Pausen? Pausen!
Im Februar war ich für zwei Wochen verreist. Im Vorfeld wurde ich immer wieder gefragt: „Und was machst du mit deinen Pferden? Wer macht dann was mit ihnen?“ Und als ich antwortete „Nichts, die haben auch Urlaub – Urlaub für mich bedeutet auch Urlaub für die Jungs.“ kamen Einwürfe wie „Vergessen die dich da nicht?“ oder „Aber, dann verlernen die doch alles.“
Meine Erfahrung ist eine gänzlich andere. Ich habe immer wieder feststellen können, wie gut und wichtig Pausen sind. Schon einzelne Tage, zum Beispiel nachdem etwas besonders gut geklappt hat, oder auch wenn es mal schlecht läuft, wirken sich durchweg positiv aus. Und auch mit längeren Pausen habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.
Als ich jetzt im Februar wiederkam, begrüßten mich z.B. zwei fröhliche, hoch motivierte Pferde.
Aramis war mit Feuereifer dabei, wieder mit dem Training zu beginnen, und er war ganz fein zu reiten. Anthony, der vorher öfter mal den Eindruck machte, als sei das, was ich von ihm will, doch eigentlich überflüssig, freute sich sichtlich, dass ich wieder mal etwas mit ihm machte. Es kommt mir vor, als hätte er nun erst verstanden, dass ich einen gewissen Unterhaltungswert für ihn darstellen kann und ja, vielleicht hat er mein Programm tatsächlich ein bisschen vermisst. Auch scheint er entgegen der Bedenken vieler nichts verlernt zu haben, im Gegenteil: das bisher Erreichte hat sich offenbar gesetzt und vertieft.
Darüber hinaus ist mir auch bei mir selbst Positives aufgefallen. Der Abstand, den die Pause mit sich brachte, führte z.B. dazu,
- dass mir manches, was noch weniger optimal war, jetzt so deutlich auffällt, dass ich es ändere (z.B. dass sich beide Pferden ein ständiges in den Zügel hapsen angewöhnt hatten, was ich nun konsequent und mit Erfolg unterbinde),
- dass sich vieles, was ich in den letzten Wochen gelernt habe, auch bei mir setzen konnte (z.B. die neue Gelassenheit gegenüber den lustigen Späßen, die sich ein Jungpferd so ausdenkt, aber auch das, was Babette und ich zuvor im Unterricht erarbeitet hatten) und
- dass ich mit frischen Ideen und Denkanstößen ins Training einsteige.
Fazit für mich: Pausen sind ausgesprochen wertvoll gerade im Bezug auf das Lernen und die Ausbildung. Ich setzte einzelne Pausentage gezielt ein, um die Motivation zu erhalten oder auch neu zu aktivieren oder manchmal auch nur als Gelegenheit zum Nachdenken und Sackenlassen (für Mensch und Tier). Und ganz besonders dann, wenn ich das Gefühl habe, dass es jetzt „richtig gut“ läuft, ist das meist ein sicheres Zeichen dafür, dass mal wieder eine kleine Pause ansteht. 🙂
Mich würden Eure Erfahrungen dazu interessieren.
23. März 2008 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse • 9 Kommentare »
Von Nele
• 27. März 2008
Hallo Tania,
ich habe ja privat/beruflich bedingt (2-3 Tage in der Woche sind pferde-frei) Pausentage mit meinem Jungspund. Ein besonderen Effekt, auch wenns mal zwei Tage hintereinander sind, habe ich dabei noch nicht beobachtet – weder bei mir noch beim Kleinen. Nachdem ich Deinen Bericht gelesen habe, habe ich einen Vedacht, woran das liegen kann… Die Pausentage sind in meinem Kopf nicht positiv besetzt, sondern negativ: Mal schlechtes Gewissen, weil unerwartete Überstünden dazwischen kommen… Mal schlechtes Gewissen, weil ich einfach mal faul mit meinem Schatz auf dem Sofa den Abend verbringen will…
Ich vermute, dass ich mir damit die Chance nehme, positive Effekte bei mir selbst zu erleben bzw. vielleicht doch existierende Effekte beim Kleinen wahrzunehmen.
