„Einfach nur spazieren gehen …“ – warum dieser Gedanke oft kontraproduktiv ist

Immer wieder erreichen mich Anfragen per Mail, die verschiedene Probleme bei Spaziergängen oder Ritten im Gelände beschreiben: Die Pferde wollen nicht vorwärtsgehen, sind schreckhaft, scheuen und reißen sich manchmal auch los bzw. gehen mit ihrem Reiter auf dem Rücken durch.

Nicht so selbstverständlich, wie vielleicht gedacht

Beim Lesen der vielen Mails wird mir immer wieder klar: Die wenigsten Pferdemenschen machen sich bewusst, dass es für viele Pferde ganz und gar nicht selbstverständlich ist, mit einem Menschen ins Gelände zu gehen. Tatsächlich aber ist das eine große und wirklich schwierige Aufgabe, ganz besonders dann, wenn keine anderen Pferde dabei sind. 

So nett die Vorstellung für uns Menschen sein mag, fröhlich und entspannt mit unserem Pferd spazieren zu gehen oder auszureiten, so übersehen wir dabei oft ein ganz wesentliches Element: Pferde sind Herdentiere und in der freien Natur wäre ein Pferd allein leichte Beute. Die Angst eines einzelnen Pferdes im Gelände ist also keine „Spinnerei“ und auch kein „Ungehorsam“, sondern ein von der Natur eingebautes Überlebensprogramm. 

Natürlich gibt es viele Pferde, für die es kein Problem ist, alleine ins Gelände mit dem Menschen zu gehen, aber für junge Pferde, für eher unsichere Tiere oder für Pferde mit Trennungsangst (so genannte Kleber) oder schlechten Vorerfahrungen ist es wirklich eine riesige Herausforderung, alleine mit dem Menschen ins Gelände zu gehen. Und je unwirscher der Mensch wird, wenn das Pferd Angst oder Unwillen zeigt, desto mehr wird es sich darin bestätigt sehen, dass das Gelände keine gute Idee ist …

Ein Beispiel zur Veranschaulichung

Nun denken viele Pferdemenschen, dass ihre gute Beziehung zu ihrem Pferd doch ausreichen muss, um dem Pferd die Angst zu nehmen, und sie ihm allein durch ihre Anwesenheit Sicherheit geben können. Dazu einfach mal ein Gedanke von mir aus meiner eigenen Gefühlswelt:

Ich leide unter Flugangst. Wenn eine Person mit mir fliegt, der ich vertraue, wie z.B. meine ältere Schwester, sie meine Hand hält und mir sagt, dass alles gut ist, dann geht es mir auf jeden Fall besser. Es ist tröstlich und schön, wenn sie dabei ist. Aber: Angst habe ich trotzdem, sehr große sogar. Am liebsten würde ich einfach aussteigen oder im übertragenen Sinn: Wäre ich ein Pferd, würde ich mich bei jedem Luftloch loszureißen versuchen, um wegzulaufen – und dass, obwohl ich meiner Schwester vertraue …

An dieser Stelle ist übrigens auch sehr spannend, dass meine Schwester, die sonst keine Probleme im Flugzeug hat, auf dem Flug, bei dem ich mit feuchten Händen und klopfendem Herzen neben ihr saß, selbst auch Angst hatte. Meine Angst hatte sie angesteckt! Und so geht es uns Pferdemenschen doch in der Regel auch, wenn wir mit einem ängstlichen Pferd spazieren gehen, oder nicht? Diese Unsicherheit wiederum spürt unser Pferd ganz genau, was ihm die Sache natürlich noch schwerer macht. 

Angst verstehen und akzeptieren

Ich denke, wir müssen verstehen und akzeptieren, dass unser so vermeintlich „kleiner“ Wunsch, mit einem Pferd entspannt ins Gelände zu gehen, nicht mit jedem Pferd einfach so zu realisieren ist, sondern dass die Angst einfach manchmal stärker ist. Ein Stück weit kann man auch solche Pferde ans Gelände gewöhnen, aber man muss jederzeit damit rechnen, dass selbst kleine Auslöser (die manchmal für uns vielleicht nicht einmal zu erkennen sind), die Angst wieder aufkommen lassen.

Auch dazu noch einmal das Beispiel meiner Flugangst: Eine Weile bin ich oft geflogen, weil ich meine Flugangst überwinden wollte. Ich habe in dieser Zeit alle möglichen Übungen gemacht, Klopftechniken und Atemtechniken angewendet und Hörbücher zum Thema Flugangst gehört. All diese Maßnahmen haben erreicht, dass ich die Flüge besser überstanden habe. Es war nicht mehr der blanke Horror und zeitweise konnte ich auf den Flugstrecken sogar gut entspannen. War der Flug aber unruhiger, kam ein größeres Luftloch, veränderten sich die Motorengeräusche deutlich, war die Angst auch ganz schnell wieder da. Ich konnte zwar besser mit ihr umgehen, aber sie war trotzdem da.  

Spazieren gehen als Trainingsaufgabe

Es gilt, sich Spaziergänge im Gelände ganz kleinschrittig zu erarbeiten – unter Umständen deutlich kleinschrittiger als die meisten es vielleicht zunächst für nötig halten. Ich sehe es inzwischen so, dass die Übung alleine ins Gelände zu gehen, egal ob an der Hand oder unter dem Reiter, für unsichere Pferde in gewisser Hinsicht noch schwieriger ist als zum Beispiel das Erlernen der Piaffe oder fliegende Galoppwechsel. Bitte setzen Sie also Ihre Erwartungen extrem niedrig an und nehmen Sie dieses Training ernst. Geben Sie Ihrem Pferd die Zeit, die es braucht, um Sicherheit im Gelände erlangen zu können – und das kann bedeuten, dass Sie für den Anfang vielleicht wochenlang nur einmal kurz vor die Tür oder ein paar Meter gehen können!

Merke: „Mal eben eine entspannte Runde ins Gelände zu gehen“, kann bei unsicheren Pferden allenfalls das Endziel, nie aber der Anfangspunkt sein! 

Hier noch ein Wort zum Spazierengehen mit Fohlen: Oftmals möchten Pferdebesitzer auch schon mit ihren sehr jungen Pferden spazieren gehen, mit Pferden, die noch unter einem Jahr alt sind. Ich bin grundsätzlich dafür, dass junge Pferde, gerade in der Zeit, in der sie sich in der Sozialisierungsphase befinden, viel von der Welt zu sehen bekommen, aber bitte immer in Begleitung von einer ruhigen, sicherheitsgebenden Begleitung durch andere Pferde, denen das Jungtier vertraut und durch die es Sicherheit bekommen kann. Es ist nicht artgerecht, schon Fohlen an Spaziergänge allein gewöhnen zu wollen, und es kann zu heftigen Gegenreaktionen kommen, oft auch dann, wenn das Fohlen erst ganz ruhig erscheint. 

Denken Sie daran: Es geht hier sowohl um die Sicherheit Ihres Pferdes als auch um Ihre eigene. Pferde, die sich im Gelände losreißen bzw. durchgehen, sind eine große Gefahr. Wenn Sie die Angst Ihres Pferdes nicht ernst nehmen und Ihr Pferd überfordern, laufen Sie Gefahr, dass diese Angst immer größer und damit unter Umständen auch unkontrollierbarer wird.

Und so können Sie praktisch vorgehen

Am besten nutzen Sie für das Spaziertraining  einen weichen, gut gepolsterten und gut passenden Kappzaum. Dieser ermöglicht Ihnen, den Kopf des Pferdes gut zu kontrollieren, was wiederum mehr Sicherheit bedeutet.

Üben Sie zunächst auf einem sicher eingezäunten Platz das Führen des Pferdes, so dass Ihr Pferd die Grundkommandos zum Antreten und Anhalten sicher verstanden hat und sich brav, ohne zu drängeln oder zu überholen von Ihnen führen lässt.

Tipp: Üben Sie parallel kleine Lieblingsspiele mit Ihrem Pferd. Das könnte zum Beispiel die Übung Kopf tief,  das Tanzen oder Bein hoch sein.

