Über die Angst, dass alles anders wird oder: Manchmal ist ein gutes Wort

Babette und ich regen hier auf „Wege zum Pferd“ ja oft dazu an, Herkömmliches nicht nur zu hinterfragen, sondern durchaus auch ganz andere Wege einzuschlagen im Umgang mit Pferden. Eine häufige Angst, die darauf immer wieder geäußert wird, ist die, dass ja dann aber vielleicht alles anders wird… „Anders“ ist unbekannt und erscheint damit grundsätzlich eher bedrohlich, weshalb so viele lieber beim Alten bleiben, auch wenn das eigentlich gar nicht mehr so schön ist!

Ok, ich werde konkreter: Ich habe ja nun schon ziemlich lange mit Pferden zu tun und habe irgendwann begonnen, mich von alternativen Wegen inspirieren zu lassen. Ich habe zahllose Bücher gelesen, Videos geschaut, habe Seminare und Workshops besucht und war immer auf der Suche nach „etwas anderem“. Tatsächlich aber habe ich ganz oft zwar gedacht: „Wow, das ist ja toll!“ oder „Oh ja, das klingt gut!“ habe es aber nicht umgesetzt (siehe dazu z.B. auch Mein Clickerweg). Warum nicht? Weil ich Angst vor Veränderungen hatte! Ich träumte zwar von ganz vielem, aber allein die Vorstellung, etwas könnte anders werden, verunsicherte mich, weil ich ja nicht wusste, wie dieses „anders“ aussehen würde. 

Veränderungen wirken oft bedrohlich, können aber sehr gut sein

Vielleicht ist es eine Frage des Mutes, vielleicht auch der Reife, der Erfahrung oder es spielt noch etwas ganz anderes eine Rolle, aber irgendwann habe ich für mich immer wieder erfahren dürfen, dass Veränderungen ganz viel Tolles bewirken können, auch wenn ich es mir zu Beginn nicht so recht vorstellen konnte. Selbst Veränderungen, die ich fürchtete, stellten sich im Nachhinein als Geschenke heraus – im normalen Leben wie auch im Zusammensein mit meinen Pferden. 

Heute mache ich sehr vieles anders als früher. Während ich früher zu meinen Pferden gefahren bin, um „etwas mit ihnen zu machen“, gehe ich sie heute besuchen. Ich schau, wie es ihnen geht, manchmal putze und versorge ich sie, manchmal äpple ich nur ab, manchmal mache ich Fotos und manchmal machen wir auch etwas. Vielleicht reite ich mit Aramis ein bisschen übers Feld und frage Anthony, ob er Lust auf Freiarbeit hat. Zeigen sie mir, dass sie meinen Vorschlag gerade doof finden, macht es mir nichts mehr aus. Manchmal schlage ich etwas anderes vor, manchmal auch nicht. Manchmal schau ich auch, ob sie wirklich keine Lust haben, indem ich nachfrage. Dann lassen sie sich manchmal ein und manchmal nicht. 

Manchmal ist ein gutes Wort!

Merkt Ihr, wie oft das Wort „manchmal“ im letzten Absatz auftaucht? Manchmal ist ein Schlüsselwort geworden, denn ein Manchmal beschreibt keine Regeln, sondern etwas, das sich nicht planen, sondern nur einladen lässt. Manchmal ist für mich ein Synonym für ein entspanntes Miteinander geworden. Früher hätte mir ein Manchmal sicher nicht gereicht, denn ich wollte ja trainieren, wollte vorankommen, wollte gut sein usw. Heute ist mir ein Manchmal genug, denn jedes von diesen Manchmals ist ein Geschenk, das ich mehr und mehr zu würdigen weiß. 

