Der Body-Check: So können Sie Veränderungen an Ihrem Pferd kontrollieren

In meinen letzten beiden Beiträgen habe ich über meine Einstellung und Gedanken zu der Arbeit mit alten und kranken Pferden geschrieben und ich habe Ihnen unter anderem dazu geraten, alle Veränderungen Ihres Pferdes aufmerksam zu beobachten.

Die Entwicklungen und Veränderungen des Pferdes bewusst wahrzunehmen ist sehr wichtig, damit Sie beurteilen können, ob das, was Sie an Arbeit mit Ihrem Pferd machen, Ihrem Pferd guttut oder vielleicht eher schadet. Das ist gerade für alte und kranke Pferde sehr wichtig, aber natürlich ebenso auch für jedes junge, mittelalte und gesunde Pferd, denn wie wir unser Pferd arbeiten, womit wir es füttern, in welcher Haltungsform wir es halten usw. beeinflusst stark, wie unser Pferd in einem, in zwei und in 10 Jahren aussieht und wie es ihm dann gehen wird.

Nicht nur die Art und Weise wie gut Sie Ihr Pferd arbeiten, sondern alles, was Sie für Ihr Pferd bestimmen und wie Sie Einfluss auf das Leben Ihres Pferdes nehmen, ob es darum geht, welchen Sattel Sie auswählen oder welchen Hufschmied, Zahnarzt, Physiotherapeuten, Bereiter usw. Sie an Ihr Pferd lassen, wird sich langfristig körperlich und oftmals auch seelisch auf die Verfassung Ihres Pferdes auswirken.

Sie sehen: Unsere Verantwortung, die wir für das uns anvertraute Lebewesen tragen, ist enorm groß! Deswegen möchte ich Ihnen heute ein paar Tipps geben, wie Sie die Entwicklung Ihres Pferdes langfristig gut verfolgen und beurteilen können.

Tägliche Nähe macht betriebsblind für Veränderungen

Wenn wir unser Pferd tagtäglich sehen, werden wir sehr leicht „betriebsblind“ für Veränderungen unseres Pferdes. Haben Sie vielleicht auch schon erlebt, dass Menschen, die Ihr Pferd nach einer längeren Zeit, in der sie es nicht gesehen haben, beim Wiedersehen so etwas sagen wie: „Meine Güte, dein Pferd hat aber stark abgenommen/zugenommen“, oder „Wahnsinn, was für eine gute Oberlinie dein Pferd bekommen hat“?  Wenn wir dann alte Fotos raussuchen und diese betrachten, stellen wir vielleicht erstaunt fest, dass diese Menschen etwas sehen, was uns überhaupt nicht aufgefallen ist. Und genau hier können Sie mit meinen Tipps ansetzen.

Halten Sie Entwicklungen in regelmäßigen Abständen in Wort und Bild fest

Um schleichende Veränderungen nicht zu übersehen, ist es sinnvoll, regelmäßig Entwicklungsverläufe zu protokollieren und das können Sie am besten machen, indem Sie:

  • regelmäßig den Körper Ihres Pferdes untersuchen und abfühlen,
  • ein Tagebuch führen,
  • in regelmäßigen Abständen Vergleichsfotos und -filme machen,
  • und Schablonen der Oberlinie Ihres Pferdes anfertigen.

Fühlen Sie regelmäßig den Körper Ihres Pferdes ab

Eigentlich fast eine Selbstverständlichkeit, die auch sehr einfach und ohne Zeitverlust beim Putzen erledigt werden kann: Tasten Sie die Beine Ihres Pferdes ab und gucken Sie, ob sich alle Sehnen und Gelenke klar anfühlen und sich nirgends heiße oder geschwollene Stellen finden. Befühlen Sie die Muskulatur Ihres Pferdes.

Sehr gut ist es auch, regelmäßig zu überprüfen, ob Ihr Pferd auf das Abdrücken der Stresspunkte reagiert.

Führen eines Tagebuches

In diesem Tagebuch sollten Sie alles, was Ihr Pferd betrifft, notieren:

  • Notieren Sie täglich kurz, was Sie mit Ihrem Pferd gemacht haben.
  • Gab es Auffälligkeiten?
  • Haben Sie Veränderungen, z.B. in der Menge der Kraftfuttergabe o.Ä. vorgenommen?
  • Haben Sie ungewöhnliche Zusammenhänge festgestellt ( z.B., dass Ihr Pferd bei nass-kaltem Wetter sehr steif gelaufen ist)?
  • Haben Sie Medikamente gegeben und wenn ja, welches und in welcher Dosierung?
  • Gab es besondere Ereignisse (ist vielleicht ein Herdenfreund Ihres Pferdes gestorben oder hat den Stall verlassen)?
  • Haben Sie einen neuen Sattel?

