In seinem Tempo

Unsere Pferde sind nun von der Sommerweide in ihr Winterquartier geholt worden. Seitdem Babette ihren Hof verkauft hat, hat sich einiges verändert und so gibt es auf dem Hof viel Neues für die Pferde zu entdecken. Die Begegnung mit den Rindern hatte ich ja schon beschrieben, aber es sind auch Enten, Hühner und anderes eingezogen, so dass es viel kennen zu lernen gibt. Und genau das ging ich neulich mit den Jungs an.

Aramis, ganz cool und gelassen, schaute sich nacheinander alles ohne zu zögern an – 5 Minuten, fertig.

Früher hätte ich dann mit Anthony genau dasselbe machen wollen, wäre also auch einfach hin zu den Dingen marschiert und … hätte ihn damit einmal mehr überfordert. Dieses Mal passierte mir das aber nicht!

Während ich mit Aramis gleich direkt zu den Bereichen ging, wo nun die Enten und Hühner leben, führte ich Anthony erst einmal auf den Reitplatz. Dort machte ich zu, dass, sollte er sich losreißen, er nicht gleich auf- und davon rennen würde. Damit war ich schon mal selbst ruhiger. Das Entengehege grenzt gleich an den Reitplatz und so nahmen wir uns erst einmal die Enten vor. Ich führte Anthony so weit heran, dass er die Enten sehen konnte. Gleichzeitig hatte er von dort auch schon das Hühnergehege im Blick, auf dem auch eine Vogelscheuche steht und Flatterband hängt, um die Habichte zu vertreiben. Und etwas weiter unten spielten Kinder mit allerlei Spielzeug, es wurde auch noch gewerkelt und geräumt – kurz und gut: Es gab wirklich seeeehr viel zu sehen.

Zu sehen und vor allem zu verarbeiten und genau DARUM geht es!

Zeit zum Verarbeiten geben

Was tat ich also, als Anthony da stand, hoch aufgerichtet mit versteinerter Muskulatur und riesigen Augen und Nüstern? Ich tat nichts.

Ich versuchte nicht, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, ich versuchte nicht, ihn näher heranzuführen, ich schlug keine Lektionen oder Übungen zur Ablenkung vor – ich ließ ihn einfach stehen und glotzen. Ich redete mit ihm, aber nicht um ihn zu beruhigen, sondern um ihm zu vermitteln: „Ich bin da und ich sehe, was hier los ist, wir sind zusammen hier und es ist okay.“ Und dann wartete ich einfach ab.

Irgendwann entspannte er den Kopf ein kleines bisschen, das clickerte ich sofort. Genauso wie jede kleine Bewegung hin zu den ganzen Gruseldingen, jedes winzige Mehr an Neugier und jede Tendenz, sich einen Hauch zu entspannen. Ich schätze, wir standen 15-20 Minuten da und ließen einfach alles auf uns wirken. Und nach und nach entspannte sich mein wie ein Flitzebogen angespanntes Pferd etwas.

Das Schöne und vor allem auch das Wichtige an der Sache war das: Ich hatte ihn nicht zu manipulieren oder zu pushen versucht, sondern ich hatte ihn ganz in seinem eigenen Tempo die Situation anschauen lassen. Dazu musste ich seine Anspannung aushalten, etwas, das ich früher immer am liebsten sofort weghaben wollte. Ich wollte nicht, dass mein Pferd Angst hat und nervös wurde, weil er mir doch vertrauen sollte, schließlich tat ich doch so viel dafür, und weil er sich doch keine Sorgen machen soll und weil er sich nicht festglotzen soll und händelbar bleiben soll usw. usw. Damit habe ich so manches Mal nur eines erreicht: dass er ausstieg und gar nicht mehr zuhörte (er ging dann wortwörtlich einfach weg, etwas, das nicht gerade angenehm war).

Dieses Mal gab ich seiner Angst Raum. Seinem Bedürfnis, das alles anzuschauen, tief und drachenartig ein- und auszuatmen und fluchtbereit zu sein. All das war vollkommen ok für mich und ich glaube, genau das tat ihm sehr gut.

