Der erste Sattel für das junge Pferd

Irgendwann im Leben der meisten Pferde kommt der Zeitpunkt, an dem es ein Reitpferd werden soll. Und damit steht der Jungpferdebesitzer vor der Wahl, welchen Sattel das Pferd zum Anreiten auf den Rücken bekommen soll. Da die Pferde sich in dieser Zeit besonders stark im Körper verändern, wird dieser Sattel dem Pferd fast immer nur für eine kurze Zeit passen. Aus diesem Grunde sind viele Pferdebesitzer nicht bereit, viel Geld für den ersten Sattel auszugeben und gehen Kompromisse ein. Da werden dann häufig Sättel verwendet, die für das Pferd nicht optimal sind.

Ja, ein vernünftiger, neuer Sattel kostet gerne ab 1500,- € aufwärts… Und ich kann es durchaus verstehen, dass man diese Anschaffung erst tätigen will, wenn man sich sicher ist, dass dieser Sattel dann auch der „Sattel auf Langzeit“ ist.

Aber!

Wenn Sie am Anfang bei der Wahl des Sattels Kompromisse eingehen, kann Sie das auf Dauer sehr teuer zu stehen kommen und vor allem richtig viel kaputt machen! Ein unpassender Sattel tut dem Pferd in vielen Fällen weh. Diese Schmerzen fördern die Widersetzlichkeit beim Anreiten und führen zu einer schlechten Bewegungsmanier, von Muskelfehlbildungen mal ganz zu schweigen.

Ein bewegender Anruf

Ich führte letztens ein Telefonat mit einer Pferdebesitzerin, deren Pferd seit ein paar Monaten unter dem Sattel geht. Sie erzählte mir, dass ihr Pferd immer nach ca. 20 Minuten das Bocken unter dem Sattel anfängt. Ich klärte sie daraufhin auf, dass wahrscheinlich das Pferd muskulär noch nicht in der Lage ist, das Reitergewicht länger als 20 Minuten schmerzfrei zu tragen und dass sie bitte in Zukunft absteigen solle, wenn sie merkt, dass ihr Pferd anfängt spannig zu werden. In diesem Gespräch fragte ich sie auch, ob der Sattel passen würde. Ich bekam darauf zur Antwort, dass ihre Trainerin sich den Sattel auf dem Pferd angeschaut hätte und diese meinte: „Na ja, wirklich gut passen tut der Sattel nicht, aber das würde für die Länge der Reitzeit schon gehen…“.

Diese Antwort hat mich wirklich wütend gemacht. Wenn schon sichtbar ist, dass der Sattel nicht passt, wie kann sich dann ein Mensch hinstellen und behaupten, dass „das schon geht“? Steckt diese Trainerin in der Haut des Pferdes? Das Pferd hat doch die Schmerzen und nicht sie!

Sie kennen es selbst!

Sie hatten bestimmt schon mal nicht optimal passende Schuhe an. Sie werden gemerkt haben das es erst etwas drückt, dann anfängt wehzutun und irgendwann hält man den Schmerz kaum noch aus. Ich denke, so in etwa wird es den Pferden mit einem unpassenden Sattel gehen. Und wenn ein Pferd erst lieb mitmacht und nach einer gewissen Zeit immer solche Reaktionen wie z.B. Bocken, Durchgehen, Steigen, Kopfschlagen u.Ä. zeigt, ist das für mich ein eindeutiges Signal vom Pferd, dass es eben nicht geht. Solche Zeichen dürfen wir nicht übergehen!

Das entscheidende Wort, ob der Sattel „geht“ oder eben nicht, hat das Pferd!

Denken Sie bitte auch an die Langzeitfolgen

Ein Pferd, das Schmerzen beim Reiten hat, kann nicht losgelassen laufen. Es wird falsche Muskulatur aufbauen. Es wird in schlechter Manier viel stärker auf der Vorhand laufen als ein Pferd, das sich unter dem Sattel entspannen kann und sich mit ungebundenen Gängen bewegt. Die Gefahr, das Pferd nie wirklich rittig zu bekommen und die Gesundheit des Pferdes zu ruinieren, ist sehr groß!

