Soll ich jetzt nur noch Futter in mein Pferd stopfen?

Eine ganz typische Reaktion auf das Clickertraining ist die entsetzte Frage, ob man denn jetzt ständig und wegen jedem bisschen Futter in sein Pferd stopfen muss. Ja, auch ich hatte mich das gefragt und habe deshalb lange gezögert, mit dem Clickern zu beginnen.

Bei mir waren es drei Bedenken, die ich hatte:

  • Einmal das Gewicht. Meine Hafis sind beide nicht schlank und ich sah sie schon wie Hefeklöße auseinandergehen.
  • Dann fürchtete ich, dass meine Pferde zu penetranten Bettlern werden würden.
  • Außerdem war tief in mir die Überzeugung, dass sie das, was ich von ihnen möchte, auch ohne Futter machen sollen.

 Schauen wir uns die Punkte doch einmal genauer an.

Über die Futtermenge beim Clickern

Es geht beim Clickern keinesfalls darum, massenhaft Futter ins Pferd zu stopfen. Richtig ist, dass auf jeden Click ein Futterlob erfolgen soll, und richtig ist auch, dass in manchen Phasen sehr hochfrequent (also schnell hintereinander) geclickert wird. Aber die Menge, die dabei verfüttert wird, kann viel geringer sein, als viele annehmen, denn: Ein Futterlob wirkt auch in kleinen Mengen.

Die Frage ist einfach, was man als Futterlob nutzt! Klar, wenn ich die handelsüblichen, großen Leckerlis nehmen würde, würde ich auf deutlich zu viel Extra-Futter kommen (zumal die Zusammensetzung solcher Leckerlis auch nicht immer gesundheitsfördernd ist). Aber es gibt gute Alternativen. Wenn Ihr z.B. allein die Begrüßungsmöhre für Euer Pferd in kleine Scheiben schneidet und die zum Clickern nutzt, fällt überhaupt kein Mehr an Futter an!

Ich selbst nutze am liebsten Hafer zum Clickern. Die kleinen Körner lassen sich in Mini-Portionen aufteilen, so dass ich pro Click nur wenige Körner verfüttere. Für eine normale Clickereinheit brauche ich ca. eine Handvoll Hafer (und meine Hände sind eher klein). Das ist auch für einen eher wohlgenährten Haflinger nicht viel.

Bei futtersensiblen Pferden und solchen mit ernährungsbedingten Erkrankungen sollte man mit dem Tierarzt absprechen, was in welchen Mengen vertretbar ist. Hier bewähren sich oft Luzerne-Pellets, die sehr klein sind. Ich habe auch schon von dem Tipp gehört, Gurkenstückchen zu nehmen.

Auch könnt (bei leichfuttrigen Pferden solltet!) Ihr die Menge Futter, die Ihr zum Clickern verwendet, von der normalen täglichen Futterration abziehen.

Die Sache mit dem Betteln

Das Clickertraining kommt immer wieder in Verruf, weil manche Pferde dadurch tatsächlich zu aufdringlichen Bettlern werden. Das aber ist KEIN Problem der Methode, sondern immer ein Fehler des Menschen. Ein fester Bestandteil jedes Clickertrainings sollte sowohl die Futter- als auch die Höflichkeitserziehung sein. Beides wird systematisch geclickert und auf beides sollte konsequent geachtet werden.

Es darf also kein Futter geben, wenn das Pferd bettelt (auch nicht, wenn es noch so süß dabei guckt) und Futter darf nicht einfach gedankenlos gegeben werden, weil man sein Pferd so lieb hat. Futter kommt immer nach einem Click und ein Click kommt nur, wenn das Pferd höflich ist (egal, um welche Lektion oder Aufgabe es gerade geht!).

Ich muss sagen, dass ich vor dem Clickern deutlich mehr Probleme mit meinen recht futterorientierten Hafis hatte als jetzt, seitdem ich clickere. Ich kann mit der Hand in der Futtertasche stehen, ohne dass sie betteln, einfach weil sie wissen, dass sie dann nichts bekommen.

Betteln ist aus meiner Sicht so gut wie immer ein menschengemachtes Problem und deshalb lässt es sich auch wunderbar lösen.

