Stichwort „Tagesform“

Manches muss man am eigenen Körper erfahren, um es zu verstehen. 🙂

Seit einigen Monaten jogge ich. Ich bin immer wieder verblüfft, wie unterschiedlich ich mich dabei trotz aller Regelmäßigkeit fühle. An einem Tag bin ich topfit und könnte locker noch eine Runde anhängen, an anderen Tagen strengt mich mein normales Pensum hingegen gut an und an wieder anderen Tagen fühle ich mich, als hätte ich mich noch nie im Leben körperlich bewegt. Keine Ahnung, was die Gründe dafür sind, Biorhythmus, Psyche, Erdstrahlen, wasweißich, in jedem Fall wird mir immer wieder deutlich, dass der Begriff „tagesformabhängig“ keine leere Worthülse ist.

Tja und nun frage ich mich, ob es meinen Pferden nicht vielleicht ganz ähnlich geht…

Wir verlangen von unseren Pferden konstante körperliche Leistungen, ja, meist mehr noch: wir wollen am liebsten konstante Verbesserungen. Wenn unsere Pferde mit ähnlichen Befindlichkeitsschwankungen zu kämpfen haben wie wir, können sie das schlicht und einfach nicht leisten. Mit der eigenen Erfahrung was meine unterschiedlichen Tagesformen angeht, bin ich jedenfalls deutlich milder geworden, wenn meine Ansprüche nicht erfüllt werden. Vielleicht macht Euch das auch nachdenklich?

14. Mai 2009 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 12 Kommentare »

 

12 Reaktionen zu “Stichwort „Tagesform“”

 

Von Iris • 14. Mai 2009

Liebe Tania,

schön, dass Du dieses Thema mal aufgreifst. Seit Nora ja nun leider mit Spat geschlagen ist, bin ich mir absolut sicher, dass auch unsere Pferde durchaus mit wechselnden Tagesformen zu kämpfen haben. Denn an ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Beweglichkeit und Bewegungsfreude kann ich sofort ablesen, ob sie einen guten oder schlechten Tag hat. Außerdem habe ich mal gelesen, dass auch Pferde Kopfschmerzen wie wir haben können, nur können sie uns leider nicht sagen: Lass uns heute mal Pause machen, ich hab einen Brummschädel! Daher achte ich jetzt noch mehr als früher darauf, was mein Pferd mir sagen will, wenn es manche Dinge nicht oder nicht so wie sonst ausführen kann oder mag.

Danke nochmal für die tolle Anregung!

Liebe Grüße,

Iris

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Jep, das mit den Kopfschmerzen ist auch ein gutes Beispiel! Diesen Gedanken muss man erstmal haben! Pferde sind halt keine Fahrräder… – auch wenn wir sie oft so behandeln.

Lieber Gruß an Dich,
Tania

 

Von Stefanie • 14. Mai 2009

Ja, ich denke auch, daß Pferde verschiedene Tagesformen haben. Bei meinem Pferd merke ich das vor allem im Sommer mit der Atemwegsgeschichte, da hat es manche Tage einfach gar keinen Sinn was zu machen, dann bummeln wir nur durch die Gegend 🙂 Aber auch sonst, mal steckt er voller Energie und will was tun, mal lieber nur schmusen und alles langsam angehen lassen.
Ich ändere auch oft mein Programm, wenn ich merke, mein Pferd hat zB. auf Platzarbeit keine Lust.
Was mir aber auch auffällt, daß es auch mit an mit liegt. Bin ich völlig geschafft, dann hat mein Pferd auch wenig Lust viel zu machen, das überträgt sich dann oft. Bevor wir uns dann beide quälen wird das Programm angepaßt 🙂
Liebe Grüße
Stefanie

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Herzlichen Dank für all die wichtigen Punkte, die Du da ansprichst! Einmal sensibilisiert eine Krankheit viele dafür, dass ein Pferd nicht immer funktionieren kann (schade, dass es oft er soweit kommen muss). Dann finde ich die Bereitschaft, die eigenen Pläne zu ändern sehr wichtig! Und jep, man selbst hat auch noch einen großen Einfluss.

Also – volle Zustimmung 🙂
Tania

 

Von Laerke • 15. Mai 2009

Guten Abend!

Bei meiner Stute spielt auch die Rosse eine große Rolle. 3-4 Tage vorher fängt sie schon an gewisse Dinge in Frage zu stellen, die sich eigentlich für mich als selbstverständlich darstellen. Spätestens am 4ten Tag handle ich mir dann unter dem Sattel eine Grundsatzdiskussion nach der anderen ein.
Mittlerweile lasse ich es soweit nicht mehr kommen. Ich bin an diesen Tagen 😉 auch immer gezeichnet und möchte selber nichts lieber als mit einer Wärmflasche vor mich hinleiden 😉 Ich passe das Programm dann an bzw fahre gar keines, sondern kuschle nur. Von Frau zu Frau halt 😀

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Jep, auch ein guter Hinweis – habe ich als Wallach-Besitzerin gar nicht dran gedacht!
Tania

 

Von Silvia • 17. Mai 2009

Oh, das mit dem Joggen geht mir auch so. Schön, dass ich mir das scheinbar nicht einbilde. 😀
Letzten hat sich mein Pony beim Spielen den Kopf gestoßen. Man hat es laut gehört „bumms!“. Äußerlich waren keine Verletzungen zu sehen, aber ihr Blick sprach Bände. Sie hatte ganz sicher tierische Kopfschmerzen, so das sie zwei Tage vollkommen frei hatte um sich zu erholen. Danach tobte sie aber wieder über die Koppel. 😉

Liebe Grüße
Silvia

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Hihi, und mich beruhigt, dass ICH nicht allein damit bin!

