Eine Idee: Supervision für Trainer und Reitlehrer

Bei vielem, über das wir in Sachen Pferdeschutz und Engagement schreiben, kommt man über kurz oder lang zu der wichtigen Rolle, die Reitlehrer und Trainer spielen. Sie sind es, die Anfänger und auch Fortgeschrittene oft entscheidend prägen und das zum Guten oder auch zum Schlechten. Es sollte eine ihrer Aufgaben sein, Reitschülern/innen zu vermitteln, dass man sich immer wieder selbst hinterfragen muss und nie etwas beim Pferd als selbstverständlich zu sehen. Leider aber erlebe ich immer wieder, dass Reitlehrer und Trainerinnen irgendwann genau damit aufhören: sich und ihr Tun zu hinterfragen und das hat oft sehr negative Folgen. Deshalb möchte ich die Idee einer Supervision für alle, die in Sachen Pferde Unterricht geben, in die Runde werfen. 

Was ist Supervision? 

Supervisionen gibt es vor allen in psychosozialen Berufen und ist z.B. bei Therapeuten ein wichtiger Bestandteil ihrer Ausbildung und Arbeit. Supervisionen haben das Ziel, blinde Flecke aufzudecken und stellen so etwas wie eine „Qualitätssicherung“ dar.

Bei der Supervision gibt es eine außenstehende und meist gezielt dafür ausgebildete Person (den Supervisor) und es geht darum, auf die so genannte Meta-Ebene zu gehen, also gleichsam das eigene Tun mit etwas Abstand und ein bisschen wie aus der Vogelperspektive zu betrachten. Dabei wird das Verhalten beobachtet, analysiert und reflektiert, mit dem Ziel einer positiven Weiterentwicklung.

Nun muss man das Ganze ja aber gar nicht gleich ganz so hoch aufhängen. Ich denke, es wäre schon viel geholfen, wenn jeder, der unterrichtet, sich hin und wieder dabei filmt und sich seine eigene Arbeit einmal aus etwas Abstand anschaut und hineinspürt. Wenn man dann noch jemanden, dem man vertraut und dessen Arbeit man selbst schätzt, hin und wieder um ein Feedback bittet, bekommt man sicher schon einige gute Impulse für die eigene Arbeit. 

Brauchen Reitlehrer so etwas überhaupt? 

Nun werden viele vielleicht denken, dass so etwas ja ein bisschen übertrieben ist, ist doch schließlich nur Reitunterricht oder nicht?

Fakt ist: Beim Reitunterricht geht es nicht nur um ein anderes Lebewesen (den Menschen), sondern auch noch um ein ganz anderes (das Pferd) – und der Spagat den Bedürfnissen beider gerecht zu werden, ist oft sehr, sehr schwer. Ein Reitlehrer ist ja eben nicht nur dafür da, dem Reitschüler bestimmte Techniken zu vermitteln, sondern eigentlich soll er zwei (oft sehr unterschiedlichen) Wesen ermöglichen, sich zu verständigen, um gemeinsam lernen zu können und wenn es sich um ein eigenes Pferd handelt, die beiden im besten Fall zu einem Team zu machen. 

Nun ist Reitlehrer kein geschützter Beruf. Quasi jeder kann Reitunterricht geben, unabhängig davon, wie viel Pferdeverstand, wie viel Erfahrung und Wissen die Person hat, von den pädagogischen Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und Kommunikations-Knowhow und dergleichen mehr mal ganz abgesehen. Selbst wenn Reitlehrer eine spezielle Ausbildung dafür gemacht haben (ob nun Trainerscheine der FN, Seminare, Ausbildungsgänge oder ähnliches), heißt das noch lange nicht, dass sie tatsächlich gut sind in dem, was sie tun. Und es überschätzen sich leider doch ganz schön viele Pferdemenschen, wenn es um ihre Fähigkeiten geht, andere zu unterrichten. 

Selbstreflexion ist die wichtigste Grundlage eines jeden, der unterrichtet!

Für mich macht gute Reitlehrer und Pferdetrainerinnen aus, wenn ich merke, dass sie nie vorgeben, alles zu wissen, sondern wenn sie selbst in einem ständigen Lern- und Dazulern-Prozess sind und das transparent machen. Keiner muss alles wissen, aber wir sollten uns immer darüber bewusst sein, dass wir alle Lernende sind, eben auch die, die unterrichten. 

Ich denke, der Schlüssel zu einem menschen- und pferdegerechten Unterricht ist immer Selbstreflexion. Und die ist verdammt schwer. Es kann deshalb sehr hilfreich sein, sich hier von anderen helfen zu lassen – sei es durch einen liebevoll-kritischen Blick, durch einige Anregungen oder auch durch gezielte Weiterbildung. Und ja, als erster Schritt könnten auch schon Videos von der eigenen Arbeit zur Selbstreflexion helfen.

Mir ist klar, dass die Idee einer Supervision für Reitlehrer und Trainer ganz schön unbequem ist und ja, das Ganze kann mit Kosten und Zeitaufwand verbunden sein. Ich weiß auch nur zu gut, dass man manches eigentlich auch gar nicht so genau wissen möchte, weil man ahnt, dass das größere Veränderungsprozesse anstoßen könnte. Entscheidend für mich ist an dieser Stelle, aber überhaupt einmal für die enorme Verantwortung zu sensibilisieren, die all jene haben, die andere unterrichten (und sei es nur „nebenbei“) –  und zwar in Bezug auf Mensch UND Pferd. Genau das möchte ich gerne zur Diskussion stellen und ich bin gespannt auf Eure Ansichten dazu!

supervision_reitlehrer

22. November 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse 6 Kommentare »

 

6 Reaktionen zu “Eine Idee: Supervision für Trainer und Reitlehrer”

 