Ein Pferd, welches unter dem Reiter „unartig“ wird, wird in den meisten Fällen für dieses Verhalten bestraft. Dass Ihr Pferd dadurch die Freude am Gerittenwerden und das Vertrauen zum Reiter/in bzw. zu Ihnen verlieren kann, liegt auf der Hand.

Ist das das Sparen wirklich wert?

Was Sie tun können

Auch ich kaufe mir nicht für jedes Jungpferd zum Anreiten einen teuren Maßsattel. Ich empfehle Ihnen folgendes Vorgehen:

  • Arbeiten Sie mit einem guten Sattler zusammen. Lassen Sie Ihr Pferd ausmessen, damit Sie wissen, welche Kammergröße und Länge der erste Sattel für Ihr Pferd haben muss.
  • Kaufen Sie einen guten, gebrauchten Markensattel. Dieser darf gerne schon über 5 Jahre alt sein. Solche Sättel bekommt man in der Regel für um die 500,- €. Nun lassen Sie diesen Sattel für Ihr Pferd optimal anpassen und neu polstern. Das kostet im Schnitt nochmal ca. 150,- €. So haben Sie für die erste Zeit einen guten und passenden Sattel. Lassen Sie diesen Sattel bitte alle 3-6 Monate von Ihrem Sattler anschauen und entsprechend der Veränderung Ihres Pferdes anpassen (wie Sie sich selbst schon einen Eindruck vom Sattel machen können, lesen Sie hier). Irgendwann sind dann die Wandlungen Ihres Pferdes so im Rahmen, dass es sich lohnt, sich den „Endsattel“ anzuschaffen.
  • Verkaufen Sie den Sattel wieder, wenn es Zeit ist für den vorläufigen Langzeitsattel. Nun können Sie den „Erstsattel“ wieder verkaufen und werden dabei in der Regel nicht viel Wertverlust erleiden. Denn das ist das Tolle! Gute Markensättel verlieren in dem Alter kaum noch an Wert.

So haben Sie verantwortungsvoll für die körperliche und seelische Gesundheit Ihres Pferdes gehandelt, ohne dabei viel Geld zu verlieren.

7. September 2010 von Babette Teschen • Kategorie: Ausrüstung, Jungpferdausbildung 11 Kommentare »

 

11 Reaktionen zu “Der erste Sattel für das junge Pferd”

 

Von Lizzy • 7. September 2010

Hallo Babette,
das sind sehr hilfreiche Hinweise und ein wichtiger Standpunkt. Leider, leider, ihr habt hier shcon mal einen Bericht darüber hier drin gehabt, kann man mit „Experten“ nicht vorsichtig genug sein. Ich habe meiner alten Stute vor Jahren mal einen Sattel anpassen lassen, kam dann stolz auf einen Kurs von Horst Becker, der dem Ding keinen 2. Blick schenkte und mir mitteilte, dass alles, was der Sattel nicht tut ist zu passen… Super! Zum Glück konnte ich den Sattel zurück geben. Seit dem reite ich sie ohne Sattel.
Es ist so wahnsinnig schwer, einen Sattel zu finden, der zu einem selbst, dem Pferd passt und dann auch noch einen gescheiten Sattler zu haben.
Es fehlen mir da auch völlig die Hinweise, welchem Sattler man vertrauen kann, denn wie gesagt, anpssen lassen heißt leider, leider noch nicht, dass er passt…
Viele Grüße, Lizzy.
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Hallo Lizzy,
tja, den Hinweis würde ich Dir gerne geben, aber ich fürchte, hier muss man selber mit den Sattlern Erfahrungen sammeln. Gut ist es immer andere Pferdebesitzer um ihre Erfahrungen zu fragen und um Empfehlungen zu bitten. Auch ich habe lange gesucht bis ich einen Sattler gefunden habe, den ich für Kompetent und nicht nur für Geschäftstüchtig halte 😉 .
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Stephanie Silvan • 8. September 2010

Hallo,
mich würde sehr interessieren, was ihr von baumlosen Sätteln haltet, die ja im Moment sehr in Mode sind und das Pferd angeblich in freier Dehnungshaltung laufen lassen sollen. Diese sind ja zumeist sogar kostengünstiger als herkömmliche Sättel mit festem Baum.