Das Führen eines solchen Tagebuches kann Ihnen helfen, Zusammenhänge zu erkennen, die Ihnen sonst vielleicht nicht aufgefallen wären. Vielleicht werden Sie feststellen, dass es Ihrem an Arthrose leidendem Pferd immer bei nass-kaltem Wetter schwerfällt, an der Longe zu galoppieren, und Sie können Ihre Arbeit in Zukunft besser auf die Wetterfühligkeit Ihres Pferdes einstellen. Oder Sie merken, dass die immer stärker werdende Antriebslosigkeit Ihres Pferdes kurz nach der Kürzung der täglichen Haferration aufgetreten ist…

Extra-Tipp: Notieren Sie ruhig auch Ihre eigenen Befindlichkeiten und schauen Sie, welche Zusammenhänge Sie zwischen Ihren Stimmungen und dem Verhalten Ihres Pferdes wahrnehmen können.

Fotografieren und filmen Sie Ihr Pferd in regelmäßigen Abständen

Regelmäßige Fotos und Filme helfen Ihnen zum einen dabei, Ihr Pferd ein Stück weit „von außen“ anschauen zu können und Sie dokumentieren damit relativ objektiv alle möglichen Entwicklungen (wie z.B. Futterstand, Muskelauf- oder abbau usw.).

Damit Sie die Fotos und Filme auch tatsächlich dazu benutzen können, Entwicklungen festzuhalten, ist es wichtig, das Pferd immer in derselben Aufstellung, aus derselben Perspektive und aus gleichem Abstand zu fotografieren. Auch dazu einige Tipps:

  • Stellen Sie Ihr Pferd am besten im Profil an einem Zaun auf. Die Zaunriegel geben Ihnen eine nicht veränderbare Leitlinie, anhand der es leichter fällt, Entwicklungen der Oberlinie des Pferdes zu sehen.

  • Zählen Sie die Schritte ab, mit denen Sie auf Abstand zum Pferd gehen.
  • Achten Sie darauf, dass Ihr Pferd während des Fotografierens gerade nach vorne schaut und den Kopf immer auf derselben Höhe trägt.
  • Fotografieren Sie dann Ihr Pferd von der Seite, von vorne und von hinten. Wiederholen Sie alle drei Monate diese Fotosession.

Extra Tipp: Fotografieren Sie auch die Hufstellung und jeden Huf einzeln von vorne, von der Seite und von der Sohlenansicht.

Nach den gleichen Grundsätzen gehen Sie auch beim Filmen vor: Stellen Sie die Kamera immer an derselben Stelle des Reitplatzes auf und nehmen Sie ein paar Minuten Longieren in den Grundgangarten auf beiden Händen auf. Nun können Sie zu Hause in Ruhe und sogar in Zeitlupe die Bewegungen Ihres Pferdes betrachten:

  • Wie bewegt sich Ihr Pferd?
  • Geht es taktklar?
  • Wie schwingt der Rücken?
  • Wie weit tritt das Hinterbein vor?
  • Wie schräg legt sich Ihr Pferd in die Kurve?

Filmen Sie auch, wie Ihr Pferd gerade auf Sie zugeht und wieder von Ihnen weg. Und natürlich: Filmen Sie sich beim Reiten!

Legen Sie sich die Fotos und das Film-Material in einem extra dafür angelegten Ordner mit Datum versehen auf Ihrem Computer ab.

Fertigen Sie Schablonen an

Man kann sich mit relativ geringem Aufwand Schablonen der Oberlinie des Pferdes anfertigen. Wenn Sie dann alle paar Wochen oder Monate die Schablone auf den Pferderücken legen sehen Sie sehr gut, was sich verändert hat und ob sich der Rücken Ihres Pferdes mehr angehoben hat, oder ob Ihr Pferd beginnt, den Rücken mehr durchhängen zu lassen.

Und wie Sie so eine Schablone basteln können, beschreibe ich Ihnen nächste Woche. 🙂

5. April 2011 von Babette Teschen • Kategorie: Anatomie und Körper, Gesundheit, Longieren, Reiten 4 Kommentare »

 

4 Reaktionen zu “Der Body-Check: So können Sie Veränderungen an Ihrem Pferd kontrollieren”

 

