage ich vor.

„Ich dachte, Sie wollten reiten?“

„Schon, aber es ist wirklich nicht so einfach.“

„Das verstehe ich nicht.“

„Na, ich bin mir halt nicht sicher, ob es wirklich ok für dich ist, geritten zu werden und das gibt mir ein blödes Gefühl.“

Er schaut mich verständnislos an. „Sie sind ganz schön kompliziert.“

„Da magst du wohl recht haben …“ Ich seufze.

„Sie reiten mich, solange wir uns kennen. Warum bereitet Ihnen das jetzt ein Problem?“

„Na, weil du sprechen kannst und ich das Gefühl habe, dich fragen zu müssen.“

„Sie haben mich gefragt und ich habe geantwortet.“

„Ja, ich weiß. Aber, ach …, gehen wir heute lieber spazieren. Zum Eingewöhnen, ok?“

„Wie Sie wünschen.“

Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu fragen, ob er denn dazu überhaupt Lust hat. Mach kein Problem daraus, zische ich mir selbst zu, mach kein Problem daraus.

Unschlüssig halte ich das Halfter hoch.

„Ich, äh …, ich glaube, wir müssten, … schon wegen der Versicherung und so …“

„Selbstverständlich.“, sagt Monty und hält mir seinen Kopf hin. Ich streife das Halfter über seine Ohren, schließe den seitlichen Karabiner, nehme den Strick in die Hand und wir gehen zum Tor hinaus.

Wir laufen am Feld entlang Richtung Wald. Es ist wundervolles Wetter heute: Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, Vögel zwitschern und es sind keine Bremsen mehr unterwegs – ein perfekter Tag.

In diesem Moment scheint es tatsächlich gar kein Problem zu geben. Ich gehe mit meinem Pferd an einem traumhaft schönen Tag im Wald spazieren. Mein Pferd kann sprechen und eigentlich ist das doch einfach nur toll. Vielleicht hat Monty wirklich recht damit, dass ich ein Problem mache, wo gar keines ist.

Aber jetzt reite ich ja auch nicht, denke ich und zweifele schon wieder. Mal sehen, wie ich mich fühle, wenn ich das nächste Mal tatsächlich aufsteigen werde … Und sofort schießt mir wieder dieses mulmige Gefühl in die Knie. Herrje, wird es je wieder „normal“ sein? Aber was ist denn eigentlich normal? Sich keine Gedanken darüber zu machen, was das eigene Pferd eigentlich möchte und was nicht? So traurig es ist, aber das war bisher tatsächlich in vielen Bereichen normal für mich.

Schluss jetzt, sage ich zu mir und beschließe, wenigstens für diesen Moment mit dem Grübeln aufzuhören und unseren Spaziergang zu genießen. Jetzt, in diesem Augenblick, ist alles gut. Monty schnaubt fröhlich neben mir ab.

„Möchtest du vielleicht einen Keks, Monty?“

„Einen von denen, die so schön knuspern?“

„Ja, hab ich dabei.“

„Sehr gern.“

Ich reiche ihm den Keks und wir beenden unsere Runde.

Fortsetzung: Kapitel 9

 

Ich bin's, Ihr Pferd – Wege zum Pferd

 

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Tania Konnerth

Wer erzählt Montys Geschichten?

Die Geschichten von Monty schreibt Tania Konnerth. Sie hat seit über 40 Jahren mit Pferden zu tun und hat – unter uns gesagt – inzwischen immer öfter das Gefühl, dass Pferde tatsächlich sprechen können.

Tania arbeitet als Schriftstellerin und Autorin in Bleckede. Mehr von ihr gibt es unter www.tania-konnerth.de.

10. März 2020 von Tania Konnerth • Kategorie: Geschichten von einem sprechenden Pferd, Sonstiges Kommentare deaktiviert für Ich bin’s, Ihr Pferd – Kapitel 8: Und wie ist das mit dem Reiten?

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