3 Leute, 4 Meinungen oder: Wann läuft ein Pferd gut?

Vor kurzem bekam ich Besuch auf meinem Hof von einem Mann, der mir seine neue Entwicklung vorstellte: eine gebisslose Zäumung zum Longieren. Er pries mir die Zäumung u.a. mit dem Argument an, dass es mit ihr möglich sei, Hilfszügel in vielen verschiedenen Variationen und Möglichkeiten anzubauen. Um das zu demonstrieren, zeigte er mir Fotos von einem Pferd, das mit Hilfszügeln in verschiedenen Verschnallungen an der Longe lief.

Nun arbeite ich zurzeit sehr intensiv an einem umfangreichen Text zum Thema Longenarbeit, genauer gesagt wird es ein richtiger Longenkurs. Somit beschäftige ich mich also gerade täglich viele Stunden damit, Fotos zu analysieren, um an diesen dann genau erklären zu können, wann ein Pferd „gut“ läuft und wann es das in meinen Augen nicht tut.

Auf den Fotos, die mir der Mann zeigte und von denen er sagte, dass das Pferd gut lief, tat es das in meinen Augen leider nicht. Für mich wirkte das Pferd vom Gesichtsausdruck unglücklich und für mich lief es auf der Vorhand. Der Mann sah das ganz anders und das geht mir nicht zum ersten Mal so…

Wer hat nun Recht?

Wann läuft ein Pferd gut?

Woran erkennen Sie, ob ein Pferd gut läuft oder nicht? Ich erkenne für mich ein gut laufendes Pferd daran, dass

Gemeinsam sehen lernen

Ich möchte die nächsten Blogbeiträge dazu nutzen, dieses Thema einmal gründlich auseinanderzupuzzlen und anhand von Bildern und meiner Interpretation der Bilder erklären, mit welchen Hintergrundwissen ich beurteile, wie ein Pferd läuft. Die Wahrnehmung geht bei verschiedenen Menschen extrem auseinander und es wird sicherlich kein leichtes Unterfangen…

Ich warte gespannt auf Ihre Reaktionen und auf konstruktive Diskussionen 🙂

30. September 2008 von Babette Teschen • Kategorie: Anatomie und Körper 5 Kommentare »

 

5 Reaktionen zu “3 Leute, 4 Meinungen oder: Wann läuft ein Pferd gut?”

 

Von Sarah • 30. September 2008

Hallo Babette,

genau das erlebe ich auch immer wieder. Es ist natürlich auch immer eine Frage des Ausbildungsstandes und des Pferdecharakters, mit wieviel „gut“ ich mich zufrieden gebe – so kann es erstmal ja schon „gut“ laufen, wenn das Pferd Zufriedenheit und Gelassenheit ausstrahlt, aber (noch) nicht völlig ausbalanciert auf dem Kreis läuft oder der Raumgriff noch ein wenig besser werden könnte.
Bei Nandi merke ich aber immer, dass das eine ohne das andere gar nicht geht. Wenn er ein „schlechte Laune“-Gesicht hat, brauch ich mir den Rest vom Pony gar nicht mehr angucken, er läßt nicht los. Oder anders herum: Nandi ist nur zufrieden an der Longe, wenn er wirklich, von Schopf bis Schweif losgelassen ist, und dann treffen deine anderen genannten Aspekte idR ja auch zu. Ich kenn aber auch genügend Leute, die auf ganz andere Dinge wert legen – zB auf „ein aktives Hinterbein“. Ich finde, eine solche Betrachtungsweise ist viel zu isoliert, denn der spannige Tritt eines Schenkelgängers sieht ja erstmal durchaus „aktiv“ aus, während ein normaler, lockerer Trab nicht besonders durch atemberaubenden Schwung auffällt. Nicht umsonst steht der Schwung ja erst hinter Takt und Losgelassenheit.

Da ich also möchte, das mein kleines Pony von vorne bis hinten locker ist, finde ich es unlogisch, es zum Erreichen dieses Zieles irgendwo fest zu machen, also überhaupt Hilfszügel einzusetzen. Ich nutze lieber Körpersprache und Bodenarbeit, um die psychische Losgelassenheit zu festigen, meine direkte Verbindung über Longe und Doppellonge um über Paraden und Impulse den Hals zu lockern und gezielte Peitschenhilfen, um den Raumgriff zu erhöhen. Mit Stangen, Bodenhindernissen o.ä. kann ich den Rücken heben. Dualstangen haben wir leider nicht, aber das war bei Nandi eigentlich richtig genial.

Naja, das liest sich jetzt so, als wären Nandi und ich Longierspezialisten. Sind wir nicht 😉 Aber ich finde, er läuft wesentlich schöner als die meisten anderen Pferde im Stall, weil er zufrieden dabei ist und nicht automatisiert seine Runden dreht. Und das bringt ne tolle Ausstrahlung.

