Vom Umgang mit Hilflosigkeit

Hilflosigkeit ist ein mir sehr vertrautes Gefühl im Umgang mit meinem nicht gerade einfachen Pferd Anthony und, wenn ich mir andere Pferdemenschen anschaue, dann gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass Hilflosigkeit tatsächlich eine der größten Herausforderungen für uns Menschen im Umgang mit Pferden ist.

Hilflosigkeit bringt uns oft in große Not und wir reagieren aus ihr heraus ganz anders, als wir es eigentlich wollen. Hilflosigkeit macht viele von uns hart und lässt uns oft mit Gewalt reagieren. Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, sich einmal genauer mit diesem Thema zu befassen. 

Wann Hilflosigkeit entsteht

Schauen wir zunächst, was genau uns hilflos macht. Hilflosigkeit kann in ganz unterschiedlichen Situationen entstehen: 

  • Hilflos fühlen wir uns zum Beispiel oft dann, wenn ein Pferd nicht tut, was wir möchten, und wir nicht wissen, wie wir es dazu bringen können. 
  • Hilflos fühlen wir uns auch dann, wenn wir mit unseren bisherigen Techniken oder dem, was wir zu wissen glauben, nicht weiterkommen. 
  • Hilflos fühlen sich viele von uns auch, wenn wir merken, dass unser Pferd Angst hat und nicht mehr zuhört oder/und wenn wir selbst Angst haben.
  • Hilflos fühlen wir uns oft auch dann, wenn uns andere zu etwas raten oder drängen, das wir eigentlich nicht tun wollen. 

Denkanstoß

Was ist es bei dir? Vervollständige einmal den folgenden Satz schriftlich immer und immer wieder, bis dir wirklich nichts mehr einfällt:

Ich fühle mich hilflos, wenn… 

 

… und wozu Hilflosigkeit führt

Sehr viele Menschen werden wütend, wenn sie hilflos sind, und die Folge von Wut ist wiederum ganz oft Gewalt: 

  • Wenn ein Pferd nicht tut, was es tun soll, wenden viele Menschen Druck und Gewalt an, um ihren Willen durchzusetzen. 
  • Wenn jemand merkt, dass seine Hilfen oder Techniken bei einem Pferd versagen, wird ganz oft mehr davon eingesetzt, die „Hilfen“ werden also verstärkt, die Technik deutlicher eingesetzt – es wird nicht mehr nur getrieben, sondern getreten, es wird nicht mehr nur am Zügel oder Strick gerupft, sondern gerissen, die Gerte tippt nicht mehr nur, sondern schlägt usw. 
  • Wer sein Pferd nicht beruhigen kann und/oder selbst Angst hat, fängt oft an, am Strick zu zerren, das Pferd anzubrüllen oder gar zu schlagen. 
  • Wenn wir nicht weiterkommen und andere uns einen Rat geben, befolgen wir den oft aus Hilflosigkeit, obwohl wir spüren, dass es nicht richtig ist, was wir tun. So kommt es gerade unter Anleitung oft zum Einsatz von Gewalt gegen Pferde. 

Denkanstoß

Wie reagierst du, wenn du hilflos bist?

Schreibe es auf!

 

Was genau ist Hilflosigkeit?

Hilflosigkeit ist eine gesteigerte Form von Ratlosigkeit. Wir erleben einen Kontrollverlust und wissen nicht mehr weiter. Dieses Gefühl ist für die meisten Menschen sehr unangenehm. Gerade da im Umgang mit Pferden so viel Wert auf Kontrolle gelegt wird und viele von uns (oft unbewusst) Angst vor den Reaktionen von Pferden haben oder davor, verletzt zu werden, ist Hilflosigkeit schon im Ansatz bedrohlich und wir versuchen vieles, um möglichst schnell aus diesem Zustand wieder herauszukommen. Im Affekt reagieren viele dann aggressiv und gewaltbereit. 

