Nur mal schnell noch…

Die meisten von uns haben eher zu viel als zu wenig zu tun, weshalb viele auch recht gestresst zum Pferd fahren und dort gestresst ankommen. Und selbst wer nicht unter akutem Zeitmangel leidet, dürfte schon öfter mal in die „Schnell mal eben noch…“-Falle getappt sein.

Ich glaube zumindest, dass viele Folgendes kennen dürfen: „Nur mal schnell noch einen Galopp…“ oder „Schnell mal ein bisschen longieren“ – und plötzlich geht alles schief. Das Angaloppieren wird zur Unmöglichkeit und aus dem „Longieren“ wird ein chaotische Tauziehen und plötzlich braucht man nicht nur länger als eingeplant, sondern man erreicht auch nichts Positives.

Was hier passiert, hat wohl viel mit dem unterschiedlichen Zeitverständnis von Mensch und Tier zu tun. Wir Menschen sind darauf geeicht, unsere Tätigkeiten in bestimmten, meist sehr fest definierten Zeiträumen zu erledigen. Für Tiere hat Zeit, wie wir sie kennen und nutzen, keine Bedeutung. Ein Pferd kann nicht verstehen, warum es wichtig sein kann, dass der Galopp jetzt „schnell“ klappt oder warum die Longeneinheit heute nur fünfzehn Minuten dauern darf und trotzdem alles drin sein muss. Und wenn ein Mensch mit seinem strikten Zeitplan auf ein Pferd trifft, dem die Uhr nichts sagt, übt der Mensch unbewusst sehr viel Druck aus. Und auf diesen Druck reagieren viele Pferde sehr sensibel.

Wenn ich mich bei dem Gedanken „Nur mal schnell noch…“ erwische, gelingt es mir inzwischen immer öfter, ihn sofort zu beenden und nicht weiter über die angedachte Lektion oder Tätigkeit nachzudenken. Entweder habe ich Zeit, dann muss ich nichts „schnell“ machen oder ich habe wenig Zeit und dann brauche ich mit vielem erst gar nicht beginnen, sondern denke mir etwas Druckfreies aus. Damit fahre ich deutlich besser. 🙂

27. August 2009 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 8 Kommentare »

 

8 Reaktionen zu “Nur mal schnell noch…”

 

Von Tanja+Jacky • 31. August 2009

tja, gestern erst wieder selbst erlebt… nur mal eben noch ein wenig LK-Arbeit machen… so ein Blödsinn… habe es nach ein paar Runden FIS aber auch selbst noch gemerkt und es mit intensiverer Fellpflege und TTouches einfach mal auf sich beruhen lassen… gerade noch mal Chaos abgewendet, denn wir können uns da sonst auch gut verhaspeln…

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Ganz genau so, Tanja!
Tania

 

Von Beate • 31. August 2009

Besser kann mans kaum aufn Punkt bringen.
Es ist nicht leicht, sich auch immer dran zu halten. Aber wenn man 2-3 Mal erfahren hat, dass es nicht sein muss, weil alles noch komplizierter wird, fällt einem das weglassen von „nur mal schnell noch“ bald leichter.

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Jau, ich habe auch viele, viele Anläufe gebraucht, bis ich es endlich begriffen habe (in den meisten Fällen jedenfalls ;-).

Tania

 

Von Valeska • 31. August 2009

Die Erfahrung habe ich auch in Reitstunden gemacht. Mal eben noch eine Reitstunde gebucht, dann wars doch stressig im Büro. Ich kam gestresst an, musste „schnell“ noch mein Pferd putzen, satteln und dann nix wie ab in die Reithalle.
DAS ging total schief. Mache ich auch nie wieder.
Lieber sage ich ne Reitstunde ab, wenns im Büro mal wieder länger gedauert hat. LG, Valeska

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Gute Entscheidung!!!
Tania

 

