Eine Übung für den Schritt
Mit dieser Übung können Sie lernen, sich in die Schrittbewegung des Pferdes hineinzuspüren. Idealerweise lassen Sie sich dafür von einem Helfer führen, so dass Sie nach Möglichkeit ohne Steigbügel oder am besten mit einem Sattelpad oder auch ganz ohne Sattel reiten können (wenn das Pferd das gewohnt ist). Das Geführtwerden ermöglicht es Ihnen, ganz hineinzuspüren und dafür vielleicht sogar zwischendurch die Augen zu schließen. Atmen Sie zwei- oder dreimal aus, um anzukommen und loszulassen.
Spüren…
Spüren Sie zunächst nach, wie Ihre Hüfte rechts und links abwechselnd gehoben und gesenkt wird. Wenn Ihre Beine locker sind, werden Sie außerdem spüren, wie diese wechselseitig mit den Seiten des Pferdes pendeln wollen. Lassen Sie diese Bewegung zunächst zu.
Spüren Sie sich dann in die Vor- und Zurückbewegung des Schrittes. Es fühlt sich fast so an, als wollten Sie mit Ihren Beinen auf dem Boden mitlaufen. Die Beine und Gesäßknochen gehen wechselseitig in dieser Vor- und Zurückbewegung mit.
Wenn wir nun beide Bewegungen zusammen nehmen (das Hoch und Runter und das Vor und Zurück der Gesäßknochen) – wird daraus eine dreidimensionale, rollende Bewegung: Wir fahren mit unseren Gesäßknochen gleichsam „rückwärts Fahrrad“. Wenn unsere Gesäßknochen kleine Füßchen hätten, würden sie rückwärts in die Pedale treten.
Tipp: Um das ganz bewusst wahrzunehmen, spüren Sie am besten zuerst nur in eine Seite hinein und erfühlen, wie der Gesäßknochen nach vorne, dann nach oben, hinten und unten kreisförmig bewegt wird. Die Hüfte bleibt dabei zentriert, die Bewegung sollte klein bleiben.
… und gestalten
Je bewusster Sie die dreidimensionale, rollende Bewegung des Pferderückens erspüren, desto besser können Sie dem Pferd nicht nur in seiner Bewegung folgen, sondern Sie können darüber hinaus (und das ist besonders spannend!) das Timing der Hilfen genau gestalten: Wenn nämlich z.B unser rechter Gesäßknochen auf dem Weg von oben nach unten ist, fußt das rechte Hinterbein ab. Uns wird sozusagen auf dieser Seite die „Stütze entzogen“, und unser rechter Gesäßknochen und das rechte Reiterbein gehen mit dem nach links schwingenden Brustkorb des Pferdes runter. Das Pferd holt sich so die treibende Hilfe ganz von selbst, weil das Bein auf dieser Seite ans Pferd heranschwingen will. Sie können auf diese Weise also genau dann sanft treiben, wenn das entsprechende Hinterbein abfußt (also zum Spielbein wird). So kann das Pferd leichter verstehen, dass es mit diesem Bein weiter unterfußen oder z.B. übertreten soll (in den Seitengängen). Ist das Hinterbein des Pferdes erst auf der Erde, kann das Pferd auf den Druck des Reiterbeines nicht reagieren, die Hilfen werden ungenau und oft zu stark gegeben.
Tipp: Lassen Sie sich von einer Reiterkollegin beim Finden des richtigen Timings helfen. Sagen Sie laut „Jetzt. Jetzt. Jetzt“ immer dann, wenn Sie das innere Hinterbein abfußen fühlen und lassen Sie es von Ihrer Helferin bestätigen oder ggf. korrigieren.
Nicht nur im Schritt
Diese Bewegung zu erspüren ist übrigens auch in den anderen Gangarten sehr wichtig für ein feines Reiten. Die Bewegung ist im Trab dieselbe, nur schneller, und im Galopp ist das Rad, das wir mit dem inneren Gesäßknochen beschreiben, größer als das äußere. Wenn Sie diese Bewegung einmal erspürt haben, bekommen Sie ein ganz anderes Gefühl für die Bewegungen Ihres Pferdes. Es entsteht eine harmonische Verbindung Ihres Sitzes und Ihrer Einwirkung zur Hinterhand Ihres Pferdes.
13. Januar 2015 von Gastautor • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching, Reiten • 4 Kommentare »