Dauert das Gefühl von Hilflosigkeit an, können wir auch resignieren und uns letztlich ganz gelähmt fühlen. In diesen Fällen hört man vielleicht mit dem Reiten auf oder das Pferd wird verkauft.  

Wie kann man besser auf Hilflosigkeit reagieren? 

Ein wichtiger Schritt ist der, die eigene Hilflosigkeit überhaupt erst einmal wahrzunehmen, denn so automatisch wie wir dieses Gefühl durch Aktionen (und oft auch Aktionismus) zu vermeiden versuchen, fällt es uns meist schwer, Hilflosigkeit zu benennen. Wir müssen aber unsere Hilflosigkeit erst einmal wahrnehmen, um dann fragen und verstehen zu können, woher sie kommt und wie wir besser mit ihr umgehen können. Hier ist viel Selbstreflexion nötig. 

Denkanstoß

Denk einmal zurück an Situationen, in denen Du hilflos warst. Konntest Du Deine Hilflosigkeit erkennen oder wurde Dir erst später bewusst, dass Du hilflos warst? Woran könntest Du Deine Hilflosigkeit in Zukunft erkennen?

Vervollständige diesen Satz schriftlich so lange, bis Dir nichts mehr einfällt: 

Wenn ich hilflos bin, dann …

Zulassen und schauen, wohin sie uns führt

Wenn wir Hilflosigkeit als Gefühl bei uns wahrnehmen, steht es an, sie uns einzugestehen, sie ein Stück weit zu zulassen und auch auszuhalten.

Hilflosigkeit bringt uns an unsere Verletzlichkeit, denn sich nicht zu helfen zu wissen, schwächt sehr. Indem wir uns aber bewusst auf das Gefühl einlassen, können wir die Erfahrung machen, dass Hilflosigkeit nicht immer eine Katastrophe ist, sondern manchmal eigentlich gar nicht schlimm ist oder sogar z.B. auch witzige Momente haben kann oder dass sie uns ermöglicht, in eine ganz andere Richtung zu denken, die wir vorher nicht sehen konnten.

Drei Tipps für den Umgang mit der eigenen Hilflosigkeit

Wenn Du Dich das nächste Mal hilflos im Umgang mit Deinem Pferd erlebst, dann probiere einmal das aus: 

  • Mach, wenn es irgendwie möglich ist, nicht einfach weiter, sondern beende entweder die Lektion, an der Du gerade arbeitest, mach eine Pause mit dem, was Du gerade tust oder bitte jemanden, Dein Pferd zu halten. So verhinderst Du, dass Du etwas tust, was Du hinterher bereust. 
  • Versuche, im Ja zu bleiben. Sprich aus, was gerade in Dir vorgeht: „Ok, ich weiß gerade nicht weiter und das fühlt sich überhaupt nicht gut an“, oder sprich dein Pferd direkt an: „Ich verstehe Dich nicht und habe keine Ahnung, was ich jetzt mit Dir machen soll.“
  • Öffne Dich für andere Ideen und Wege. Hilflosigkeit entsteht oft, wenn wir das Gefühl haben, keine Wahlmöglichkeiten zu haben. Wir tun z.B. etwas, das wir gelernt haben, aber das Pferd reagiert nicht wie vorgesehen. Das verunsichert uns, weil wir keinen Plan B haben. Versuche, Dich nicht unter Druck zu setzen, sofort eine Lösung finden zu müssen, sondern atme durch und versuche, Dich wenigstens ein bisschen zu entspannen. Frage Dich dann, welche Möglichkeiten Du vielleicht noch hast außer diesen einen Weg, der im Moment (oder auch grundsätzlich) nicht hilft. Gib Dir Zeit, wenn Dir nicht gleich etwas einfällt.

Mittelfristig gilt es dann vielleicht, sich Hilfe zu suchen, aber auch das, ohne in Aktionismus zu verfallen. Manchmal fehlen uns einfach ein paar Informationen, Techniken oder Fertigkeiten oder einfach nur mal ein neutraler Blick von außen, der besser erkennen kann, was gerade falsch läuft.  