Gehen Sie mit Ihrem Pferd dann einige Male einfach nur „vor die Tür“, also durch das Stalltor hindurch und lassen Sie es sich umgucken. Verwöhnen Sie es mit etwas Leckerem und achten Sie gut darauf, dass Ihr Pferd entspannt bleibt. Sollte es sich hier bereits gestresst und aufgeregt zeigen, gilt es, erst das so lange zu üben, bis das Pferd in dieser Situation gelassen sein kann. Hier kann die Anwesenheit eines ruhigen Pferdes, für das das Rausgehen bereits Routine ist, sehr helfen. 

Erst wenn das „Vor die Tür gehen“ eine lockere Angelegenheit ist, beginnen Sie mit den ersten „kleinen Spaziergängen“, die nur wenige Minuten dauern sollten! Je nach Unsicherheit des Pferdes können sogar schon einige Schritte vollkommen ausreichen. Schätzen Sie Ihr Pferd bitte gut ein, damit es möglichst erst gar nicht zu Stress und Angst kommt. Ein ruhiges Pferd als Begleitung kann bei diesen ersten kleinen Ausflügen für viel Ruhe und Sicherheit sorgen.

Gehen Sie also mit Ihrem Pferd ein kleines Stück vom Hof weg und machen Sie kurz ein paar Übungen, die Ihr Pferd gerne und zuverlässig ausführt. Loben Sie diese Übungen sehr, drehen Sie wieder um und gehen Sie gleich wieder nach Hause. Hat das gut geklappt, können Sie die Spaziergänge in kleinen (!) Schritten etwas verlängern. Wenn Ihr Pferd diese kleinen Spaziergänge als Routine empfindet und dabei wirklich gelassen ist, probieren Sie, auch mal ohne Begleitpferd ein kleines Stückchen zu gehen.

Wird Ihr Pferd zu unsicher und zeigt es Stress oder Angst, ist es noch nicht reif für Spaziergänge alleine ins Gelände. Dann probieren Sie es weiter erst einmal nur mit Begleitung. 

Wichtig: Gerade in der Pubertät oder auch im Frühling oder an stürmischen Tagen kann es leicht dazu kommen, dass Pferde, die eigentlich schon recht gelassen im Gelände waren, wieder in alte (Angst- und Stress-)Muster zurückfallen. Erspüren Sie deshalb möglichst vorher, ob der jeweilige Tag tatsächlich ein guter Tag fürs Gelände ist und verzichten Sie ggf. lieber einmal mehr auf den Spaziergang bzw. halten Sie ihn kurz, als dass es wieder zu heftigen Angst-Reaktionen kommt, die Sie im Training dann erst einmal wieder deutlich zurückwerfen. 

Tipp: In unserem Anti-Angst-Kurs erfahren Sie, wie Sie mit den Ängsten Ihres Pferdes besser umgehen können. Auf der Basis, die Sie sich im Anti-Angst-Kurs mit Ihrem Pferd erarbeiten, haben Sie sehr gute Chancen, ein gelassenes Gelände-Pferd zu bekommen.

Fazit

Ich glaube, dass wir die oft so angstbesetzte Aufgabe „Spaziergang“ auf eine Weise erarbeiten und trainieren können, durch die die meisten von unseren Pferden die Erfahrung machen können, dass ein Spaziergang im Gelände eigentlich eine tolle Sache ist. Die Pferde werden durch ein positives, kleinschrittiges Training sicherer und gelassener und damit auch selbstbewusster. Bei dem einen Pferd geht das schneller, bei vielen dauert es aber länger und letztlich gibt es immer auch Pferde, die leider nie wirklich ganz gelassen und angstfrei allein im Gelände sein werden. 

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12. April 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Erkenntnisse, Jungpferdausbildung, Umgang, Verhalten 37 Kommentare »

 

37 Reaktionen zu “„Einfach nur spazieren gehen …“ – warum dieser Gedanke oft kontraproduktiv ist”

 

Von Nicole • 12. April 2016

Hallo, und Danke zunächst für die vielen wertvollen informationem die ihr uns immer zur verfügung stellt. Mein Pferd geht mit mir ganz easy ins gelände, geführt und geritten. Allerdings hat es Stress wenn wir mit einer Gruppe gehen. Dann versucht sie anzutraben regt sich auf versucht nach vorn zu kommen.
Woran kann das liegen? Und wie kann ich ihr den Stress nehmen? Sie kennt gruppenritte eigentlich, denn sie war ein Ferienreitpferd das auf strandritte gegangen ist.
LG

 

Von Christine Dosdall • 12. April 2016

Liebe Babette,

vielen lieben Dank für diesen Artikel. Er spricht mir aus der Seele, wie kaum ein anderer. Wie oft erlebe ich, dass die Pferde sich schon auf unserem geschützten Stallgelände wieder und wieder losreißen, weil das Spazierengehen doch funktionieren muss. Und wie oft man seltsam angesehen wird, wenn man sagt, dass man mit seinem eigenen Pferd aus diversen Gründen nicht Spazierengehen möchte, weil es ihm zu viel ist. Dann kommen Sprüche wie „wie unnormal kann ein Pferd sein, dass man es nicht von A nach B führen kann?“ ohne Rücksicht darauf, dass die Besitzer ganz genau wissen, warum sie eben genau das nicht zu erzwingen versuchen.

Liebe Grüße, Tine

 

Von Dominique • 12. April 2016

Liebe Babette, danke für diesen tollen Artikeln. Damit hast du mir mal wieder aus der Seele gesprochen. Ich habe einen 21jährigen Haffi, der nicht gerne alleine raus geht. Spazieren in einer Gruppe geht. Reiten in einer Gruppe mag er auch nicht so. Generell ist er sehr schreckhaft. Ich mache sehr gerne Bodenarbeit mit ihm. Clickertraining haben wir jetzt angefangen. Ich habe irgendwann durch Zufall heraus gefunden, dass er total gerne spielt. Er nimmt zB ein altes Hemd ins Maul, rennt damit durch die Gegend, schüttelt den Kopf dabei. Er hat an solchen Dingen so viel Spaß. Seit dem wirkt er viel offener, sein Blick ist wacher, aufgeweckter. Und, er wird selbstbewusster. Ich sehe das an seinem Verhalten in der Herde. Aber auch daran wie er mit „gruseligen Monstern“ umgeht.
Oft hört man Sachen wie:“ jetzt setz dich mal durch, der macht doch mit dir was er will!“
Durch eure Kurse und Newsletter weiß ich dass es auch anders geht. Ich werde weiter meinen Weg gehen und Dank euch die Kraft aufbringen solche Kommentare einfach zu ignorieren. Mein Pony zeigt mir dass es ihm Spaß macht und dass es ihm gut geht.
Vielen Dank an eure tolle Seite.
Dominique

 

Von Tanja • 12. April 2016

Hallo Babette,
als ich die Überschrift las, dachte ich zunächst es ginge nun auch hier darum, dass man ein Pferd doch „zu reiten hat“ und nicht nebenher läuft, und war etwas verwundert ;).

