Eine Übung für mehr Vertrauen

Das Flattertor ist ein Hindernis, das sich auf fast jedem Trailparcours finden lässt und es ist auch eine Aufgabe der GHP (Gelassenheitsprüfung).

Wenn ich Pferdebesitzer an diesem Hindernis arbeiten sehe, kann ich meistens beobachten, wie versucht wird, das Pferd mit mehr oder weniger Nachdruck am Strick durch den Vorhang zu führen. Bei vielen klappt dieser Weg nach mehr oder weniger Zeit, mit mehr oder weniger angewandten Druck, mehr oder weniger problemlos.

Ich trainiere am Flattervorhang auf eine andere Weise, weil mir diese besser gefällt: Ich möchte das Pferd dahingehend motivieren, selbstständig durch den Vorhang zu gehen.

Und so gehe ich vor

Um nicht in die Versuchung zu kommen, mein Pferd durch Ziehen am Strick zu manipulieren, arbeite ich, wenn möglich, das Pferd ohne Halfter und Strick. Anfangs mache ich die Aufgabe möglichst einfach für das Pferd, das heißt, ich versuche mich nicht gleich an dem geschlossenen Vorhang, sondern begnüge mich erst mal nur mit ein, zwei herunterhängenden Streifen.

Nun belohne ich jede Aufmerksamkeit des Pferdes gegenüber diesen Flatterstreifen. Alles, was das Pferd mit diesen Streifen unternimmt, wird von mir mittels Lobwort und Leckerbissen belohnt (siehe Clickertraining).

flattervorhang1.jpg

flattervorhang2.jpg


Ich stelle mich immer so, dass der Flattervorhang zwischen uns ist und reiche die Belohnungshappen immer durch den Vorhang durch. Jede Bewegung des Pferdes, sich mehr durch den Vorhang zu trauen, wird positiv verstärkt. Ich ermutige mit Stimme und locke das Pferd mit Futter, zu mir zu kommen.

Oftmals gehen die Pferde kurzfristig weg und zeigen dadurch ihre Unsicherheit. Auch Erschrecken kommt vor. Das ist in Ordnung. Bleiben Sie einfach ruhig. In der Regel sind die Pferde, zumindest die neugierigen und verfressenen von ihnen, ganz schnell wieder da 🙂 !

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Irgendwann wird sich jedes Pferd durch den Vorhang trauen.

Nun nehmen Sie nach und nach ein paar Streifen dazu, so dass der Vorhang immer geschlossener wird.

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Wichtig: Geben Sie Ihrem Pferd die Zeit, die es braucht. Die Übung ist viel effektiver für die Entwicklung des Nervenkostüms des Pferdes, wenn es wirklich selbst entscheiden kann, wann es bereit ist, alleine durch das Tor zu treten.

Ein Video von dieser Übung

Ich habe nun noch ein Video für Sie. In diesem Film zeige ich Ihnen, wie das Erarbeiten des Flattervorhanges bei mir in der Praxis aussieht. (Der Star des Films ist Ronaldo, den Sie schon in diesem Video kennen gelernt haben.)

Ronaldos Besitzer beschreiben Ronaldo als großen Angsthasen, der sehr schreckhaft ist. Durch Übungen wie diese möchte ich Ronaldos Selbstbewusstsein stärken. Ich habe drei Trainingseinheiten gebraucht, bis Ronaldo alleine und von sich aus durch den geschlossenen Vorhang ging.

Sicherlich werden viele Pferde schon beim ersten Üben durch den geschlossenen Vorhang gehen, andere werden länger brauchen, um die Angst ganz zu verlieren. Das ist okay. Geben Sie Ihrem Pferd die Zeit, die es braucht. Denn: Es geht nicht darum, dass Ihr Pferd schnell durch den Vorhang geht, sondern darum, dass Ihr Pferd sich von sich aus traut, völlig ohne Zwang, das zu tun. Auf dieser Basis entsteht echtes (Selbst)Vertrauen.

16. Juni 2009 von Babette Teschen • Kategorie: Jungpferdausbildung, Spiele & Co, Verhalten 6 Kommentare »

 

6 Reaktionen zu “Eine Übung für mehr Vertrauen”

 

Von Stefanie • 16. Juni 2009

🙂 Schön macht ihr das!!! Wie lustig, gestern hab ich genau das mit meinem Pferd das erste Mal gemacht!!!! Das Schwierigste ist wirklich das langsame Gehen bzw. das Anhalten unter dem Tor. Ronaldo ist echt klasse!!