Liebe Grüße
Stephanie
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Hallo Stephanie,
mit baumlosen Sätteln habe ich schon sowohl sehr schlechte, als aber auch sehr gute Erfahrung gemacht. Ich selber reite auf einen baumlosen Sattel, den Trekker Master 2 und bin damit sehr zufrieden. Die Gefahr bei baumlosen Sätteln sind, dass sie oftmals Druckspitzen bilden und ich sehe auch bei vielen baumlosen Sätteln, dass sie den Reiter sehr schlecht hinsetzen. Wenn Du Zeit hast, guck mal hier in diesen Thread in unserem Forum. Da stehen viele Erfahrungen drin 🙂 ,
liebe Grüße,
Babette

 

Von Caroline • 8. September 2010

Liebe Babette,

wie sieht es denn aus mit Sätteln mit verstellbarem Kopfeisen und z.B. Ultraflexbaum? Ich besitze einen 4,5-jährigen Connemara-Wallach, dessen Statur sich gerade ziemlich schnell verändert und der zudem einen sehr sehr kurzen Rücken hat. Habe daher (nach Anprobe durch Fachmann) einen verstellbaren Barocksattel der Firma mit dem ‚D‘ und den sechs Buchstaben bestellt 😉 – in der Hoffnung, dass der wenigstens ein paar Jahre ‚mitwächst‘. Habt Ihr damit zufällig irgendwelche Erfahrungen?

Vielen Dank & liebe Grüße
Caroline
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Liebe Caroline,
ich denke, dass ist im Prinzip eine clevere Sache, aber da ich keinerlei Erfahrung damit habe, kann ich Dir dazu leider nichts sagen, sorry!
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Caroline • 12. September 2010

Vielen Dank dennoch, liebe Babette! Wenn ich den Sattel eine Weile habe und selbst mehr dazu sagen kann, kann ich im Forum ja mal berichten… Viele Grüße, Caroline

 

Von Barbara • 17. September 2010

Hallo Babette
Danke für die klaren Worte. Ich habe es bei meinem Jungpferd genauso gemacht. Hatte einen gebrauchten Markensattel zur Probe und dann direkt unseren Haus-Sattler kommen lassen. Der Sattel hat nicht gepasst und konnte auch nicht sinnvoll angepasst werden aber der Sattler konnte mir von einer Kundin einen passenden Markensattel vermitteln. Und damit sind wir nun glücklich und zufrieden bis auf weiteres… Wichtig finde ich bei gebrauchten Sätteln, dass man sich eine Probezeit von mehreren Tagen aushandelt um mehrmals testen zu können. Denn wenn man nicht extrem geübt ist, ist es sehr schwierig in 10 min zu erkennen ob der Sattel passt oder nicht.
Liebe Grüsse,
Barbar
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Ja, danke für Deine Ergänzung 🙂 ,
liebe Grüße,
Babette

 

Von Beti • 24. Oktober 2010

Hallo Babette,
ich finde die Idee im Prinzip super. Bei Westernsätteln sieht es da aber glaube ich nicht so rosig aus, da diese ja nicht so einfach zu ändern sind. Ich habe eine junge Paintsute und das Problem, dass sie derzeit ein wenig Keilförmig nach vorne unten geht (leicht überbaut wie viele Quarter). Hast du da vielleicht auch eine Idee?
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Puh, ich fürchte nein, tut mir leid…
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Rebecca • 22. April 2013

Hallo =)

Ich verwende für meine Pferde einen baumlosen Sattel.
Mit einem baumlosen ist man finde ich auch beim jungen Pferd gut bedient, weil er sich ans Pferd anpasst und sozusagen mitwächst! Natürlich müssen die halt auch zu Pferd und Reiter passen und ab und zu kontrolliert werden, aber dadurch dass er halt flexibel ist hat er einen echten Vorteil gegenüber den Baumsätteln =)
Das mit den Druckspitzen stimmt natürlich. Aber dass die günstiger sind bei einem guten Sattel nicht immer!
Ich habe einen alten Barefoot, aber mit dem ließen sich meine Pferde ohne der total Dicken Unterlage ungern satteln… Jetzt habe ich einen Startrekk dazu, auch gebraucht. Und bei Joy habe ich sofort einen deutlichen Unterschied gemerkt. Sie hatte nach 2 mal Satteln nichts mehr dagegen gesattelt zu werden. Bei Piri konnte ich noch nicht testen, weil sie seit einem halben Jahr lahmt…
Klar, ob mit oder ohne Baum ist für jeden unterschiedlich, jedem das seine =) Aber wenn es ein guter Sattel ist, und auch wirklich beiden passt, dann ist es finde ich eine echt tolle Alternative 😉

