Das Ja als Basis
Letzte Woche schrieb ich darüber, dass ich im Zusammensein und vor allem in der Zusammenarbeit mit meinen Pferden ihr Ja möchte und das Thema möchte ich heute gerne noch einmal aufgreifen. Denn je mehr ich über dieses Thema nachdenke, desto bewusster wird mir, welch großen Stellenwert das Ja meiner Pferde inzwischen für mich hat. Tatsächlich ist das Ja meiner Pferde heute für mich die Basis unserer Zusammenarbeit.
Anthonys Ja zu mir und unserer Arbeit ermöglichte mir in diesem Sommer z.B. unsere ersten Stoppelfeldausflüge (dazu bitte auch hier lesen) – erst im Schritt, dann auch im Trab und als Krönung mit einem wundervoll ruhigen, gesetzten Galopp, bei dem er jeden Moment ganz bei mir war und zuhörte.
Ohne sein Ja zu spüren, hätte ich das so nicht gewagt.
Und das Ja von Aramis ermöglichte uns beiden das Reiten ohne Kopfstück auf dem Stoppelfeld (dazu schrieb ich hier schon mal was).
Ich freue mich über diese Portion Freiheit, die ich meinen Pferden so bieten kann – und die sie stolz, zufrieden und selbstbewusst werden lässt.
Diese Freiheit wird aber nur durch das Ja möglich, auf das ich immer wieder hinarbeite.
Es wird viel über Sicherheit und Kontrolle im Umgang mit Pferden diskutiert. Aus meiner heutigen Sicht bietet mir das Ja meiner Pferde mehr Sicherheit und „Kontrolle“ als es alle Hilfsmittel oder alle Unterwerfungsversuche gebracht haben. Nehme ich das Ja meiner Pferde als Basis für unsere Zusammenarbeit, dann habe ich einen exzellenten Gradmesser. Verliere ich ihr Ja, muss ich es mir erst wieder erarbeiten, denn ohne das Ja kommen wir nur wieder in Streits und Kämpfe und ohne das Ja wird der Umgang mit den Pferden unsicherer und gefährlicher.
Das Wichtigste dabei ist für mich diese Erkenntnis: Ein Ja kann man nicht erzwingen. Ein Ja entsteht nicht durch Zügelzug, Gerteneinsatz oder Sporenhilfen. Ein Ja entsteht durch Verstehen, Kommunikation, liebevoller Konsequenz und der Bereitschaft, das Pferd in seinem Pferdsein und seiner Persönlichkeit anzunehmen.
Und aus einem Ja entsteht dann wiederum das Kostbarste überhaupt: Vertrauen.
26. August 2010 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse • 10 Kommentare »
Von Rami
• 27. August 2010
Ein sehr schöner Text, berührt mich richtig! 🙂
Ich wünsche mir nichts mehr als dass mein Pferd eines Tages auch zu mir „Ja“ sagt, wenn ich mit ihm arbeiten möchte. Aber da hat er ja noch Zeit, ist erst 1 Jahr alt. 😉 Und in der Zwischenzeit lese ich hier noch auf eurer Homepage, die übrigens sehr gelungen ist.
Viele Grüße
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Dankeschön, Rami! Na, und Ihr habt dann ja noch gaaaanz viel vor Euch – genieße es!
Tania
Von Susanne
• 30. August 2010
Hallo Tania,
ich beneide dich dafür sehr, dass deine beiden Pferde ja zu dir sagen. Ich habe mein Pferd damals absolut demotiviert bekommen. Länger als ne halbe Minute konzentration konnt ich von ihm nicht bekommen. Mitlerweile können wir auch schon stundenlang durchs Gelände. Bei den vielen Aufgaben, die ich ihm stelle, bekomme ich bisher nur bei den Zirkuslektionen ein klares „Ja“. Im moment bin ich schon überglücklich, wenn ich mein Pferd zu einem „Na gut“ überreden kann. Das geschieht auf keinen Fall mit Druck. Eher aus eigener Überzeugung das richtige zu wollen und dieses dem Pferd auch Nonverbal zu vermitteln. Jedes „Na Gut“ dass ich von meinem Pferd bekomme, hilft mir in unserer Beziehung und vor allem in seiner Motivation weiter. Ich arbeite also fließig auf das „ja“ hin 😉
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Hallo Susanne,
ein „Na gut“ ist schon etwas Tolles! Fast ein richtiges Ja und weit mehr als die meisten Pferde sagen! Ihr seid auf einem guten Weg, denke ich,
Tania
Von Lucia Brack
• 30. August 2010
Hallo Tanja
wunderschöne Bilder! Ich bewundere deine Arbeit und deinen Mut und lese deine Beiträge jedesmal aufmerksam.