Als er am Ende dann schon deutlich entspannter stehen und nicht mehr ängstlich, sondern interessiert gucken konnte, ging ich langsam wieder zurück zum Paddock mit ihm. Ich forderte also nicht noch mehr. Die Hühner würden auch morgen noch da sein. Es war gut genauso, wie es war. Sowohl sein Blick als auch seine Ausstrahlung bei der Verabschiedung bestätigten mich genau darin. Und gleich am nächsten Tag waren die Enten überhaupt kein Thema mehr und auch von der Ungefährlichkeit der Hühner überzeugte er sich in wenigen Minuten.

Es ist so schön für mich, langsam tatsächlich einen Weg zu finden, meinem Pferd gerecht(er) zu werden, einfach indem ich mich auf sein SEIN einlasse und ihm nicht meine Ideen und meinen Weg aufdränge. So kann ich ihm endlich eine Stütze sein und bin keine zusätzliche Belastung in einer eh schon schwierigen Situation. Genau das habe ich mir immer gewünscht!

11. November 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang, Verhalten 16 Kommentare »

 

16 Reaktionen zu “In seinem Tempo”

 

Von Heidrun • 11. November 2014

Liebe Tania,

ich muss einfach sofort schreiben…denn, was Du hier beschreibst, ist exakt meine Situation!!
Oft geht alles gut, wir sind friedlich auf einem Spaziergang und kommen genauso friedlich wieder zurück. Tarik ist entspannt und gelöst und verabschiedet mich freundlich.
Am nächsten Tag ist alles anders. Schon auf Wegen nahe dem Stall stehen pferdefressende Dinge…man muss erstarren und den Kopf hochreißen, das Kommando „Kopf tief“ wird nur noch mühsam angenommen, später dann nicht mehr. genauso wie Du möchte ich auch nicht, dass mein Pferd Angst hat…und ich versuche, mich auf seine Situation einzulassen, aber das fällt mir schwer. Nach einiger Zeit frage ich vorsichtig an, ob wir weitergehen können, manchmal geht es, manchmal aber auch nicht…dann heißt es weiter warten. Manchmal ist aber auch trotz Wartezeit nichts zu machen…dann kehre ich um und versuche es am nächsten Tag noch einmal.
Natürlich höre ich das Übliche…“setz Dich durch, sei stur, der verarscht Dich…allseits bekannt. Aber in der letzten Zeit habe ich mehr und mehr kleine Erfolge (Rabattmarkensystem!!)…und keinen Streit mit meinem Pferd!!
Dieses Einlassen auf mein Pferd bedeutet einen immensen Lernprozess für mich, weil ich es natürlich ganz anders gelernt habe. Aber es bringt so unendlich viel…Zufriedenheit, Freude, Entspannung und Vertrauen!
Und so wunderschöne Augenblicke wie neulich, als mein Pferd mich anschaute und in ein fantastisches „Kompliment“ ging…ohne, dass ich was gesagt hatte…natürlich gab es ein Leckerli…ja, ich weiß, ich hatte das Kommando dazu nicht gegeben…aber er sah so klasse aus, das musste einfach sein!!

Danke für Deinen Bericht!

Herzlichst, Heidrun

 

Von Eva • 12. November 2014

Liebe Tania,

auch mir hilft dein Bericht, ich komme auch fast täglich in solche Situationen mit meinem ersten eigenen Pferd, das noch nicht lange bei mir ist. Ich habe es bisher auch mit Übungen, Ablenkungen usw. versucht. Klappt manchmal, oft jedoch nicht. Oft werde ich frustriert, traurig, manchmal auch ärgerlich. Manchmal frage ich mich, ob ich an allem „Schuld“ bin und es meine eigene Anspannung ist, die meine Stute mir widerspiegelt. Leider helfen solche Gedanken nicht, sie machen mich nur noch frustrierter, hilfloser, trauriger. Ich hab keine Ahnung ob ich es aushalten kann, sie einfach erstarrt gucken zu lassen, so lange, bis sich ihre Angst von selbst löst. Vermutlich werde ich dazu neigen zu denken, „oh, hoffentlich kommt jetzt niemand vorbei, da kriegst du wieder einen blöden Spruch zu hören…“ Und wenn dann wirklich jemand kommt, verfalle ich in Aktionismus, um allen zu zeigen, dass wir ja doch ganz gut klar kommen;-). Auch habe ich Angst, dass wir dann zukünftig nur noch herum stehen und ich noch weniger mit ihr machen kann, als jetzt…

Ich werde es aber auf jeden Fall einmal ausprobieren. Und wenn ich genau darauf achte, wann ich eine Entspannungstendenz clickern kann, bin ich ja auch beschäftigt und kann nicht so in Grübelei verfallen:-) Danke für die Anregung!

