Die Wippe – eine Anleitung Schritt für Schritt

Heute möchte ich Euch eine schöne Übung mit Pferd vorstellen, und zwar geht es um die Wippe. Sich mit einem Pferd das Gehen über und das Stehen auf einer Wippe zu erarbeiten, hat viele positive Effekte: 

  • Wenn die Übung richtig angegangen wird, ist sie ein wundervolles Vertrauens- und Anti-Scheu-Training,
  • die Wippe fördert das Selbstbewusstsein des Pferdes,
  • es werden Balance und Gleichgewichtssinn geschult,
  • die Wippe kann gezielt zum Muskeltraining genutzt werden
  • und die ganze Sache macht großen Spaß!

Wichtig: Die Vorbereitung

Bevor Ihr Euch mit Eurem Pferd auf eine Wippe wagt, solltet Ihr erst einmal üben, dass das Pferd ohne Probleme über einen vergleichbaren, geraden Untergrund geht, also einen Holzsteg oder ähnliches. Schon das allein kann für manch ein Pferd eine große Herausforderung sein, weil unbekannte Bodenbeschaffenheiten etwas sind, das viele Pferde instinktiv meiden. Übt das bitte mit viel Verständnis und Geduld und lasst dem Pferd ausreichend Zeit, sich davon zu überzeugen, dass es auch einem ungewohnten Boden vertrauen kann. 

Die Wippe

Eine Wippe, über die ein Pferd gehen soll, muss sicher und stabil sein. Macht Euch immer klar, wie viel Gewicht da auf die Wippe kommt und dass es zu einem Scheuen und Springen kommen kann. Geht hier bitte keine Risiken ein – wenn das Material unter dem Pferdegewicht nachgibt, kann es zu unschönen Szenen oder gar Verletzungen kommen und das Vertrauen ist dann erst einmal gründlich verspielt. 

Die Wippe sollte auch nicht zu steil sein, so dass die Wippbewegung nicht zu stark wird. Es kommt hier nicht darauf an, ein spektakuläres Kunststück zu entwickeln, sondern die Wippe soll eine sinnvolle Gymnastik ermöglichen und den Gleichgewichtssinn fördern. 

Und so geht’s

Zeigt Eurem Pferd die Wippe erst einmal, ohne gleich darüber gehen zu wollen. Lasst es daran schnuppern und freut Euch über jedes Interesse an der Wippe. 

Dann führt es zu der Rampe und lasst es erst einmal in Ruhe vor der Wippe stehen. Ein Fehler, den viele machen, ist, gleich zu schnell auf die Wippe führen zu wollen. Dann kann die ganze Übung hektisch werden. Euer Ziel aber sollte sein, zu jedem Zeitpunkt das Vorwärts Eures Pferdes beeinflussen zu können. Ist ein Pferd zu aufgeregt oder hektisch, würde ich es noch nicht auf die Wippe führen, sondern erst einmal für eine entspannte Grundstimmung sorgen. 

Wenn Euer Pferd ruhig und konzentriert bei der Sache ist, könnt Ihr es zu einem ersten Schritt auf die Wippe einladen, so dass erst einmal nur die Vorderbeine auf der Wippe stehen: 

wippe1

Wenn das Pferd zu scharren beginnt, so lasst es das ruhig tun. Das ist einfach seine Art, den Boden zu testen. Hört es nicht von sich aus auf, könnt Ihr es freundlich ansprechen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Macht erst weiter, wenn es ruhig und gelassen mit zwei Hufen auf der Rampe stehen kann. 

Ladet es dann zu einem weiteren Schritt ein. 

Auf diesem Bild kann man gut sehen, dass Anthony zunächst nur mit den Vorderbeinen weiter vorwärtsgeht, die Hinterhand lässt er erst einmal noch auf „sicherem Terrain“: 

wippe2

Wenn ich eine solche Unsicherheit wahrnehme, lasse ich dem Pferd Zeit. Ich rede ruhig mit ihm und warte. Und so traut er sich dann, ganz auf die Rampe zu steigen und wird dafür belohnt: 

wippe3

Macht bitte nur weiter, wenn das Pferd wirklich gelassen auf der Rampe steht. Zeigt es Nervosität, Unruhe oder gar Angst, dann führt es behutsam rückwärts und führt es erst einmal einmal um die Wippe herum, damit es sich wieder beruhigen kann. Setzt neu an und schaut, ob es schon besser geht. 

Ganz wichtig: Ein Pferd muss nicht gleich ganz über die Wippe gehen. Für manche Pferde reicht es vollkommen aus, in den ersten Einheiten nur auf die Rampe zu gehen, also noch ohne Bewegung der Wippe. Gebt Eurem Pferd die Zeit, die es braucht.   