Ich werde mal versuchen, den nächsten pferdefreien Tag nicht als Trainings-Verlust zu sehen, sondern als Verarbeitungs-Tag bzw. Entspannungs-Tag für den Kleinen. Als was Gutes!
Ich bin gespannt, ob sich dadurch was verändert!
Liebe Grüße
Nele
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Hallo Nele,
das ist ein sehr interessanter Aspekt, den Du da aufwirfst! Jep, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass so eine eher negative Grundbewertung Pausen in einem ganz anderen Licht dastehen lassen und wenn es nur vom eigenen Empfinden her so ist. Bin gespannt, was Du berichten wirst, wenn Du da etwas dran änderst.
Lieber Gruß,
Tania von „Wege zum Pferd“
Von Beate
• 22. März 2010
Hallo Tania, ich kann deine Erfahrung bestätigen.
Auch an Neles Vermutung ist sehr viel Wahres.
Ich neige ja auch dazu, zu jedem Urlaub erst mal das absolute schlechte Gewissen zu haben.
Man kommt dann wieder und alles ist gut, oder besser als vorher. 😉
Ich hoffe für alle, bei denen es so ist, dass dein Beitrag uns wieder etwas hilft von dieser „Denke“ wegzukommen.
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Danke, Beate!
Tania
Von Martina
• 23. Januar 2012
Hallo Tania,
also ich kann dem auch nur zustimmen. Erst letzte Woche konnte ich 4 Tage hintereinander wegen dem grausigen Winterwetter nicht zu den Pferden fahren. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen und ich war auch traurig, weil mir die süßen Pferdenasen einfach fehlten.
Als ich am 5. Tag wieder kam, standen alle beim Tor und machten einen sehr fröhlichen und glücklichen Eindruck, mich wieder zu sehen. Alle waren beim Reiten um einiges besser als beim letzten Mal.
Wie ist das eigentlich mit den Muskeln? Ab wann gehen die Muskeln etwas zurück? – Wird wohl von Pferd zu Pferd unterschiedlich sein. Hast du nach dem zweiwöchigen Urlaub etwas bemerkt? Nehme mal an, dass die Muskeln schnell wieder „aufgefüllt“ waren 😉
LG Martina
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Hallo Martina,
also soooo schnell bauen sich Muskeln nicht ab, aber klar, wenn man längere Pausen macht, sieht man es schon. Trainiert sich aber meiner Erfahrung auch wieder recht schnell auf. Bisher habe ich nur im letzten Sommer wirklich mal deutlichen Muskelabbau gesehen, aber da hatte ich aus privaten Gründen für eine längere Zeit wenig mit den Pferden machen können. Hier baute Aramis mehr ab als Anthony, das Alter scheint also eine deutliche Rolle zu spielen.
Herzlich,
Tania
Von Eva
• 22. Oktober 2012
Hallo,
ich finde „Urlaub“ für pferde auch super :).
Bei meiner RB ist es auch so, dass sie manche Sachen z.B. ein Kunststück nicht dauernd üben will. Da sie eh nicht soooo verspielt ist, mach ich das selten und es klappt trotzdem so gut(z.B. wie bei meinem alten Pflegepferd) – auch wenn es halt ein paar Wochen/Monate länger dauert :D.
Und ein guter Freund hat uns auch gezeigt, wie wichtig es ist, ein Pferd in einer Trainingseinheit einfach mal stehen zu lassen, damit es in Ruhe (nach)denken kann.. 😉 je nach Motivation des Pferdes unabhängig davon, ob gerade etwas neues gelernt wurde oder nicht.