Eva

 

Von Heidrun • 12. November 2014

Hallo Eva…ich habe da einen Tip, was das Widerspiegeln betrifft.
Probiere mal den Anti-Angst-Kurs von Babette und Tania! Hat mir unheimlich viel geholfen, weil sie da Übungen beschreiben, die man in genau solchen Situationen anwenden kann!

Alles Gute und viel Glück Dir und Deiner Stute…ihr schafft das!

Herzlichst, Heidrun

 

Von Eva • 13. November 2014

Hallo liebe Heidrun,

vielen Dank für den Tipp! Ich habe den Kurs sogar schon und auch schon ein bisschen was ausprobiert. So richtig „Click“ gemacht hat es aber noch nicht bei uns. Wahrscheinlich brauche ich auch einfach mehr Geduld, Vertrauen entsteht nicht von heute auf morgen, auch wenn man sich noch so viel Mühe gibt mit „Kopf tief“, Clickern, TTouches usw. Vielleicht will ich zu sehr, dass es jetzt endlich klappt…

Vielen lieben Dank für deine Aufmunterung! Eva

 

Von Heidrun • 13. November 2014

Hallo zurück, Eva 🙂

doch, das ist so…Geduld braucht man in einem unglaublichen Maß…und vor allen Dingen ist es von so vielen Faktoren abhängig…eigene Stimmung, Pferdis Stimmung, Wetter (ist womöglich Wind???), Insekten…und so weiter.
Sei entspannt, genieß die Zeit mit Deinem Pferd, setzt Euch nicht unter Druck…sie wird es Dir danken.

Ganz lieben Gruß

Heidrun

 

Von Manuela • 16. November 2014

Liebe Tania,

ich freue mich so für Dich und mit Dir über Deinen Bericht. Ich bin ja schon eine ganze Weile eine intensive Begleiterin Deiner Erlebnisse mit Deinen Hafis – hab´ ja selbst so ein besonderes Exemplar … 😉
Aus Deinen Zeilen spricht so viel Selbstbewusstsein, Entspanntheit und Vertrauen in Dein Pferd – man spürt förmlich den neuen Zugang, den Du zu Anthony gefunden hast. Das ist großartig!!! 🙂
In so vielen Reaktionen hier lese ich immer wieder „Ich würde das ja auch gerne so durchziehen, aber dann kriege ich wieder doofe Kommentare …“. Wann hören wir endlich damit auf, uns Gedanken über die Meinung anderer Leute zu machen?! Bringt uns das auch nur ein Stück weiter? Hilft es uns? Nein. Wir werden nur unsicher, frustriert und denken wir sind die Doofsten und die anderen können alles. Aber stimmt das so? Können die wirklich alles? Oder versuchen sie nur, ihre eigenen Fehler und Unsicherheiten zu verdecken, indem sie mit dem Finger auf andere zeigen und sich lustig machen. Es gibt keine Standard-Antworten wenn es um den Umgang mit Tieren geht. Was bei dem einen „funktioniert“, geht beim anderen komplett nach hinten los. Das einzige was wir haben ist unser Gefühl, unsere Liebe, unser Vertrauen in unser Pferd. Das wird nicht gefördert, wenn wir auf das Gequatsche anderer Menschen hören, die es nicht einmal gut mit uns meinen.
Eine Stallkollegin von mir stand mal geschlagene 45 Minuten mit ihrer neuen Stute bei uns auf dem Parkplatz rum. Keinen Schritt wollte die mehr gehen. Dutzende von Leuten kamen vorbei, lachten, machten sogar Photos, gaben doofe Kommentare ab – manche versuchten auch tatsächlich zu helfen… Meine Stallkollegin blieb einfach ruhig bei ihrer Stute, lächelte alle Kommentare entspannt weg, und nach 45min ging sie ruhig mit ihrer Maus zum Reitplatz. Da war sie dann endlich so weit …
Die beiden sind heute (1 Jahr später) ein unglaubliches Team, keiner lacht mehr oder gibt doofe Kommentare. Die Stallkollegin ist erst 23 Jahre alt, ich bin 44. Aber ich habe in dem Moment so viel von ihr gelernt – ich ziehe den Hut. Lange Rede, kurzer Sinn: Nur wenn wir selbstsicher und souverän im Hier und Jetzt sind und auf Konventionen und „das muss aber“ pfeifen, sind wir unserem Pferd eine echte Hilfe und Stütze. Das macht man sich viel zu selten klar …
Liebe Grüße, Manuela

 

Von Birgit • 17. November 2014

Hallo liebe Tania

Ich freue mich jeden Montag auf deinen neuen Blog.