Ich habe so ein Pferd, welches es unheimlich stresst, wenn es sich alleine außerhalb der Sichtweite der Herde bewegen soll. Ich habe sehr kleinschrittig angefangen, so wie von dir beschrieben. Aber auch nach vielen Jahren stresst es ihn immer noch. Ich habe dann darüber nachgedacht, dass es in meinem Leben auch Dinge gibt, die ich nicht wirklich gerne tue, sondern eigentlich nur anderen Menschen zu Liebe. So habe ich mich mit meinem Pferd auf eine „Wohlfühlentfernung“ geeinigt.
Ich muss allerdings zugeben, dass ich nicht wirklich glücklich damit bin. Ich zweifle oft daran, ob ich nicht doch noch einmal mit dem Training weitermachen sollte, und ihn und mich Schritt für Schritt über unsere Wohlfühlzone hinausdrängen sollte. Manchmal bringt mich der verständige, oder „andere“ Weg mit meinem Pferd umzugehen, doch zum grübeln, ob ich es nicht vielleicht doch einfach nur MIR einfacher mache… ;).
Liebe Grüße, Tanja

 

Von Chrissi • 12. April 2016

Hallo Babette,

Ich finde den Artikel gut geschrieben und z.T. kritisch reflektiert. Auf der anderen Seite finde ich ihn aber auch einseitig. Nicht für jedes Pferd ist die Arbeit an der Hand der beste Weg um Vertrauen im Gelände zu fassen. Mein Pferd ist viel ruhiger und vertrauensvoller, wenn ich es reite und „einrahmen“ kann. Spaziergänge bedeuten oft Stress und Auseinandersetzungen über das Schritttempo und die findet er auch potentiell langweilig, wohingegen Reiten nie ein Problem ist. Bodenarbeit zuhause hingegen macht ihm Spaß.
Was mir an dem Artikel ein wenig aufstößt, ist der Sonderstatus des Ausreitens. Ich glaube, dass genau das oft das Problem ist. Für mich gehört ein Schrittausritt (mit ruhigem Begleitpferd oder auch bald alleine, falls das junge Pferd cool bleibt) ganz selbstverständlich in die Ausbildung eines jungen Pferdes (von Anfang an). Und auch in die tägliche/wöchentliche Arbeit mit jedem anderen Pferd. Natürlich gibt es Pferde, die viel schreckhafter sind als andere. Aber in den allermeisten Fällen, die mir bekannt sind, kommen Probleme im Gelände entweder durch die Unsicherheit/Angst des Reiters oder die Seltenheit der Ausritte zustande. Dadurch können sich dann „Probleme“ beim Pferd entwickeln. In den wenigsten Fällen sind diese aber nicht durch konsequentes Ausreiten wieder in den Griff zu kriegen. Mit konsequent meine ich auch einen kurzen um-die-vier-Ecken-Ausritt bei schlechtem Wetter, und nicht nur lange Sommerausritte. Wichtig ist, finde ich, auch die Auswahl der Begleiter. Mein Pferd ist sehr zuverlässig und cool im Gelände, aber wenn ich zu oft mit aufgedrehten Pferden oder kopflosen Reitern ausreite, wird auch er unentspannt.
Dabei sind Ausritte – meiner Meinung nach – zentral für die Gesundheit (Kondition, lange geradeaus, verschiedene Böden, kein Reithallenstaub), das Vertrauen und allgemein für ein ausgeglichenes Training.

Das war also ein Plädoyer dafür, dem Ausreiten keinen Sonderstatus zu geben und sich nicht allzu vorsichtig ranzutasten. Selbst entscheiden, ob lieber führen oder reiten, und dann einfach mal, ganz unaufgeregt, um die 4 Ecken marschieren. Und man sollte sich mental auf einen kleinen Hüpfer oder auf ein Zusammenzucken des Pferdes einstellen, denn, wie Babette schreibt, für Pferde ist Ausreiten eine Kiste voller neuer Situationen. Aber, wie gesagt, denke ich, dass das Problem häufiger in den Köpfen der Menschen als in den Köpfen der Pferde zu finden ist.
Liebe Grüße, Chrissi

 

Von Eusebia • 12. April 2016

Ich finde es wunderbar, dass das Ausreiten und die Handarbeit auch mal von dieser Seite beleuchtet wird. Ich habe meinen Hafi schon immer auch viel draussen geführt und sowohl an der Hand als auch unterm Sattel Dressuraufgaben eingebaut. Oft genug wurden wir belächelt( was sich bis heute nur teilweise geändert hat). Dass mein Dickes draussen so cool ist, liegt dann in den Augen der „Nervöses-Pferd“- Besitzer gerne daran, dass er angeblich faul ist, nicht am Training. Heute kann ich nicht mehr reiten und wir marschieren dafür 1-2 Stunden, was für uns beide gesund ist. Ernstgenommen als Arbeit wird es immer noch nicht.

 

Von Angelika • 12. April 2016

Hallo Babette
vielen Dank für diesen interessanten Artikel

Mein Wallach ist eigentlich ein fanatischer Spaziergänger. Wenn wir zu weit gehen, ist alles okay.
Wenn ich mit ihm alleine gehen will, fängt er an, mich zu beißen und versucht, mich umzuwerfen…
Früher ist er auch alleine mit mir gegangen, seit ich einen eigenen Stall habe, nicht mehr..
Hast du eine Idee für mich?
lg
Angelika

 

Von Denise • 13. April 2016

Hallo Zusammen,

dies ist ein Artikel der mir aus der Seele spricht. Ich habe so einen Fall der womöglich nie komplett entspannt alleine ins Gelände geht.
Aber ich werde nie aufhören zu üben und ihm Zeit zu geben.
Mittlerweile sind wir wenigstens an dem Punkt, dass er sich nicht mehr losreißt. Sondern auch wenn er wirklich Angst bekommt bleibt er bei mir und lässt sich auch wieder beruhigen.

Danke nochmal für diesen wunderbaren Artikel!

 

Von Steini • 13. April 2016

Immer wenn ich etwas mache, wobei mein Pferd sich wohlfühlt und entspannt, singe, summe oder pfeife ich die gleiche Melodie.

Und wenn sie unterwegs mal nervös oder ängstlich ist, kann ich sie damit beruhigen.

Anfangs bin ich häufig mit wechselnden Begleitern ausgeritten.
Und immer am nächsten Tag die gleiche Strecke alleine.
Den Radius habe ich Stück für Stück erweitert.

Heute geht sie mit mir alleine überall hin.

Dran bleiben.
Nie die Geduld verlieren.
Und es gibt keine Vorbilder, keine Zeitfenster und keine fremdgedteuerten Ziele und Ansprüche

 

Von Nadine • 13. April 2016

Danke für diesen guten Artikel. Eure Seite hat die Beziehung zu meinem Pferd sehr verbessert, vor allem, seitdem ich mir klargemacht habe, dass meine Stute, wenn sie sich erschreckt und wegrennen möchte, wirklich Angst um ihr Leben hat. Seither gehe ich mit ihrem Verhalten entspannter um und Versuche weniger, sie „zur Raison zu bringen“. Dadurch hat sich unser Verhältnis entspannt, ich erwarte weniger von ihr (damit meine ich meine geistige Haltung), wodurch sie sich wiederum auch entspannt. Dadurch ist sie heute viel weniger schreckhaft.

Super zum Üben von Ausritten und Spaziergängen ist ein geeigneter Ausreitkumpel. Ein Pferd, das vom Gang zum eigenen Pferd passt und das tiefenentspannt ist, in Kombination mit einem verständigen Reiter, der nicht nur durch die Gegend heizen will.
Die von Babette erwähnten Mini-Spaziergänge kann man auch gut mehrmals hin und her gehen. So merken die Pferde, dass sie jedes Mal schnell wieder zu Hause ankommen.
Man kann sich auch gut angewöhnen, vor dem Reiten immer ein kleines Stück mit dem Pferd außerhalb des Stallgeländes zu spazieren, wodurch es zu einer alltäglichen Sache wird.
Oft hilft es auch, hibbelige Pferde an einer geeigneten Stelle grasen zu lassen. Über das Fressen vergessen sie oft einen Teil ihrer Angst, zudem verbinden sie das Verlassen des Hofs dann mit etwas positivem. Außerdem beruhigen Kauen und tiefe Kopfhaltung das Pferd.
Also: nicht zuviel wollen, für die Ängste des Pferdes Verständis haben, positive Erlebnisse schaffen, es alltäglich werden lassen, und viel Zeit (Monate, Jahre) dafür einplanen – je mehr Zeit man einplant, desto weniger braucht man meistens.