Von Lizzy • 31. August 2009

Die Erfahrung mit den eiligen reitstunden habe ich früher auch gemacht. Wenn ich es eilig hatte, wurde meine Stute immer so unleidlich, dass ich eigentlich gar nicht mehr anfangen brauchte.
Inzwischen ist es eher so, dass ich mneist viel zu spät ins Bett komme oder zu spät zu Terminen komme, weil ich zusammen mit den Pferdchen die Zeit vergesse. Das ist schon auch nicht so optimal, aber immerhin kann ich in der Arbeit die Zeit ausblenden und abschalten. Dann muss ich mich halt hinterher mehr sputen… 🙂
Aber auch umgekehrt ist es für mich wichtig, dass ich nicht zu lange mache. Wenn es gut läuft, neige ich dazu, das noch ein wenig auskosten zu wollen und noch dies und jenes zu fordern „weil´s grad so schön ist!“. Da muss ich mich immer disziplinieren und rechtzeitig mit einem schönen Schluß aufhören.
LG Lizzy.

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Oh ja, das kenne ich auch! Da habe ich auch viel dazu gelernt, gerade dann aufzuhören, wenn es am schönsten ist und es nicht erst dazu kommen zu lassen, dass einer oder beide genervt sind.

Tania

 

Von Kelly • 1. September 2009

Hallo Tania,

wieder ein sehr hilfreicher Hinweis von Dir :-))).

Das „nur noch schnell“ habe ich mir schon seit längerer Zeit „verboten“, da ich damit sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe. Wenn ich nur wenig Zeit habe, dann streichle und massiere ich meine Pferde lieber oder wir machen etwas „Leichtes“, bei dem wir jederzeit GUT aufhören können :-).

Herzliche Grüße. Kelly

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Jep, genauso mache ich es auch – lieber nur ein kleiner Spaziergang und gut ist, als Druck und Stress.

Herzliche Grüße auch an Dich,
Tania

 

Von Heike • 26. April 2011

Manchmal ist es aber auch genau umgekehrt!

Ich komme zum Pferd und habe nicht viel Zeit, z.B. für das komplette Reiten mit Auf- und Abwärmen nur noch eine halbe Stunde vor der Stallruhe.
Dadurch bin ich gezwungen, mir genau zu überlegen, was ich heute erreichen möchte, meine Wünsche präzise zu definieren und zu begrenzen und sozusagen vom ersten Schritt an zielstrebig darauf hin zu arbeiten.

Das werden oft wunderbare Einheiten!

Und wenn es dann so schön läuft, komme ich gar nicht erst in Versuchung, länger und mehr zu machen, weil es gerade so schön ist. 😉

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Jep, kann ich auch bestätigen… – ich denke das erreicht man, wenn man trotz wenig Zeit zwar fokussiert ist, aber keinen Erwartungsdruck aufbaut.
Tania

 

Von Margarethe Reischl • 22. März 2012

„Du musst immer mehr Zeit haben als Dein Pferd.“ – ich weiß nicht, wo ich es gelesen habe, aber der Gedanke geht mir immer dann durch den Kopf, wenn es gerade wieder mal hektisch zu werden droht. Mein Djuke war am Anfang so hibbelig, wenn ich unter Zeitdruck stand, dass ich ihn nicht mal richtig putzen konnte, vom Arbeiten ganz abgesehen.

Mittlerweile ist es so, dass – wenn ich zu den Pferden komme – die innere Ruhe sich irgendwie ganz von selbst einstellt. Sehr oft passiert dagegen, dass sich die Zeit bei den Pferden ganz einfach verselbständigt, und ich wieder mal für alles andere zu spät dran bin, weil Djuke nochmal piaffieren wollte, Leon ein paar extra Runden an der Longe brauchte und ich mit Lucy einfach noch ein wenig kuscheln musste. Der Stress des Tages ist danach aber wie durch einen Zauber verschwunden.

lg Margarethe

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Toll, darum dürften Dich viele beneiden!

Herzlich,
Tania

 

Von Silvia Suckow • 2. Mai 2016

Meine Schulungen zur Unfallverhütung im Reitsport starten immer so: 90% aller Unfallberichte beginnen mit den Worten: ich wollte mal eben schnell . . .
Ich bin auch schon in die Zeitfalle getappt und bemühe mich jeden Tag um sehr bewussten Umgang mit der Zeit –
die Pferde, Menschen und meine Gesundheit danken es mir.

 

 

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