Jedesmal erkenne ich mich in meinem Handeln dem Pferd gegenüber wieder, wo andere zu mir sagen ich wäre zu lasch, müsste mich beim Pferd mehr durchsetzen, das Pferd hätte zu parieren.

Ich gehe mit meinem Pflegeoldie sehr oft spazieren. Ich freue mich inzwischen über jede fürs Pferd „aufregende“ Situation. Es macht mir Spass, dem Pferd zu vermitteln, dass es keine Angst haben muss.

Wir haben Schweineweiden, die hochgefährlich 😉 sind auf diesem Wege, den du beschrieben hast, gemeistert.
Auch Trecker, Motorräder, Brücken, Unterführungen, den Bahnhof im Ort, große Kreuzungen an stark befahrenen Straßen usw.usf.

Neulich war ein großes Turnier bei uns am Stall. Aufgeregte Menschen, aufgeregte Pferde, Musik, Bratwurstduft, die Pferdewiese umfunktioniert zum Parkplatz für die Pferdeanhänger. Kurz gesagt: Eine riesengroße Unruhe auf dem Stallgelände.

An diesem Tag bin ich mit meinem Pflegeoldie auch spazieren gegangen. Auf der Straße zwischen Parkplatz mit den Pferdeanhängern rechts und dem Turniergeschehen auf der linke Seite durch. Und ich hatte ein sehr aufgeregtes Pferd am Strick. Kopf hoch und eingefroren stand er da. Auf Spannung, zur Flucht bereit.

Gut, dann bleiben wir halt stehen und gucken uns den Trubel an. Ausgeatmet, entspannt neben das Pferd gestellt und alles in Ruhe genau angesehen. Wir standen mitten auf der kleinen Straße. Die Autos mussten z.T. einen kleinen Moment warten. Sprüche wie: Du musst dich durchsetzen kamen. Ignoriert. Das Pferd ist wichtig. „Meinen“ Oldie kurz zur Entspannung um mich herumgeführt, das Auto konnte durch und wir haben weiter dem Geschehen auf dem Turnierplatz zugesehen. Solange, bis „mein“ Oldie bereit war weiter zu gehen.
Mit gesenktem Kopf.

Das ist das, was ich möchte. Ein entspanntes, vertrauensvolles MITEINANDER mit dem Pferd. Und ich denke, das ist der richtige Weg. Egal was die anderen sagen.

 

Von Bettina • 17. November 2014

Liebe Tania,

wie unheimlich, dass du immer genau über die Dinge schreibst, die mir auch gerade im Kopf herumspuken…

Mein Nazir hatte ja im September eine zweite Chip-OP und durfte nur in seiner Box oder einem Paddock, der so groß wie zwei Boxen ist, sein. Nach zwei Wochen durfte er eine halbe Stunde am Tag Schritt geführt wird. Wie lustig das ist brauche ich ja hier keinem zu beschreiben.

Ich entschied mich nach der OP für zwei Dinge: 1. ich gebe das Führen an den Stallburschen ab. Er hat mehr Kraft, das Pferd zu halten, wenn er versucht, sich loszureißen (denn schnelle Bewegungen waren absolut verboten). Und, er macht einfach seinen Job und denkt sich nichts weiter dabei. Er mag mein Pferd, egal wie er sich verhält. Ich hingegen wäre dauernd angespannt gewesen, hätte mich womöglich mit Nazir gestritten und hätte mir Sorgen um unsere Beziehung gemacht. So kam ich jeden Tag zum Kraulen und Putzen.

2. Ich ließ Nazir einfach heilen. Ich war für ihn da, forderte aber nichts von ihm. Gar nichts. Für zwei Monate. Das war das Schwierigste, was ich je gemacht habe. Denn ich tue immer gern was mit dem Pferd, habe einen Plan, und habe die Tendenz, das Pferd zu überfordern. Ich will immer etwas erreichen. Theoretisch hätte ich sechs Wochen nach der OP wieder mit dem Reiten im Schritt und Bodenarbeit beginnen können. Ich entschied mich aber, ihn weiterhin nur führen zu lassen.