Erst wenn Euer Pferd keine Probleme damit hat, die Rampe zu betreten und dort ruhig stehen zu bleiben, erarbeitet Ihr Euch den schwierigsten Moment: den Kipppunkt. Dafür führt Ihr Euer Pferd langsam ein, zwei weitere Schritte vorwärts. Bleibt immer wieder ruhig stehen und achtet auf ganz viel Ruhe. Geht nicht zu schnell voran und passt gut darauf auf, dass Eure Füße nicht dort sind, wo die Wippe herunterkommt. 

Hier macht Anthony einen weiteren Schritt:

wippe4

Und hier sind wir genau auf dem Kipppunkt, die Wippe steht waagerecht:

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Hier ist er noch einen Schritt gegangen, die Wippe ist nun unten. Je nach Persönlichkeit wird das Pferd die Bewegung der Wippe als nicht schlimm empfinden oder sich vielleicht auch erschrecken. Wirkt hier beruhigend auf Euer Pferd ein und versichert ihm, dass alles in Ordnung ist. Freut Euch darüber, wie toll Euer Pferd mitmacht und lobt seinen Mut. Ein wackliger Untergrund ist für viele Pferde eine ziemlich bedrohliche Sache! 

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Haltet das Pferd möglichst wieder an und lobt es, so dass es lernt, auch nach der Bewegung ruhig auf der Wippe zu stehen. 

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Führt dann in aller Ruhe nach vorne von der Wippe herunter und beendet die Übung für diesen Moment. 

Wichtig: Sollte sich das Pferd erschrocken haben oder sehr nervös wirken, seid Ihr etwas zu schnell vorgegangen. Baut die Übung dann noch einmal neu und in kleineren Schritten auf. 

Nach und nach könnte Ihr Euch dann das flüssige Laufen über die Wippe erarbeiten.

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Fortgeschrittene können dann üben, das Pferd am Kipppunkt anzuhalten und es durch die Verlagerung seines Gewichts nach hinten und nach vorne die Wippe bewegen zu lassen. Das ist eine tolle Muskel- und Balanceübung! 

Und kleine Extra-Tricks kann man auf der Wippe natürlich auch machen!

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Viel Spaß!

30. August 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Jungpferdausbildung, Spiele & Co, Übungen 8 Kommentare »

 

8 Reaktionen zu “Die Wippe – eine Anleitung Schritt für Schritt”

 

Von Heike Timm • 30. August 2016

Hallo 🙂

Tolle Sache diese Wippe.
Wie habt ihr die denn gebaut. Kann ich irgendwo eine Bauanleitung finden?

Danke und Grüße
Heike

___________________

Hui, da fragst Du was! Die hat der Stallbesitzer Jan von Klinges Landwiesenhof gebaut… ich frage mal nach.

Herzlich,
Tania

 

Von Lisa • 30. August 2016

Hallo!
Mir wurde neulich von meiner Trainerin empfohlen, zu Anfang von der Seite der Wippe zu starten, die oben steht, also in der Luft, damit das Pferd direkt beim drauftreten merkt, dass sich das Ding bewegt. Und nicht von der Kippbewegung in der Mitte überrascht wird. Ich habe es allerdings früher auch so gelernt und immer so gemacht, wie ihr es beschrieben habt. Was meint ihr dazu?
Eine Bauanleitung wäre in der Tat super klasse!

Viele Grüße
Lisa

_________________

Oh, das finde ich eine sehr spannende Möglichkeit, dem Pferd die Wippe zu erklären! Habe ich so noch nie gemacht, aber werde ich auf jeden Fall mal ausprobieren!

Herzlich,
Tania

 

Von Sylvia • 30. August 2016

Würdest du grundsätzlich empfehlen mit einer entsprechend großen Wippe zu beginnen? Anthony hat hier ja ziemlich viel Platz zu stehen, bzw. sogar ein paar Schritte zu machen, bevor sie kippt.
Ich vermute mal, wäre die Wippe so kurz, dass das Pferd mit den Vorderbeinen über den Kipppunkt geht, BEVOR die Hinterbeine drauf stehen, bekommt man ein ernsthaftes Problem.
Ich grübele nämlich auch immer noch über das richtige Verhältnis von stabil, transportabel, groß genug und sicher für einen Eigenbau. Es gibt ja teilweise echt kleine Wippen, aber die sind wohl nichts für Anfänger (wurde mir eben erst beim laaaanggezogenen Anthony klar).
Die von Lisa beschriebene Methode finde ich heikel. Mir scheint die Verletzungsgefahr höher und das Risiko, dass das Pferd gleich beim ersten Versuch einen Schreck bekommt, weil der Untergrund nicht "sicher" ist sehr groß.
Außerdem würde die Argumentation voraussetzen, dass das Pferd geistig die Kurve kriegt: "es hat gewackelt als ich den ersten Fuß draufgesetzt habe, vermutlich wird es nochmal wackeln…" Ehrlich gesagt, habe ich da meine Zweifel.
Bin aber sehr gespannt auf andere Meinungen und Argumente.

