Ältere Pferde im Offenstall?
Wenn es um artgerechte Pferdehaltung geht, taucht häufig die Frage auf, ob man auch ältere Pferde noch in einen Offenstall umsiedeln kann oder ob sie sich durch lange Jahre in der Boxenhaltung damit nicht sehr schwer tun würden. Hier möchten wir unsere Gedanken dazu teilen:
Ganz grundsätzlich ist es für jedes Pferd gut, artgerecht zu leben, deshalb empfehlen wir grundsätzlich auch die Umstellung von älteren Pferden in einen gut geführten Offenstall.
Vorteile
Aus unserer Sicht gibt es zahlreiche Vorteile für das Leben in einem Offenstall, gerade auch für ältere Pferde:
- Ältere Pferde profitieren in einem gut geführten Offenstall gesundheitlich oft sehr (z.B. durch die Bewegung bei Arthrose und die frische Luft bei Atemproblemen).
- Da ältere Pferde oft weniger gearbeitet werden, sind die Kontakte und Spiele mit Artgenossen eine meist willkommene Abwechslung im eher eintönigen Alltag.
- Auch ältere Pferde wissen Freundschaften zu schätzen und schließen sich gerne anderen Pferden an.
- In einer Gruppenhaltung können ältere Pferde regelrechte Aufgaben bekommen, wie z.B. der Ruhepol zu sein oder auch manch eine Erziehungsfrage zu regeln.
- Eine Veränderung auch im höheren Alter kann ein Pferd ganz neu fordern und aufblühen lassen (zweiter Frühling).
Worauf zu achten ist
Bei älteren Pferden, die ein Leben im Offenstall nicht gewohnt sind, gibt es einige Dinge zu beachten, damit ihnen die Umstellung leicht fällt und guttut:
- Da ältere Pferde ein erhöhtes Ruhebedürfnis haben, ist es unerlässlich, dass die Herde friedlich ist und dass ältere Tiere nicht von anderen gejagt werden.
- Die Eingliederung muss behutsam und umsichtig erfolgen, da ältere Pferde meist weniger wendig sind, schlechter laufen können und sich oft auch nicht mehr so gut verteidigen können (es gibt allerdings auch Ausnahmen…).
- Da Abwechslung zwar gut, Stress aber schlecht ist, sollte es sich möglichst um eine Herde handeln, in der nicht ständig Pferde dazu- oder wegkommen.
- Wichtig ist, dass jedes Pferd die Möglichkeit hat, sich bei Regen oder Wind unterzustellen, es muss einen Ruhebereich finden und sicher ans Futter kommen – das aber gilt grundsätzlich für alle Offenställe!
- Bei empfindlichen Pferden muss bei schlechtem Wetter übers Eindecken nachgedacht werden, im Sommer kann es nötig werden, ältere Pferde vom Winterfall zu befreien, wenn dieses nicht mehr wie früher von allein ausfällt.
- Da sich Offenstallpferde mehr bewegen als Pferde in Boxen, können ältere Pferde nach der Umstellung erstmal abbauen. Hier muss entsprechend zugefüttert werden. Das gilt natürlich auch, wenn die Zähne schlechter werden.
- Es muss sichergestellt sein, dass jemand regelmäßig nach den Pferden schaut (aber auch das gilt für alle Pferde im Offenstall).
- Gut ist, wenn für Krankheitszeiten oder ganz üble Wetterphasen Boxen zur Verfügung stehen.
Unser Fazit: Hält man ältere Pferde in einem Offenstall oder lässt man sie erst in höherem Alter umziehen, ist das vielleicht etwas aufwändiger als mit einem jungen Pferd, aber es steigert aus unserer Sicht die Lebensqualität ganz erheblich. In den Herden, in denen unsere Pferde leben, waren und sind so ziemlich alle Altersstufen vertreten und wenn man z.B. sieht, wie der inzwischen gesetzte Carlos (der Dunkle) noch locker mit dem Youngster Nico beim Weideauftrieb mithält, wird man kaum mehr Zweifel haben, dass auch für ältere Pferde ein Leben in einer Herde und im Offenstall eine gute Sache ist:
9. Juni 2015 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Haltung • 13 Kommentare »
Von Christa
• 9. Juni 2015
In dem selbstgeführten Offenstall (4 Pferde), in dem mein Pferd bis 2012 stand,haben wir dafür ein sehr schönes Beispiel erlebt. Zwei Pferde waren deutlich über 20: eine Stute, die nur Offenstall kannte, und ein Wallach, der zu uns kam, nachdem die Integration des bisherigen Boxenpferdes in einen Offenstall nicht gelungen war. Er hatte Mühe beim Sozialverhalten, war sehr rangniedrig, und war in der kurzen Zeit in diesem andern Offenstall völlig abgemagert. Er kam dort nicht zum Futter, konnte sich nicht unterstellen, und Decken wurden als unnatürlich abgelehnt.