Manchmal aber ist es auch wichtig, sich klarzumachen, dass nicht jedes Problem, nicht jede Schwierigkeit immer einer sofortigen Lösung bedarf. Sollte ein Pferd zum Beispiel eine Lektion partout nicht ausführen wollen, hilft es oft, sie einfach eine ganze Weile nicht mehr zu fordern. Irgendwann kann man sie ganz nebenbei noch einmal abfragen oder neu aufbauen und in vielen Fällen hat sich das Problem dann von allein erledigt.  

Mein Anthony hat mich gelehrt, mich meiner Hilflosigkeit immer wieder neu zu stellen und sie anzunehmen. Meistens kann ich sogar schon darüber lachen, wenn ich mal wieder komplett ratlos vor ihm stehe. Und interessanterweise sind das oft genau die Momente, in denen ich ihm ein großes Stück näher komme.  

hilflosigkeit

9. Januar 2017 von Tania Konnerth • Kategorie: Allgemein, Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang 20 Kommentare »

 

20 Reaktionen zu “Vom Umgang mit Hilflosigkeit”

 

Von Frauke Mayer • 9. Januar 2017

Zu aller erst – ein gutes neues Jahr 2017!!!

Vielen lieben Dank für Eure immer aktuellen Anregungen zum Reflektieren und Nachdenken über unsere Arbeit mit unseren Pferden – ich freue mich schon auf Eure Beiträge für 2017!

Grüßle aus dem Schwoabenländle
Frauke Mayer nebst Payaso (Moppellusier)

 

Von Mona • 9. Januar 2017

Hallo,
das ist wirklich ein toller Artikel. Ich erkenne mich genau wieder. Mein Wallach Astino ist sehr sensibel und obwohl ich schon viel von ihm und seiner Art gelernt habe bringt er mich doch oft an die Grenze der Hilflosigkeit und auch Wut. Der Beitrag hat mich mal wieder bestärkt einfach doch mal abzusteigen anstatt ihn zu drängen. Man hat immer die Wahl!! Vielen Dank für den Denkanstoß 🙂
Liebe Grüße Mona

 

Von Tania Konnerth • 9. Januar 2017

Herzlichen Dank Euch beiden!
Tania

 

Von Isabel Neumair • 10. Januar 2017

Hallo,

Vielen Dank für den Artikel. Es ist hilfreich zu wissen, dass es nicht nur mir so geht. Meine Sofija wird 5 und ich habe sie vor einem Jahr gekauft. Es hat sich schnell herausgestellt, dass sie mit vielen normalen Alltagsdingen einfach nicht klar kommt. Ein am Stall stehendes Fahrrad brachte sie schon zum Steigen und gefährlichen tänzeln. Umso größer jedes Mal meine Hilflosigkeit. Irgendwann habe ich mir angewöhnt nicht mehr streng und aufgeregt zu reagieren, so gut es eben geht und in solchen Situationen einfach neben ihr zu stehen und zu denken „Oh du verrücktes Pferdchen“. Jetzt kann ich schon, so viel mit ihr machen und merke wie toll sie geworden ist. Nächster Punkt auf der Agenda: Ausreiten gehen zu können 🙂

Viele Grüße,
Isabel

 

Von Alexandra • 10. Januar 2017

Hallo,

erst mal Allen ein schönes,erfolgreiches neues Jahr!

Da ich ja quasi als Greenhorn irgendwie von zwei Herren Pferd adoptiert wurde, schlage ich mich zeitweise nicht nur mit dem Gefühl von Hilflosigkeit, sondern auch noch Macht- (im Sinne von an schlechtem Heu & Husten kann ich nix machen)- und Ahnungslosigkeit herum.