Futterlob ist keine Bestechung

Ja, auch ich habe Futterlob früher als Bestechung gesehen und dachte irgendwie, dass eine Lektion oder Übung nur dann gut ist, wenn das Pferd sie auch ohne Futter macht. Aber warum eigentlich? Es ist aus meiner heutigen Sicht eine total vermenschlichte Sicht, bei einem Pferd von Bestechung zu reden. Wer mal mit einem Nein-Sager zu tun hatte, weiß sehr gut, dass auch noch so viel Futter nichts an einem pferdischen Nein ändern kann. Das Futter wird zwar gern genommen, aber die Sache wird deshalb noch lange nicht gemacht.

Und genau das ist der entscheidende Punkt: Beim Clickern kommen Click + Futter nur dann, wenn etwas richtig gemacht wurde, also als Bestätigung und eben nicht, um ein richtiges Verhalten zu erreichen (dann würde das Futter vorher gegeben werden müssen). Click + Futterlob dienen dazu, dem Pferd punktgenau zu sagen: „Hey, das war super!“ Es handelt sich dabei also einerseits um eine (sehr effektive) Form der Kommunikation (vor allem eine, die das Pferd verstehen kann) und zum anderen um ein Motivationsmittel, denn klar, so eine kleine Leckerei steigert die Freude an der Mitarbeit enorm. Das ist aber bei uns auch nicht anders: Überlegen Sie mal, wie viel schöner es sich arbeitet, wenn Sie dafür etwas Anerkennung bekommen. Ein paar Haferkörner sind nichts anderes als eine pferdegerechte Art, dem Tier zu sagen: „Das, was du gerade gemacht hast, war toll!“

Tja, und so habe ich heute überhaupt kein Problem mehr damit, mit Futterlob zu arbeiten. Es hat mir im Zusammensein mit meinen Pferden nur Vorteile gebracht:

  • eine verbesserte Kommunikation,
  • mehr Freude und Motivation
  • und gut erzogene Pferde.

beide

 

12. August 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Clickertraining 13 Kommentare »

 

13 Reaktionen zu “Soll ich jetzt nur noch Futter in mein Pferd stopfen?”

 

Von Nadine • 12. August 2014

Hallo Tania,

ich arbeite mit meinem Pferd schon länger nach dem Prinzip der positiven Verstärkung. Allerdings ohne einen Click, sondern über eine Art Signalwort.
Nun habe ich aber manchmal das Problem, dass die richtige Reaktion viel kürzer dauert, als das Wort auszusprechen. Da wäre ein Click viel präziser!

Aber eine große Frage nagt da an mir. „Was tue ich meinem Pferd an“, wenn ich den Click nur nutze wie Hilfsmittel, z.B. wie eine Gerte?

Liebe Grüße
Nadine und Fritz

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Hallo Nadine,

ich habe früher auch mit einem Signalwort gearbeitet und auch mir war das zu unpräzise. Ich nutze einen Zungenclick – präzise im Ton und nichts in der Hand.

Deine zweite Frage verstehe ich nicht so ganz. Ein Werkzeug ist doch an sich nichts Schlechtes, eine Gerte nicht und auch kein Clicker? Es ist ein Hilfsmittel für die Kommunikation und das ist doch etwas Gutes?

Herzlich,
Tania

 

Von Sarah • 13. August 2014

Schöner Beitrag, der präzise zusammenfasst, was ich den Gegnern von Futterlob beim Training immer versuche, zu erklären. Eine Frage habe ich: Trotz Futtererziehung betteln meine Pferde nach dem Click, sie werden also aufdringlich, wenn sie den Click hören und somit wissen, dass es jetzt etwas gibt. Wie handhabt ihr das dann? Ich befinde mich immer im Zwiespalt, denn einerseits haben sie sich ja den Click gerade verdient gehabt und fordern nun zu Recht die versprochene Belohnung ein. Andererseits sollen sie natürlich auch in dieser Situation nicht zudringlich sein. Eigentlich muss ich also auch hier auf Höflichkeit bestehen, richtig? Auch, wenn dann vielleicht das Lob für die gut ausgeführte Lektion, für die es den Click gab, untergeht? Liebe Grüße, Sarah

 

Von Nadine • 13. August 2014

Hallo Tania,

Werkzeuge sind natürlich etwas gutes, ach das Clickern. Mit dem Vergleich der Gerte möchte ich nur sagen, dass ich nicht alles über das Clickern erarbeiten werde, genauso wie ich nicht immer alles mit der Gerte erarbeite.

