Ich lerne täglich dazu

Mich verwundert es immer ein bisschen, wenn ich Pferdemenschen nach einer Weile wiedersehe und ich den Eindruck gewinne, dass sie alles noch genauso machen wie zu dem Zeitpunkt, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Die gleichen Handgriffe, die gleichen Lektionen, die gleichen Abläufe, die gleiche Ansprache, der gleiche Umgang.

Ich komme dann regelmäßig ins Grübeln, denn wenn ich mich mit mir selbst vor zwei oder drei Jahren oder selbst noch im letzten Jahr vergleiche, würde ich große Unterschiede benennen können. Und wenn ich noch weiter zurückschaue, dann muss ich sagen, dass ich in den letzten 4 oder 5 Jahren mehr über und von Pferden gelernt habe als in den 15 Jahren zuvor und dementsprechend habe ich sehr viel geändert in meinem Umgang und Miteinander mit Pferden.

Für mich ist es tatsächlich so, dass ich nahezu täglich dazulerne. Immer wieder gibt es Punkte, an denen ich innehalte und überlege, ob mein Verhalten nützlich ist oder ob es nicht vielleicht auch anders gehen würde. Jeden Tag neu kann ich Signale von meinen Pferden bekommen, die ich deuten muss und die mich zum Umdenken auffordern.

Klar, dieses ständige Hinterfragen ist manchmal anstrengend und an manchen Tagen gelingt es mir auch nicht sonderlich gut, so dass ich dann an alten Mustern festhalte oder falsche Wege einschlage. Aber durch meine grundsätzliche Bereitschaft zum Reflektieren gewinne ich sehr viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich „angekommen“ bin oder dass ich inzwischen genug weiß. Auch nach über 32 Jahren, die ich nun schon mit Pferden verbringe, stelle ich immer wieder fest, wie viel ich noch lernen muss und an wie vielen Punkten ich immer noch weiter und weiter an mir arbeiten muss.

Aber macht genau das nicht das Zusammensein mit Pferden auch so unendlich spannend? Dass wir die Chance haben, immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen und immer wieder neu von ihnen zu lernen.

Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass ich je „fertig sein“ werde, was meine Entwicklung mit den Pferden angeht. Denn mit jedem neuen Pferd und auch mit jedem neuen Tag mit meinen eigenen Pferden kann ich etwas lernen. Ich möchte mich weiterhin verändern, möchte mich weiterentwickeln, möchte mit meinen Pferden wachsen. Und so bin ich gespannt, wo ich z.B. im nächsten Jahr stehen werde und wie ich das, was ich heute tue, dann bewerten werde. Und wie es in 5 Jahren aussehen wird oder in 10 oder in 20…

1. Mai 2012 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 11 Kommentare »

 

11 Reaktionen zu “Ich lerne täglich dazu”

 

Von Sabine • 1. Mai 2012

Hallo Tania,
nicht nur ich entwickel mich weiter, sondern mein Pferd auch. Ich habe immer wieder festgestellt, wenn ich meine Verhaltenweise ändere, bekomme ich eine direkte Antwort.Vielleicht sollte man öfter das unbeschwerte Kind in sich hervorholen, keine festgefahrene Muster, Regeln, Druck, einfach mal über sich lachen. Freude für das Jetzt und Hier spüren, loslassen.
Kein Tag ist wie der andere, jeder Tag ist eine Herausforderung und so möchte ich mir meine Neugier bewahren und leben.

 

Von Akino • 1. Mai 2012

Generell ist das doch so, dass man immer was dazu lernt. Und je mehr man lernt, desto aufregender wird es doch und desto mehr kann man ins Detail gehen (und desto mehr muss man aufpassen, dass man sich nicht verzettelt) und an den Feinheiten arbeiten. Ich lieb das in allen Lebensbereichen 🙂

 

Von Eva • 1. Mai 2012

Hallo,
Ich stimme euch allen zu 🙂
Ich versuche so viel wie möglich mich zu verbessern(und man muss seine Fehler auch bemerken (und einsehen)!)
kein Mensch/Pferd kann perfekt sein, aber man kann es ja mal probieren, sich wenigstens anzunähern.
wie heißt es doch so schön: der Weg ist das Ziel 😀
Lg

 

Von Tanja • 7. Mai 2012

Guten Morgen,

dieses „auf dem Weg sein“ ist aber auch anstrengend, gerade weil man sich ständig hinterfragt, vielleicht das Gefühl hat, es ginge ein Tick besser, die Harmonie könnte ein bisschen „mehr“, das Pferdchen etwas aufmerksamer sein… andere Leute mögen das belächeln.. das sind dann die, die jahrein, jahraus das gleiche machen. Die kennen nicht die Phasen, in denen man nicht reiten „kann“, weil es keinen Sinn hat, weil sie überhaupt nicht spüren, welche Alternativen angebracht sind (vielleicht Bodenspielchen, Spazierengehen, Joggen, nur auf der Weide abhängen.. sofern das Pferd überhaupt Weidegang bekommt..).