Lg
Von Caro
• 22. Oktober 2012
Hallo Tania,
Ich lasse mein 3 Jähriges Pferd auch 1-2 Tage Woche stehen und er ist meißtens am nächsten Tag sehr froh mich zu sehen und kommt viel motivierter von der Wiese =)
Leider musste ich aber feststellen, dass ihm längere Pausen offenbar (zumindest seid unserem Stallwechsel vor 6 Monaten, seid dem wir mindestens 4x die Woche etwas zusammen machen) trotz Offenstallhaltung und täglichem Weidegang scheint er sich dann ziemlich zu langweilen. Ich bin vor 2 Wochen wegen eines Unfalls eine Woche nicht im Stall gewesen und bekam als ich wieder da war erzählt, dass mein Pferd, was normalerweise sehr pflegeleicht ist, einen Hund aus dem Stall angegriffen hat, mehrmals fast durch Zäune gegangen ist und nach dem Stallbesitzer getreten hatte.
Ich weiß natürlich auch nicht, ob es vielleicht auch damit zu tun hat, dass er nur mit einem (ab und zu mit 2) Pferd zusammen steht und sich deswegen nicht besonders viel selbstständig bewegt.
Vielleicht ist es auch einfach von Pferd zu Pferd unterschiedlich 😉
LG
Caro
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Hallo Caro,
nun kommt Dein Pferdi aber auch gerade mitten in die Pubertät, da haben sie dann einfach auch mal Mist im Kopf 🙂
Herzlich,
Tania
Von Bettina
• 22. April 2013
Hallo Tania,
ich stimme dir da voll zu. Manchmal tut es Pferden gut, einfach nur „Pferd“ zu sein und nur „pferdige“ Dinge zu tun, eine kleine Auszeit zu haben. Ich habe schon beobachtet, dass sich nach solch einer Pause auch mal kleinere Probleme in Luft auflösen.
Ich finde auch,dass wir manchmal unsere Arbeitsmoral auf unsere Pferde übertragen, dass man täglich arbeiten muss usw. Ich höre von Pferdeleuten oft :“Das Pferd muss arbeiten“, „Das Pferd will sich nur vor der Arbeit drücken“. Das hat auch damit zu tun, dass viele ihr Pferd als etwas betrachten, dass zu etwas „gut“ sein muss, dass etwas „leisten“ muss. Ich glaube nicht, dass Pferde „Arbeit“ brauchen, um glücklich zu sein. Also können Pausen auch nicht schädlich sein 🙂
Da mein Pferd eine Stunde außerhalb von Warschau steht, und es einfach keinen besseren Stall gibt, der mit weniger Fahrzeit zu erreichen ist, kann ich gar nicht jeden Tag zu ihm fahren. Ich habe beobachtet, dass z.B. zu viele Dressurstunden in der Woche sich negativ auf seinen Lernerfolg auswirken. Optimal scheinen drei zu sein, über die Woche verteilt. Nur weil ich mehr Dressur reite lernt er nicht mehr dazu.
Pausen sind für mich auch während dem Dressurreiten ganz wichtig, und damit meine ich richtige Pausen, nicht nur Schritt reiten. Mein Pferd ist meist hochkonzentriert auf dem Platz, und dann gibt es einen Punkt, an dem er anfängt, auf die kleinsten Hilfen zu reagieren. Das ist für mich das Zeichen, dass er bald eine Pause braucht, da der nächste Schritt ist, dass er Hilfen anfängt durcheinander zu bringen (z.B. übertreten statt angaloppieren). Dann habe ich ihn überfordert. Ich versuche also, vor diesem Moment eine Pause zu machen. Dann stelle ich mein Pferd in die Mitte des Reitplatzes und schaue den anderen Reitern zu, oder höre den Vögeln zu. Mein Pferd schnaubt dann meist mehrfach, steht entspannt, und döst manchmal sogar. Nach ein paar Minuten ist er dann wieder frisch und kann meinen Hilfen wieder folgen. Nach einer solchen Pause ist er immer viel durchlässiger als vorher, und bestimmt bin ich auch wieder entspannter und gebe feinere Hilfen.
Auch, wenn mein Pferd etwas besonders gut gemacht hat, belohne ich ihn mit einer Pause, mit Schrittreiten am hingegebenen Zügel. Das lockert die Muskeln und motiviert ihn, sein Bestes zu geben. Für mich ist das auch ein viel klareres Zeichen als z.B. Halstätscheln.