 

Von Selina • 13. April 2016

Hallo,
euren Artikel fand ich echt klasse! Ich habe eine Kandidatin, die den ruhepool der Gruppe bildet sobald wir im gelände sind. Da ist nichts wirklich ein Problem! Nur alleine ist nichts zu machen! Sie hat es mittlerweile beim führen perfektioniert,sich loszureißen und um so mehr wir geübt haben alleine den Hof zu verlassen umso mehr Probleme hatten wir auch beim führen von stall zur halle! Wir wissen nicht mehr weiter selbst erfahrene Trainer konnten uns nicht weiter helfen! Habt ihr eine Idee für uns?lg selina

 

Von Julia • 14. April 2016

Hallo,
danke für den Artikel, ich kann das Problem von den Menschen teilweise nachvollziehen, ist aber in meinem Fall nicht aus der Sicht dieses Pferdebesitzers, sondern aus der Sicht des Pferdebesitzers des braven Begleitpferdes.
Jedoch finde ich neben dem Verständnis für die Angst des Pferdes auch die Konsequenz wichtig. Ein Blick in das Gesicht eines mir bekannten Pferdes reicht um zu erkennen, ob das stehenbleiben von der Angst kommt,oder ob es (wie ich inzwischen auch schon oft genug mitbekommen habe) einfach nur kein Bock ist.
Ähnlich ist beim in den Hänger steigen. Manche haben Angst, was völlig ok ist, doch meiner lief immer seelenruhig bis auf die Rampe und hat sich dort dann entspannt hingestellt und geschlafen, wobei man ihn hier nicht mehr vorwärts gebracht hat. Abwarten und ihm Zeit geben war und ist hier keine Lösung. Durch konsequentes Üben ohne Mitleid, hat er das schlafen inzwischen in den Hänger verlegt 😉
Also ist meiner Meinung nach, Ihre Übungsweise definitiv nicht für jedes Pferd zutreffend.
Vielen Dank trotzdem.
Lg Julia

 

Von B. Spellerberg • 18. April 2016

Hallo und dankeschön für den tollen Text. Einfach nur spazierengehen kann ich mit meinem Narcos, er vertraut mir,aber manchmal zeigt er mir durch leichtes Zwicken an der Jacke oder mich leicht anstubsen das er unsicher ist, wie oft habe ich da schon gehört das darf er nicht hau ihm eine auf die Nase. Da das aber nicht unsere Art ist bleibe ich in solchen Momenten stehen und mache die Übung Kopf tief und spreche mit Narcos und streichle ihn und dann geht es weiter, dauert vielleicht etwas länger als ihm eine auf die Nase hauen, aber dafür sind wir viel entspannter unterwegs.
Vielen Dank für eure tollen Anregungen.
LG Brigitte

 

Von Christiane • 18. April 2016

Liebe Babette,
danke für dieses für mich sehr wichtige Posting!
Ich bin die ältere Dame, die nach ihrer Pensionierung den Umgang mit Pferden lernen möchte. Das Reiten muss nicht mehr sein.
Da ich aber den großen Tieren gegenüber sehr ängstlich bin, habe ich euren Lehrgang gegen Angst erstanden. Aber wie du schon sagst, die Angst bleibt, sie ist nicht weg. Sie taucht immer wieder schlagartig auf und das merkt natürlich ein Pferd.
Ich bin mit meinem Wunsch zu einer ortsansässigen Reitstallbesitzerin und Reitlehrerin gegangen und habe ihr mein Anliegen vorgetragen.
Mir wurde eine sehr alte Hannoveraner Stute zugeteilt, die ich betüdeln durfte und mit der ich gern spazieren gehen durfte, so oft ich wollte.Das war`s.
Mir wurde von einer Reitschülerin gezeigt, wie man ein Halfter anlegt, wie man das Pferd zum Putzen anbindet und was am Pferd zu putzen sei.
Ich fühlte mich gut vorbereitet.
Aber Probleme gab es schon beim aus der Box führen, beim Hufe auskratzen, dann bei der Schrittgeschwindigkeit beim Spazierengehen. Natürlich in die menschenleere Feldflur. Da Contessa einige Richtungen nicht einschlagen wollte, bin ich mit ihr dorthin gegangen, wo sie gern grasen wollte. Habe sie grasen lassen und mit ein paar Stopps ging es allmählich in den Stall zurück.
Sie muss einen sehr gelassene, erfahrene Stute gewesen sein, weil sie einfach brav war, mit mir unsicherer, unerfahrener Begleitung.
Später erfuhr ich, dass Contessa panisch reagiert, wenn sie allein auf die Weide muss. Klar, sie brauchte als Herdentier Gesellschaft. Das weiß ich erst nach der Lektüre deines Postings.Auf der Weide habe ich sie ein Mal allein gesehen, sie rannte wie wild am Zaun auf und ab und zeigte mir, dass sie zum Tor raus wollte. Das habe ich aber erst nach einer Weile verstanden, als mir die hinzu kommende Reitlehrerin erzählte, sie sei auf die Koppel gebracht worden, weil sie gestürzt war. Damit man sie bei einem weiteren schlimmeren Sturz nicht aus der Box gezogen werden müsse…
Ich bin sehr froh, dass du dieses harmlose Spazieren gehen mit einem Pferd mal thematisiert hast. Jetzt sehe ich manches anders. Vielleicht sollte ich mir eine andere Pferdekennerin suchen und mit ihr regelrechte Stunden zum Umgang mit Pferden machen. Euer Buch „Praxiswissen Bodenarbeit“ habe ich schon durchgelesen.
Vielleicht wird`s ja doch noch was mit mir und einem freundlichen, gelassenen Pferd! Das wäre mein Traum.
Liebe Grüße und herzlichen Dank für deine Ausführungen, Babette.
LG Christiane

 

Von Susi • 18. April 2016

Danke, Danke, Danke!!!
Ich hatte schon seit einiger Zeit überlegt euch mal anzusprechen, ob ihr Tipps habt für Pferde, die beim Spazierengehen ängstlich werden.
Eure Erklärungen und Worte bestärken mich darin, wie ich bisher verfahren bin und geben mir Mut,Kraft und Hoffnung einfach geduldig dran zu bleiben.
Die ganze Zeit dachte ich, dass ich irgendetwas falsch mache und habe an mir gezweifelt und war auch frustriert, denn das mit dem Spazierengehen und Ausreiten hatte ich mir so schön vorgestellt. Das ging auch relativ gut, dort wo mein junges Pferdchen her kam und 4 1/2 Jahre lang aufgewachsen ist. Seit er aber im November bei mir ist, geht das nicht mehr so einfach. Die neue Gegend ist ihm noch unheimlich und fremd. Wir machen viel Bodenarbeit, Führtraining, Clickern, eigentlich vertraut er mir auch. Aber auf Spaziergängen hat er sich einfach zunehmend hochgepuscht, so dass mir manchmal himmelangst wurde. Sobald er den Hof nicht sieht oder in der Ferne etwas entdeckt, dass keine Geräusche macht (Mensch, Pferd, Hund, …), dann wird er zunehmend nervöser.
Ein zweites Pferd seines Vertrauens hilft, aber trotzdem ist er noch immer aufgeregt. Wenn er etwas ermüdet, wird er viel entspannter und genießt die Spaziergänge auch. Mehrere Spaziergehpferde sind Stress pur. Diesen Spaziergang musste ich dann abbrechen und wir waren ein wenig allein unterwegs, was er sehr genoss. Und ich Klickere mittlerweile auch beim Spazierengehen. Je nervöser er wird, desto schwerer hält er die von mir gewünschte Position und überholt und wird hektischer. Ich klickere dann immer die richtige Position gleich von Anfang an und vor allem wenn er den Kopf entspannt auf Bughöhe trägt. Anfangs kam ich mir echt blöd vor, weil ich alle 20 m geklickert habe. Aber ich wusste mir nicht anders zu helfen und dann dachte ich einfach „egal was die anderen denken, eine bessere Idee hab ich nicht“ und es klappt schon besser, ich kann seltener klickern und manchmal mach ich es auch ohne und lobe nur. Im Prinzip hört er auch auf mich, denn Anhalten klappt sehr gut, sogar nur über Körpersprache. Ich denke er ist also insgesamt schon „bei mir“. An manchen Tagen gehe ich aber nicht, z.B. wenn alle Pferde irgendwie „gaga“ sind und schon auf der Weide rumrasen, da weiß ich, dass was in der Luft liegt und da will ich kein Risiko eingehen.
Übrigens, das mit dem Zwicken an der Jacke, wie bei Brigitte, kenn ich auch. Es tut nicht weh und er macht auch nicht die Jacke kaputt. Aber es hat mich anfangs sehr irritiert, ich dachte „mein Pferd ist sehr frech“ und war am Boden zerstört. Gestraft hab ich ihn nicht, zum Glück, aber auf mehr Abstand bestanden. Irgendwie sagt mein Pferdchen mir oft „bescheid“ wenn was nicht OK ist. Ich hab dann gemerkt, dass er mir damit eigentlich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt zeigt, dass sein Stresspegel jetzt zu steigen anfängt.
Mittlerweile ist es viel besser.
Wir arbeiten schon einige Monate immer wieder daran. Ich brauche viel Geduld, weil ich würde ja gerne viel, viel weiter spazieren, aber wir kommen voran, in seinem Tempo und ich bin so stolz, wenn es mal weiter und besser klappt, als ich erwartet habe. Und irgendwann schaffen wir es bestimmt auch, entspannt alleine zu wandern und auszureiten – wir haben hoffentlich noch viel Zeit miteinander.
Danke nochmals für euren Artikel, der mir hilft die Geduld und die Hoffnung nicht zu verlieren und so sanft und verständnisvoll weiter daran zu arbeiten. Ich bin so froh, dass ich euch entdeckt habe und jetzt endlich so mit Pferden arbeiten kann, dass ich ein gutes Gewissen habe und mich selbst dabei mag.

