Das Initiatorsignal – eine Möglichkeit der Mitsprache

In der Arbeit für unseren Clickerkurs habe ich ein Video zum sogenannten „Initiatorsignal“ gesehen (bitte hier klicken, das Video ist auf Englisch). Dieses Video hat mich zu Tränen gerührt.

Dem Pferd ermöglichen, sich mitzuteilen

Bei dem Initiatorsignal geht es darum, dass das Pferd lernt, dem Menschen ein Zeichen zu geben, wenn es bereit ist, an einer Lektion weiterzuarbeiten. Es eignet sich sehr gut dazu, Pferden unangenehme Situationen oder beängstigende Dinge näher zu bringen. In dem Film ist z.B. ein Pony zu sehen, dem gezeigt wird, dass es vor einer Peitsche keine Angst zu haben braucht. Die Peitsche wird in die Luft geschlagen und das Pony erhält einen Click + Belohnung, wenn es still stehen bleibt.

Entscheidend dabei ist aber, dass es dem Menschen zuvor ein Zeichen gibt (es berührt dazu die Hand des Menschen mit der Nase), mit dem es vermitteln kann, in welchem Abstand und auch in welcher Position es bereit ist, die schlagende Peitsche zu dulden. Dieses Pferd wird also befähigt, mit dem Menschen zu kommunizieren! Ein anderes Pferd vermittelt dem Menschen durch das Zeichen, wann es bereit ist, mit einem Sattelgurt berührt zu werden, ohne nervös auf der Stelle treten zu müssen, und wieder ein anderes teilt mit, wann es bereit ist, dass der Mensch sich auf seinen Rücken schwingt.

Noch nie zuvor habe ich ein so eindrückliches Beispiel von beidseitiger Kommunikation zwischen Mensch und Pferd gesehen.

Bereit, um Erlaubnis zu fragen?

Mich haben die Szenen in diesem Video tief getroffen, denn mir wurde klar, wie oft ich über Pferde hinweggegangen bin und auch noch immer hinweggehe. Wann habe ich mir wirklich die Zeit genommen, mein Pferd zu fragen, ob es mir die Erlaubnis für all die vielen Dinge gibt, die ich von ihm will? Wie so viele von uns habe ich diese Behutsamkeit leider immer nur in den Anfängen konsequent gelebt (z.B. beim Kennenlernen, beim Erarbeiten neuer Dinge, bei der Vertrauensarbeit oder beim Einreiten), aber im Alltag habe ich es dann einfach vergessen.

Und so bin ich mal wieder einen Schritt weiter in meiner Selbstreflexion, denn ich habe mich beim Anschauen des Videos geschämt. Geschämt, dass ich, obwohl ich es inzwischen besser weiß, viel zu oft über meine Pferde hinweggehe, weil ich „mal eben schnell“ was machen will oder weil ich viel zu vieles als selbstverständlich annehme.

Sicher kann man nicht jeden Handgriff beim Pferd erfragen und das ist wohl auch nicht nötig. Aber mir fallen viele Momente ein, in denen ich das durchaus tun könnte und sollte, um meinen Pferden Respekt entgegenzubringen. Ich nehme mir vor, in Zukunft noch achtsamer sein!

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26. August 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Clickertraining, Umgang, Vertrauenstraining 9 Kommentare »

 

9 Reaktionen zu “Das Initiatorsignal – eine Möglichkeit der Mitsprache”

 

Von Helen • 26. August 2014

Das Video und dieser Blogbeitrag sind ganz toll, ich klicker zwar schon sehr lange mit meinem Pferd, aber von dieser Form des Klickerns habe ich noch nie gehört! Ist ja eigentlich sehr logisch, dem Pferd AUCH die Möglichkeit zu geben, ‚ja‘ zu sagen, nicht nur dem Menschen. Mal schauen, wie sich das für uns umsetzen lässt! Vielen Dank für die Inspiration!

 

Von Samantha • 29. August 2014

Toller Artikel du tolles Video!

Ich frage meinen öfters „Bereit?“ und wenn er dann zu mir sieht und die Ohren bei mir hat, dann erst mache ich eine Übung oder trabe an oder sonst was.