Heu und Husten haben wir jetzt trotzdem im Griff, nach langer Suche & Flexineb, an der Ahnungslosigkeit arbeite ich noch (dank Wege zum Pferd ganz erfolgreich),
und irgendwie hab ich festgestellt, gegen die Hilflosigkeit, wenn es gar nicht so läuft wie es soll, hilft am Besten ein Plan B oder C; alternative Wege zum Ziel suchen halt und Geduld, Geduld und nochmals
Geduld ;-))

Liebe Grüße

Alex

 

Von Cornelia • 16. Januar 2017

Liebe Babette und Tanja, danke für den super Artikel. Da ich selbst erst vor 9 Wochen meinen Nils, Vollblut Araber übernommen habe, da die Besitzerin keine Lust usw. mehr hatte, kann ich hier mich selbst gut reflektieren. Es ist gut über 15 Jahre her, dass ich mit Pferden zu tun hatte. Und es ging gleich am Anfang los,obwohl Nils vom ersten Augenblick an mein Herz erobert hatte, bekam ich oft Angst. Ohren zurückgelegt, geht vor mir zurück, will schnappen,usw. Das war eine einzigartige Herausforderung für mich. Ich wurde oft wütend, wenn er nicht so wollte wie ich. Und lustigerweise, begann ich dann, in mich zu gehen und fragte mich, warum macht er das nicht, ich will ihm doch nichts. Die Antwort kam prompt von meiner Inneren Stimme. Cornelia, was würdest Du denn deinen Klienten sagen, mit denen du arbeitest? Da begann ich zu lachen, klar, ok, DANKE. Nun, Fakt war, das Nils mir aufzeigt, wo noch tief in mir, Situationen, Dramen die ich in meinem Leben erfahren hatte, verdrängt hatte. Nils zeigt mir dies auf. Dann bedanke ich mich bei ihm, fühle, woher kenn ich das, was macht mich wütend ? Dann war hinter der Wut, Schmerz eine tiefliegende Trauer. Sobald ich dies erkannte, war Nils bei mir und es ging so leicht. Er zeigt mir auf, wo ich stehe, ob ich ganz bei mir bin oder woanders. All das macht das Leben mit ihm wunderschön. Und auch wenn ich noch viel lernen darf, das schönste ist für mich. Das Nils und ich miteinander spielen können, wir fangen uns, er läuft hinter her, buckelt, schnaubt, ja er ist mein SEELENPFERD. Ein Wunder das meinen Weg nun mit geht und wir lernen voneinander. ER hat viel Schlimmes erlebt und wir arbeiten daran, da ich mit Tieren kommuniziere, können wir gemeinsam Lösungen entwickeln. Welch ein Geschenk. Danke Ihr Lieben, dass ich hier berichten kann und dass es Euch gibt mit Euren wundervollen Beiträgen . Ein wundervolles neues Jahr 2017 wünschen Euch Nils und Cornelia

 

Von Sandy • 16. Januar 2017

Hallo,

ich finde den Artikel sehr schön. Ich fühle mich zur Zeit auch manchmal hilflos, wenn mein junges Pferd beim Aufsteigen nicht stellen stehen möchte. Oft höre ich dann, dein Pferd veräppelt dich. Können Pferde Menschen veräppeln?

Lieben Gruß

 

Von Monika • 16. Januar 2017

Liebe Tania!
Was für ein toller Beitrag, der mal wieder so wahr ist.
Durch meine Angst habe ich früher viel falsch gemacht. Diese Hilflosigkeit übertrug sich natürlich auf mein Pferd und erst Dank Eurer Hilfe konnten wir zusammenwachsen. Auch heute überkommt mich noch Hilflosigkeit, wenn ich nicht vermitteln kann, was ich ausprobieren möchte. Aber ich habe gelernt und lache und sage meinem Pferd, dass er Recht hat, wenn er mich nicht versteht, da ich ihm nicht vermitteln kann, wie es gehen könnte. Dann beende ich das Training mit einer positiven Übung und höre aus. Manchmal kommt die Lösung plötzlich wie ein Geistesblitz und manchmal funktioniert es, wenn man diese Übung einfach länger nicht versucht. Wir haben alle Zeit der Welt und nichts und niemand drängt uns. Wir müssen niemandem etwas beweisen und haben keinerlei Druck. Es ist immer wieder spannend zu sehen, dass man viel tun muss, um mit einem Pferd kommunizieren zu können. Aber wenn es klappt, ist es einfach nur schön.
Ich wünsche Euch ein tolles 2017 mit vielen magischen Pferdemomenten.
Liebe Grüße
Monika

