Fragen zum Longenkurs: Mein Pferd wehrt sich gegen die Hand am Kappzaum
Einige Fragen zu meinem Longenkurs bekomme ich so häufig, dass ich mir überlegt habe, meine Antworten einfach einmal als Blogbeiträge zu veröffentlichen. Auch über den Longenkurs hinaus können diese Antworten bestimmt einige hilfreiche Anregungen für den Umgang mit Problemen bieten.
Frage: Was soll ich tun, wenn sich mein Pferd gegen die Hand am Kappzaum wehrt?
Mein Pferd akzeptiert die Hand am Kappzaum nicht. Es reagiert widersetzlich, fängt an zu schnappen und mit dem Kopf zu schlagen.
Was soll ich tun?
Dass Pferde am Anfang gegen die Hand am Kappzaum angehen, ist ein weit verbreitetes Problem, denn tatsächlich mögen viele Pferde zunächst weder die Nähe des Menschen am Kopf, noch das Anfassen so nah an der Nase.
Wichtig ist, dass wir immer in dem Rahmen arbeiten, der für das Pferd in Ordnung ist und von da aus dann das Pferd langsam sowohl an unsere Position am Kopf als auch an die Hand am Kappzaum gewöhnen. Man kann sich die Hand am Kappzaum sehr leicht „vergiften“ und damit negativ besetzen, so dass das Pferd immer angespannt und gestresst sein wird, sobald wir mit der Hand dicht an seinen Kopf gehen. Genau das soll nicht passieren und deshalb gilt es zunächst einfühlsam herauszufinden, wo für das Pferd die Grenze ist.
Ich gebe solchen Pferden zunächst die Distanz, in der sie loslassen können und keine Stresssignale senden, wie zum Beispiel
- Falten über den Augen/Sorgenblick,
- hochgezogene Nüstern,
- verkniffenes Maul,
- angespannte Gesichtsmuskulatur,
- zurückgelegte Ohren
- „Widersetzlichkeit“ zeigen, wie eben zu schnappen, mit dem Kopf zu schlagen,
- und ähnliches.
All das sind Zeichen dafür, dass ich schon zu nah am Pferd bin. Erst wenn sich das Pferd wirklich entspannt und locker wirkt, habe ich den momentanen Wohlfühlabstand gefunden. Ich arbeite zunächst von dieser Distanz aus und übe dann behutsam von dort aus das kleinschrittige Annähern.
Immer nur schrittweise vorgehen
Nehmen wir an, ich brauche zwei Meter Distanz zum Pferd, damit es losgelassen und stressfrei laufen kann. Dann gehe ich zunächst nur für einige kurze Momente ohne Druck und Erwartungen 30 cm dichter an mein Pferd und entferne mich wieder. So arbeite ich mich heran, bis das Pferd keine Sorgen mehr bekommt, wenn ich dauerhaft in einem Abstand von 1,70 m neben ihm gehe. Von da aus kann ich beim nächsten Mal vielleicht beginnen, mich auf 1,50 m anzunähern und so weiter.
Konnte ich mich so bis an mein Pferd heranarbeiten und akzeptiert mein Pferd ohne Stress, dass ich direkt neben ihm gehe, fasse ich kurz locker auf das Kappzaumeisen, aber ohne etwas tun zu wollen (also noch ohne jede Einwirkung!). Hält mein Pferd still, nehme ich gleich die Hand wieder weg und lobe mein Pferd.
Sollte das Pferd versuchen, durch Kopfschlagen oder Schnappen die Hand wegzubekommen, versuche ich mit der Hand ganz sanft am Kappzaumeisen zu bleiben, ohne aber dabei das Pferd festhalten zu wollen oder auf das Schnappen mit Strafe zu reagieren. Ich bleibe einfach locker dran. Genau so, wie der Strick, der vorne am Kappzaum hängt und nicht abgeht, so verhält sich nun meine Hand. In dem Moment, in dem das Pferd drei Sekunden ohne Fehler die Hand am Kappzaum akzeptiert, nehme ich die Hand sofort wieder weg und lobe.
Nimmt man die Hand weg, wenn das Pferd schnappt oder mit dem Kopf schlägt, kann das Pferd daraus den Schluss ziehen, dass es damit die Hand loswird. Wir wollen ihm ja aber vermitteln, dass die Hand auf der Nase gar nichts Schlimmes ist und da ruhig bleiben darf.
Reagiert man auf die Widersetzlichkeit des Pferdes mit Ärger, Strafen oder in einer anderen Art negativ, verbindet das Pferd immer mehr Stress mit der Hand am Kappzaum und das Verhalten wird sich verschlimmern.
Unerwünschtes Verhalten nicht strafen, sondern ignorieren
Meine Erfahrung zeigt, dass ein locker-entspanntes Ignorieren von Fehlverhalten mit geduldiger Gewöhnung am sichersten dazu führt, dass das Pferd kein widersetzliches Verhalten mehr zeigen muss. Es braucht dafür vor allem eines: Vertrauen. Das Pferd muss immer wieder die Erfahrung machen können, dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn der Mensch auf Kopfhöhe mitgeht und seine Hand auf das Kappzaumeisen legt.
Solange das Pferd die Nähe und die Hand am Kappzaum noch nicht akzeptieren kann, mache ich die Übungen an der Longe einfach aus der Distanz heraus, die für mein Pferd noch im grünen Bereich sind. Das Longieren in der Quadratvolte, den Slalom, ganze Bahn zu longieren, die Übung „Volten verschieben“ – all das kann ich wunderbar mit Pferden aus der Distanz machen, wenn sie die Hand am Kappzaum noch nicht akzeptieren.
Oft hilft allein schon das eigene Loslassen des Anspruchs, das Pferd unbedingt direkt am Kappzaum stellen und führen zu wollen, denn häufig sind wir dabei unbewusst selbst angespannt und in einer Habacht-Stellung, die sich auf das Pferd überträgt.
Extra-Tipp: Das Akzeptieren der Hand am Kappzaum kann man sich auch sehr gut über das Clickertraining erarbeiten.
30. Januar 2018 von Babette Teschen • Kategorie: Longieren • 4 Kommentare »