Fragen zum Longenkurs – Probleme beim Führen in Stellung

Heute mal wieder eine häufig gestellte Frage zum Longenkurs und meine Antwort mit Lösungsideen zu dem Problem:

Frage: Was mache ich, wenn das Führen in Stellung nur mit der Hand auf der Nase, nicht aber mit Abstand klappt?

Ich arbeite seit einiger Zeit nach dem Longenkurs an Führen in Stellung. So weit scheint es ganz gut zu gehen. Aber sobald ich versuche, etwas Abstand zu meiner Stute zu nehmen, fällt sie aus der Stellung heraus, also immer dann, wenn ich den Kontakt zum Kappzaum verliere. Sollte ich es erst mal dabei lassen und weiter am Kappzaum führen? Wie lange sollte man innerhalb einer Einheit machen? Das Führen in Stellung ist ja die Grundlage von allen weiterführenden Übungen, kann ich, auch wenn das noch nicht gut klappt, dennoch andere Übungen machen? Allerdings können wir ja auch nicht eine halbe Stunde nur Führen in Stellung machen, oder? Die Stresspunkte habe ich auch schon massiert. Die hohle Seite geht natürlich besser als die händige Seite. Wie soll ich weiter vorgehen? Was sollte ich ändern?

Meine Antwort:

Das Führen in Stellung ist eine Übung, die folgende Frage an das Pferd stellt: „Kannst Du Dich auf einen leichten, lockenden Impuls am Kappzaum im Genick stellen?“ Wir möchten mit ihr dem Pferd die Hilfe der Longe erklären und überprüfen, ob das Pferd im Genick locker ist und sich stellen kann. Dann versuchen wir die gleiche Frage auf Distanz zu stellen, indem wir an der Longe sanft lockende Impulse geben und beobachten, ob unser Pferd im Genick ebenfalls richtig reagiert. Bekommen wir auf Distanz noch keine Antwort, wissen wir, dass das Pferd die „Brücke“ noch nicht verstanden hat. Wir müssen diese Erklärung für das Pferd noch mal wiederholen, was aber nicht in derselben Einheit passieren muss! 

Eine wichtige Grundregel bei meiner Arbeit mit dem Pferd lautet immer:

„Arbeite Dein Pferd so, dass es motiviert und
 im „Ja“ bleibt und durch das, was Du mit ihm tust,
nicht genervt und unleidlich werden muss.“

Aus dieser Grundregel folgt, dass man keine Übung zu lange und ausschließlich machen darf. Und nein, keine Übung muss erst perfekt sein, bevor ich andere Übungen mache. Die gute Laufmanier setzt sich ja aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Stellung und Biegung ist ein wichtiger Baustein, aber ebenso wichtig sind Takt, eine aktive Hinterhand, Balance usw.

In der Regel mache ich das Führen in Stellung auf jeder Hand für ein, zwei Zirkel und wechsele dann in eine der vielen anderen Übungen, die wir im Longenkurs beschreiben, auch wenn das Führen in Stellung noch nicht perfekt ist. So würde ich dann vielleicht das Pferd etwas in der Quadratvolte longieren und dabei üben, den Zirkel zu vergrößern (also das Pferd hinter die Quadratvolte zu dirigieren und nach zwei, drei Runden den Zirkel zu verkleinern und mein Pferd wieder in die Quadratvolte zurückzuholen) oder ich gehe mit dem Pferd ganze Bahn und achte dabei auf fleißige, raumgreifende Bewegungen in einem gleichmäßigen Takt. Oder ich longiere den Slalom, um an unserer gemeinsamen Kommunikation über die Körpersprache zu arbeiten. Auch würde ich mit dem Pferd schon das langsame Antraben in entspannter Haltung üben (das sogenannte Anschraten) und schauen, ob mein Pferd schon ein paar Schritte Konterschulterherein gehen kann. 

Jede Übung dauert bei meiner Arbeit immer nur einige, wenige Minuten und jede Übung legt den Schwerpunkt auf einen anderen Baustein der Laufmanier, in der Hoffnung, dass sich das Puzzle „Gutes Laufen auf einer Kreisbahn“ immer weiter zusammensetzt.