Liebe Grüße,
Rebecca

 

Von Nicki • 28. Juli 2013

Hallo!
Zum Thema Baumlos und Western kann ich nur den Freemax Western empfehlen. Die Fork ist aus Holz (also fix), es gibt 7 Fork-Größen, die richtige wird in den Sattel eingeschraubt und der ganze Sattel passt 😉
Ich bin sehr zufrieden damit! 🙂
GLG Nicki

 

Von Franzi • 20. August 2013

Hallo Babette,
hast du Erfahrungen mit Wintec-Sätteln gemacht? Insbesondere mit dem Cair-System?
Ganz Liebe Grüße
Franzi

 

Von Ann-Christin • 12. Oktober 2013

Das Problem kann man natürlich allein auf den Sattler zurückschieben, der normale Sattler hat aber in seiner Ausbildung im Regelfall keinerlei Anatomiekenntnisse erworben, weil es kein Lehrinhalt ist noch sind viele Sattler selber Reiter. Das Problem geht damit dann eben los, dass viele Sattler nicht in der Lage sind, die Dreidimensionalität der Auflage zu beurteilen, weder im Statisch noch biodynamisch.
Auf der anderen Seite liegt der Fürsorgeschwerpunkt aber auch beim Besitzer. Regelmäßige Kontrollintervalle werden, wenn wir mal ehrlich sind – eher nicht eingehalten. Ich beziehe mich hier nicht nur auf das Jungpferd, das Pferd wird ja auch älter und die Entwicklung des Körpers baut sich ja logischerweise ab. Viele meinen, sich haben JETZT einen passenden Sattel und können sich entspannt zurück lehnen. Merken Sie was?
Neben einem kompetenten Sattler/Sattelberater ist eine adäquate, regelmäßige Paßformkontrolle unerlässlich und das hat am Ende der Reiter in der Hand ob er dafür sorgt oder eben nicht.

 

Von Gigi Ben Abdeslem • 18. Januar 2014

Wenn man so durch die Foren stöbert, merkt man ja, wie schwierig dieses Thema ist, man jedoch offensichtlich in Deutschland genug gut geschultes Personal finden kann (sattler) die einem helfen. Ich wohne in Tunesien. Es gibt hier weder gebrauchte noch neue sagte zu kaufen, ich bin dementsprechend gezwungen, einen aus dem Ausland mitzubringen, den ich unter den umständen verstaendlicherweise NICHT noch anpassen lassen kann. Hat jemand eine gute Idee, was ich in diesem fall tun kann, ohne mich mit dem neu gekauften satten in den Sand zu setzen? Ich habe bei meiner Freundin nachgefragt, diese betreibt seit 20 Jahren in Tunesien einen Reitstall, alles liebe Pferde, die ich auch reite, keines hat bisher mal den Eindruck gemacht, es würde sich nicht gerne reiten lassen, weil unbequem oder so etwas. Und sie hat im Laufe der Jahre alle sagte aus dem Ausland mitgebracht (sehen natürlich heutzutage auch schon dementsprechend abgegriffen aus, aber passt, wackelt und hat Luft. Ich habe aber zunächst nur ein Pferd. Das ist lieb, lässt sich ohne satte prima reiten, aber das ist nichts fuer mich, ich brauch Sattel, die kiddies schmeißen sich so auf’s Pferde und hopsen los, für sowas bin ich zu alt. Ich freue mich auf ein paar Tipps, denn bei meinem nächsten Deutschland oder Frankreich trop muss ich wissen, was ich mit nach Hause bringe. Ich danke euch im Voraus.

 

 

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