Eine kleine Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen… Viele Bilder ohne Reithelm uiuiui…
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Dankeschön, Lucia. Tatsächlich hat es für mich wenig mit „Mut“ zu tun. Bräuchte ich Mut, würde ich es nicht machen. Das ist genau das, was mit ich mit dem „Ja“ meine – wenn ich das „Ja“ spüre, brauche ich keinen Mut mehr.
Tania
Von Claudia
• 30. August 2010
Hallo Tania und alle,
wieso könnte man so einen Beitrag, wie Du ihn heute geschrieben hast, nicht so vielen anderen Reitern und Pferdefreunden irgendwie über Nacht ins Hirn brennen oder so?? Ich glaube der „Kreis“ derer, die sich für neue Wege und neue, vor allem gewaltfreie Ausbildungsmethoden interessieren wächst. Dennoch verbergen sich hinter vielen „Gleichgesinnten“ immer noch die Grundgedanken wie „der ist ein Spinner“ oder „die hat ihr Pferd nicht im Griff“. Und vor allem auch die Erwartung dass das Pferd immer und in jeder Situation so zu reagieren hat, wie wir es uns gerade wünschen oder wie es für uns bequem ist. Bullsh… (sorry). Ich bin jedenfalls begeistert von Deinen Erlebnissen mit den beiden Jungs und lasse mich nicht beirren – auch wenn’s mal nicht so klappt.
Viele Dank für den tollen Beitrag!
Liebe Grüsse Claudia
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Danke, Claudia! Auch ich denke, dass sich einiges ändert und ich hoffe auf immer mehr Verständnis für Pferde.
Alles Gute für Dich und Dein Pferd,
Tania
Von Sylvia
• 31. August 2010
Ich werde bei solchen Beiträgen immer etwas nachdenklich….es ist wirklich schön, den Wandel auch bei anderen zu bemerken, dass Pferde Persönlichkeiten sind und wir sie auch so wahrnehmen! Ich tue das inzwischen auch, nachdem wir einen langen steinigen und unwissenden Weg gingen. Aber ich bin in unserem Stall ein Außenseiter mit meiner gewaltfreien Art. Meine Freundin und ich erarbeiten uns seit längerer Zeit auch ganz allmählich ein „Ja“ unserer Pferde. leider werden wir nur zu oft komisch von anderen Pferdebesitzern angemacht und fühlen uns etwas abseits (was jetzt nicht schlimm ist, ich wollte nur die Reaktion beschreiben)
ABER ich bin stolz auf jedes JA meiner Pferde! Denn vor noch 1 Jahr gab es nur noch klare NEINS…
Da lohnt es sich doch, anders zu sein als die Anderen ;o))
GLG Sylvia
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Ja, es stimmt schon – das Ziel, ein Ja seines Pferdes zu erreichen, macht einen ein bissl zu einem Sonderling. Ich mag aber da gerne ein „noch“ einfügen – denn ich glaube, dass sich da ganz vieles ändert und immer mehr Pferdeleute umdenken und umdenken werden.