Wenn er den Kopf woanders hat oder mit den Ohren/Gedanke woanders ist, dann warte ich eben noch etwas und frage später erneut.

Vielen herzlichen Dank für deine vielen tollen Artikel!

 

Von Manuela • 31. August 2014

Hallo Tania,

ich mache auch so etwas ähnliches.
Ich stelle mich hin, hebe den Zeigefinger und sage fragend „Achtung?!“. Legt mein Hafi dann die Ohren an und nimmt den Kopf nach oben, ist er noch nicht so weit. Nimmt er die Ohren nach vorne, leckt und tritt von einem Bein auf´s andere, kann´s losgehen.
Das mache ich z.B. auch beim Schmied, wenn er ein Bein länger anheben muss. Er hat ein wenig eine steife Hüfte und hat dann Zeit sich so hinzustellen, dass er das Bein länger heben kann, ohne Schmerzen zu bekommen. Auch beim Satteln gebe ich ihm ein Mitspracherecht – er hatte mal üblen Sattelzwang und mag auch heute das Anziehen des Gurtes noch nicht so gerne. Er bekommt dann die Zeit, sich so hinzustellen / nochmal auszuatmen / den Kopf etwas zu senken, dass das Satteln für ihn so angenehm wie möglich wird. Das setzt aber eine große Bereitschaft des Besitzers voraus, dem Pferd wirklich (!!!) zuhören zu wollen und zu können! Wenn man nebenbei mit den Stallkollegen quatscht, telefoniert oder sonstwo mit den Gedanken ist, funktioniert das nicht. 😉
Ich finde den Ansatz sehr interessant, dieses Initiieren zu clickern. Aber mich würde es, glaube ich, eher durcheinander bringen / stören, und ich weiß nicht, ob mein Pferdi das so direkt verstehen würde …

Lieben Gruß!

 

Von Steffi • 1. September 2014

Danke, Tanja, dass Du dieses Video mit uns geteilt hast. Ich habe auch kürzlich erst wieder mehr begonnen, zu fragen, als zu befehlen. Denke, das Video geht in diese Richtung.
Man sieht sehr schön, was das Clickern kann: Das Erlernen von Handlungen fürs Tier in viele, viele Einzelhandlungen zu zerlegen, u.a. eben auch in den Beginn des Arbeitens (= Initiatorsignal).
Für mich im praktischen Arbeiten keine Option, aber wiederrum sehr wichtig für die eigene Reflektion. Für die im Video gezeigten Notrettungspferde ein wunderbarer Weg die Mitarbeit der traumatisierten Pferde zu sichern.

 

Von Sam48 • 2. September 2014

Hallo, Tanja!
Ich kann deine Gedanken voll und ganz nachvollziehen!
Und deshalb frage ich mich, wie man vorgehen muss, um solch ein eindeutiges Initiatorsignal mit dem Pferd zu vereinbaren bzw. zu erarbeiten?
Weißt du da was?
Danke

 

Von Gesine • 2. September 2014

Hallo!
Ich habe das so gemacht mit dem Initiatorsignal, in diesem Fall zum Aufsatteln: Ich habe ein Target genommen, das mein Pferd bisher noch nicht kannte (in dem Fall eine Fliegenklatsche). Ein paar Mal wurde geclickert, wenn er die Fliegenklatsche beruehrt hat. Nicht zu oft und zu lange damit er das nicht als Uebung versteht sondern nur begreift, da soll die Nase ran.
Dann habe ich bald den Sattel auf den einen Arm genommen, Fliegenklatsche in die andere. Beruehrte er die Fliegenklatsche, streichelte ich ihn kurz mit dem Sattel. Stand er still, gab es C+B, wich er aus, hab ich schnell Fliegenklatsche und Sattel weggenommen. Meine Logik dahinter: Fliegenklatsche und Sattel gehoeren zusammen. Hat er die Fliegenklatsche nicht beruehrt, kam der Sattel auch nicht naeher.
Bei meinem Pferd hat es genau drei Anlaeufe gebraucht, bis er verstanden hatte.
Bei frueheren Aufsattel-Versuchen ist er immer erstmal ein paar Schritte zurueckgewichen bevor er mit hochgehobenem Kopf stehen geblieben ist. Das ist waehrend des Initiatorsignal-Erlernens nicht einmal passiert. Nach ein paar Mal auf- und absatteln hat er sich dann sogar nach dem Beruehren der Fliegenklatsche mit dem Ruecken zu mir gedreht (er ist ziemlich lang, also muss ich immer erst zwei Schritte vom Kopf zum Ruecken gehen um Aufzusatteln, hat ihm wohl zu lange gedauert 😉 )
Ich glaube wichtig ist einfach, dass man keinerlei Kommando daraus macht, bei dem man erwartet, dass es ausgefuehrt wird. Einfach stumm anfragen; wenn man die Antwort bekommt, die man sich wuenscht, freuen, wenn nicht – Kaffee trinken gehen 😉