Aber ich befürchte, ich könnte mein Pferd verwirren, wenn bestimmte Dinge mit dem Clicker erarbeitet werden und andere ohne. Müsste ich mich voll und ganz an das Clickern binden, wenn ich damit anfange?

Liebe Grüße
Naidne und Fritz

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Nein, ich clickere auch nicht alles bei meinen Pferden und sie kommen gut damit klar.

Herzlich,
Tania

 

Von Steffi • 17. August 2014

Mal wieder eine sehr schöner Artikel, Tania :).
Genau die Dinge habe ich auch immer im Kopf gehabt, als ich noch nicht geclickert habe. Nun kann ich deine Aussage: „dass ich vor dem Clickern deutlich mehr Probleme mit meinen recht futterorientierten Hafis hatte als jetzt, wo ich clickere“ absolut bestätigen! Auch meine Hafistute bettelt viel weniger, als vorher und ist besser erzogen, als manch anderes Pferd :D. Zudem ist sie viel motivierter! 🙂

 

Von Chevalie • 19. August 2014

Liebe Tania,

ich habe mit meinem Kleinen ja auch mit positiver Verstärkung angefangen und clickere zum Beispiel auch schon länger meine Katzen. Die beiden finden das total super und stehen oft selbst vor der Schublade, in der der Clicker liegt – sie betteln nicht um Futter, sondern um die Beschäftigung. 🙂
Auch mein kleines Hengstchen zeigt sich hochmotiviert bei den Übungen, bei denen er weiß, dass ich sie positiv verstärke. Heute habe ich gerade euren Clickerkurs gekauft und freue mich schon total darauf jetzt systematisch loszulegen. Ich bin total gespannt!
Liebe Grüße,
Sophie

 

Von Patrizia Harneit • 19. August 2014

ja…
genau…
du hast es genau getroffen…
und genau diese Gedanken hatte ich auch…

Letztlich ist es jetzt viel schöner… also vorher, weil ich viel klarer sein kann… und sie mich viel besser versteht… 🙂

 

Von Birte • 19. August 2014

Hi Tania,
Ich würde Sich gerne etwas fragen, dass mich schon lange beschäftigt, nur konnte ich noch keinen „Clickerer“ dazu befragen. 🙂
Ein Horsemanship Coach sagte mir einmal, es gäbe drei Arten des „Lehrens“ eines Pferdes: Training, tricks, teaching. Training bezeichnet dabei die physische Arbeit, das Gymanstizieren, den Muskelaufbau. Tricks wären – wie der Name schon sagt – Zirkustricks, die auf ein Signal hin ausgeführt werden, aber quasi nur eine antrainierte Reaktion, nicht vom Pferd durchdacht sind. Teaching letztendlich wäre es, wenn man dem Pferd etwas beibringt, indem es die Situation/Anfrage/Aufgabe selbständig durchdenkt und versteht.
Clickern fiel bei ihm unter „Tricks“.
Wie siehst Du das denn?
Vielen Dank für eine Antwort und liebe Grüße!

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Ja, leider wird das Clickertraining oft in diese Schiene gepackt. Aber das sehe ich ganz klar anders 😀 Das Clickertraining führt für mich eindeutig zum „Teaching“ nach dieser Einteilung oder zu dem, was ich „Lernen“ nenne. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür findet Ihr hier: http://www.wege-zum-pferd.de/2014/07/22/das-mitdenkende-pferd/

Herzlich,
Tania

 

Von Chrissie • 21. August 2014

Hallo Tania, ich clicker zwar ( noch ) nicht habe aber einen Tipp für Clickerleckerchen. Sie sind aus Möhren- und Apfeltrester gepresst und etwa doppelt so groß wie ein Kraftfutterpellet. Gibt es bei http://www.dreesy.de
Liebe Grüße
Chrissie

 

Von Daniela • 23. August 2014

Hallo,
Mein Pferd ist ein Freikopper und koppt nach jedem Leckerli. Daher würde ich gerne eine andere Art des Lobs wählen. Gibt es noch andere ? Danke und beste Grüße

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Hallo Daniela,

im Clickerkurs gehen wir auf das Thema sehr ausführlich ein. Ja, es gibt andere Möglichkeiten, wie z.B. Steicheleinheiten, Kraulen, Stimmlob. Aber es ist entscheidend, dass das Pferd das auch wirklich als Lob empfindet. Futterlob stellt sich immer wieder ganz klar als das deutlichste Lob heraus.