Und um zum Ausgangsthema zurückzukommen: Ja, es ist heute tatsächlich so ziemlich alles anders als früher mit mir und meinen Pferden. Und es ist wunderschön! Fast finde ich es ein bisschen schade, dass ich so lange Angst hatte, mich auf das Andere einzulassen, aber auch das gehört wohl einfach zu unserem Weg. 

fb_lisawolpers_schnee2(Foto von Lisa Wolpers)

20. März 2017 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang 3 Kommentare »

 

3 Reaktionen zu “Über die Angst, dass alles anders wird oder: Manchmal ist ein gutes Wort”

 

Von Doris Schulz • 20. März 2017

Hallo. Ja, dieser Artikel passt gerade super. Ich habe vor vier Wochen einen Freiarbeits Kurs bei Bettina Loeber gemacht und bin zur Zeit bei einem ebensolchen Online Kurs. Gerade im Bett habe ich überlegt was ich gleich bei meinen Pferden mit diesen machen werde…..bis dann kam “ ach nee,ich schaue mal was so kommt.“ Das freie Arbeiten macht mir große Freude und ist teilweise sehr bewegend und berührend. Aber ich habe trotzdem solche Gedanken wie“ aber ich muß doch noch was richtiges machen, ich will ja auch weiterkommen, sie müssen doch bewegt werden usw. Ich weiß nicht ob es der Gedanke ist das es nun anders wird, vielleicht doch ein Stück, denn das Bekannte verleiht uns so etwas wie Sicherheit und das NEUE ist auch ein Wagnis……Aber auch eine Chance und als solche möchte ich meinen Weg mit meinen Pferden jetzt sehen.

 

Von Karo • 20. März 2017

„Die Angst vor …“ da stecke ich gerade mittendrin.
Ich bilde mir ein, ich hätte mein Herzenspferd gefunden, obwohl ich es noch nicht einmal geritten habe. Dazu ist er recht teuer und ein Hengst aber superlieb im Umgang und schon etwas älter. Fast jeder sagt „OMG“ … mein Kopf sagt „Nein“, der Bauch und das Herz „Ja“ … Schaun wir mal … lg

 

Von Manuela • 21. März 2017

Liebe Tania,

wie Du so schön sagst: Es ist ein Weg. Man hüpft nicht von Start auf Ziel, sondern man geht diesen Weg, Schritt für Schritt …
Mir ging es auch so wie Dir mit dem Clickern. Ich fand den Ansatz und die Idee dahinter toll, machte aber trotzdem in der Praxis ohne Clickern weiter. Ja, ich wollte Veränderung und einen anderen Umgang, aber dieses konsequente, für mich scheinbar emotionslose „Abrichten“ des Pferdes durch den Click schien einfach nicht „mein Weg“ / das Passende für mich und mein spontanes, emotionales Temperament zu sein. Es war bei mir nicht die Angst vor Veränderung, sondern die Suche nach dem Weg, der perfekt zu mir passen würde. So habe ich dann auch das eine oder andere ausprobiert, aber so richtig fündig wurde ich nicht …
Schließlich bin ich dann doch beim Clickern gelandet. Und habe gemerkt, dass man sich auch hier nicht sklavisch an die Lehre halten muss, sondern spontan, kreativ und emotional sein kann. Ich lobe auch mal überschwänglich mit Worten, wo man eigentlich nur „Click und Keks“ geben sollte. Ich mache sicherlich viel „falsch“, aber mein Pferdi und ich haben so viel Spaß – das kann eigentlich nur „richtig“ sein. 😉
Ich denke, dass das bei vielen anderen auch das Problem ist: Ihnen gefällt eigentlich eine bestimmte Methode, aber aus Angst, bei der Umsetzung Fehler zu machen, lassen sie es lieber bleiben. Das liegt sicher auch daran, dass viele Lehrer ihre Methode als sehr kompliziert „verkaufen“, weil sie a) natürlich nur das Beste für die Pferde wollen, es soll ja nicht rumgestümpert werden, und b) sich einfach so gut in der Materie auskennen, dass sie manchmal gar nicht merken, wie „verkopft“ sie ihre Methode rüberbringen. Da bleibt dann oft der Spaß und die Spontaneität auf der Strecke – ein „manchmal so und manchmal so“ gibt es da nicht … Man kann sich dem Pferd gegenüber nicht verstellen, daher wird man sowieso jedwede andere Umgangsweise, die man wählt, an seinen eigenen Charakter anpassen. Aber das muss ja nicht das Schlechteste sein! Wichtig ist, dass man überhaupt etwas tut, damit man sich im Umgang mit dem Pferd wieder wohlfühlt. Und das ist dann auch der erste Schritt auf einem neuen, unbekannten, spannenden Weg …

Liebe Grüße!
Manuela

 

 

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