Toll, dass Du auf die möglichen Kopfschmerzen so einfühlsam eingegangen bist!
Tania

 

Von Elke • 18. Mai 2009

Also das mit dem Joggen kenne ich auch und frage mich immer wieder, warum das so ist. Manchmal laufe ich wie ein Reh durch den Wald, in der nächsten Woche fühle ich mich eher wie ein Trampeltier und muss Gehpausen einrichten. Bei meinem Pferd ist es ähnlich. Manchmal läuft eine Trainingseinheit super ab, einfach wie am Schnürchen und wir beide „lächeln“. Wenn aber einer von uns beiden nicht gut drauf ist, merken WIR das sofort 🙂 Aber was soll´s, ich bin da nicht so verbissen…

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Gut so!!!

😀
Tania

 

Von Beate • 18. Mai 2009

Oh, ja, das kenne ich auch! Mein Gradmesser ist der Hügel, den ich auf dem Weg zu meinen Pferden bewältigen muss. Manchmal merke ich die Steigung kaum, und manchmal sind meine Beine so bleiern, dass es mir richtig schwerfällt.
Meine Pferde sind, was ihre Befindlichkeiten anbelangt, auch sehr deutlich. Wenn mein eigentliches Reitpferd nicht erfreut zu mir kommt, weiss ich, er fühlt sich nicht gut. Dann wird eben nur geputzt oder – wenn ich das Gefühl habe, es ist in Ordnung – eine kleine Geländerunde gedreht. Deshalb komme ich im Gegensatz zu anderen am Stall nicht viel zum Reiten …..
Liebe Grüße
Beate

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Ach schön, dass so viele hier auf so etwas achten – freut mich riesig!
Tania

 

Von Sigrun • 18. Mai 2009

Das mit der unterschiedlichen Form kenne ich von mir auch. Ich finde es überhaupt eine gute Sache, mal etwas von dem Training, was wir unseren Pferden zumuten (Koordination, Gymnastizierung, Kraft, Ausdauer usw.) am eigenen Leib auszuprobieren – dann merkt man nämlich auch, dass eine gute ‚Performance‘ im Training nicht unbedingt heißt, dass man das tatsächlich so locker wegsteckt 😉

Gerade als Trainingsanfänger ist man ja oft auch überrascht, wie leicht manches fällt und übertreibt es dann ein bisschen – die Quittung ist dann Leistungseinbruch am nächsten Tag und tagelang heftiger Muskelkater. So geht’s den Pferden wohl auch manchmal: sie laufen wunderbar, weit und leicht, und der Reiter wundert sich über angelaufene Beine und einen festen Rücken am nächsten Tag – auch Pferde gehen manchmal über ihre Leistungsgrenze, ohne es wirklich zu bemerken, weil ihnen die Bewegung im Augenblick Spaß macht und sie sich gut fühlen. Auch hier darf man ruhig ein bisschen mit Köpfchen reiten, um Überforderung zu vermeiden! Genauso, wie man selbst das Pensum nur langsam für sich steigern sollte, auch wenn man an einem Tag meint, man könnte heute Bäume ausreißen 😉

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Jep, auch das ist ein wichtiger Hinweis – danke, Sigrun!

Tania

 

Von Nicole • 24. Mai 2009

Unser alter Pferdeopa hat mir beigebracht, was es bedeutet, auf die jeweilige Tagesform zu achten. Bei einem alten Pferd muss man jeden Tag aufs neue schauen:Wie geht es dir heute, was könnten wir machen? Eine feste Wochenplanung á la „Mo-Platz, Di-Gelände, Mi-Longieren,….“ ist da gar nicht möglich.

Leider muss ich aber eingestehen, dass es mir bei anderen Pferden sehr viel schwerer fällt, darauf zu achten, was heute möglich ist und was vielleicht nicht. Vielleicht auch, weil ich da mit mehr Ehrgeiz rangehe? Der Beitrag hat mich nocheinmal daran erinnert, die Tagesform bei allen Pferden zu beachten und nicht nur beim Oldie.

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Find‘ ich gut! Heißt ja nicht, dass Du nun deshalb viel weniger machen musst – jüngere Pferde sind ja auch fitter. Aber ein bissl Bewusstsein finde ich auf jeden Fall gut.