LG Susi

 

Von Nadine • 19. April 2016

Zum Thema in die Jacke zwicken / anstupsen / überholen / drängeln: das sind alles Anzeichen von Unsicherheit seitens des Pferdes, und es überprüft damit, ob wir bei der Sache sind. Reagieren wir gar nicht darauf, bestätigen wir das Pferd darin, dass wir unaufmerksam sind, und es wird immer nervöser. Regen wir uns auf, schaukeln wir uns mit dem Pferd hoch.
Am besten ganz ruhig bleiben, Pferd auf Abstand halten bzw. bestimmt an seine Position zurückschicken. Bei zwicken und anstupsen kann man gut die Gerte in der Hand halten, die am nächsten am Kopf ist, und den Gertengriff lang rausgucken lassen, sodass das Pferd mit dem Kopf daranstößt, wenn es zu weit rumschwenkt. Auch ein leichtes Antippen mit der Gerte an der Kruppe hilft: zum einen als Signal ans Pferd, das Verhalten zu lassen, zum anderen lenkt es den Fokus des Pferdes etwas ab.
Je mehr man darauf besteht, dass das Pferd seine Position einhält und den Kopf gerade hält, desto mehr kann das Pferd sich einem anvertrauen. Das muss natürlich mit äußerster Ruhe und Gelassenheit geschehen, was es für uns Menschen so schwierig macht, vor allem, wenn das Pferd um uns rumspringt. Bitte dabei nicht rückwärts gehen! Das würde die Einschätzung des Pferds von unserer Verunsicherung weiter bestätigen. Und viel Zeit lassen. Man muss die Einstellung haben, dass man hier auch drei Stunden an derselben Stelle rumhampeln könnte, bis das Pferd sich beruhigt.
Also: anfangs die Anforderungen gering halten, nur rausgehen, wenn das Pferd am Stall ruhig ist, sehr konsequent sein, nur üben, wenn man viel Zeit hat und wenn man selbst die innere Ruhe hierfür hat.

 

Von Susi • 19. April 2016

Danke Nadine,

das ist nochmal eine gute Bestätigung, dass ich das Ganze richtig eingeschätzt und angemessen reagiert habe. Das mit dem „Überprüfen ob man bei der Sache ist“ werde ich mir auch immer wieder vorsagen, denn manchmal wenn man sich nicht am Riemen reißt ist man ein wenig achtlos und schon sendet man ein falsches Signal.
Ist Überholen und drängeln kann in anderen Situationen aber schon auch etwas anderes bedeuten, oder?

LG Susi

 

Von Nadine • 20. April 2016

Hallo Susi,

klar, wenn Du z. B. Richtung Wiese gehst und Dein Pferd versucht, Dich zu überholen, ist es wohl gerade nicht ängstlich, sondern will auf die Wiese. Und dabei ist ihm offensichtlich egal, wer am Führstrick hängt.

In jedem Fall muss man auf sowas reagieren. Tania hat hier einige Artikel zum richtigen Führen geschrieben, da findest Du bestimmt Tipps.
LG, Nadine

 

Von Stephanie • 20. April 2016

Und manchmal ist es umgekehrt…

Ich reite seit über 20 Jahren, bin aber eigentlich nie in der Situation gewesen, allein zu reiten oder spazieren zu gehen. So bin ich ein echter Hasenfuß was das angeht und mir schlottern schon die Knie, wenn ich beschließe, es heute mal alleine zu versuchen. Und da ist meine noch recht junge Haflingerstute ein echter Goldschatz: ruhig, behutsam und besonnen geht sie mit mir, so dass wir inzwischen auch zusammen allein ausreiten.
Ich bemühe mich immer, viel Rücksicht auf ihre Ängste, Sorgen und Wünsche zu nehmen uns manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mir in dieser Situation genau das zurück gibt 🙂

 

Von Heike • 21. April 2016

Trotz der bereits vielen Kommentare auch noch einen von mir, weil mich dieses Thema so sehr beschäftigt!
Ich habe seit fast 2 Jahren ein Pferd, das große Probleme hat, Menschen zu vertrauen. In den ersten Wochen ist er bei dem Versuch ihn zu führen vor Angst entweder eingefroren, ist gestiegen oder hat sich auf den Boden geworfen. Mit vielen Möhrenscheibchen habe ich ihn von A nach B bezirzt. – Danach kam eine Phase, in der er nur noch hin und wieder einfror, ich habe dann immer mit viel Geduld und LTJ-Führtipps versucht, ihn noch ein bisschen weiter zu führen und dann umzukehren.
Die nächste Phase war dann, dass er sich von mir losriss und kopflos gen Stall oder Weide stürmte, wenn es ihm unheimlich wurde. Das ist natürlich nicht nur gefährlich, sondern auch ein echter Killer für unser Vertrauensverhältnis.
Vor einigen Wochen habe ich dann mein ganzes Verhalten noch einmal überdacht etwas anderes probiert:
1. Ich bin super genau und verhindere den kleinsten Versuch seinerseits, mich zu Seite zu drängen. Immer.
2. Bevor wir losgehen, sage ich still mein Mantra auf: Du läufst mir nicht weg. Und du gehst brav an meiner Seite.
3. Ich schnalle unten am Halfter einen Strick ein und über die Nase eine Tellington-Führkette. Die liegt nur locker in der Hand, der Strick etwas kürzer, so dass ich nicht versehentlich daran ziehe.
4. Ich fasse seitlich ins Halfter und gebe vom ersten Schritt an ganz leichte Führsignale an seinem Kopf – ein cm rechts, ein cm links. Ich bleibe dran, halte Kontakt.
5. In regelmäßigen, anfangs kurzen, Abständen halte ich an und lass ihn 3 Schritte zurücktreten.Dafür gibt es eine Scheibe Möhre. Das gleiche mache ich, wenn er Angst bekommt.
6. Ich lasse nicht zu, dass er ohne meine Aufforderung Gras frisst. Wir haben anfangs zwei mal eine Diskussion, er konnte sich nicht losreißen – seitdem ist Ruhe.
7. Wenn ich ihn grasen lassen möchte, führe ich ihn ans Grün und entscheide, wo gefressen wird. Wenn Schluss sein soll, zupfe ich leicht am Halfter und sage ‚Nase hoch‘ – das tut er auch und bekommt sofort eine Belohnung-Möhrenscheibe.
Seit dem kann ich – zwar stets konzentriert, aber – mit meinem Pferd spazieren gehen. Letzten Sonntag haben Rehe unseren Weg gekreuzt und wir sind bis über die Knöchel im Matsch versunken – und alles blieb gelassen.
Ich bin so glücklich!