Seit zwei Wochen steigere ich nun langsam sein Bewegungspensum. Das überlasse ich der Führmaschine (wir habe eine ganz nette, helle, aus Holz). Ich stehe daneben, er sieht mich also. Die Maschine nimmt ihm aber seine Buckler nicht übel. Meine Aufgabe ist es, zu entspannen und mir nicht dauernd Sorgen um das Gelenk zu machen. Ich kann ihn nicht vollständig kontrollieren.

Wir beginnen nun, ganz langsam, wieder mit der Arbeit. Nachdem er sich in der Führmaschine aufgewärmt hat, gehe ich, nur am Halfter und Strick, auf einen leeren Paddock, weil er sich da wohler fühlt als in der Halle. Seine Konzentration ist gleich null, er ist ständig abgelenkt. Klar, hat ja auch drei Monate nur rumgestanden. Wir machen Kopf tief, ein paar Schritte in Stellung führen, wenn er aufgeregt wird gleich wieder anhalten. Durchatmen. Wir sehen dem Fahrrad zu, dass scheinbar endlos langsam am Horizont die Straße entlangfährt. Ich lasse ihn schauen. Er beobachtet die Hofhunde, die Pferde, die Menschen. Den Sonnenuntergang. Wenn er bereit ist und mich wieder ansieht, gehen wir wieder ein paar Schritte. Die anderen lächeln über uns, sagen „tut der auch was oder schläft der nur?“. Ich lächle zurück oder ignoriere es.

In den ersten Tagen schaffte er nur wenige Runden und ich dachte schon, meine „Strategie“ funktioniert nicht. Nach einer Woche wurde sein Blick auf einmal anders. Ganz weich. Und er schaffte etwas mehr. Er blieb absolut ruhig, auch wenn Dinge passierten, die ihn sonst aufregen (z.B. vorbeirennende Hunde). Er folgte mir ganz ruhig, auch wenn die anderen Pferde um ihn herum im Gallopp über die Paddocks heizten.

Jetzt waren wir schon zweimal in der Halle, wo er immer etwas mehr angespannt ist. Er blieb entspannt und wir konnten ein paar Runden Führen in Stellung machen. Auf der Seite, auf der er operiert wurde, bleibt er ständig stehen. Ich lasse ihn, denn vielleicht tut ihm etwas weh oder er ist unsicher. Ich benutze nur das Halfter, obwohl mir jeder rät, die Trense zu nehmen, damit ich mehr Kontrolle habe. Ich will aber keine Kontrolle mehr haben, ich will ihm einfach dabei helfen, gesund zu werden. Und er entscheidet ab jetzt, wie lange das dauert. Wir könnten nun eigentlich auch mit dem Traben beginnen. Ich lasse ab und zu den Strick etwas länger und frage an, ob er traben möchte. Bisher will er aber nicht. Ich lasse ihn sich die Zeit nehmen, die er braucht.

Ich bin sehr froh, diesen Neuanfang gewagt zu haben und hätte nicht geglaubt, wie viel Mut das Loslassen erfordert. Aus eigener Erfahrung kann ich also sagen: Hut ab, es ist sehr mutig, was du da gerade tust, liebe Tania 🙂

Herzliche Grüße aus Warschau,

Bettina

 

Von Tania Konnerth • 17. November 2014

Ganz lieben Dank an Euch alle für Eure Rückmeldungen, ich freu mich sehr!

@Manuela: Was für eine schöne Geschichte, die von dem Mensch-Pferd-Paar!

Herzlich,
Tania

 

Von Eva • 19. November 2014

Hallo Manuela,

danke für das schöne Beispiel. Natürlich hast du recht, dass es einen nicht weiter bringt auf die Kommentare der anderen zu hören. Aber einfach ist es nicht, wenn man sich gerade erst bewusst wird, dass es einem sehr wohl etwas ausmacht, was andere von einem denken. Ist ja auch menschlich irgendwie, jedem Lebewesen tut Anerkennung und Bestätigung von anderen gut. Und wenn man gerade damit beginnt, mehr auf sich selbst und weniger auf andere zu hören, dauert es halt etwas, bis man es wirklich umsetzt. Veränderungen brauchen auch beim Menschen seine Zeit.