Herzlich,
Tania

 

Von Eve • 25. Mai 2009

Hoi Tania

Ich finde es sehr wichtig, die Gefühle und Tagesformen der Pferde zu berücksichtigen und versuche dies auch so gut wie möglich.

Was mich jedoch immer wieder in einen Zwiespalt bringt: Deute ich sein Verhalten richtig? An einem Tag geht es ihm vielleicht wirklich nicht gut, und am anderen ist er einfach nur aufmüpfig drauf und will mich herausfordern… So ganz klar kann ich das glaub ich nicht unterscheiden und mach mir dann immer Gedanken, ob ich jetzt wohl „zu hart“ durchgegriffen habe, wenn ich einfach konsequent bin und er sich vielleicht wirklich nicht gut fühlt..

Kennt ihr solche Gedanken auch?

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Ja, kenne ich auch. Und ich denke, es gibt da auch keine klaren Antworten. Man kann sich einfach nur bemühen, sein Pferd richtig einzuschätzen und je besser man es kennt, desto wahrscheinlicher ist dann wohl auch, dass man mit der Einschätzung richtig liegt.

Herzlich,
Tania

 

Von amy • 3. Juli 2012

Ja, ich finde, man lernt es sogar recht schnell einzuschätzen, wenn man ihnen erst mal zugesteht, ein Unwohlsein oder einen Übermut zu haben, und nicht gleich nur an Arbeitsverweigerung denkt. So habe ich in den letzten zwei Jahren gelernt, das unser Wallach sich bei der Bodenarbeit immer beim Mondwechel schlechter als sonst führen lässt und lieber seine eigenen Vorstellungen durchbüffelt. Wenn er den Kappzaum sieht, zurückgeht und den Kopf schüttelt, heißt das nein, ich habs im Kopf. An manchen Tagen legt er sich ab und wartet bis ich neben ihm sitze, ich glaube, ihm tun dann die Beine weh. Er will dann nicht wirklich arbeiten, aber Körperarbeit findet er in diesem Zustand ganz toll und steht dabei super still wie sonst nie. An anderen Tagen mag er lieber Freiarbeit, das sieht dann so aus, dass er direkt in Schwung kommt und lostrabt, was sich alsbald in einen ausdauernden Galopp verwandelt. Wenn er an manchen Tagen einen Huf nicht so wie sonst geben mag, weiß ich, da ist wieder was, weiter beobachten. Vieles ergibt sich von selbst, wenn man erst mal die Angst verloren hat, das Pferd könne zu wenig arbeiten oder denkt, es will mich bloß veräppeln. Ich glaube, sie wollen uns nicht veräppeln, sondern uns etwas sagen und ich wünsche mir, ich könnte sie besser verstehen.

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Was für ein wunderschöner Kommentar, Amy – ganz lieben Dank dafür!
Tania

 

Von Susanne mit Bella • 16. November 2015

Welch ein wertvoller Beitrag! Mich hat ca. 15 Jahre lang eine Connemarastute begleitet, die von Anfang an gesundheitliche Probleme hatte. Jedes Jahr beschäftigte uns etwas Neues oder Zusätzliches. Mit ihr habe ich gelernt, zu beobachten, HINZUSPÜREN. Und lieber habe ich einen Tick weniger gearbeitet oder gar nicht, wenn ich das Gefühl hatte, sie hat keinen guten Tag. Manche Menschen meinen, ich würde mittlerweile das Gras wachsen hören und die Pferde in meiner Obhut oft zu sehr schonen. Hmmmm. Ich glaube das nicht. Mein Bauch sagt mir, ich bin auf dem richtigen Weg. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung, insbesondere seit diesem Jahr (im April Ellenbogenluxation, im Sept. gebrochenes Handgelenk, Bandscheibenvorfall)was Unwohlsein und Schmerz mit mir macht. Warum soll es bei den Pferden anders sein?

 

Von Uschi • 16. November 2015

Hi,

genau das mit der Tagesform beim Pferd überlege ich mir auch immer. Ich selbst leide unter Migräne und denke, wenn mein Pferd sich mal unwillig zeigt: „Wer weiß wie es ihr geht, daß sie es nun nicht machen will?“ Wenn ich mir vorstelle, meinem Pferd geht es vielleicht ähnlich wie mir, mit meiner Migräne; ich funktioniere zwar, will aber eigentlich nur meine Ruhe haben. Dann ist es doch verständlich, daß auch ein Pferd mal begeistert mit macht und mal eben eher unwillig ist. Aber so viel Empfinden gestehen die meisten Menschen ihren Pferden/Tieren ja leider nicht zu. Die haben einfach zu funktionieren. Irgendwelche Befindlichkeiten kann man ihnen ja nun wirklich nicht zugestehen oder sogar durchgehen lassen.
Und deswegen finde ich es klasse, daß Ihr mit Euren Ideen und Artikeln genau in diese Richtung Denkanstöße gebt und es vielleicht bei noch viel mehr Menschen zu einem Umdenken in die richtige, nämlich gewaltfrei, Richtung in Sachen Pferd geht.

 

 

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