Herzlich,
Tania
Von Namea
• 1. September 2010
Hallo, ich habe jetzt die zwei Beiträge über das Ja vom Pferd gelesen. Scheinbar habe ich noch nicht viele bekommen, denn ich hab grad keine genaue Vorstellung davon, wie die aussehen. Woran erkennt ihr das Ja? Ich wäre sehr froh, wenn ihr (Tania oder andere Kommentatoren) dazu ein paar Situationen beschreiben könntet. Und wie reagiert ihr auf ein Nein? Wie kommt ihr von einem Nein zu einem Na gut und dann Ja? Was verändert ihr? Wie geht ihr vor? Mich würden da mehr Details oder Beispiele interessieren, damit ich das besser verstehen und leichter umsetzen kann…
Ich habe bisher nur in der Freiarbeit gelernt, dass er weniger nach außen gerichtet ist und mehr auf mich achtet, seit ich ohne Zielvorstellung da heran gehe und hatte den Eindruck, dass er seine Abwehrhaltung schon etwas abgelegt hat. Ist das schon ein „Na gut“?
(Ich muss dazu sagen, dass ich nur RB bin und nur einmal die Woche mit ihm was machen kann).
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Das sind komplexe Fragen zu einem komplexen Thema. Ich denke, ich werde hier im Blog noch einiges dazu schreiben, als Antwort sprengt das jetzt ein bissl den Rahmen. Deshalb nur eine kurze Antwort: ein Ja meines Pferdes erkenne ich an seinem Ausdruck (Auge, Ausstrahlung) und an seiner Bereitschaft, mir zuzuhören und auf mich zu reagieren.
Wenn Dein Pferd schon ein Stück Abwehrhaltung abgelegt hast, bist Du ja schon genau an dem Punkt, darüber nachzudenken und das zu erkennen – denn wenn Du das siehst, siehst Du ja schon Abwehr auf der einen Seite (ein Nein) und eine Veränderung (hin zu einem „na gut“ oder „ja“). Das gilt es immer mehr zu schulen.
Als Reitebeteiligung mit einmal in der Woche beim Pferd ist das eine große Herausforderung und ich finde es toll, dass Du das angehst.
Tania
Von Namea
• 1. September 2010
Danke für die Antwort! Ich hoffe, ich kann das bald immer besser erfühlen und dann auch die Richtigen Wege finden, wie ich ihn mehr begeistern kann. Liebe Grüße
Namea
Von Tanja
• 5. September 2010
Eure Texte gehen richtig ans Herz, bzw. öffnen es weit. Man merkt einfach, dass ihr mit eurem Sein bei den Pferden seid. Es macht riesig Spaß eure schönen Zeilen zu lesen. Danke und herzliche Grüße, Tanja
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Ganz herzlichen Dank, Tanja!
Tania
Von Rebecca
• 22. April 2013
Hallo Tania (und ihr anderen) 😉
ich lese deine Beiträge hier immer wieder gerne =)
Meine Stute, Piri, guckt immer total unbegeistert wenn ich auf die Koppel komme, dreht sich weg, oder geht manchmal sogar weg sobald ich Anstalten mache ihr ein Halfter raufzutun. Wenn ich kein Halfter hab dann guckt sie mich mit gespitzten Ohren an. Ich lass sie dann immer weggehen, wenn sie stehen bleibt lob ich sie und geh wieder hin, streichel sie, und probiers nochmal. Heute beim dritten mal ist sie dann stehn geblieben und hat es sich rauftun lassen.
Sobald das Halfter dann oben ist, geht sie ganz lieb mit, guckt auch nicht mehr so, sondern (wir waren Spazieren) interessiert, und reagiert total fein auf meine Signale, mit Körper, Stimme und Gerte. Ich kann sogar mit ihr am Strick galoppieren, auch ganz langsam, dass ich nicht mal so schnell rennen muss. Und dann bremst sie sofort auf mein Kommando auch runter, und sie geht seitwärts, und rückwärts auf ganz leichte Kommandos und lernt auch total schnell.
Eigentlich heißt das ja, dass ich am Anfang immer ein klares Nein bekomme, das sich dann eig. in ein Ja wandelt? Oder seh ich da was falsch?
Es gibt ja auch einige Menschen die sich oft nicht recht aufraffen können zu was (zb. meine schwester ab und zu) wenn man dann beispielsweise…hmm… nicht rausgehen möchte zum Reiten, und dann sagt jemand „jetzt geh schon“, und dann wenn man dabei ist dann gefällts einem doch?? Könnte das bei Piri auch so sein? Dass sie sich erst denkt „warum denn, ich hab doch hier mein Gras“ und dann aber doch Spaß hat???
