Spielen mit Pferden

Vor Kurzem wurde ich von Julia Schay-Beneke für die Zeitschrift „ReiterRevue“ zu einem Thema interviewt, das mir sehr am Herzen liegt, und zwar zum Thema „Spielen mit Pferden“. Ich habe mich riesig gefreut, dass meine Anregungen und Denkanstöße so toll aufgenommen und verarbeitet wurden, denn ich glaube, dass Spielen eine ganz wundervolle Möglichkeit ist, die Beziehung und das Miteinander mit dem Pferd zu pflegen. Das gilt vor allem für die so genannten „schwierigen Pferde“ oder in solchen Fällen, in denen das Miteinander in einer Sackgasse steckt. Da können gemeinsame Spiele kleine Wunder bewirken! Im Kasten rechts findet Ihr einen Link zu dem Artikel, den mir die ReiterRevue freundlicherweise als PDF zum Teilen zur Verfügung gestellt hat. 

Darüber hinaus habe ich hier noch ein paar weitere Gedanken zum Thema „Spielen“ für Euch, denn auch diese Idee wurde und auch das wird in der Pferdewelt ja sehr unterschiedlich umgesetzt. 

Spielen ist doch immer toll, oder?

„Spielen“ ist allgemeinhin ein sehr positiv besetzter Begriff. Für viele gilt das Spiel als eine Art Gegenteil von Arbeit  und wir verbinden mit dem Spiel Freizeit, Freude und Spaß. Spielen klingt nach Leichtigkeit und Entspannung. Wenn wir uns nun ein freudvolles Miteinander mit unserem Pferd wünschen, liegt es nahe, mit ihm zu spielen. Und genau damit sind wir beim ganz entscheidenden Punkt: Spielen soll Freude machen – und zwar beiden Seiten! Deshalb ist für mich das Allerwichtigste, im Spiel mit einem Pferd, seine Mimik, Körpersprache und Ausstrahlung aufmerksam und empathisch im Blick zu behalten, um sicherzustellen, dass auch das Pferd Spaß an der Sache hat.

Fragt Euch also immer wieder mal: 

  • Wirkt mein Pferd aufmerksam, interessiert und neugierig? 
  • Ist sein Blick offen?
  • Nimmt es aktiv teil, ist es aber dabei locker und entspannt?
  • Hat es eigene Ideen und zeigt es diese?
  • Möchte es von sich aus weitermachen? 

Hier sind Videos vom gemeinsamen Spielen sehr hilfreich, die man sich später noch mal in Ruhe anschauen kann. Was man selbst vielleicht als „munteres und lustiges Spiel“ empfunden hat, kann sich im Nachhinein als Stress für das Pferd herausstellen. Wenn so etwas passiert ist, ist das kein Drama, aber es ist wichtig, ein sicheres Gespür dafür zu bekommen, bei welchen Arten von Spiel ein Pferd wirklich Freude hat, damit wir mit unserer eigentlich guten Absicht nicht ungewollt Dauerdruck machen. So verständlich es ist, dass viele von uns beim Spielen zunächst vor allem an dynamische Ballspiele oder tolle Zirkuslektionen denken, so haben viele Pferde aber zum Beispiel viel mehr Freude daran, einen Gegenstand aufzuheben (ja, auch immer und immer wieder) oder Leckerbissen aus Teppichen zu rollen. Manche Pferde finden es auch lustig, Dinge umzuwerfen oder zu klauen, was wir Menschen wiederum eher nervig finden. Hier gilt es, achtsam zu sein und eben nicht nur unsere eigene Vorstellung vom Spielen durchsetzen zu wollen. 

Spiel braucht Offenheit und Leichtigkeit

Die Grenze zwischen Spiel und Sport (was für das Pferd dann entsprechend zum Training wird) ist schnell überschritten, weil wir als Erwachsende das Spielen leider oft zu ernst nehmen. Wir wollen gut sein, wollen gewinnen oder anderen etwas beweisen. Wenn wir aber zu enge Vorstellungen davon haben, wie das Spiel aussehen soll, kippt ein Spiel schnell in eine Form von Arbeit oder sogar Abrichtung. In diesem Zusammenhang lohnt auch ein kritischer Blick auf Ausbildungskonzepte, die ihre Bausteine gerne als „Spiele“ bezeichnen, obwohl sie ganz klar ein System aus Vorgaben durch den Menschen bestehen, auf die das Pferd nur auf eine ganz bestimmte Weise zu reagieren hat. Und das ist eben genau kein Spielen.

Die meisten Spiele haben zwar gewisse Regeln, sollten aber immer auch Raum für Varianten bieten, also Spielraum für Spielarten. Das ist besonders wichtig, wenn zwei Wesen zusammenspielen wollen, die a) von ihrer Natur her sehr verschieden sind und b) zwischen denen normalerweise ein Verhältnis besteht, in dem das eine Wesen tun soll, was das andere möchte. Im Spiel darf oder, besser gesagt, sollte das „Normale“ ein Stück weit aufgelöst werden. Wer wirklich mit seinem Pferd spielen möchte, sollte für diese Zeit die Idee loslassen, zu viel bestimmen, gestalten und kontrollieren zu wollen, und sich auf den Mitspieler Pferd einlassen – natürlich immer unter Beachtung der nötigen Sorgfalt und Vorsicht, damit es zu keiner Gefahr für uns kommt (hier ist für mich ein ausreichender Abstand zum Pferd einer der wichtigsten Punkte!). 

Unsere eigene spielerische Grundhaltung ist übrigens ganz entscheidend für die Qualität des Spiels, denn Pferde merken genau, wie wir stimmungsmäßig drauf sind. Ihnen also vormachen zu wollen, dass wir gerne spielen, obwohl wir eigentlich gar keine Lust dazu haben, keinen Sinn darin sehen oder es sogar für Blödsinn oder Zeitverschwendung halten, weil man lieber „richtig trainieren sollte“, bringt nichts. Sie spüren unsere inneren Bedenken, unsere Ablehnung und auch Unsicherheiten, genauso wie unsere Erwartungen sehr genau, weshalb manche Pferde scheinbar „nicht gerne spielen“. Probiert es dann einmal ein Mensch ohne Erwartungen, kommt so manche Besitzerin oder Pferdehalter ins Staunen darüber, wie verspielt das eigene Pferd doch sein kann. 

Ein paar Fragen für Dich

Hier habe ich noch ein paar Reflexionsfragen für Dich zum Thema „Spielen“:

  • Spielst Du gerne mit Deinem Pferd?
  • Was macht das Spielen für Dich aus?
  • Was spielt Ihr zusammen?
  • Worin unterscheiden sich Eure Spiele von dem, was Ihr normalerweise macht? 
  • Was war für Dich das bisher schönste Spielerlebnis mit Deinem Pferd?
  • Kennst Du die Lieblingsspiele Deines Pferdes?
  • Welche Arten von Spielen könntet Ihr vielleicht einmal ausprobieren? 
  • Wie könnte das Spielen vielleicht noch freudvoller für Euch werden? 

4. Mai 2021 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Spiele & Co, Umgang 0 Kommentare »

 

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