Bei uns gab es zum Glück zwei Unterstände, sozial erfahrene Pferde, die sich gut kannten, und den Willen, auf jedes einzelne einzugehen.
So wurde beim Füttern konsequent abgetrennt, es gab bei Bedarf Decken, genug Ausweichmöglichkeiten…
Als der Wallach später anfing, hinzufallen, weil er offenbar auch bei uns noch zu wenig zur Ruhe kam, trennten wir ihn Nachts ab, mit eigenem Unterstand, Miniauslauf, viel Futter und sogar Einstreu, damit er sich hinlegte. Damit die Pferde tagsüber trotzdem beide Ställe zur Verfügung hatten, richteten wir es so ein, dass die Einstreu hinter einem Brett versorgt und am Abend wieder hervorgeholt werden konnte.
Wir waren 4x am Tag im Stall, und das nächtliche Abtrennen wurde immer so spät wie möglich gemacht, damit sie wirklich viel gemeinsame Zeit hatten.
Der Wallach hat in dieser Zeit bei uns so viel Selbstvertrauen gewonnen und Sozialverhalten gelernt, dass er nach Auflösung unseres Stalles in einen grösseren Offenstall umziehen konnte. Weiterhin mit eigenem Nachtbereich, damit er ruhen und auf seine langsame Weise genug fressen kann. Dort ist er eben 30 geworden.
Von Vera
• 9. Juni 2015
In Eurer Liste mit den zu beachtenden Dingen fehlt mir der Punkt ‚Organisation der Fütterung‘! Viele ältere Pferde können irgendwann ihr Raudutter nicht mehr richtig fressen und benötigen im Extremfall mehrmals täglich Zufütterung von Heucobs!
Das zu organisieren ist nicht immer leicht, besonders, wenn auch leichtfuttrige Pferde in der gleichen Herde stehen!
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Danke, Vera, für den Kommentar – steckt aber auch oben in der Liste, wo es um das Zufüttern geht (schlechte Zähne…) 🙂
Herzlich,
Tania
Von Julia
• 9. Juni 2015
Hallo zusammen,
auch ich kann mich nur klar für die Umstellung alter Pferde in einen Offenstall aussprechen. Meine Stute habe ich mit 23 Jahren noch in eine Offenstall gebracht und seit auch ihr 25jähriger Freund nachgerückt ist, sind die beiden richtig aufgeblüht. Es erfordert zwar viel Aufmerksamkeit und Fürsorge aber es lohnt sich für Pferd und Mensch allemal! 🙂
Von Pferdeflüsterei
• 9. Juni 2015
Ihr Lieben, Nico sieht ja toll aus – das muss auch mal gesagt werden. Er hat sich wahnsinnig gemacht. Aber was ich eigentlich schreiben wollte 😉 Ich finde gut, dass ihr dazu geschrieben habt. Ich habe mir die Frage auch immer wieder gestellt, ob man den Senioren den Offenstall zumuten kann. Weil sie mehr Ruhebedürfnis haben oder in der Herde untergehen könnten. Ein wichtiges Stichwort ist wahrscheinlich wirklich die friedliche Herde. Das einzige was ich mich Frage ist das Thema „Fütterung“. Gehen da die Senioren nicht eher mal unter? Vor allem ein Senior, der dann dazu noch rangniedriger ist. Oder traue ich den Pferden gerade nicht genug Sozialkompetenz und Hilfsbereitschaft zu? Ganz liebe Grüße und danke für den wie immer schönen Artikel, Petra
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Hallo Petra,
ich mag schon mal kurz bei der Formulierung „ob man Senioren einen Offenstall zumuten kann…“ einhaken, denn ich sehe keine „Zumutung“, sondern eine Chance und einen Gefallen 😀
Zur Frage der Fütterung: Wie auch im Artikel erwähnt, kann es gut sein, dass man Senioren zufüttern muss, z.B. mit Heucobs u.ä. – aber meiner Erfahrung meist weniger, weil sie nicht ans Futter kommen, sondern weil die Zähne schlechter werden. Alte Pferde sind ja nicht automatisch gleich am unteren Ende der Rangfolge, das weit größere Problem entsteht durch die schlechteren Zähne.
Herzlich,
Tania
Von Sabine
• 15. Juni 2015
Hi!