Viele Grüße,
Stefanie
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Danke Stefanie!
Ja, ich finde Ronni auch absolute SPITZE!!!
😀
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Erdmuthe • 22. Juni 2009

Ich habe spontan applaudieren müssen, als Ronaldo allein durch den Vorhang ging!
Das Video ist toll gemacht: Man kann alle Schritte genau nachvollziehen, und man sieht ganz deutlich, wie Ronaldo nach und nach seine Bedenken ablegt.
Applaus!!!
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DANKE!!!
🙂
Lieben Gruß,
Babette

 

Von Conny • 22. Juni 2009

Hallo Babette,

wieder mal eine tolle Fotostrecke mitsamt gelungenem Beitrag!! Inspiriert durch eure hervorragende HP hab ich neben NH auch mit dem Clickertraining angefangen und kombiniere nun beides – entgegen vieler Meinungen „das Pferd soll etwas für mich tun und nicht für das Leckerlie“!

Mittlerweile hat das Clickern Einzug in den gesamten Umgang mit meiner Maus gehalten. Seitdem lernt sie im Turbogang und ich konnte ihr vielerlei Dinge mit positiver Motivation und stressfrei beibringen! Für ihr Alter möchte ich sie nicht überfordern, aber Dinge wie „Kopfsenken“, „Pferd/Mähne waschen, ohne Rumtanzen“, „Keine Angst vor dem Regenschirm, Reifen, Sprühdose…“, „Marsch durch Wasserpfützen“ sind zu Erfolgserlebnissen geworden! Ich bin immer wieder begeistert, wie punktgenau man gewünschtes Verhalten bestärken kann und mit welcher Motivation sie bei der Sache ist.

In Zukunft möchte ich mich auch an den Flattervorhang und das Verladetraining wagen – man weiß ja nie, ob man nicht unverhofft in die Lage kommt, wo man darauf angewiesen ist…

Vielen Dank für die Inspirationen!

LG Conny
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Liebe Conny,
ja, gerade das Verladen sollte man dringend üben, bevor man vor einer Situation steht, wo man das Pferd verladen muss und es dann ohne Übung irgendwie hoch auf den Hänger muss…
Lieben Dank für Deinen lieben Kommentar, ich habe mich sehr gefreut!!!
Babette

 

Von Verena • 27. Juni 2009

Sehr toll.
Ich frage mich nur ob ich das üben kann, da mir nur ein Wiesen-Platz zur verfügung steht, ich befürchte , dass meine RB lieber fressen wird als sich lange mit dem Vorhang zu beschäftigen 😀 , wenn ich dann fürs Fressen strafe, kommt bestimmt schlechte Stimmung auf …mh
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Liebe Verena,
eine Wiese ist sicherlich nicht der idealste Ort für diese Übung.
Dann muss Dein Essen was Du anzubieten hast, halt seeehr viel leckerer als das Gras sein… 😉 !
Viel Erfolg und lieben Gruß,
Babette

 

Von Christine • 3. Juni 2010

Sieht ja hammer aus! Das muss ich mit meinen kleinen auch ausprobieren!! Soo coole Übung!

Grüessli Christine
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Viel Erfolg 🙂
Liebe Grüße,
Babette

 

Von Charlotte • 15. August 2010

Hey Babette!
Jetzt muss ich mal etwas fragen: Was machst du denn, wenn das Pferd einfach weg geht und sich nicht im geringsten für die Aufgabe interessiert, sondern z.B. auf die andere Seite der Halle geht und irgendwas anderes macht? Ich glaube, das machen ziemlich viele Pferde…
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Dann bleibt mir entweder die Möglichkeit das einfach zu akzeptieren, oder ich gucke was mein Pferd mehr interessieren könnte. Viele Pferde sind anfangs nicht interessiert an das was der Mensch vorschlägt. Aber ein guter Pferdetrainer schafft es sein Pferd zu begeistern, zu motivieren. Wenn man mit Clickertraining arbeitet ist die Chance auf ein motiviertes/interessiertes Pferd sehr groß. Hat das Pferd einfach mal einen schlechten Tag, mache ich dann was anderes, gehe z.B. spazieren oder verwöhne mein Pferd mit ein paar Massage-Schmuseeinheiten und gucke am nächsten Tag ob mein Pferd meine Aufgabe heute spannender findet. Es sind ja (zum Glück) keine Maschinen und ein „Nö, heute mag ich nicht“ vom Pferd finde ich durchaus ok.
Liebe Grüße,
Babette

 

 

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