 

Von Anja • 24. April 2016

Danke für den tollen Artikel. Da Babette hier offiziell zum Führen einen Kappzaum empfiehlt, möchte ich darauf hinweisen, daß meines Wissens -so blöd das auch ist- ein Haftpflichtversicherungsschutz bei den meisten Versicherungen nur beim Führen auf Trense besteht 🙁
LG,Anja

 

Von Anja • 25. April 2016

Hallo Babette,
ich habe einen Noriker-Wallach, der im Gelände (vor allem an der Hand) zum echten Hasenfuß wird. Wenn er nervös wird, beißt er in den Strick oder, wenn er den nicht erwischt, in meine Jacke. Er steigert sich so hinein, dass ein kleiner Auslöser genügt, dass er beschließt, „nach Hause zu gehen“ – bei einem Kaltblut schlecht zu verhindern. Bisher hat er sich zwar nie losgerissen, aber er ist mehr mit mir zurück gegangen als umgekehrt. Ich weiß auch nicht genau, wie ich in der Situation reagieren soll… Soll ich ihn zurück halten und „um mich kreisen“ lassen (stehenbleiben funktioniert dann nicht mehr)? Oder ihn gewähren lassen und zurück gehen?
Kopfmäßig ist er in dieser Situation nicht mehr ansprechbar. Er beruhigt sich erst wieder, wenn wir auf dem Hof sind – dann ist es fast, als wenn er aus einer Art Trance aufwacht…

Im ersten Jahr habe ich nur Führtraining auf dem Platz geübt, bis er verstanden hatte, dass er stehen bleiben soll, wenn ich stehen bleibe, nicht überholen soll, usw. Klappt total gut – auf dem Platz ;-).
Die letzten zwei Jahre bin ich mit ihm die lange Einfahrt zum Hof rauf und runter gegangen – mal klappt es gut, mal nicht. Wenn es gut klappt, gehe ich ein Stückchen weiter. Manchmal verpasse ich immernoch den Moment, umzudrehen.
Ich brauche viel Geduld, aber ich habe noch die Hoffnung, dass es irgendwann besser geht. Andere Pferde helfen übrigens kaum – er macht sich trotzdem Sorgen.

Komischer Weise klappt es unterm Sattel besser als an der Hand. Es kann zwar vorkommen, dass er erschrickt, aber ich kann ihn dann schneller wieder beruhigen und er ist nicht so nervös, wie an der Hand. Aber auch dann ist er alles andere als ein Verlasspferd.

Liebe Grüße
Anja

 

Von Susi • 25. April 2016

Hallo Heike,

deine Beschreibung klingt interessant. Das mit dem Fressen handhabe ich auch so, weil auf unserer Weide ist nicht viel, so dass Spaziergänge die einzige Gelegenheit für ordentliches Gras sind, sonst würde ich ganz darauf verzichten. Ganz im Griff hab ich es noch nicht, denn ich merke an seiner Gugigkeit, dass er immer zum Gras linst. Vielleicht muss ich noch an den Führsignalen arbeiten. Könntest du deinen Punkt 4 nochmals näher erläutern? Das mit dem rechts links verstehe ich nicht so ganz.

Danke und LG
Susi

 

Von Carina • 27. Mai 2016

„Einfach nur Spazieren gehen“ für uns Menschen vielleicht. Für das Pferd ist es eine neue Umgebung und damit nicht „einfach“. Weg von der Herde, vom Stall.

 

Von Susi • 31. Oktober 2016

Hallo nochmal,

im April hab ich schonmal einen Kommentar geschrieben, weil ich so froh war zu sehen, dass ich nicht alleine bin.
Mittlerweile sind einige Monate vergangen und ich wollte nochmals kurz berichten, was sich getan hat.
Anfangs war ich schon enttäuscht und traurig, dass ich mit meinem Pferdchen nicht mal einfach so spazieren gehen kann, ich hatte mir das wirklich so schön ausgemalt. Und es hat mich auch sehr getroffen, dass die ganze Vertrauens- und Bodenarbeit noch nicht ausgereicht hatten und auch an meiner Ehre gekratzt um ehrlich zu sein. Das tolle an dem Artikel war, dass er irgendwie den Druck rausgenommen hat. Mir war klar, dass es lange dauern würde und ich evtl. niemals mit meinem Pony alleine spazieren gehen können würde, geschweige denn ausreiten. Interessanterweise wuchs dadurch meine Geduld.
Wir haben viel Spaß im Roundpen mit Clickertraining gehabt, viel Mutarbeit mit neuen Dingen gemacht (Schirme, Folien, Luftballons, Fliegenvorhänge …) Sind auf dem Reitplatz geritten (und haben sehnsüchtig den Ausreitenden hinterher geschaut) und longiert. Und immer wenn sich die Gelegenheit ergeben hat, sind wir mit einem anderen Pferd spazieren gegangen. Interessanterweise ist mir aufgefallen, dass er da genauso nervös war wie allein, das hatte ich vorher gar nicht bemerkt. Also hab ich entspannen geklickert. Anfangs hab ich gedacht, das wird nie was. Z.T. hab ich alle 10 bis 20 m geklickert und meine Begleiter haben zwar nichts gesagt, aber ich weiß, dass sie mich für total bekloppt hielten. Aber: es wurde nach und nach besser und irgendwann waren es dann 50, 100 und noch viel mehr Meter Abstand bis zur nächsten Belohnung. Geklickert habe ich nur entspannte Kopfhaltung auf Bughöhe. Mit der Zeit wurde ich selbst auch entspannter, aber ich weiß noch, dass ich oft tief durchatmen musste und zu unserer beider Beruhigung ausschnaubte. Eine interessante Erfahrung war, dass mein Pferd wenn es erschrickt nicht heimrennt, sondern einen Bogen um mich macht und da bleibt. Ab diesem Zeitpunkt war ich zunehmend gelassener und es gelang mir, einfach nicht mehr aufgeregt zu sein (irgendwann war der Tag da und ich hab’s nicht mal gleich gemerkt). Eine Herausforderung war auch der Beginn des sprießenden leckeren Grases. Oh Mann! Aber auch das haben wir klickernd gemeistert. Und auch für unsere Spaziergänge genutzt. Anfangs alle 50 m Fresspause (sehr entspannend), später längere Strecken. Da Herr Pony bis Juni keinen Weidegang hatte, war das für ihn natürlich auch eine tolle Sache. Gras gab’s immer nur, wenn wir spazieren gingen. Sehr motivierend. So macht einem Pferd ein Spaziergang Spaß, denn dann ergibt er Sinn 🙂 Ich selbst bin als Kind auch nur gerne gewandert, wenn es ein Ziel gab, z.B. eine Dampfnudel in der Almhütte. Seit September machen wir sogar kleine Ausritte ohne andere Pferde, immer bekannte Strecken, die wir vorher zu zweit schon viele Male spaziert sind. Ein mal sogar bei Wind, was sehr gruselig für Herrn Pony ist. Es ging!!! Zwar nur im Schritt, aber es ging. Was auch hilft: sich zu sagen „wenn es nicht mehr weiter geht, dann gehen wir zurück oder ich steige ab“. Das entlastet enorm. Man hat keinen Druck mehr.
Ich habe so viel erreicht (auch wenn es für andere so wenig erscheinen mag) und bin so stolz auf mich (weil ich so geduldig bin und war, für mich eine echte Leistung) und dankbar für Herrn Pony, dass er mir mittlerweile so sehr vertraut.
Heute war die Luft glasklar und die Geräusche trug es weit. Ich merkte schon zu Hause, dass Herr Pony eher unruhig war. Er wollte zunächst nicht Traben. Immer wenn es ihm unheimlich ist, geht er maximal Schritt (sicherheitstechnisch nicht das Schlechteste). Es gab einen kleinen Rückschritt: Mitten auf einem schon x-Mal gerittenen Weg wollte er nicht weiter. Keine Ahnung warum. Also bin ich abgestiegen. Selbst beim Führen brauchte er Überredung. Vielleicht roch er ja irgendwelche Wildschweine im Gebüsch. Ich werde es nie erfahren. Wir sind dann einfach munter heimgetrabt und gallopiert – an der Hand – und hatten Spaß dabei. War auch schön. Und morgen? Sieht es vielleicht wieder ganz anders aus. Egal – es kommt, wie es kommt.
Ich möchte allen Mut machen, die gerade da sind, wo ich im April war. Habt Geduld, erwartet wenig, habt Verständnis und seid lieb zu euren Pferden, sie können nicht aus ihrer Haut. Wenn sie euch noch nicht trauen können, dann verdient es euch. Es fühlt sich toll an. Und auch bei Rückschlägen: Aufstehen, Krone richten und weiter machen!