Unsere 2 Ponies sind seit 2007 in einem Bewegungsstall untergebracht. Zuvor kannten sie v.a. Boxenhaltung/Winter, Mai bis Nov. nur Weide als Stallhaltung. Dann in einen „normalen“ Offenstall ohne Bewegungsanreize, wo sie beide verfetteten – so viel konnten wir gar nicht reiten (auch ein Maulkorb half nicht wirklich). In dem Bewegungsstall gibt es Sender an Bändern, die sie an einem Vorderbein tragen -und je nach Pferd geht die Heu- oder Kraftfutterstation auf oder nicht. Ideal für zur Verfettung neigende Pferde wie meine Junge (mit 19 Jahren) oder ältere Pferde (wie meine 31jährige) – so kann auf jedes Pferd individuellst die Ration eingestellt werden. Auch der Zugang zur Sommerkoppel (von April bis November) ist derart geregelt. Und für „Hungerhaken“ und Langsamfresser gibt es eine extra zugängliche Heubar, die zeitlich unbefristet ist von der Aufenthaltsdauer – sie kommen eh aus diesem Bereich wieder raus, wenn sie Durst haben – dann müssen sie rund um den ganzen Stallbereich laufen und legen so (wir haben es gemessen – bis zu 10km am Tag zurück!). Wir haben immer wieder Wechsel in der Herde – ein 19jähriger, ausgemusterter Turnierwallach hatte anfänglich Riesenprobleme mit den Hufen (Umstellung auf Barhuf) – doch nun ist er ziemlich ranghoch. 2 Pferde kamen gleichzeitig – die waren 15 Jahre nur zu zweit gehalten -während der Jüngere massive Probleme beim Eingliedern zeigte (er fürchtete sich bis zu seinem verfrühten Lebensende vor den anderen Pferden), ist der 32jährige voll integriert, hat Kumpelfreunde, mit denen er ganz schön abbalgt. Unsere 31jährige habe ich im Frühling mal fotografiert und das Bild einer Tierärztin, die selber einen STall führt und sie von früher kennt, gemailt – sie war begeistert von dem Zustand und v.a. von der Beschaffenheit der Gelenke und Beine – keine Durchtrittigkeit, gute, altersgemäße Muskulatur. Und ja, Heucobs schieben wir ihr halt zusätzlich und extra rein – da hilft der Stall zusammen. Ich kann mir keine einzige andere mögliche Haltungsform (ja, Paddock Paradise wär‘ schon noch was *g*) für meine Ponies mehr vorstellen und wünsche mir für möglichst viele unserer Vierbeiner die Möglichkeit, so leben zu dürfen!
Von Birgit
• 15. Juni 2015
Wir halten seit 15 Jahren 4 Pferde im Offenstall. Die größte Herausforderung ist die Fütterung der älteren Pferde. Treten in dem Bereich Probleme auf, steht das ganze Haltungssystem schnell in Frage. Eines unserer Ponys benötigt seit vielen Jahren extra heucobs. Da es zum Glück das Kleinste ist, konnten wir ihm ein „Esszimmer“ bauen, dass er nach eigenem Gutdünken aufsuchen kann.
Jetzt konnte Oldie Nummer 2 plötzlich nicht mehr aus Heunetzen fressen und hatte deutlich abgenommen. Wir mussten die Gruppe trennen, sonst wäre es nicht mehr gegangen. Die Oldies stehen jetzt in einem eigenen Abteil.
Problematisch wird die Paddock-Trail-Geschichte, wenn ein Pferd, wie bei uns, hochgradig rehegefährdet ist. Leider reichte das bischen Gras auf dem Trainl schon aus für einen Schub.
Solange alle Pferde „funktionieren“ ist es ok. Aber wehe, wenn nicht.
Von Eve
• 15. Juni 2015
So sehr ich Offenställe mag, mein Oldie würde Dir laut und deutlich wiedersprechen. Er will seine Ruhe und wehe es kommt einer Nahe. Seit 4 Jahren üben wir, dass er andere Pferde auf „seiner“ Weide akzeptiert. Er geht mit fliegenden Hufen auf alle los und vermöbelt sie 🙂 ! Aber alle Kumpels auf einer Koppel nebenan – dass findet er ganz toll
Aber ich nehme ihn als Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Von Petra
• 15. Juni 2015
Auch von mir zu diesem Thema einige Gedanken. Wir hatten genau dieses vor 2 Jahren. Wir wollten unserem Senior etwas gutes tun und bekamen die Möglichkeit ihn in eine Rentnerherde zu setzen. Wir dachen, die Bewegung der soziale Kontakt wäre ganz toll für ihn. So ist es eben wenn wir Menschen denken. Für ihn war es eine Qual. Monatelang haben wir zu geschaut, immer wieder überprüft. Unsere Stallvermietung war so klasse. Sie kontrollierte und behielt ihn die ganze Zeit in Beobachtung. Mit der Zeit wurde er kränklich und mußte zurück in den Stall. Leider war aber keine Box mehr frei und so kam er immer in die , die gerade frei war. Selbst die kleinste Box war für ihn Erholung und täglich ging es ihm besser. Wir haben nur gestaunt. Unsere gute Absicht war für ihn die Hölle. Nach seiner Genesung kam er wieder – wir meinten es ja gut – wieder in die Gruppe. Dieses Mal war sie ja im Stall untergebracht weil es November wurde. Es war furchtbar. Am Schluß stand er nur noch in der Mitte und lief überhaupt nicht mehr. Wir nahmen ihn endgültig raus und er bekam eine Box, danach eine mit Paddog – und siehe da- unser König war wieder da und am Leben interessiert.
