Variabel verstärken – ein Mittel zur Motivation
Wenn Sie nach dem Prinzip der positiven Verstärkung arbeiten, belohnen Sie Ihr Pferd für ein erwünschtes Verhalten, je nachdem womit Sie belohnen, mit der Gabe eines Leckerlis, mit Streicheln oder dem Hinzufügen von anderen Annehmlichkeiten, welche Ihr Pferd als Lob empfindet.
Beginnen wir damit, dem Pferd eine neue Lektion beizubringen, belohnen wir in der Regel zunächst jedes richtige Verhalten mit dem Hinzufügen des Lobes. Ist das Pferd in der Lektion weiter fortgeschritten, ist der nächste Schritt, die Belohnungsrate zu senken und noch später das Belohnen mehr und mehr ausschleichen. Wir verstärken dann also nicht mehr ständig, sondern wir verstärken variabel.
Ein Beispiel
Sie möchten Ihrem Pferd das Geben der Hufe beibringen. Dann werden Sie zunächst jedes kurze Anheben eines jeden Beines positiv verstärken. Später gibt es nur noch einen Keks, wenn Ihr Pferd den Huf besonders ruhig und lange hingehalten hat und noch später erst, nachdem es Ihnen alle vier Hufe gut gegeben hat. So schleicht man die Belohnung nach und nach immer mehr aus.
Um aber die Motivation des Pferdes für das gute Ausführen der Aufgabe trotz weniger Belohnungen hoch zu halten, sollten Sie aber nie ganz auf das Belohnen verzichten, sondern in unregelmäßigen Abständen immer wieder eine Belohnung für eine besonders gute Ausführung der Aufgabe springen lassen.
Die Hoffnung auf den Gewinn wirkt stark motivierend
Die variable Verstärkung (auch sogenannte Zufallsbelohnung) wirkt in der Regel stark motivationsfördernd. Das Tier weiß nie genau, wann es eine Belohnung bekommt ,und strengt sich deshalb besonders an, um die Belohnung sicherzustellen.
Dahinter steckt dasselbe Prinzip, welches auch hinter Glücksspielautomaten steckt. Dadurch, dass der spielende Mensch nicht weiß, wann es die Belohnung gibt (der Jackpot geknackt wird), steckt er immer wieder eine Münze in den Automaten, in der Hoffnung, bei der nächsten Münze den Gewinn zu erhalten. Und ebenso bieten uns die Pferde ein Verhalten, von dem sie sich einen Gewinn versprechen (einen Keks), gerne immer wieder motiviert an.
So habe ich z.B. die schönsten Ausführungen von einem spanischen Schritt erhalten, als ich zu der variablen Verstärkung übergegangen bin.
Nicht zu früh zur variablen Verstärkung übergehen
Aber beachten Sie bitte: Bevor Sie dazu übergehen, ein Verhalten nur noch variabel zu verstärken, sollte das Verhalten sehr zuverlässig gezeigt werden. Fängt man zu früh an ein Verhalten nicht mehr immer zu belohnen, kann es vorkommen, dass das Verhalten nicht mehr gezeigt wird, weil man das Pferd frustriert und demotiviert (es lohnt sich nicht).
Die Kehrseite der Medaille
Sie können also die variable Verstärkung ganz gezielt dazu einsetzen, die Ausführung einer Lektion noch mehr zu verbessern und mehr freiwillige Anstrengung des Pferdes zu erhalten. Wenn Sie bewusst variabel verstärken, haben Sie ein gutes Werkzeug für die Pferdeausbildung in der Hand. Aber auch diese Medaille hat zwei Seiten und so kann ein unbewusster Einsatz der variablen Verstärkung zu Problemen führen.
Viele Pferde werden z.B. durch variable Verstärkung ungewollt von ihrem Menschen zum hochmotivierten, ausdauernden Bettler erzogen!
Sehr häufig beobachte ich Menschen im Umgang mit Pferden, die unerwünschtes Verhalten Ihres Pferdes unbewusst variabel verstärken und sich dadurch gleichsam selbst die Probleme heranzüchten.
Sehr leicht passiert das z.B. beim Thema „bettelndes Pferd“. So kennt fast jeder, der mit Futterlob arbeitet, das Problem, dass sein Pferd immer wieder mit der Nase an den Taschen des Menschen herumrüsselt und mehr oder weniger zärtlich anfragt, ob der Mensch ihm nicht bitte etwas geben möge …
Neun von zehnmal sagt der Mensch „Nein“ und bleibt hart. Aber dann geht die Hand doch in die Tasche (das Pferd hat aber auch gerade zu süß geguckt) und das Pferd bekommt was zum Naschen … Was ist passiert? Richtig! Der Mensch hat das Betteln seines Pferdes variabel verstärkt und so wird das Pferd bei der nächsten Betteleinheit noch motivierter und noch hartnäckiger beim Betteln sein…
Böse Falle, nicht wahr?
15. August 2011 von Babette Teschen • Kategorie: Clickertraining • 7 Kommentare »