Von Lisa • 11. April 2011

Wirklich super Tipps.
Bei uns in der Jugendfarm wird auch alles in einem Tagebuch festgehalten, was mit den Pferden unternommen wird. Wenn mehrere Menschen mit demselben Pferd zu tun haben, ist es meiner nach unerlässlich, ein Tagebuch zu führen, damit auch die anderen Reiter sehen, ob es irgendeinen Vorfall gab, zB wenn das Pferd immer an derselben Stelle scheut oder so.
Ich mach auch liebend gerne Fotos und videos vom Pferd, allerdings ohne wirklich Konzept, wie mir beim Lesen dieses Beitrags erst aufgefallen ist. Somit kann ich theoretisch alles direkt in den Müll schmeißen, weil es immer andere Perspektiven sind, das Pferd woanders steht etc. Ich habe grade heute Fotos gemacht und musste feststellen, dass das Pferd je nach Lichteinfall dicker oder dünner aussieht. Eben wie die Schatten halt dann sind. Wenn es direkt angescheint wird hat es auch einen tollen Rücken (Pferd ist weiß, daher „verschwimmt“ die Oberlinie in dem grellen Licht), im Schatten hat es einen leichten Senkrücken…Hilfe! Den Tipp, immer an derselben Stelle und in der gleichen Position zu fotografieren werde ich auf jeden Fall sofort übernehmen! =)

 

Von Anne Goldammer • 12. April 2011

Hallo Babette,

ein sehr nützlicher Hinweis, Tagebuch zu führen. Ich nutze dazu den Reiterplan (http://www.reiterplan.de/), welcher mir gut gefällt. Neben den Dingen, die du oben erwähnst, kann man Trainingsdauer eintragen, Art der Lektion eintragen und was mir besonders gefällt: bewerten, wie freudig die Arbeit für das Pferd bzw. für den Menschen war.

Eine Frage: Der Link für die Stresspunkte funktioniert nicht, wie ist der richtige Link?

Viele Grüße,
Anne

_______________________

Hier ist der richtige Link: http://www.wege-zum-pferd.de/artikel/stresspunkte.php – oben ist es auch schon geändert 🙂

Herzlich,
Babette

 

Von Annika • 14. April 2011

Hallo,
ich schreibe seit Jeffrey aus dem Beritt wieder da ist, also seit Januar täglich Tagebuch. Es lohnt sich wirklich um zu sehen, dass man Fortschritte macht, denn im täglichen Training fällt es mir sehr schwer diese zu erkennen.
Fotos von Jeffrey mache ich 2007 alle 2-3 monate und man sieht Veränderungen in der Muskulatur, was ich früher nicht gdacht hätte.
Als Tagebuch benutze ich das Ausbildungstagebuch von Dressur Studien.

LG Annika

 

Von Maharet • 16. September 2013

Hallo Babette und Tania 🙂

Danke für den wundervollen Artikel. Ich selbst führe seit über 20 Jahren Tagebuch über meine Pferde. Die ersten Jahre natürlich in einem richtigen Buch (oder viel mehr Büchern!), später am PC und am Ende des Monats hab ich das dann ausgedruckt. Seit Frühjahr arbeite ich wieder mit einem Tagebuch, diesmal online auf meiner Seite (nicht zuletzt damit die Besitzer lesen können was war).
Es ist wirklich erstaunlich, was man alles dabei entdecken kann, das einem in der täglichen Arbeit nicht wirklich auffällt, auch die Entwicklung der Fohlen und Jungtiere kann man da dann immer nochmal nachlesen, das geht am Anfang ja immer alles so schnell und ruckizucki sind die Babies Jährlinge…

Ein kleiner Tip noch von mir: ich habe die monatlichen Checks auch immer mit einer Überprüfung der Maße, des Gewichtes und der PAT-Werte vorgenommen. Das mag jetzt etwas viel erscheinen, aber spätestens bei den Wurmkuren ist es sinnvoll immer das aktuelle Gewicht zu haben und auch wenn man für Distanzen trainiert, wie ich damals, sind die PAT-Werte einfach Pflicht. Und gerade bei der Aufzucht von Jungpferden hat man immer Referenzwerte, die man notfalls zu Rate ziehen kann.

LG Maharet

 

 

Einen Kommentar schreiben

 

Die folgenden Tags sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

  • Reitkurs

  • Herzlich willkommen im Themenbereich „Longieren“

    "Wege zum Pferd" wurde 2008 von Tania Konnerth und Babette Teschen gegründet und wird seit 2021 von Tania allein auf der neuen Seite weitergeführt.

    Dies hier ist das Archiv, in dem sich die vielen, vielen Blogbeiträge, die über die Jahre entstanden sind, finden. Neue Artikel gibt es im neuen Blog von "Wege zum Pferd".

    "Wege zum Pferd" findet Ihr auch bei FacebookFacebook und Instagram.

    Abonniert am besten gleich den kostenlosen Newsletter damit Euch nichts entgeht

    Lesetipp: "Best of Wege zum Pferd" – das E-Book zur Webseite:

    Schon gesehen? Unsere Selbstlernkurse – alles für mehr Pferdefreundlichkeit – gibt es hier:

    Und hier geht es zu unserem gemeinsamen Buch bei Kosmos:

  • Kategorien

  • Archive