 

Von Susanne • 16. Januar 2017

Wie oft ist es mir nun schon passiert, daß ich euren Newsletter öffne und das Thema bei mir genau ins Schwarze trifft! Unglaublich.
Es bestätigt meine Überzeugung: ES GIBT KEINE ZUFÄLLE. ALLES WAS GESCHIEHT MUSS GENAU SO GESCHEHEN.

Der Beitrag zum Thema „Hilflosigkeit“ berührt mich sehr und regt mich an, achtsamer diesbezüglich zu sein.
Vielen Dank dafür.
Susanne

 

Von Tania Konnerth • 16. Januar 2017

Herzlichen Dank an Euch alle für all die schönen Rückmeldungen und Geschichten!

Und zu Deiner Frage, Sandy: Nein, ich glaube nicht, dass Pferde Menschen veräppeln. Sie haben zwar viel Sinn für Humor und erlauben sich auch mal ein Späßchen mit uns, aber das, was gemeinhin als „Veräppeln.“ bezeichnet wird, ist aus meiner Sicht so gut wie immer eine Fehlinterpretation, denn Pferde haben immer Gründe für ihr Verhalten. Ein junges Pferd hat z.B. natürlicherweise fast immer große Balanceprobleme und bewegt sich sehr oft deshalb beim Aufsteigen, vor allem, wenn es ohne Aufstieghilfe erfolgt. Auch kann der Sattel unpassend oder das Reitergewicht störend sein u.ä.

Herzlich,
Tania

 

Von SE • 17. Januar 2017

Hallo, vielen lieben Dank für den tollen Artikel! Der kam bei mir gerade zum richtigen Zeitpunkt, aber nicht wegen dem Pferd, sondern wegen dem Kleinkind vor dem ich des Öfteren Hilflos davorstehe!

 

Von Bettina • 18. Januar 2017

Liebe Tania, wie so oft, kommt dieser Artikel von dir mal wieder exakt zur richtigen Zeit !!! Ich kenne das Gefühl der Hilflosigkeit meinem Pferd gegenüber genau – Bei uns ist es das Problem, dass mein Friese zwar am Boden und im Gelände alles macht aber sowie ich Dressur reiten möchte, geht er dermassen zäh vorwärts, dass ich total frustriert bin, schon keine Lust zum Reiten mehr habe und mich total hilflos fühle – bis jetzt konnte uns auch kein Reitlehrer richtig bahnbrechend weiterhelfen.
Ich versuche mir immer wieder vor Augen zu halten, wieviele schöne Dinge ich mit ihm machen kann und schreibe bewusst immer auf, was beim Reiten trotzdem gut geklappt hat. Ich habe unsere „Gymnastizierungsziele“ schon ganz runtergeschraubt, doch ordentlich über den Rücken sollte er schon gehen. Dein Artikel hat mir sehr gut getan und hilft mir,meinen Blick wieder auf das zu richten, was gut läuft und nicht nur auf das Problem zu starren. Vielen Dank !