Bei Zirzensischen Lektionen macht sie nach ner Zeit bzw. ein paar Tagen immer nicht mehr mit, da ignoriert sie mich dann einfach, also eindeutig ein Nein. Aber ich glaub das könnte auch da dran liegen, dass sie seit einem halben Jahr ein Problem am Sprunggelenk hat, und vllt. tut ihr ja da z.B. bei der Verbeugung dann was weh… jetzt lass ich es erst mal!
GLG Rebecca
PS: macht weiter so, eure Seite (und der Newsletter den ich seit 2 Wochen habe) ist total spitze!!! =)
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Hallo Rebecca,
herzlichen Dank für Deine tolle Rückmeldung und für Dein Lob – wir freuen uns.
Zu Deiner Stute: Es ist immer schwer zu sagen, was die Ursache für ein Verhalten ist, wenn man das nicht vor Ort sieht. Vielleicht ist sie wirklich immer erst mal nicht begeistert, das Gras zurücklassen zu müssen, aber vielleicht gibt es auch andere Gründe. Geh doch vielleicht hin und wieder mal nur so hin, füttere und geh dann wieder. Wenn Pferde den Menschen immer mit „Arbeit“ verbinden, reagieren sie manchmal so, wie Du es beschreibst. Vielleicht aber ist ihr auch das Halfter unangenehm? Drückt es oder ist das Aufhalftern selbst unangenehm? Hier vielleicht mal genau schauen und das Ganze ggf. neu mit Clickern aufbauen.
Was Du ansonsten von Euch schreibst, klingt jedenfalls sehr schön.
Und ja, das Verbeugen würde ich dann auch nicht mehr machen.
Alles Gute,
Tania
Von Rebecca
• 11. Mai 2013
Vielen Dank Tania für die Antwort! =)
Klar kann man das auf Entfernung nicht wirklich gut beurteilen 😉
Genau das habe ich mir auch schon gedacht, dass sie es vllt immer mit Arbeit verbindet wenn ich komm, und hab genau das gemacht was du sagtest: ich guck auch öfter bei ihr auf der Weide vorbei, ohne was zu wollen von ihr, und kraule sie nur, oder bring Karotten mit. Ich hab sie ja direkt am Haus stehen, was das schonmal einfach macht 😉
Das Halfter müsste eig. passen, wenn ich sie mal hab und beim aufhalftern bin, dann steckt sie ihre Nase ja auch selbst rein…
Mit Clicker direkt möchte ich nicht wirklich arbeiten, das sagt mir nicht ganz so zu, vor allem weil ich den immer dabeihaben muss. Aber ich hab mir einiges schon abgeguckt vom Clickern =) Sie wird ganz viel mit Stimme gelobt, bei Neuem auch viel mit Leckerlie, und dann je besser sie was kann, desto öfter lob ich halt nur mit Stimme 😉
Jetzt steht sie den halben Tag bei schönem Wetter (leider) alleine auf einer kleinen Koppel mit Unterstand, dass sie nicht so viel Gras fressen kann, weil sie eh zu dick ist und das ja ihren Fuß noch mehr belastet. Die andren dürfen halt dann hoch auf die größere Weiden, nur durch einen Zaun getrennt. Ihr macht es zwar mittlerweile nicht mehr viel aus, aber langweilig ist ihr halt doch ein bisschen, obwohl sie ein bisschen Gras hat, ein Heunetz (engmaschig) und zwei kleine Äste. Und wenn sie da steht, und ich zu ihr komm, dann geht sie mit gespitzten Ohren her und freut sich wenn ich sie mitnehm und was mach mit ihr.
Was jetzt für mich eig. meine Vermutung ein bisschen bestätigt dass sie nur erst immer nicht von den Andren und vom Gras weg mag… Wenns was mit mir oder meiner Arbeit direkt zu tun hätte, dann würde sie ja wenn sie allein steht auch so dreinschaun wenn ich mit dem Halfter komm… oder?
sorry, ich schreib immer viel zu viel…
LG Rebecca
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