Viel Glück und Erfolg euch allen,

Susi

 

Von Christiane Lichtken- Stobinski • 31. Mai 2017

Hallo, und erst mal vielen Dank für die interessanten Tipps. Nach diesem Artikel dachte ich nur : Ach Du schande, ich hab ja völlig falsch gedacht!!! Ich habs meinem Pferd nicht leicht gemacht und hoffe es bei meinem zweiten Hotti mit ähnlicher Problematik besser zu machen.

 

Von Gerd Schulz • 9. August 2017

Hallo Babette,
ich habe seit 4 Wochen eine 17 jährige Traberstute.
Ich habe von den 2.vor Besitzern erfahren, dass das Pferd nicht alleine ins Gelände geht. Als ich das Pferd mit dem Anhänger abgeholt hatte, ging es nicht sofort auf die Weide, sondern ich ging kurz mit Ihr spazieren.
Alles ging gut, dieses wiederholte ich später 2 bis 3 mal, danach ging ich gesattelt spazieren und ritt zurück. Sie fand es nicht all zu lustig hat es aber mitgemacht. Zur Zeit reit ich zu zweit ins Gelände, wobei ich mit ihr in zweiter Position reite. Ich bin begeistert wie Nervenstark und cool dieses Pferd sich im Gelände bewegt. Wir haben in dieser Zeit schon eine enge Beziehung aufgebaut, Sie kommt mir auf der Weide entgegen lässt sich einfach von der Weide holen8 Sie steht mit 3 anderen Pferden auf der Weide) und kommt abends noch mal ans Gatter um sich ihr Leckerli abzuholen. Trotzdem wenn ich vom Reitplatz ins Gelände will bleibt Sie stehen und verweigert sich. Ich habe dieses akzeptiert, werde aber weiter daran arbeiten. Mit deinem Artikel hast du mich davor bewahrt zu viel Druck aufzubauen. Vielleicht hast du noch einen zusätzlichen Rat für ein weiteres Vorgehen. Vielen Dank und Beste Grüße Gerd

 

Von Nina • 6. November 2017

Nun wird hier ja thematisiert, dass das ALLEINE rausgehen für ein Pferd schwierig ist. Mein Pferd hat mit Begleitung genauso ein Problem wie ohne, die Welt scheint einfach generell zu gruselig, um sie sich anschauen zu gehen. Ich habe ihn seit fast 5 Jahren und auf dem Platz brauche ich meine Hilfen nur zu denken und er geht wunderschön, hat auch keine Angst vor konkreten Dingen wie LKW, Traktor, Kühe o.ä, einfach rausgehen, vom Stall weggehen ist ganz schlimm.
Hat das noch wer und hat jemand eine Lösung gefunden? Wenn ja, wie?

 

Von Regina Kneißl • 11. Januar 2018

Hallo,
vielen Dank für diesen schönen Artikel, den ich gerade gelesen habe. Ich habe eine Isländerstute und diese hat nach Stallwechsel wirklich viel Angst alleine mit mir raus zu gehen (auch spazieren). Vorher ging es auch nicht wirklich super, aber besser als derzeit. Es ist so wie beschrieben, es macht mir selbst auch Angst wenn sie zappelt, schnaubt und unruhig ist. Ich war nicht sehr geduldig, dachte nur, das muss doch gehen, ging ja früher auch und so, aber es wird einfach nicht besser. Ich werde es jetzt mal auf die von euch beschriebene Art versuchen, mit viel kleineren Schritten!

 

Von Petra Barchfeld • 16. April 2018

Hallo,
ich habe eine kurze Frage zum Spazierengehen. Ich nehme immer den Kappzaum. Mein Pferd ist eine ganz coole Socke (5 Jahre alt), will aber immerzu fressen. Also werde ich dann manchmal etwas barsch am Kappzaum. Am nächsten Tag möchte ich aber, dass sie auf feine Hilfen mit dem Kappzaum reagiert. Stumpfe ich sie mit meinem gezerre nicht ab? Was ist zu tun?

Liebe Grüße
petra

 

Von Silke • 15. Mai 2018

Hallo,

Der Artikel spricht mir aus der Seele. Ich habe seit 4 Monaten eine nun 5 Jährige Spanierin. Die war von Anfang an total cool beim Spazieren gehen. Es ging quasi stundenlang allein. Vor vier Wochen haben die Rebbauern mit spritzen angefangen und sie fand es furchtbar. Verständlich. Ich kenne das auch von unserer anderen Stute am Anfang, die wurde da auch panisch. Also blieb ich erstmal auf dem Hof, habe Planentraining und longieren geübt. Dann wurde neben unserem Gelände ein Spargelfeld aufgebaut, über das sich alle Pferde tagelang aufregten. Irgendwann ging es, wir konnten es uns ansehen. Dann kamen die Ernetehelfer. Jamila hat sich so aufgeregt, sich fast losgerissen. Irgendwie sind wir dann heim gekommen. Naja, und sie ist nun im neuen Stall das erste Mal rossig, sie und unsere andere Stute übertreffen sich da total im zickig und nervös sein. Ich denke es war eine blöde Kombination aus allem, zumal sie sich jetzt wahrscheinlich in der Herde eingelebt hat und sich auch schlecht trennen mag. Ich wollte gestern eine Mini Runde um den Stall und das war schon zu viel. Ich werde deinen Tip mal beherzigen und noch kleinere Schritte machen. Ich hoffe es hilft!

 

Von Heike • 18. April 2019

Hallo,
meine Stute ist schon 14 Jahre alt und seit 8 Jahren bei mir. Ich reite sie fast täglich auf dem Platz ( wir haben keine Reithalle) und ca. 1 bis 4 Mal im Monat ins Gelände, je nach Wetter und Bodenbeschaffenheit.Aber noch immer habe ich viele Probleme. Sie ist , so denke ich, eine starke Pferdepersönlichkeit, sehr impulsiv, mit ausgeprägten Instinkten und Reflexen. In der Stutenherde ist sie von Anbeginn das Leittier. Im Wald ist sie sehr aufmerksam und vorsichtig. Sie hat keine Probleme damit, allein zu gehen, aber wenn z. B. ein stampfender und schnaufender Wallach hinter ihr läuft, wird sie sehr nervös und schreckt bei jedem krachenden Zweig, den ihr „Hintermann“ zertritt. Bei langen Schritttouren wird sie eher aufgeregter als ruhig. Aber im Ganzen kann ich mit ihr zufrieden sein. Mein Problem ist aber, dass sie manchmal sofort und aus der größten Gelassenheit im Galopp losstürmt. Bevor ich den langen Zügel „eingesammelt“ habe, sind wir schon 50 m weiter. Das passiert vor allem, wenn wir auf dem Rückweg die Gärten passieren und etwas ist dort anders als sonst: ein Rasenmäher in Betrieb, ein Liegestühl mit Sonnenschirm, ein gedeckter Kaffeetisch, dessen Geschirr in der Sonne blinkt. Obwohl ich versuche, sie wirklich immer an den Hilfen zu haben, geht sie mir doch immer wieder einmal durch. Ihre Reflexe sind einfach blitzschnell. Das ist vor allem für meine Begleiterinnen mit braven Pferden oft fatal, weil die auf so etwas nicht eingerichtet sind. Ich schäme mich oft, weil bestimmt so manche denkt : „die hat ihr eigenes Pferd nicht im Griff“. Aber trotzdem will ich kein anderes und hoffe, dass sie mit 20 Jahren dann vielleicht mal ganz cool am lärmenden Harvester vorbeispaziert…

 