 

Von Birgit • 18. Januar 2017

Hallo liebe Tania und alle die das hier lesen,

bis letzten Samstag habe ich mich nicht hilflos gefühlt. Ich bilde mein junges Pferd seit drei Jahren aus und habe ein absolut sicheres Gefühl dabei gehabt.
Samstag aber hat unsere Beziehung einen tiefen Knacks bekommen und ich habe im Moment ein echt tief sitzendes Problem, meinem Pferd so unbelastet zu begegnen, wie das vorher der Fall war.
Nach einem Ausritt wollte ich noch zwei, drei Runden auf dem Platz drehen. Langsam und im Schritt. Mein Pferd mag Platzarbeit mit mir obendrauf nicht, das gibt sie mir schon immer deutlich zu verstehen. Ausreiten liebt sie und sie reagiert auf die kleinsten Hilfen. An dem Tag aber ist sie einfach losgalloppiert, vom Platz runter, hat auf nichts mehr reagiert und ist einfach in eine Box gerannt, in der sie schon mal Futter in einem Trog gefunden hatte. Das hört sich noch nicht so dramatisch an aber, mein Pferd hat ein Stockmaß von 190 cm und die Stange oberhalb der Box ist gerade mal 200 cm. Abspringen habe ich irgendwie nicht geschafft und so habe ich mich ein wenig seitwärts fallen lassen. Ich dachte sowieso, ich überlebe das nicht. Keine Ahnung wieviele Schutzengel die Boxenstangen weggebogen haben aber bis auf ein paar Kratzer an meinem Helm ist absolut nichts passiert, außer in meiner Seele. Ich hätte brechen können, so übel ist mir geworden. Ich war fest davon überzeugt, das nicht zu überleben!
Ein paar Minuten später habe ich mich getraut und mich, jetzt bei geschlossenem Platz, für ein paar Runden wieder draufgesetzt. Die Widersetzlichkeit und der Drang den Platz zu verlassen ist bei meinem Pferd geblieben. Auf nichts hat sie reagiert.
Bodenarbeit und spielen geht und ist für sie überhaupt kein Problem auf dem Platz. Aber ich oben drauf scheint ihr ein Greul zu sein. Ich bin ziemlich Hilflos, wie ich darauf reagieren soll und kann.
Vielleicht habt ihr eine Empfehlung.

Liebe Grüße Birgit

 

Von Alexandra • 18. Januar 2017

Hallo, hier ist nochmal Alexandra,

dieses mal muss ich noch einen Kommentar zu den Kommentaren loswerden: erst zu Frauke und Payaso.
Wusste bisher nicht dass es Moppelusier ;-)) gibt, und frage mich nun, da die beiden Herren im Herbst immer etwas füllig sind, gibt es auch Moppelarter Horses????

Und zu Cornelia und Nils, da wüsste ich gerne mehr über Cornelias Art, mit Tieren zu kommunizieren?

Nochmal liebe Grüße an alle

Alex

 