Macht Dein Pferd das bei allen Futtersorten, also z.B. auch, wenn Du ein paar Krümel Hafer fütterst? Vielleicht damit mal experimentieren?

Herzlich,
Tania

 

Von Julia • 26. August 2014

Hallo Tania,
mich würde auch die Frage interessieren die Sarah dir am 13. August gestellt hat. Leider bist du da noch nicht drauf eingegangen.
ANsonsten, ein schöner Beitrag, der mir das Clickertraining wieder ein bisschen schmackhafter gemacht hat.
Danke und viele Grüße

______________

Najaaaa, es gibt halt keine festgeschriebene Antwort-Garantie, gelle? 😉

Manche Fragen lassen sich nicht so einfach beantworten. Gerade, was die Futtererziehung angeht, haben wir dazu ein großes Kapitel in unserem Clickerkurs, wäre das mal eben so schnell zu erklären, hätten wir uns das sparen können. 😉

Es spielen da verschiedene Faktoren rein, die aus der Ferne nicht einzuschätzen sind, also z.B. das Grundverhältnis zwischen dem betreffenden Pferd und dem Menschen, die Körpersprache des Menschen, die Art der Zudringlichkeit und vieles mehr. Das kann man nicht pauschal beantworten, sondern der Situation angemessen.

Aus meiner Erfahrung setzt das Problem, dass ein Pferd nach dem Click zudringlich wird, fast immer schon viel früher an, wo z.B. kleine Höflichkeitsverletzungen nicht beachtet werden oder auch der Mensch Inkonsequenzen zeigt, falsch füttert o.ä. Aber das kann ich, so leid es mir tut, nicht aus der Ferne beurteilen.

Herzlich,
Tania

 

Von Julia • 13. Februar 2015

Hallo.
Zu dem Thema habe ich auch eine Frage. Wie machst du das, wenn du longierst? Denn gerade hier bräuchte ich den Clicker als Belohnung. Aber ich kann dann doch nicht jedes Mal Futter geben? So komme ich am Ende gar nicht wirklich zum Longieren.

_____________________

Hallo Julia,

es besteht eigentlich kein Unterschied im Erarbeiten von Lektionen oder Longieren, Reiten oder Zirkustricks: Zu Beginn muss man in der Regel sehr kleinschrittig belohnen, um dann nach und nach variabel zu clickern, so dass die Arbeitseinheiten auch länger werden; phasenweise kann es immer mal wieder nötig sein, auch mal wieder mehr zu clickern. Das geht auch beim Longieren problemlos, indem man clickt, gleich zum Pferd hingeht, das Futter gibt, sich wieder entfernt und weiterlongiert.

Herzlich,
Tania

 

Von Teresa Kocher • 5. Januar 2017

Hallo,
ich fand diesen Artikel super hilfreich weil ich auch manchmal Angst habe mein pony zu „bestechen“ bei ihm hat sich das clickertraining total positiv ausgewirkt er hat aufgehört zu betteln und lernt schnell neues und ist auch motivierter bei der Sache.

 

Von JanaMaria • 24. Januar 2017

Hallo, wirklich super Artikel der den meisten Sorgen beim Clickern den gar aus macht! Ich hätte zum Thema Futterauswahl aber noch eine Frage: momentan belohne ich beim Clickern immer mit Karottenscheibchen. Nun habe ich aber gelesen, dass es dabei zu einer Schlundverstopfung kommen kann.. Wie seht ihr das denn, ist das eher nur ein Problem wenn man die Scheibchen unters Futter mischt und sie so nicht genügend gekaut werden oder auch beim Clickern, wo ja meistens nur ein Scheibchen auf einmal gefüttert wird?
Hilfe, Karottenscheiben sind doch eigentlich so perfekt *seufz*

_____________

Also, ich denke, dass es sehr empfindliche Pferde gibt, bei denen muss man sicher aufpassen. Aber im Normallfall würde ich da kein Problem sehen. Ich füttere auch Möhrenscheibchen und es gab noch nie Probleme.

Herzlich,
Tania

 

 

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