LG,
Sarah
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Liebe Sarah,
vielen Dank für Deinen Kommentar 🙂
Ich kann mich noch gut an Nandi an der Longe erinnern … was für ein Racker er doch war, nicht wahr??? 🙂
Ich stimme völlig mit Deiner Ansicht überein und hoffe, dass Du Dir meinen Longenkurs, an dem ich zur Zeit wie verrückt arbeite, gönnen wirst. Wenn ja bin ich schon sehr auf Dein Feedback gespannt!
Ganz liebe Grüße, auch an Nandi, Babette

 

Von Sarah • 30. September 2008

Mach ich doch gerne, bin schon ganz gespannt! Natürlich ist Nandi immer noch so ein Racker, aber inzwischen können wir das produktiv kanalisieren 😉
Eigentlich damals kaum vorstellbar gewesen, dass er gerade eingefahren wird und sich dabei hervorragend macht, oder?

Liebe Grüße, Sarah
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Damals hätte ich auf jeden Fall von solchen Unterfangen abgeraten 😉
Echt toll wie er sich gemacht hat, Respekt!!!
🙂
Babette

 

Von Sarah • 1. Oktober 2008

Danke 😀 Wobei er wahrscheinlich behaupten würde, Frauchen hat sich gemacht, Pony war schon immer super 😉
Aber er ist echt völlig verwandelt, es macht unglaublich viel Spaß mit ihm. Und du hast mir den Anstoß gegeben, also bist du auch Schuld!

LG,
Sarah
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Ich denke, mit der Schuld kann ich leben 😉
(manchmal bin ich richtig gerne Schuld!!!)
🙂
Babette

 

Von Almut • 1. Oktober 2008

Hallo Babette,
ich finde es ehrlich gesagt schwieriger, auf Fotos da einen „runden“ Eindruck zu bekommen, es ist ja immer nur eine Momentaufnahme – auch wenn man natürlich vieles sieht. Mich hat meine inzwischen recht deutlich abweichende Meinung in letzter Zeit mmanchmal frappiert – insbesondere bei „großen“ Pferdesportveranstaltungen, wie Olympia, aber auch beim Bundeschampionat. Da laufen 3/4/5jährige Pferde, fast alle hinter der Senkrechten, beim obligatorischen Zügel aus der Hand kauen lassen gehen die Pferde zwar abwärts, aber keinesfalls vorwärts-abwärts, sondern sie rollen sich ein. Und der Sprecher freut sich, wie schön sich die Pferde „an die Reiterhand herandehnen“, bei absolut überdeutlichen Fällen gibt es höchstens den Kommentar, dass man sich „etwas mehr Vorwärtstendenz wünschen würde“. Das ist die Spitze der jungen Pferde hierzulande und die große Mehrheit findet es offensichtlich nicht nur normal, sondern toll, wie die so geritten werden! Da wird ständig die Skala der Ausbildung bemüht – aber auch verstanden? Und noch krasser finde ich diesen Widerspruch bei den Top-Dressurreitern – zusammengezogene, verspannte Pferde (Losgelassenheit kam doch irgendwo vor der Versammlung, oder?), und für Aussetzer bei der Piaffe kann man keinen Grund finden bzw. man ist sich keiner Schuld bewusst. Manchmal frage ich mich da echt, wo die Leute ihre Augen haben.
So, jetzt habe ich mich genug echauffiert – versuchen wir einfach, es besser zu machen 😉
Liebe Grüsse, Almut
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Liebe Almut,
ich stimme Dir völlig zu. Auf Bildern sieht man nur Momentaufnahmen. Deswegen lassen sich an Bilder aber diese Momente gut beschreiben. Ich werde z.B. Bilder gegenüberstellen wo ein Pferd in einem Moment den Rücken wegdrückt und auf dem nächsten Bild den Rücken aufwölbt. Solche Gegenüberstellungen eignen sich in meinen Augen ganz hervorragend dazu das „Sehen“ zu lernen und Zusammenhänge zu erklären. Am Ende der Serie gib mir bitte Feedback, ob es mir gelungen ist, o.k.? 🙂
Das Theme „hinter der Senkrechten und Rollkur“ wird ein Extrablog innerhalb dieser Serie werden; es ist uns sehr, sehr wichtig!
Liebe Grüße, auch von Sharia 😉
Babette

 

Von Almut • 1. Oktober 2008

Bin schon ganz gespannt auf die Serie – Feedback versprochen!
Eine virtuelle Möhre für Sharia 🙂 und liebe Grüsse,
Almut
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Morgen Früh geht´s los mit Teil 1 …

🙂

 

 

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