Von Manuela • 19. Januar 2017

Liebe Birgit,

ich habe eben Deinen Beitrag gelesen – das muss ein unglaublich schockierendes Erlebnis für Dich gewesen sein! Ich kann nur hoffen, dass Du Dich irgendwann davon erholst und die Angst wieder dem tiefen Vertrauen weicht …
Ich muss trotzdem etwas Kritik üben und hoffe, Du nimmst sie konstruktiv auf. Fehler passieren, das wichtigste ist immer, dass wir daraus lernen.
In meinen Augen hast Du zwei gravierende Fehler gemacht:
1) Du weißt genau, dass Dein Pferd keine Freude an der Arbeit auf dem Platz hat, gehst aber trotzdem nach einem wunderschönen Ausritt, den ihr beide hattet, genau mit ihr dorthin – auf den Platz. So ein Ausritt ist für ein junges Pferd anstrengend, auch wenn man ihr das nicht anmerkt. Sie war dort folgsam (was auch nicht selbstverständlich ist, für ein junges Pferd), alles war toll, sie hatte sich eigentlich eine Belohnung verdient. Sie war auch sicherlich nicht mehr in der Lage, sich adäquat auf irgendetwas zu konzentrieren – aber Du wolltest noch „ein paar lockere Runden“ über den Platz drehen. Dein Pferd hat Dir gezeigt, was sie davon hält – nämlich nichts. Und dann kam der gravierende zweite Fehler:
2) Du hast das Tor nicht geschlossen. Das war leider sehr, sehr leichtsinnig, und dieser Leichtsinn wurde direkt bestraft.
Ich sehe das auch bei uns im Stall öfter, dass die Leute vom Ausritt kommen und dann mit ihrem Pferd nochmal auf den Platz gehen. Das soll eine „Erziehungsmaßnahme“ (oder was auch immer …) sein, damit das Pferd immer und überall kontrolliert „funktioniert“. Die meisten Pferde haben auch kein Problem damit und machen das einfach – interessiert ja eh keinen, was sie davon halten. Manche Pferde, und eben gerade die, die gelernt haben, dass ihre Meinung durchaus respektiert wird, machen da aber eben nicht mit. So wie Deine Maus an dem Tag …
Ich will jetzt nicht sagen, dass Du nur noch machen sollst, was sie will! Aber ich meine, dass Du achtsamer und respektvoller mit ihr umgehen musst. Sie hat Dich sicher durch´s Gelände getragen! Jubel! Tusch! Party und auf wiedersehen!!! DAS wäre eine respektvolle Reaktion gewesen.
Und dann solltest Du Dir Gedanken darüber machen, warum ihr die Arbeit auf dem Platz nicht gefällt. Ist sie überfordert? Bekommt sie zu viel Druck? Ist es ihr zu eintönig? …? Was machst Du bei der Bodenarbeit/beim Spielen anders als beim Reiten?
Du könntest z.B. mal versuchen, ihr den Sattel draufzupacken und dann erstmal mit Bodenarbeit/Spielen anzufangen. Wenn Du ein gutes Gefühl hast, steigst Du auf, machst ihre Lieblingsübung mit ihr (Lob!!!!!) und steigst direkt wieder ab. Wenn Du kein gutes Gefühl hast, dann lässt Du´s. So könnte man sich an immer längere Reitreprisen herantasten. Wichtig: Nimm das spielerische, leichte Gefühl vom Boden mit in den Sattel. Du wirst sehen – es funktioniert. 😉
Und – ich weiß, dass Du jetzt Angst hast, dass Deine Maus jetzt „gelernt“ hat, dass sie einfach machen kann, was sie will. Ehrlich: das ist Quatsch. Sie war überfordert und genervt und hatte einen Ausweg – den hat sie genutzt. Das war schlau. Sie wollte Dir nicht schaden und Dich nicht umbringen. Ihr war nicht bewusst, welcher Gefahr sie Dich ausgesetzt hat. Lass´ Dir bitte von niemandem einreden, Du hättest jetzt ein „gefährliches“ Pferd! Denke in Zukunft einfach mehr nach was Du wann und wie mit ihr machst. Sei fair, respektvoll und umsichtig. Und gib´ ihr alle Liebe, die Du hast. Dann bleibt ihr ein tolles Team.

Kopf hoch und liebe Grüße!
Manuela

 

Von Birgit • 24. Januar 2017

Liebe Maunela,

ich gebe Dir in vollem Umfang recht. Nach ein paar Tagen ist mir das klar geworden und ja ich bin anders auf dem Platz. Ich mag das reiten dort nämlich auch nicht. Mir ist es auch zu langweilig.
Sie bekommt immer eine Belohnung in Form von Futter nach dem Ausritt, meist ihre Lieblingsspeise Bananen! Und dann bedankt sie sich bei mir mit dem Kunststück „Danke“ das ich ihr beigebracht habe…
Wie immer, der Mensch (ich) bin die blöde und die Runden dort waren vollkommen überflüssig. Wir haben inzwischen auch wieder Frieden geschlossen und ich werde künftig Deinen Rat befolgen. Danke für die offenen Worte. Ganz bestimmt werde ich den Rat, endlich mal hart durchzugreifen von einigen Stallkollegen nicht befolgen.