Von Gruber Petra • 22. November 2016

Hallo,
die Idee von einer Supervision fuer alle die mit Pferden arbeiten finde ich toll.
Ich selber bin zertifizierte Reittherapeutin und wünschte mir sehr ein Feedback von Kollegen.
Meiner Meinung nach koennen wir da alle profitieren. Falls ich etwas dazu beitragen kann
Gerne.
Einen schönen Abend

Petra Gruber

 

Von Nina Carstensen • 23. November 2016

Qualitätssicherung ist immer wichtig.
In meiner Arbeit schätze ich die Reflexion von anderen Trainern sehr und betreibe im befreundeten Trainerkreis schon solch eine Art von Austausch.
Bei meinem Unterricht wurde ich vor kurzem von einer Kollegin begleitet und beobachtet, so konnten wir in kleinem Rahmen schon prima analysieren und diskutieren ohne dass es uns finanziell belastet hat.Perfekt!

 

Von Heide Zwirner • 26. November 2016

super ! klasse geschrieben und wird im besten Fall jedem helfen.Grosse Verantwortungen ,die der Reitlehrer hat!
Letztlich geht es um einige Leben…Kinder,Erwachsene ,die Pferde.
Von der Betreung der Menschen und Tiere (was da allein schon in einer gewöhnlichen Reitstunde zusammenkommt-sei es vom Alter ,der Erwartung ,den Ängsten ,dem unterschiedlichen Könnensstand her oder dann eben den unterschiedlichen Pferden ,der Tagesform jedes Menschen und Tieres,Alltags-Stress etc.e tc)
bis zu der Qualität der Ausrüstung von Mensch und Tier (sitzt der Reithelm bei jedem-KIND- fest? sitzt der Sattel etc )hin -es ist eine echt grosse Aufgabe ,die gilt es zu sichern.
All das schützt den Beruf ja auch !
(schade ,dass der NICHT geschützt ist bisher).
Es könnte einfach Unfälle ,Schäden an Mensch und Tier sowie Frustration vermeiden .
Zur allgemeinen Sicherheit und um Leben zu schützen ,die Qualität von Teit-Unterricht in welcher Form auch immer,sollte ohne Frage geprüft werden !
Auch wenn es schon viele Scheine dazu gibt.
Es heisst nicht ,weil man etwas „schon lange “ tut ,dass es auch immer noch gut oder richtig ist…(klar ist Erfahrung auch wichtig und hilfreich)
Ich rede dabei auch von mir selbst ,hinsichtlich meinem medizinischen Beruf-auch da muss man sich fortbilden und wird normalerweise auf Qualität hin „überprüft“.
Also ,mein „Pro “ zur Supervision.

Heide

 

Von Christiane • 28. November 2016

Liebe Tania,

das ist eine großartige Anregung, die hoffentlich von vielen Unterrichtenden aufgegriffen wird. Und es ist genau richtig, was Du schreibst – sich und sein Tun zu reflektieren, ist in der Tat schwierig, aber es bringt so viel weiter!

Wenn ich die Offenheit dafür behalte, dass ich eben nicht perfekt bin, aber trotzdem mein Bestes gebe und das auch dadurch, dass ich mich selbst liebevoll-kritisch hinterfrage (oder hinterfragen lasse durch Supervision), dann ist der Weg für eine Weiterentwicklung frei. Und für mich liegt darin ein großer Wert. In meinem Beruf als Coach und Mediatorin lasse ich mich auch regelmäßig supervidieren, und das ist nicht immer leicht. Denn dahin zu schauen, was vielleicht noch nicht so gut ist, kann durchaus Überwindung kosten. Aber was danach kommt, ist diese Überwindung allemal wert, denn es eröffnet neue Denk- oder Handlungsweisen, die mich flexibler machen in dem, was ich tue. Das ist doch Belohung genug, oder?

Viele Grüße, Christiane

 

Von Susanne • 28. November 2016

Hallo Ihr Lieben, ein super-guter Beitrag und Denkanstoss von euch!!!!!!!!!!!!!!
Vor 4 Jahren bin ich in den Beruf der Reitpädagogin eingestiegen (nach Weiterbildung und Prüfung).
Zu Anfang arbeitete ich gemeinsam mit einer Kollegin, die mich übrigens angespornt hat, in diese Tätigkeit zu wechseln. Ich bin ein glücklicher Mensch, seit ich mit Pferd und Kind arbeite. Und die Zeit mit meiner Kollegin war eine lehrreiche und bereichernde Zeit. Denn wir haben Supervision gelebt.
Das hat mir unglaublich wichtige und wertvolle Rückmeldungen zu mir und meiner Arbeit gegeben. Ich habe viel an Sicherheit und Zuversicht gewonnen. Seither kann ich mich selbst kritisch hinterfragen, aber auch wohlwollend betrachten.
Ich denke oft an diese Zeit und hätte gerne wieder jemanden, der mit mir Supervision anwendet.
Herzliche Grüße
Susanne

 

Von Katrin • 7. November 2017

Liebe Tania,

erst mal vielen Dank für den groß artigen Bericht und gleichzeitig Denkanstoß!

Ich teile absolut die Meinung und wäre froh, wenn sich mehrere Trainer ihres Trainings bewusst wären. Ich stehe auf der anderen Seite und bin wirklich zeitweise sehr erstaunt, wie manche Reiter gleichzeitig auch Reitlehrer sind. Natürlich ist Pferdekenntnis und reiterliches Können Grundvoraussetzung, nur das befähigt einen noch lange nicht gut zu unterrichten und den Spagat zwischen Reiter UND Pferd zu meistern.

Hoffe der Artikel macht seine Runde und erreicht all jene die es ernst nehmen.

Lieben Gruß aus Wien,
Katrin

 

 

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