Fazit: Nicht jedem Tier ist die Natur nahe. Aber ohne probieren kann man es nicht herausfinden. L
eider gibt es nicht viele Ställe, die so hilfsbereit sind wie unserer damals.
Petra
Von Sarah
• 15. Juni 2015
Ob Zufall oder nicht: Direkt ein ganzer Artikel auf meine Frage im Kommentar zum letzten Artikel! Vielen Dank dafür 🙂 Das bestärkt mich darin, dass ich das Richtige tue!
Von Petra
• 15. Juni 2015
Jetzt könnte ich lachen – ich habe Deinen Artikel gar nicht gelesen. Ich bin immer der Schnellschreiber. Es freut mich – denn das zeigt wieder mal – es gibt kein Rezept für dies allem sondern man sollte es einfach probieren. Meine Stute lebt auf der Koppel auch in der Herde – aber ich glaube Sie ist auch froh wenn Sie wieder für sich alleine sein kann. Es reicht das sie die anderen sieht, riecht – und Ohren anlegen geht auch auf die Entfernung – lach. Wenn man beides haben kann – Herde und wieder nur sich – ist das nicht wunderbar.
Von Carolin
• 20. Juni 2015
Hallo ihr Lieben,
seit einem Jahr steht unsere Stute (33 Jahre alt) in einem Offenstall, ist zwar im Paddock getrennt wegen ihres Zusatzfutters, aber auch weil sie einfach nachts viel Ruhe braucht und sich gerne hinlegen möchte. Auf der Wiese stehen sie allerdings zusammen und das klappt super! Ich sehe so oft, wie beide voneinander lernen: Die alte Stute hat letztens zum ersten Mal gebrummelt <3 und die junge Stute, die ein Hibbelpferd hoch 10 war, hat sich supertoll zum Ruhigeren entwickelt (Auf jeden Fall durch die Umstellung in den Offenstall, aber auch durch unseren süßen Ruhepol 😀 )
Kurz und gut, ich hätte mir nichts besseres vorstellen können unseren Oldie in einen Offenstall zu stellen, zumal auch die Gesundheit erheblich besser geworden ist: Bessere Hufe, besseres Winterfell, bessere Atmung, bessere Hinterbeinaktivität 😉 , …)
Von Anette
• 12. Juli 2015
Hallo,
mein Wallach ist 29 und konstitutionell noch gut drauf. Er wird zur Zeit noch geritten (3 – 4 mal die Woche, meist Gelände), als Ausgleich zur Boxenhaltung. Ich möchte ihm nun einen schönen Lebensabend gönnen: Offenstall mit kleiner gut verträglichen Herde. Bislang steht er in der Rangordnung unten. Er benötigt mehrfach am Tag Heucobs und brauch seinen eigenen Fress- und Schlafplatz. Er ist vom Typ her sehr schlank und muss bei Kälte eingedeckt werden.
Ich frage mich allerdings, ob eine Umstellung generell jetzt noch das Richtige ist. Was meint ihr?
Liebe Grüße Anette
Von Mo
• 1. Oktober 2017
Meine 31 jährige Stute steht schon viele Jahre im Offenstall.
Jetzt steht sie mit 11 anderen Pferden zusammen, leider haben wir einen ständigen Wechsel, hört auch nicht auf, ca. jede 6 Wochen. Im Frühjahr hat sie abgebaut, weil sie nicht so ans Heu ran gekommen ist, füttere Heucobs zu und sie hat wieder Gewicht zu gelegt. Jetzt habe ich aber vor dem Winter dieses Jahr Respekt. Wird sie das noch packen. Habe noch eine zweite Stute/24 die auch dort steht. (Tochter). Möchte die beiden nicht trennen, nach so viel Jahren. Die jüngere mag keine Box.
Was könnt Ihr mir raten ? Entscheiden muss ich zwar alleine, aber Infos sind immer gut.
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