Ein Experiment: Puzzeln Sie sich die Hilfen mal Schritt für Schritt zusammen
Was tun Sie, wenn Sie mit Ihrem Pferd eine wirklich gute Volte reiten wollen? Sie werden alle Hilfen, die Sie dafür brauchen (Gewicht, Zügel, Beine, Körper) zusammen anwenden, um das Ziel zu erreichen, richtig?
Wenn die Volte nun aber nicht so gut gelingt, wie Sie sich das gewünscht haben, wird es im Nachhinein schwer sein, herauszufinden, wo genau der Fehler lag. Welche Hilfe haben Sie vielleicht nicht gefühlvoll genug gegeben? Oder welche der Hilfen hat das Pferd nicht korrekt angenommen?
Sie können Ihre Hilfen nur dann gezielt korrigieren oder verbessern, wenn Sie auch wissen, wo genau es hakt. Wissen Sie das nicht, korrigieren Sie vielleicht Ihre Zügeleinwirkung, die aber für das Pferd gut verständlich war. Es hatte Ihre Gewichtshilfe falsch verstanden.
Sehen Sie das Problem? Um das zu lösen, können Sie Folgendes unternehmen:
Geben Sie einmal die einzelnen Hilfen gezielt eine nach der anderen. Konzentrieren Sie sich ganz bewusst auf die korrekte Gabe jeweils genau einer Hilfe, um anschließend zu erfühlen, ob Ihr Pferd diese Hilfe ohne Problem annimmt. Nehmen Sie immer erst dann eine weitere Hilfe hinzu, wenn Ihr Pferd auf die vorherige richtig reagiert hat.
Sehen wir uns dieses Experiment einmal genauer an – und zwar am Beispiel der oben erwähnten Volte:
1. Hilfe – Der innere Zügel
Locken Sie Ihr Pferd mit weichen Impulsen am inneren Zügel in die Innenstellung. Konzentrieren Sie sich nur darauf und widerstehen Sie der Versuchung, auch schon gleich einen Schenkelimpuls zu geben oder das Gewicht zu verlagern.
Das Pferd muss/soll noch nicht abwenden. Es soll nur konstant in Stellung gehen ohne sich fest zu machen, sich gegen die Stellung zu wehren. Solange das nicht funktioniert, brauchen Sie gar nicht weiter machen (ohne Stellung keine Biegung!), denn Sie haben ein gravierendes Grundproblem schon gefunden. Ihr Pferd nimmt den inneren Zügel nicht an. (Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Das fängt bei Zahnproblemen an, geht über einen drückenden Sattel u.v.m.) Gehen Sie diesem Problem auf dem Grund und beseitigen Sie es.
Erst wenn Ihr Pferd diese Hilfe annimmt und entspannt in Stellung geht, geht es weiter.
2. Hilfe – Ihre Körperdrehung und die Gewichtsverlagerung nach innen
Um eine Volte zu reiten, wird der Oberkörper leicht nach innen gedreht und das Gewicht behutsam etwas nach innen verlagert.
Geben Sie diese Hilfe korrekt, sollte Ihr Pferd nun auf eine Kreislinie abwenden. Wenn nicht, wissen Sie, dass Ihr Pferd auf die Gewichtshilfe nicht ausreichend reagiert und so wissen Sie, woran Sie arbeiten sollten.
Wird die Hilfe gut angenommen, gehen Sie weiter zur nächsten.
3. Hilfe – Der innere Schenkel
Achten Sie nun ganz bewusst auf die korrekte Lage Ihres inneren Schenkels, der biegend am Gurt einwirken soll. Treiben Sie immer in dem Moment, in dem das innere Hinterbein des Pferdes am Vorfußen ist (siehe Das Timing der Schenkelhilfen).
Auf diese Hilfe hin sollte Ihr Pferd sich biegen. Tut es das nicht, gilt es, hieran zu arbeiten.
4. Hilfe – Der äußere Schenkel
Legen Sie nun Ihren äußeren Schenkel leicht zurück in die verwahrende Position. Wenn bis eben die Hinterhand des Pferdes ausgefallen ist, sollte das nun behoben sein.
5. Hilfe – Der äußere Zügel
Nehmen Sie nun noch am äußeren Zügel Kontakt zum Pferdemaul auf. Wenn Ihr Pferd bis eben noch über die äußere Schulter ausgebrochen ist (was es bis eben durfte), sollte das nun aufhören.
Das fertige Puzzle führt zu einer perfekten Volte
Wenn Sie alle Hilfen korrekt gegeben haben und Ihr Pferd jedes Puzzleteil angenommen hat, dann sollten Sie nun als Ergebnis die perfekte Volte ernten. Wenn es irgendwo gehakt hat, haben Sie damit auch genau die Stelle/Hilfe gefunden, die Probleme bereitet. In diesem Fall besteht Ihre nächste Aufgabe darin, die Ursache für dieses Problem zu finden und zu beseitigen.
Es ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, einmal ganz gezielt nur eine Hilfe zu geben, denn wir haben die meisten Hilfen schon als Bündel abgespeichert und den Prozess automatisiert. Das Hilfen-Puzzle ist eine sehr gute Möglichkeit, sich seiner Einwirkungen klarer zu werden.
Extra-Tipp: Probieren Sie dieses Hilfen-Puzzle auch mal bei den Seitengängen. Viele meiner Schüler bekommen sie auf diese Weise viel besser hin 🙂 und berichten Sie einmal, wie es Ihnen damit ergeht.
4. September 2008 von Babette Teschen • Kategorie: Aus dem Reitunterricht und Coaching • 8 Kommentare »