Danke und iebe Grüße zurück Birgit

 

Von Manuela • 24. Januar 2017

Liebe Birgit,

das freut und ehrt mich sehr, dass ich Dir weiterhelfen konnte. 🙂 Das klingt doch super-toll mit euch! So könnt ihr doch positiv gestärkt in die Zukunft starten. Super!!! 🙂
Und – ja, bitte, bitte nicht auf den Rat der „Stallexperten“ hören und „hart durchgreifen“. 🙁 Du hast eine sehr schlaue und sensible Maus, die Dir nichts Böses will. Klar – Grenzen setzen muss sein, Erziehung auch. Aber immer fair und in gegenseitigem Respekt. Aber das siehst du ja offensichtlich genauso.
In diesem Sinne: Viel Spaß euch beiden!

Liebe Grüße, Manuela

 

Von Christina • 30. Januar 2017

Hallo an alle lieben Forumsleser 😉
erstmal – Riesenkompliment an Birgit und Manuela! Ich finds super, wie konstruktiv Kritik geäußert und angenommen wurde – das ist, gerade in anonymen Foren oft nicht der Fall.

Ich selbst fühle mich auch gerade etwas hilflos… Mein Hafimix hat „beschlossen“ an einer bestimmten Stelle in der Halle nicht mehr vorbeigehen zu wollen/zu können. Es ist nichts vorgefallen an dieser Stelle, dass er sich erschreckt hätte oder so… Das ist eine Stelle, die nur von zwei Stangen abgeteilt wird, dahinter lagern Sägespäne als Einstreu und „Spielsachen“ (Pylonen, etc.).
Ich habe schon versucht, mich beim Zirkeln an die Stelle „anzuschleichen“, indem ich den Zirkel verschiebe; habe mit Pylonen-Slalom „in der Nähe“ der Gruselstelle gearbeitet, damit er sich auf mich konzentriert und nicht die Gespenster; auch Schulterherein und Travers probiert (seine Lieblingsübungen) an der Stelle… Ergebnis ähnlich – er macht sich fest, hört nicht mehr zu und reagiert sehr heftig (bzw. versucht, sich zu entziehen). Linke Hand ist es aber schon besser geworden 🙂

Ich bin ziemlich ratlos… Ich sehe die Reaktion, verstehe aber nicht deren Ursache und weiß auch nicht wirklich, wie ich das ganze auflösen soll…

 

Von Birgit • 2. Februar 2017

Hallo Christina,
vielleicht mal mit nem anderen Pferd in die Gruselecke? Wenn das die Ecke OK findet, Deins dazuholen und zusammen in aller Ruhe erkunden lassen.
Ich hatte das auch mal, meine wollte an einem Feldstück nicht vorbei, als es abgemäht wurde, lag dort ein totes Reh.
Das wird´s bei Dir sicher nicht sein aber vielleicht ist es eine tote Maus, die gruselig ist oder stinkt…

 

Von Christina • 6. Februar 2017

Hallo Birgit, danke für den Tipp, darauf bin ich tatsächlich nicht gekommen…
Ich habe es zwischenzeitlich für mich als „Symptom“ einordnen können, ich fürchte, ich habe ihn zwischenzeitlich einfach überfordert. Wir sind gerade beim Anreiten und da machte er die letzte Zeit gut mit. Dann hatte ich zwei Wochen sehr wenig Zeit und war der (irrigen und „ungerechten“) Meinung, ich könnte nun da weitermachen, wo wir zuletzt waren. Wieder eine wertvolle Lektion gelernt.
Ich habe die letzten Tage viel Freiarbeit in der Halle gemacht und versucht, mich darauf zu konzentrieren (und mich darüber natürlich auch entsprechend zu freuen), was er freiwillig angeboten hat- und siehe da, im freien Spiel war die gruselige Stelle gar nicht mehr so schlimm und wir konnten ohne Theater dran vorbeigehen.

 

 

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