Die Halsbasis beim Pferd – eine Quelle vieler Probleme
Während meiner Praxiskurse zum Longenkurs treffe ich oft auf Pferde, die Schwierigkeiten haben, sich loszulassen, über den Rücken zu gehen und sich korrekt zu biegen. Dafür gibt es die unterschiedlichsten Ursachen die ich, soweit mir das im Rahmen eines Kurses möglich ist, herauszufinden versuche. Eine sehr häufige Quelle für Probleme bei der Biegung und Losgelassenheit ist der Bereich der Halsbasis. Um diesen Bereich soll es in diesem Blogbeitrag gehen.
Maike Knifka, osteopathische Physiotherapeutin zeigt im Folgenden, wie wir Pferdebesitzer uns einen Eindruck über den Zustand der Halswirbelsäule und der Halsbasis unserer Pferde machen können – hier gibt es das Ganze auch als Film.
Der Bereich der Halsbasis
Die Halsbasis ist der Übergang der Halswirbelsäule zur Brustwirbelsäule. Rein anatomisch besteht dieser Übergang aus dem letzten Halswirbel (C7) und dem ersten Brustwirbel (Th1). Funktionell zählt jedoch ungefähr der Bereich vom 5. Halswirbel bis zum 3. Brustwirbel zur Halsbasis.
Auswirkung der Kopfhaltung auf diesen Bereich
Trägt das Pferd den Kopf sehr hoch, entsteht ein starker Druck auf die Facettengelenke der Halsbasis:
Lässt das Pferd den Hals tiefer fallen, haben die Gelenke zueinander deutlich mehr Platz, der Druck verschwindet:
Wird häufig Druck auf die Gelenke ausgeübt, kann es zu schmerzhaften Schädigungen in diesem Bereich kommen.
Zu Schädigungen der Halsbasis kommt es vermehrt bei Pferden,
- die in absoluter Aufrichtung geritten/longiert werden,
- mit der Stirn – Nasenlinie hinter der Senkrechten gearbeitet werden (Rollkur),
- die viel stehen (Boxenpferde),
- die stark auf der Vorhand laufen,
- bei denen Hilfszügel verwendet werden.
Wie Sie herausfinden können, ob Ihr Pferd Problem im Bereich der Halsbasis hat
Um sich einen Eindruck von der Halsbasis zu machen, können Sie folgende Beobachtungen und Tests bei Ihrem Pferd durchführen:
1. Führen
Lassen Sie Ihr Pferd von einem Helfer am locker durchhängenden Strick auf sich zu führen. Beobachten Sie aufmerksam, wie das Pferd mit seinen Hals pendelt. Der Kopf des Pferdes soll immer zu der Seite pendeln, auf der das Vorderbein sich gerade nach vorne bewegt. Diese Pendelbewegung soll gleichmäßig sein. Pendelt der Kopf nur zu einer Seite und blockiert die Bewegung zu der anderen, spricht es dafür, dass Ihr Pferd im Verlauf der Halswirbelsäule und/ oder in der Halsbasis eine Bewegungseinschränkung hat. Häufig ist dann auch zu beobachten, dass ein Vorderbein stärker belastet wird. Diese Mehrbelastung kann natürlich auch das ursächliche Problem sein, dass dann die Halsbasis in Mitleidenschaft zieht.
Tasten Sie nun den Hals des Pferdes ab, und zwar dem Verlauf der Wirbelsäule folgend von oben nach unten. Achten Sie dabei auf Wärmeunterschiede, Schwellungen, Schmerzreaktionen. Beobachten Sie bereits beim Abtasten Abwehr- oder Schmerzreaktionen an Ihrem Pferd, lassen Sie sich bitte von einem Experten auf diesem Gebiet helfen und führen Sie die unten aufgeführten Tests nicht durch.
3. Seitliche Beweglichkeit des Halses
Nun überprüfen Sie die seitliche Beweglichkeit des Halses. Legen Sie dafür einen Finger locker in das Halfter und geben Sie leichte, lockende Impulse. Ihre andere Hand haben Sie am Hals Ihres Pferdes. Je weiter der Hals des Pferdes sich seitlich biegt, desto tiefer wandert die Hand am Hals.
Denken Sie daran, dass Pferd nur freundlich zu „fragen“, ob es Ihrer Bitte nachkommen kann (und nicht es in die Bewegung zu zwingen). Sie wollen ja eine ehrliche Antwort. Wenn Sie das seitliche Nachgeben mit Kraft erreichen, können Sie ein bestehendes Problem leicht übersehen oder sogar verstärken. Sie wollen hier ja nicht etwas erreichen, sondern etwas in Erfahrung bringen, nämlich, ob die Halswirbelsäule Ihres Pferdes beschwerdefrei beweglich ist. Wenn Ihr Pferd hier nicht von sich aus Ihrer Einladung folgt, sondern die Bewegung blockiert, könnten Schmerzen, Verspannungen oder Blockierungen dafür die Ursache sein.
Wiederholen Sie diesen Test zwei-, dreimal, um zu sehen, ob die Reaktion Ihres Pferdes immer gleich ausfällt. Testen Sie beide Seiten.
4. Seitliche Beweglichkeit mit angehobenen Vorderbein
Mit dieser seitlichen Nachgiebigkeit haben Sie sich einen Eindruck über die obere und mittlere Halswirbelsäule Ihres Pferdes machen können. Um nun auch den Bereich der Halsbasis überprüfen zu können, nehmen Sie ein Vorderbein Ihres Pferdes auf, so, als wenn Sie den Huf auskratzen wollen, nur dass Sie dabei zum Pferdekopf schauen. Das Bein soll dabei gehalten, wie auf diesem Foto zu sehen:
Bitten Sie dann wieder Ihr Pferd vorsichtig, den Hals seitlich zu biegen, und zwar in einem möglichst weiten Bogen (Provokationstest nach Tanja Richter). Legen Sie dafür wieder einen Finger seitlich ins Halfter und laden Sie Ihr Pferd mit weichen, leicht lockenden Impulsen zu der Bewegung ein. Seien Sie auch hier bitte ganz sanft und vorsichtig! Hören Sie sofort auf, wenn Ihr Pferd sagt: „Weiter nicht“.
Achtung: Bei diesem Test entsteht ein einseitiger Kompressionsdruck auf die Halsbasis. Hat das Pferd ein Problem in diesem Bereich, wird es seinen Hals nicht zur Seite biegen wollen und evtl. sogar mit deutlichen Schmerzreaktionen reagieren. In schweren Fällen kann ein Pferd sogar vor Schmerz steigen oder beißen, seien Sie also entsprechend vorsichtig.
Testen Sie nach beiden Seiten.
Auswertung
Fällt Ihnen bei einer dieser Übungen eine Einschränkung Ihres Pferdes auf, holen Sie bitte einen kompetenten Therapeuten, z.B. einen Physiotherapeuten oder Osteopathen zu Hilfe. Die hier dargestellten Übungen sind KEINE Therapie, sondern haben lediglich den Zweck, Probleme zu erkennen.
Denken Sie daran: Widersetzlichkeiten bei Pferden haben immer einen Grund. Diesen gilt es zu erkennen und zu behandeln.
28. Januar 2014 von Babette Teschen • Kategorie: Anatomie und Körper • 13 Kommentare »