Viele Grüße
Sylvia

________________

Ja, ich würde auf jeden Fall zu einer breiten Wippe raten. Echte Wippen-Profis können vielleicht auch über eine schmale geführt werden, aber warum ein Risiko eingehen? Vom gymnastischen Wert her ist die Breite nicht entscheidend, sondern die Ruhe, mit der die Übung ausgeführt wird.

Und die Bedenken, von der anderen Seite zu beginnen, kann ich auch nachvollziehen. Das könnte man aber vielleicht entschärfen, indem man auf der anderen Seite ein bisschen was unterlegt, damit sie nicht gleich ganz so dolle kippt…

Herzlich,
Tania

 

Von Steffi • 30. August 2016

Wippentraining ist echt klasse! Total super finde ich auch die Kufenwippen, die Nina Steigerwald für ihren Horse-Agility Parcours entwickelt hat und auch ihren Weg den Pferden das Wippen beizubringen. Es gibt dafür sogar eine kostenlose Bauanleitung: http://www.pferde-clickertraining.de/pages/clickern/pferdewippen/bauanleitungen.php (Ich hoffe es ist OK den Link einzufügen?) Durch die Kufen hat die Wippe ein sehr sanftes Bewegungsende und bewegt sich natürlich bei jeder Gewichtsverlagerung, sodass man beim Wippen ein noch effektiveres Training für Muskeln, Balance und Gleichgewicht hat. Unserem Pony haben wir dann zuerst beigebracht alle vier Füßen auf eine blaue Turnmatte (wie man sie aus dem Sportunterricht kennt) zu stellen. Dadurch konnte er sich ohne Verletzungsgefahr an einen instabilen Untergrund gewöhnen. Die Wippe war dann später gar kein Problem mehr und er hat jetzt so viel Spaß beim Wippen, dass er meistens gar nicht wieder runter möchte. So, mein Roman ist beendet 🙂 Aber ich bin einfach so begeistert von dieser Wippenvariante, dass ich sie gerne mit euch teilen wollte.
Herzliche Grüße
Steffi

 

Von Ursula • 5. September 2016

Vielen Dank für den Beitrag. Mich würde auch die Bauanleitung interessieren und dann auch die Maße eurer Wippe und welches Material ihr verwendet habt. Bei uns müsste sie 700 kg Kaltblut aushalten. – Die Idee mit der Turnmatte von Steffi finde ich auch super. Viele liebe Grüße, Ursula

 

Von Katharina • 5. September 2016

Hallo, ich fand diesen Artikel mit der ‚Wippe ganz toll, ich habe das ausgedruckt um es der Stallpächterin zu zeigen. Mal sehen, ob meine Lore auch darüber läuft. Macht so weiter Katharina

 

Von Sandra Endrikat • 10. September 2016

Hallo!
Wunderschöne Fotos! Ein Tipp für ängstliche Pferde. Sucht euch z.B. Schaumstoffbalken, Kanthölzer o.ä. und baut aus der Wippe eine „Brücke“. Oder es wird nur eine Seite stabilisiert, dann fällt der Kipppunkt kleiner aus,der „Schreck“ somit auch 😉 Alles muß natürlich stabil und ohne Verletzungsgefahr sein! Macht die Wippe,je nach Stand von Pferd und Führer, nach und nach wackeliger.
Schaut auf die Seite von Nina Steigerwald,sie hat eine Bauanleitung für etwas handlichere Wippen,als auf den Fotos, dort veröffentlicht.
Der Tipp mit dem feststellen der Wippe ist auch von ihr! Ich rate es hier auf dem Hof inzwischen allen Anfängern,da es so viel schneller zum vertrauensvollen, erfolgreichen Wippen mit Trainingseffekt kommt. Ohne böse Schreckmomente. Egal ob mit clicker oder nicht!

 

Von Sylvia • 24. September 2016

Hallo Tania,
Danke für deine Antwort!
Mit der Größe meinte ich allerdings nicht die Breite, sondern die Länge.
Ich habe mir nur vorgestellt, was passiert, wenn das Pferd erstmal nur mit den Vorderbeinen weitergeht und dann über den Kipppunkt kommt bevor die Hinterbeine auch auf der Wippe sind, weil sie einfach zu kurz ist!
Das könnte in einem Desaster enden…
Eine Lösung für den Selbstbau habe ich aber immer noch nicht. Blöd ist, dass ich hier zu wenig Platz habe, eine Wippe müsste immer wieder weg geräumt werden.

LG
Sylvia

 

 

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