Projekt Handpferdreiten
Als ich im Sommer 2006 Anthony zu mir holte, träumte ich von wunderschönen Handpferdausritten. Davon war in allen Jungpferdausbildungsbüchern zu lesen und ich sah uns zu dritt die Welt erobern – ich auf Aramis und Anthony brav neben mir…
Ein bisschen Wendy ist doch in jeder von uns, oder nicht?
Mich holte die Realität recht schnell ein, nämlich gleich bei meinem ersten Versuch 😉 Nachdem ich mir mit Anthony das Einmaleins des Führens und eine Basis an Grundbenimm erarbeitet hatte, sattelte ich eines schönen Tages Aramis und ging mit beiden spazieren. An einer guten Stelle weit weg von Straßen oder Störquellen, stieg ich auf Aramis, um unser erstes Stück als Trio zu unternehmen.
Anthony überlegte nicht lang. Ich war schließlich „nicht mehr zu sehen“ und er hatte Flausen im Kopf. Also lief er flugs vor Aramis, drehte sich um und forderte den Großen steigend zum Spielen auf. Ich hatte nicht mal eine Chance gehabt, das zu verhindern, sondern konnte nur schnell wieder absteigen. Tatsächlich hatte ich auch ein bisschen auf Aramis‘ Autorität gesetzt, aber der hielt sich raus, ganz nach dem Motto „Das ist dein Job“.
Also brach ich die Sache ab und führte die Jungs wieder nach Hause. Fluchte ein bisschen darüber, dass sich das in Büchern immer alles so leicht liest, es in der Praxis dann aber eben anders aussieht. Und dann fing ich an mir zu überlegen, wie ich das Projekt Handpferdreiten systematisch angehen könnte.
Und so ging ich vor
Der erste Schritt war, dass ich mit den Jungs das Handpferdreiten in der Halle übte. Ich ließ die Jungs erst frei in der Halle laufen und richtig schön toben. Wenn sie sich ausgespielt hatten, setzte ich mich für einige Runden auf Aramis und nahm Anthony als Handpferd. Zu Beginn wirklich nur eine Runde rechts rum, eine Runde links rum, dickes Lob und wieder runter.
Das ging mit der Zeit sehr gut – Anthony akzeptierte seine Position hinter Aramis.
Als das sicher saß, wiederholte ich das nochmal im Gelände. Auch hier habe ich die Jungs vorher schön spielen lassen, dann noch ein Stück raus und dort rauf auf Aramis. Auch hier bin ich wieder nach einem kurzen Stück runter und es gab ein dickes Lob.
Stück für Stück wurde die Verständigung immer besser und wir konnten auch immer größere Stückchen zu dritt raus, ohne dass es Zoff gab. Anthony musste hin und wieder mal ermahnt werden, aber ich denke, das ist normal.
Parallel dazu habe ich noch im Rahmen meiner Vertrauensarbeit freies Reiten mit Handpferd gemacht – hier habe ich dazu auch schon was veröffentlicht. Das hat unser Vertrauen deutlich gestärkt.
Als ich letzten Sommer mit den Jungs zu Babette zog, habe ich dann immer wieder den Weg von der Weide zum Stall und zurück zum Handpferdreiten genutzt:
So wurde das Handpferdreiten immer normaler und immer selbstverständlicher.
Heute können wir wunderschöne Ausritte zu dritt unternehmen. Ich kann inzwischen beide Jungs reiten und beide als Handpferd nehmen – und einige Extras sind auch noch drin 😀
Heute ist es also genau so, wie es mir früher gewünscht hatte! Und ich schreibe das alles auf, weil ich denke, dass man sich wirklich nicht entmutigen lassen sollte, nur weil etwas nicht gleich zu Beginn klappt. Manches braucht einfach Zeit. Zeit und die Muße, sich die Sache von der Basis aus Schritt für Schritt zu erarbeiten.
9. September 2010 von Tania Konnerth • Kategorie: Reiten • 9 Kommentare »