Von Sophie • 18. April 2019

Hallo, möchte hier auch mal meine Erfahrungen kundtun 🙂 Mein Jungpferd wurde schon als Fohlen zwangsläufig ans Gelände gewöhnt, weil kein Reitstall anliegt und um auf Koppel zu gehen immer ein kleiner „Spaziergang“ durchs Gelände mit Wald und einer Gartensparte nötig ist. Natürlich im ersten Lebensjahr in Begleitung mit Mama und trotzdem war der kleine Mann da anfangs alles andere als entspannt, was in meinen Augen völlig normal ist. Auch als zweijähriger war er schwer zu führen und hatte sehr viel übersprudelnde Energie. Aber jedes pupertierende Pferd hat so seine Anflüge :-D. Hinzu kommt dasselbe Problem was Petra schon beschrieben hat – das ständige fressen und Blätter abbeißen wollen. Mit viel spielerischer Bodenarbeit und längeren Spaziergängen im Gelände hat er im letzten Jahr eine Neugier und Furchtlosigkeit entwickelt, die unsre ältere Stute völlig in den Schatten stellt. Inzwischen angeritten, geht er im Gelände und in bewohnten Gegenden mit Straßenverkehr frisch vorwärts und reagiert auf neue, ungewohnte Dinge fast immer mit Neugier anstatt mit Angst. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie sich gewisse Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen auf Pferde gewissermaßen „übertragen“ – denn genau das ist eine meiner Eigenschaften. Ungewohntes wird erforscht und nicht gescheut. Es sei denn es ist gefährlich – dann kann man sich natürlich vorsichtig und in angemessenem Tempo zurückziehen. Und genau das hat mein Pferd gelernt. Er ist zuverlässiger als seine 10 Jahre ältere Mutter. Natürlich bin ich mir mit so einem jungen Pferd bewusst, dass er auch mal unvorhergesehen oder panisch reagieren kann… und wenn er sich eine Weile nicht ausreichend bewegt hat, werde ich nicht gebisslos bei Sturm im Wald reiten gehen :-D.
Ansonsten will ich sagen – viel Geduld, Konsequenz aber vor allem Abwechslung finde ich bei einem jungen Pferd am Wichtigsten. Bei meinem Jungspund hat es sich ausgezahlt – aber ich musste meine Strategie eben mehrmals der Entwicklung des Pferdes anpassen und selbst auch dazulernen…
Unsre ältere Stute stand ihre ersten drei Lebensjahre nur auf der Koppel und musste nach dem Anreiten in einem Reitstall die Außenwelt erst kennen lernen. Bei ihr war sehr viel aktives Gelassenheitstraining nötig wie Planen, gelbe Säcke etc…. aber trotzdem fand ich es insgesamt leichter mit ihr.
Pferde sind eben auch verschieden.
Für Tipps gegen das Anknabbern im Gelände mit und ohne Gebiss wäre ich sehr dankbar, wie Petra oben schreibt. Es wird zwar immer besser aber die Patentlösung habe ich bei unserem Jungen noch nicht gefunden. Die Stute denkt noch nichtmal dran, irgendwo abzubeißen 😀

 

Von Franziska • 24. August 2019

ein guter Artikel, zu dem man trotzdem ja und nein sagen kann. Ich habe eine temperamentvolle und teilweise auch etwas explosive Warmblutstute. sie ist sicherlich in einigen Punkten „speziell“. So habe ich unter anderem auch die Erfahrung gemacht, dass Gelände in der Gruppe oder alleine überhaupt kein Problem ist, es ist allerdings nicht möglich, sie auf den letzten paar hundert Metern auf bekannter Strecke, nur um den ermüdeten Reiterhintern ein bisschen zu schonen, im Schritt nach Hause zu führen. Erst gemütliches heimwätsreiten am hingegebenen Zügel im Schritt und dann plötzlich bekommt man Angst um seine Füße… also schnell wieder drauf – Problem gelöst! Üben wird in diesem Fall nichts bringen, und das Pferd war ausgelastet (nach einigen km Geländestecke) und kennt alles, was da links und rechts am Weg ist. Auf der Strecke zwischen Stall und Koppel geht sie an der Hand wie ein Lamm, aber das brauchte tägliches Training von 2 Jahren. Übertragen auf eine x-beliebige Geländestrecke wird man mit so einem Pferd wohl nie das gewünschte „handzahme“ Pferd haben – wozu auch?

Es gibt Pferde, die laufen vier Wochen nach dem anreiten im Gelände entspannt vorneweg, andere lernen es nie.

 

Von Nadine • 5. Juli 2021

Danke für den tollen Beitrag. Im Dezember 2020 ist meine 19jährige Stute bei mir eingezogen. Von den Vorbesitzern kannte sie nur Gelände- hauptsächlich Wald.
Bei mir wollte sie nichtmal vom Hof runter. Auf dem Platz arbeiten (was sie vorher gar nicht kannte) ist kein Problem. Mittlerweile können wir ein Stück entspannt spazieren. Sobald es allerdings in den Wald geht wird sie nervös und will nur noch weg.
Wenn ich mit ihr ausreite bleibt sie vor dem Wald stehen und geht rückwärts. (In der Gruppe hat sie gar kein Problem mit dem Wald) Ich hoffe sehr, dass wir mit weiterhin viel Geduld es hinbekommen gemeinsam ins Gelände zu gehen.

 

Von Mareike • 16. Juni 2023

Ich stimme hier absolut überein, dass man ein junges Pferd/Fohlen langsam ans Spazieren heranführt. So junge Pferde haben oft ihre eigenen Ängste. Aber sie sind auch neugierig, wollen gefordert werden und wachsen mit jeder neuen Erfahrung. Sie lernen schnell – u.a. auch auf unheimlich Dinge zuzugehen.
Für mich war es das natürlichste der Welt, dass man mit einem Jungpferd spazieren geht, aber ich war die Ausnahme auf der Fohlenweide. Ich bin mit ihm immer bis zu der Ecke, wo er noch freiwillig mitgegangen ist, dann sind wir umgedreht. Irgendwann wollte er weiter, wir sind ab da also eine grössere Runde gelaufen, welche wir immer nach Gefühl erweitert haben.
Jeder, der sich ein Jungpferd holt, sollte dies einschätzen können und nach Gefühl machen. Es gibt hier keine festgeschriebenen Richtlinien. Wichtig ist auch eine gewisse Souveränität zu behalten, auch wenn das Pferd Angst bekommt. Dann orientiert es sich nämlich am Menschen und rennt nicht weg.
Das Spazieren gehen hat mein Pferd und mich zusammengeschweisst, er orientiert sich nicht an anderen Pferden, sondern an mir und geht mit mir überall durch.
Wer behauptet, dass ein Pferd erst mit 3 Jahren so weit ist, der hat vielleicht schlichtweg keine Lust spazieren zu gehen.
Wenn mein Pferd mit der Ausbildung beginnt, vertraut es mir schon zu 100% und das bin ich dem Pferd doch schuldig!

Ansonsten sollte man sich ein Pferd kaufen, welches direkt bereit zur Ausbildung ist. Ich bereue es nicht mir ein 8-Monate altes Fohlen gekauft zu haben und nun eine starke Bindung zu ihm aufgebaut zu haben – genau, wie ich es immer wollte.

 

Von Mareike • 16. Juni 2023

Noch ein Gedanke zu dem Vergleich mit der Flugangst: Hier werden Äpfel und Birnen miteinander verglichen. Ein Mensch ist kein Fluchttier – ein Pferd schon.
Bei einer Pferd-Mensch-Beziehung gibt es immer einen Part, der dem anderen Sicherheit gibt, das sollte der Mensch sein, da er rational denkt und die Situationen richtig einschätzen kann. Es geht ja selten um Leben und Tod (ausser das Pferd dreht durch).

Eine Vertrauensbeziehung zwischen Pferd und Mensch ist hier PFLICHT! Wenn das Pferd dem Menschen vertraut, wächst es über seine Angst hinaus, stellt sich ihr. Das dauert vielleicht eine Weile, aber es ist der Grundstein dieser Beziehung, auf dieser basiert alles.

Der Punkt ist, dass sich viele Menschen Pferde kaufen, die zu schwierig für sie sind, nicht ihrem Ausbildungsstand entsprechen. Entweder man setzt sich dann damit auseinander oder man macht es nur noch schlimmer.
Zuguterletzt bleibt ein Pferd ein Fluchttier, es kann immer zu brenzlichen Situationen kommen. Der Mensch wird niemals zu 100% die Kontrolle über ein anderes Lebewesen haben, das ist ein Trugschluss.

 

 

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