Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 1: das hektische Pferd

Mit meinem Longenkurs gebe ich eine sehr praxisorientierte Anleitung für das korrekte Longieren nach biomechanischen Grundsätzen und zeige darin kleinschrittig, wie sich das gute Laufen erarbeiten lässt. In der Praxis zeigen sich dann oft recht ähnliche Probleme oder Herausforderungen und so denke ich, dass es für viele von Ihnen hilfreich ist, wenn ich hier hin und wieder anhand von Praxisbeispielen aufzeige, wie ich mit ihnen umgehe. 

Alles zu hektisch!

Eine junge Warmblutstute wirkt an der Longe sehr nervös. Sie gibt zwar schnell im Genick nach, drängt aber auch immer wieder nach innen und zeigt kurze, hektische Tritte. 

So gehe ich vor:

Zunächst muss die innere Losgelassenheit des Pferdes erarbeitet werden und dafür muss ich als Longierende viel Ruhe in die Einheiten bringen. Mittels Führübungen wie z.B. das „Führen in Stellung“ und mit beruhigenden Übungen wie das Kopf tief arbeite ich ein nervöses Pferd erst einmal solange, bis es ruhig im Schritt auf etwas Distanz zu mir gehen und sich immer besser entspannen kann. Erst dann lasse ich das Pferd für ein paar Schritte ruhig antraben und pariere es gleich wieder durch, möglichst, bevor das Pferd wieder hektisch oder zu schnell geworden ist.

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Ruhe vor allem anderen

Bleibt das Pferd im Trab entspannt und ruhig, darf es im Trab bleiben. Ich gehe mit ca. drei Metern Abstand neben dem Pferd auf Kopfhöhe mit und wirke beruhigend auf das Pferd ein. Meiner Erfahrung nach wirke ich beruhigend auf Pferde, wenn ich mich selber etwas klein mache und mit leisen, beruhigenden Worten mit dem Pferd sanft rede. Grundsätzlich gilt, dass Sie die Energie ausstrahlen sollten, die Sie sich vom Pferd wünschen. Um zu beruhigen, strahlen Sie also so viel Gelassenheit und Ruhe aus wie nur möglich. Stellung und Biegung können zu diesem Zeitpunkt noch vernachlässigt werden, zunächst muss das Pferd gelernt haben, wirklich stabil losgelassen neben dem Menschen zu traben. In den Momenten, in denen das Pferd nach innen drängt, gebe ich mit einer Gerte oder einer kurzen Fahrpeitsche langsame, vorsichtige Berührungen an die Schulter, bzw. bei sehr sensiblen Pferden reicht oft auch schon das Hinzeigen mit der Gerte zur Schulter des Pferdes.

Achtung: Das Pferd darf dadurch nicht wieder Stress bekommen! Ist das der Fall, wurde die Hilfe zu schnell und/oder zu stark gegeben. Auf keinen Fall darf das Pferd Angst vor der Hilfe haben.

Hilfe durch eine innere Bande

Sehr hilfreich ist für solche Pferde auch die Arbeit mit einer inneren Bande aus Dualgassen. Diese Bande hilft dem Pferd, seine Lauflinie zu halten, wodurch das Hereindrängen auch ohne viele Hilfen oft gut verhindert wird.

Hält das Pferd dann seine Lauflinie auf dem Kreis und trabt ruhig auf dem Zirkel, beginne ich damit, mit weichen Impulsen an der Longe, um um etwas mehr Stellung zu bitten. In Kombination mit der Gertenhilfe zur Schulter sollte sich das Pferd im Laufe der Zeit immer mehr aufrichten und biegen lassen. Jede richtige Idee des Pferdes, sich im Genick zu stellen, die innere Schulter anzuheben und sich zu biegen, lobe ich begeistert.

Bleibt das Pferd ruhig und hat sich die Haltung verbessert, verlängere ich langsam die Longe und versuche behutsam, mit etwas mehr Energie und vorsichtig treibenden Hilfen die Hinterhand des Pferdes aktiver zu machen und die Schritte des Pferdes zu vergrößern. Gerät das Pferd dabei wieder in Hektik, muss der Mensch das Pferd erst wieder beruhigen. Klappt das im Trab nicht, geht man wieder zurück zur Schrittarbeit. Ist das Pferd wieder entspannt, versucht man es erneut und geht erst über das ruhige Antraben wieder in die Trabarbeit.

Bei nervösen Pferden, egal welchen Alters, empfehle ich also grundsätzlich dieses schrittweise Vorgehen:

  • Ruhe und Losgelassenheit erarbeiten,
  • an der Verbesserung der Haltung feilen,
  • dann die vorsichtige Vergrößerung der Distanz zum Menschen und
  • erst dann das Erarbeiten von Schwung und einem frischen Vorwärts.

