Klein anfangen oder: Warum ein klarer Kopf so wichtig ist
In der letzten Woche schrieb ich sehr engagiert darüber, wie wichtig kleine Schritte sind und wie wichtig es ist, ein Pferd nicht zu überfordern. Da Wissen leider nicht immer auch Tun garantiert, kann ich meine Aussage von letzter Woche mit einem Bericht bestärken, in dem ich leider genau gegen meine eigenen Vorgaben verstoßen habe.
Vor kurzem hatte ich mir für Anthony und mich das erste Mal Hüpfen vorgenommen. Ich schreibe bewusst „Hüpfen“ und nicht „Springen“, da ich wirklich kein Springtalent bin. Wenn ich normalhohe Sprünge sehe, rutscht mir das Herz in die Hose. Nein, ich springe nicht, ich hüpfe. Und ich hüpfe meist auch nur dann, wenn es sich nicht vermeiden lässt, also z.B. im Gelände, wenn ein Baumstamm den Weg versperrt. Um genau auf eine solche Situation vorbereitet zu sein, wollte ich das mit meinem Kleinen das einmal in der Sicherheit der Halle üben.
Und nun würde ich liebend gerne das folgende Foto als das erste Foto in der Reihe präsentieren, aber leider ist es das letzte, denn ich habe bei dieser Aktion das Pferd von hinten aufgezäumt – und genau deshalb schreibe ich diesen Blogbeitrag.
Statt wie auf diesem Foto zu sehen, erst einmal einfach nur zwei Stangen zwischen die Springständer zu legen und einige Male locker drüber zu reiten (was uns beiden Sicherheit und Vertrauen gegeben hätte!), dachte ich daran, dass Anthony im Freispringen ja schon Sprünge kennen gelernt hat. Und – wenn schon, denn schon! – können wir ja auch gleich mit einem kleinen Kreuzsprung beginnen.
Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich, wie weiter oben schon angedeutet, für das Hüpfen immer ein bisschen Mut brauche. Mut und klarer Verstand passen nicht immer zusammen, jedenfalls bei mir nicht. Ich schalte in solchen Fällen auf „Augen zu und durch“ und denke dann leider nicht mehr so besonnen nach, wie in Situationen, in denen ich keinen Mut brauche. Und so geschah es, dass ich den zweiten vor dem ersten Schritt machte.
Ich baute also ein kleines Kreuz auf (von unten sehen die Dinger immer kleiner aus als von oben, finde ich 😉 ) – und ritt beherzt darauf zu. Mein Kleiner war so brav – er sprang sofort. Höher als nötig, aber er sprang.
Mit einer guten Portion Adrenalin und dem Motto „Jetzt erst recht!“ ritt ich gleich nochmal auf das Hindernis zu – und wieder sprang er. Allerallerspätestens jetzt hätte eigentlich mein Verstand einsetzen müssen. Tat er aber leider nicht und ich ritt noch mal an.
Wer kann es ihm verübeln, dass er nun verweigerte? Ich nicht. Das Verweigern ging voll und ganz auf mein Konto:
- schlechte Vorbereitung
- und kein klares Lob.
Wie konnte ich da Mitarbeit und Motivation erwarten?
Wir schafften dann noch einen weiteren Sprung. Ich musste hier etwas mehr Druck machen, was mein Kleiner mit einem Megasatz quittierte. Mein Adrenalinspiegel war wieder oben.
Einmal wollte ich nun noch von der anderen Seite über das Hindernis, vor allem in der Hoffnung, einen netten Sprung zum Abschluss hinzubekommen. Als er da Anstalten machte, auch wieder vorbeizulaufen, tat ich endlich das, was ich von Beginn an hätte tun sollen: Ich senkte die Anforderung auf das Niveau, was für uns beide angemessen war und mit dem wir beide eine Chance auf einen guten Abschluss hatten. Über die beiden nun auf dem Boden liegenden Stangen sprang er dann in einem wundervoll runden und weich zu sitzenden Sprung. Und für den gab es dann ein dickes Lob und das sofortige Ende dieser Einheit.
Ich war so froh, dass wir das so positiv abschließen konnten. Und ich hoffe sehr, dass ich mich beim nächsten Mal, wenn ich etwas Vergleichbares angehe, an die Lektion erinnern werde: Anforderungen immer konsequent so niedrig stellen, dass Erfolg gleichsam garantiert ist und nie, nie, nie das Loben vergessen!
4. Juni 2009 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse • 2 Kommentare »