Wichtig ist, dabei immer die Psyche des Pferdes im Blick zu behalten und zu schauen, was dem Pferd leichtfällt, was ihm Spaß macht, um den Hauptteil der Zeit in diesem positiven Bereich zu arbeiten. Von da aus arbeiten wir uns immer mal kurz an die Themen heran, die noch schwierig sind und bei denen das Pferd noch Probleme zeigt. 

Es geht also nie darum, erst einmal nur bei der Übung „Führen in Stellung“ zu bleiben, sondern das Pferd soll abwechslungsreich und vor allem flexibel gearbeitet werden, damit es nach und nach mit Freude und Spaß an der Sache alle Hilfen und die Körpersprache sowie die korrekten Bausteine der guten Laufmanier erlernt.

27. Februar 2018 von Babette Teschen • Kategorie: Arbeit an der Hand, Longieren 3 Kommentare »

 

3 Reaktionen zu “Fragen zum Longenkurs – Probleme beim Führen in Stellung”

 

Von Tanja • 27. Februar 2018

Hallo,

diese Info ist wirklich sehr hilfreich, da ich ein ähnliches Problem habe.
Ein weiteres Problem bei mir ist, dass mein Pferd große Probleme damit hat, ohne Bandenanlehnung auf der Quadratvolte zu galoppieren. Er benötigt im Galopp einen sehr großen Radius und steuert Richtung Bande. Da ich nicht „dagegen halten“ möchte, lasse ich ihn an der Bande galoppieren. Meine Frage wäre nun, wie kann ich ihm das galoppieren ohne Bandenanlehnung erleichtern bzw. welche Übungen wären hier sinnvoll/hilfreich?

Vielen Dank und Gruss
TANJA
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Hallo Tanja, es ist goldrichtig, dass Du nicht gegenhälst! Wenn das Pferd im Galopp nach aussen driften zeigt das, dass Dein Pferd noch nicht in Balance ist. Dann die Bande als Anlehnung zu Hilfe zu nehmen ist gut und richtig. Übe zunächst nur das Angaloppieren und lasse Dein Pferd im Trab erst wieder in die Losgelassenheit und Balance finden, bevor Du wieder angaloppierst. Wenn das Angaloppieren entspannt und ruhig klappt, wird Dein Pferd sich immer mehr von der Bande lösen können.
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Anna Praxmarer • 1. September 2018

Liebe alle,

melde mich als begeisterter Longenkurs-Fan und würde mich sehr über Meinungen freuen. Zum Thema „Stellung“: Eine Freundin arbeitet nun strikt nach Oliveira (klassische Dressur) und ich muss sagen, dass ihr Pferd seitdem beneidenswert viele Muskeln entwickelt hat. Was mich jedoch stutzig macht, sind die Grundsätze: Keine gebogenen Linien, keine Dehnungshaltung („vorwärts abwärts“ darf man neben ihrer Trainerin gar nicht in den Mund nehmen), nur Seitengänge in allen möglichen Formen und Varianten, fast nie geradeaus und keine Innenstellung. Plötzlich fühlt man sich wieder so, als sollte man Clicker und die mit Leckerlis prall gefüllte Bauchtasche beiseite legen und Rosen züchten. Gibt es Meinungen zu diesen Trainingsansätzen?

Danke und schöne Grüße, Anna

 

Von Celine • 18. Dezember 2020

Wow, da hatte ich gerade einen RIEEESIGEN AHA-Effekt.
Genau das Problem hatte ich zurzeit auch, dass ich dachte „Das führen in Stellung muss jetzt als erstes klappen!!!!!“ , aber in meinem Hinterkopf hatte ich natürlich auch noch den Gedanken von Abwechslung im Training. Dadurch war ich total verunsichert und unser letztes Training ist dadurch etwas chaotisch geendet.
Aber jetzt weiß ich es besser 🙂 .
Ein riesiges Dankeschön an euch.
Liebe Grüße

 

 

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