Und hier finden Sie Fallbeispiel 2: Mühsam, zäh und steif

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29. März 2016 von Babette Teschen • Kategorie: Allgemein, Jungpferdausbildung, Longieren 4 Kommentare »

 

4 Reaktionen zu “Die Arbeit an der Longe – Fallbeispiel 1: das hektische Pferd”

 

Von Sophie • 2. April 2016

Hallo, ich habe ein kleines wildes, einseitig blindes Welsh A-Pony. Der kleine Wildfang hat mir die letzten Jahre viele abenteuerliche und auch gefährliche Stunden gebracht 😉
Auf dem Platz mit Bodenarbeit und anderem war er durch seine hektischen Bewegungen und Kurzschlussreaktionen nur schlecht zu bändigen.

Nun arbeite ich seit einem halben Jahr nach dem Longenkurs.
Durch die immer gleichen Übungen (mit innerer Begrenzung wohlgemerkt) habe ich ihm Routine und kontinuierlich immer mehr Sicherheit bei der Arbeit geben können, durch die er immer ruhiger und ansprechbarer geworden ist.

Nach ewigen Runden im Schritt, immer nur um die Schaumstoffbalken im Kreis, kann ich nun einige Schritte Übertreten lassen und sogar einzelne Runden im „Schrat“ fordern.

Ich kann nur sagen, dass sich jede einzelne Runde in der ich kaum eine Halsstellung fordern konnte gelohnt hat.

An alle die auch mit so verrückten Wildfängen arbeiten:

Klein anfangen und nicht Aufgeben ! Es lohnt sich wirklich !

Lg Sophie

 

Von Birgit • 11. April 2016

ich habe eine vierjährige Shirestute. Die ist bei allem ruhig und gelassen. Sie lernt schnell aber die Longenarbeit und im Kreis laufen gehen ohne Abgrenzung ganze drei Runden wirklich gut. (Sieht auch auf dem Video gut aus.) Wenn ich aber den Platz nicht abtrenne und kein Strom an der Umzäunung ist, marschiert sie brummend einfach durch´s Tor am Eingang. Man hat den Eindruck nichts hasst sie mehr als im Kreis zu laufen und bei nichts anderem brummt sie so verdrießlich und lässt mich einfach stehen.
Ich arbeite nach Eurem Longenkurs mit Kappzaum und dem Clickertraining. Das gehen in Stellung klappt gut, Schulterherein und auch der gelockte Travers sind kein Problem. Sobald ich aber auf dem ganzen Platz ohne Strom longieren will, ist sie weg und festhalten kann ich sie nicht, weil sie dann ihre ganze Kraft einsetzt um wegzukommen.
Wie lange dauert es in der Regel vom Führen in Stellung bis zum größeren Abstand an der Longe? Gibt´s da irgendein ungefähres Zeitfenster? Ich vermute es ist zu schnell gegangen aber da alles eigentlich gut klappt, dachte ich die Zeit ist reif…

Liebe Grüße Birgit

Dann gibts die Ratschläge auf Schulterhöhe zu gehen und die Peitsche Richtung Sprunggelenk zu halten, ich also die falschen Signale gebe und für das Ausbrechen verantwortlich bin. Aber genau das beschreibt Ihr ja ganz anders

 

Von Olivia • 10. Mai 2016

Ausatmen kann helfen.
Da sich Manni anfänglich nicht longieren lassen hat, immer wieder panisch davon gerannt ist, hab ich viel Freiarbeit gemacht. War für uns beide Neuland. Mit der Zeit hat sich rauskristallisiert, dass wir auch ohne Stimm- oder Peitschenkommandos kommunizieren können, einfach in dem ich in meinem eigenen Körper Energie rausnehme oder aufbaue. Langsamer werden / Durchparieren: Oberkörper zurücklehnen, Schultern locker lassen, eigene Schritte verlangsamen, ausatmen. Schneller werden / Gang höher schalten: Einatmen, Oberkörper auffordernd nach vorne, Spannung aufbauen.

 

Von Delia • 1. September 2017

Video: Der Longenkurs für kleine Hektiker – ein Erfahrungsbericht von Anne und ihrem Pferd Pia

Was macht ihr, wenn das Pferd eng um euch rumrennt, Buckelt und sich kaum mehr einkriegt? Könnt ihr da einfach ruhig bleiben?
Meiner macht das schon auf den Weg von der Boxe auf den Platz (wir haben keine Halle)

 

 

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