 

Von Nadine • 8. September 2014

Hallo!

Ich finde diese Art der Kommunikation auch sehr interessant. Aber mir ist auch noch nicht so ganz klar, wie man das aufbauen kann.

Könntest Du vielleicht nicht ein oder zwei intensivere Blogbeiträge daraus machen. (Mir fällt Englisch nämlich recht schwer xD)

 

Von Katarina • 23. September 2014

Hallo Zusammen,
seit ich auf diesen Artikel gestoßen bin, habe ich das mit dem Initatorsignal auch mal ausprobiert. Meine 4,5 jährige Stute lernt grade (mit dem Clicker) die Grundlagen des Reitens. Den Sattel habe ich auch immer geclickert, d.h. rauflegen, Gurt anziehen etc. Trotzdem, vor allem wenn sie mal schlechte Laune hat, tanzt sie viel rum, teilweise war es so, dass sie den Sattel gesehen hat und schon zappelte und in den Anbinder biss (der Sattel wurde angepasst, sie hat keine Rückenprobleme, ich gurte sehr langsam). Gerne wurde beim ersten Gurten auch mal nach dem Gurt getreten.
Seit ich das Initiatorsignal (Handtarget) benutze, ist es deutlich besser geworden. Ich stehe mit dem Sattel neben ihr, halte ihr die Hand hin, warte bis sie sie berührt, sage dann „gut“, lege den Sattel auf clickere in dem Moment. So machen wir Schritt für Schritt weiter, fragen, ob ich den Gurt an die Strupfen machen darf, das erste Anlegen an den Bauch, das Festziehen, das Nachgurten (jedes Nachgurten). Mittlerweile steht sie meist ruhig, wendet sich nicht ab und will weg, wenn sie den Sattel sieht und tritt auch nicht mehr nach dem Gurt. Toll findet sie es immer noch nicht (sie ist einfach sehr empfindlich, was Berührung angeht, Fliegen findet sie auch ganz doof), aber sie hat, meiner Ansicht nach, gemerkt, dass ich bei „doofen“ Sachen erstmal um Erlaubnis frage. Manchmal muss ich etwas auf die Berührung der Hand warten, aber nach einiger Zeit, je nach Ablenkung, kommt sie immer. Und ich warte auch IMMER auf die Erlaubnis.
Einzig das Handtarget haben wir damit verwässert, das war auf der Koppel immer das Zeichen für „Komm her“. Aber ich wollte daran verstärkt nochmal arbeiten.
Unterm Strich auf jeden Fall eine sehr gute Methode, die man, wie alles beim Clickern, konsequent durchführen muss. Ich denke, die Pferde haben auch sehr schnell raus, dass sie das Tempo bestimmen dürfen.
Sehr zu empfehlen!

 

Von heike • 23. Mai 2017

Hallo
mein Kili hat auch so ein Signal .
Er hat zwei bunte Reifen rot =aufhören, grün =weiter.
dort gehe ich immer mal wiede hin wenn wir üben, er kann sich einen reifen aussuchen, meist nimmt er grün.
wenn ich nicht mehr üben möchte gehen wir auch zu rot. dann weis er ende.
Ausserdem hand berühren heist gibt mir ein Signal.
wenn ich grad nicht mag sage ich warte gleich und er wartet auf ein signal.
ich habe das bei Bina Lunzer und ihrem hundetraining gesehen- und mit meinem pferd probiert. Sie nennt es das Kooperationssignal.
grüsse

 

 

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