Im Vegleich zu anderen Reitern bei mir im Stall mache ich sehr viele Pausen. Verglichen mit den anderen Pferden ist meiner aber auch sehr entspannt und hat viel Spaß an der „Arbeit“. Da er sein „Arbeitsleben“ als Schulpferd gestartet hat, mit bis zu acht Stunden „Arbeit“ täglich, ist mir das besonders wichtig.
Und dann ist da noch die ganz große Pause für mich von meiner „Arbeit“, wenn ich zum Stall fahre, raus aus der lauten, vollen Stadt, rein in die Welt meines Pferdes, der nichts weiter zum Glücklichsein braucht als eine grüne Wiese und seine Kumpels.
Pausen, im mehrfachen Sinn, finde ich also richtig knorke 🙂
Liebe Grüße,
Bettina
Von Saskia
• 5. Dezember 2017
Danke für diesen Blogeintrag und eure tollen Kommentare. Ich zermarter mir gerade den Kopf, weil ich heute den 2. Tag in Folge nicht kann. Eigentlich Quatsch, wenn ich das so lese. Pferd steht im Offenstall mit seinen Spielkameraden. Vermutlich ist ausatmen, locker machen und sich das erlauben eine gute Idee.Danke für das Thema!
Von Silke
• 10. Mai 2018
Hallo Tania,
Ich sehe es ganz genauso. Ich habe Jamila nun seit Mitte Dezember. Sie ist laut Pass da 4,5 Jahre alt gewesen, allerdings komplett roh und hatte Transport aus Spanien, Boxenhaltunf beim Händler etc hinter sich. Und seitdem natürlich ein gutes Programm zu absolvieren. Wenn ich zu viel mache, oder ihr zu wenig Pausen gönne- dann kommt sie einfach nicht oder möchte sich nicht aufhalftern lassen. Und dann lasse ich sie auch. Auch jetzt im Frühjahr. Es ist alles etwas viel- die erste Rosse in der neuen Herde ( sie und ihre neue beste Freundin übertreffen sich quasi und sind beide super nervös und hibbelig), die Reben werden gespritzt, Spargelfelder geerntet. Am Anfang dachte ich, super Abhärtung beim spazieren gehen. Der Effekt war, dass mein eigentlich cooles Pferdchen nicht mehr cool war. Klar, sie hat ja daheim genug zu verarbeiten, lernen und verdauen. Also, mache ich auch Pause vom allein spazieren gehen, lasse sie lieber an den „ schlimmem“ Tagen stehen, komme vielleicht nur zum kuscheln, reden, oder eben gar nicht. Der Erfolg: sie kam gestern fröhlich als Einzige von der Weide gerannt als sie mein Auto sah. Was für eine Freude!
Und ich kann nur bestätigen, dass sich unsere Pferde nach dem Urlaub immer sehr freuen uns zu sehen. Sie sind motiviert bei der Arbeit, und ich glaube wir auch etwas mehr. Eben gut erholt und voll Wiedersehensfreude. Für alle Beteiligten
Von Kati
• 12. Mai 2018
Liebe Tania,
danke für den wieder sehr schönen Artikel. Würdest du noch bitte verraten wie du das Hapsen unterbunden hast. Ich hab auch so ein Hapsmonster, der einen Riesenspass dabei hat nach mir oder nach dem Führstrick zu hapsen. Er setzt dann auch immer sein Spielgesicht auf und kann sich dann leider nur schwer auf die eigentliche Übung konzentrieren. Ignorieren hilft da nur bedingt.
LG,
Kati
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Hallo Kati,
gerade das „Hapsen“ ist oft ein sehr komplexes Thema, denn hier spielen ganz viele verschiedene Faktoren hinein. Leider gibt es aus meiner Sicht keinen „einfachen Tipp“, sondern es steht an, besser zu verstehen, warum das Pferd hapst. Oft sind (Mit-)Ursachen dafür Stress oder Unsicherheit. Ich stelle immer wieder fest, dass je weniger man sich darüber ärgert und je weicher man das Hapsen einfach „lassen“ kann, desto weniger stark muss das Pferd es tun.
Herzlich,
Tania
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