Meine Erfahrung ist, dass man dort auf gleichgesinnte trifft, wo man gelernt hat, sich zu hinterfragen und über den reiterlichen Tellerrand zu schauen; wo man offen ist der Persönlichkeit des Pferdes gegenüber und bereit ist, dieser auch entgegenzukommen und nicht nur einzufordern und um das Mitmachen zu kämpfen.

Und diese Erfahrung, die bei mir über ein „spezielles Pferdchen“ in Gang gekommen ist, möchte ich in allen Bereichen nicht mehr missen.

Und dieses „nie fertig sein“, was du schreibst.. genau das empfinde ich auch. Und das macht den Umgang mit diesem Pferd oder auch allgemein so spannend und lebendig.

Danke für den schönen Artikel!

LG Tanja

 

Von Gabriela • 7. Mai 2012

hallo alle zusammen,
ich lerne mit meinen 50 jahren nicht nur jeden tag etwas über pferde und wie sie behandelt und geritten werden möchten sondern auch jeden tag etwas über mich selber. manchmal etwas freundliches, manchmal etwas weniger schönes…. ich bin seit vielen jahren kunst-therapeutin von beruf und meine pferde sind es die mir täglich gestatten das gesehene, gehörte, gefühlte zu verdauen und zu verstehen.

Im sattel lerne ich jeden tag meinen körper zu verstehen und mich mit ihm auf gescheite art und weise abzugeben. da ich gangpferde habe ist dieser körpergebrauch vor allem im tölt sehr feinfühlig und minimal zu benutzen..

ich weiss heute dass ich meinen rössli niemals zurückgeben können werde was sie mir täglich auf den weg mitgeben …. nämlich nicht nur eine bessere reiterin, sondern auch ein besserer mensch zu werden….

 

Von Birgit • 7. Mai 2012

Ich mache die gleichen Erfahrungen wie ihr.

Kürzlich sahen wir uns die Videoaufnahmen von unserer letzten Reitstunde an. Als diese fertig waren, spulte das Band noch Reste von Aufnahmen von vor einem Jahr und dann von vor zwei Jahren ab. Welch ein Unterschied! Immer wieder rief jemand: „Mach das aus, das ist ja furchtbar!“ Und dochh starten wir alle gebannt auf unsere Aktionen von damals. Sehr lehrreich!

 

Von Petra • 7. Mai 2012

Ich stimme Euch allen zu! Natürlich ist es anstrengend, aber doch auch aufregend, immer mehr zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Ich denke, wenn wir das nicht wollten, könnten wir uns auch mit einem Fahrrad beschäftigen und nicht mit unserem Pferd!

 

Von Iman • 7. Mai 2012

Hallo Tanja,
ja, das ist ein Phänomen, dem ich seit ich Pferde besitze, ständig gegenüberstehe. Ich bin unheimlich wißbegierig und lernfreudig und lese sehr viel über Pferde. Muß mir aber stets sagen lassen von den „alten Hasen“ das ist alles Quatsch, was geschrieben wird. Richtig lernt man nur in der Praxis, das steht nirgendwo geschrieben. Und außerdem hat man schon seit 30 Jahren Pferde, da braucht man sich nix mehr sagen lassen. Ich beobachte auch sehr oft meine Pferde und bin immer wieder neu fasziniert von ihnen. Aber man lernt nie aus, mein ich. Und leider gibt es zu viele selbsternannte Pferdeflüsterer, die nicht nur den Pferden gegenüber dominant sind, sondern auch Menschen, die eine andere Meinung haben. Das ist schade und die Tiere tun mir leid.

l.G.
Iman

 

Von Tania • 7. Mai 2012

Danke für all Eure Kommentare!

Den Satz: „Richtig lernt man nur in der Praxis, das steht nirgendwo geschrieben.“ finde ich super!!!
Tania

 

Von Sonja • 8. Mai 2012

Hallo Tania!

Oooohjaaa. Das kann ich aus tiefstem Herzen bestätigen!

Toller Text (wie immer *lächel*)

und schön zu lesen, dass es so viele hier auch so sehen 😉

L.G. Sonja

 

Von Rebecca • 19. Mai 2014

Ich kann dir wieder mal nur zustimmen =) Bei mir ist es genauso, dass ich vor allem seit ich mein erstes eigenes Pferd nicht mehr reiten kann, mich total verändert habe. (von daher hatte das ganze auch was gutes 😉 ) Ich habe nur allgemein „erst“ 8 Jahren mit Pferden zu tun. die ersten drei Jahre nur wöchentlichen Reitunterricht. Aber außer auf dem Pferd sitzen habe ich da nicht groß etwas gemacht, rückblickend.
Bei mir reicht es allein schon, ein paar Monate zurückzuschauen, und ich erkenne riesen Unterschiede. Sowohl beim Umgang und der Beziehung zu meinen Pferden, als auch im „normalen“ Leben.
Und es ist schön zu sehen, dass ich immer mehr dazu lerne, wenn ich es nur zulasse, von meinen beiden tollen Pferden so viel beigebracht zu bekommen! =)

 

 

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