 

Von Nicola Hoffmann • 19. November 2014

Ich habe vor 2 Jahren eine kleinen Offenstall gepachtet und die _Stute die dort _Stand als Schutzvertrag übernommen. Ich wollte kein 2.Pferd und schon gar keine Stute, aber es ist halt so gekommen. Dimona ist 17, eigenwillig in ihren Reaktionen, zeigt einem sehr deutlich wenn sie etwas nicht möchte und hat auch keine Hemmungen bei Nichtbeachtung schon mal handgreiflich zu werden.Anfangs hab ich auch in üblicher Manier reagiert, bin laut geworden und hab auch schon mal den Strick auf ihr Hinterteil klatschen lassen. So nach und nach, ganz langsam, verstehe ich dieses Pferd, auch wenn wir noch einen weiten Weg vor uns haben. Ich respektiere nun, wenn sie nicht geputzt werden will, aus welchem Grund auch immer und versuche statt dessen etwas anderes mit ihr zu machen und eben danach zu putzen oder auch mal gar nicht. Ich denke manchmal daran, was die Leute jetzt sagen würden in den Ställen in denen ich früher war und bin so froh, daß ich meinen eigenen Weg gehen kann. Ich sehe dieses Pferd als meine Chance einen anderen Weg einzuschlagen und bin jeden Tag dankbar dafür.
Es ist so schön hier zu lesen, das man mit diesem Weg nicht alleine ist, denn das gibt Mut sich nicht beirren zu lassen, wenn es doch mal gerade irgendwie nicht weiter geht.

Liebe Grüße
Nicola
Nicola

 

Von Renate Dohmen • 20. November 2014

Hallo!

Wenn meine alte Araberstute früher beim Spazierengehen etwas Furchterregendes gesehen hat, habe ich immer angefangen irgend einen Quatsch zu erzählen. So habe ich mich selbst und letztendlich auch meine Stute beruhigt.

Meist singe ich auch, wenn ich meine beiden Stuten zur Wiese bringe, um meine eigene Angst und Aufregung zu vertuschen.

Die Stute von meinem Mann ist ja schon ein alter Hase und eher cool, wobei meine Stute, die ich seit 2012 habe, noch etwas unsicher ist. Aber bei ihr siegt meist ihre Neugier und sie versucht dann beim Erkunden mit ihrem Schnauben ihre Unsicherheit zu überspielen.

Letzten Sonntag kam dann, wie letztes Jahr, die Nachbarschaft mit ihrem Martinszug an unserer Wiese vorbei. Ich bin dann extra noch so lange geblieben, weil ich mir nicht sicher war, wie meinen Stuten reagieren würden.

Molly war wie immer cool, doch meine Happy kam ganz aufgeregt zum Weidezaun gelaufen.

Ich habe ihnen dann wie jeden Abend beim Abschied ihre Weidebrickets gegeben und habe dann einfach mit den Kindern mitgesungen.

Die Stuten standen dann ganz entspannt neben mir, frassen mit Genuß ihr Betthupferl und Happy gähnte sogar.

Ich fand es irgendwie amusant, mich singen zu hören und die Pferde ganz entspannt neben mir stehen zu sehen.

Nach dem Motto: „Gemeinsam überleben wir auch den Martinszug“, konnte ich dann später beruhigt nach Hause fahren.

Liebe Grüße
Renate

 

Von Eva • 20. November 2014

Hallo Tania,

wie schon geschrieben, wollte ich deine Anregung aufgreifen und ausprobieren. Zusätzlich kam mir im Austausch mit anderen noch die Idee, dass die Lernaufgabe für mich gerade lauten könnte „Gelassen bleiben, auch wenn es nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle“. Also bin ich mit dieser Einstellung, dass ich genau das jetzt eben lernen werde, zum Stall gefahren. Und habe außerdem sehr auf mein Pferd geachtet und darauf, was sie mir anbietet und was ich mit Clickern verstärken kann anstatt auf das zu gucken, was nicht klappt und daran arbeiten zu wollen. Was soll ich sagen? Es war von Anfang an ein völlig anderes Zusammensein! Sie war aufmerksam und motiviert! Beim 2. Zusammentreffen auf diese Art habe ich bewusst völlig auf den Strick verzichtet und Aufgaben nur in kleinen Schritten abgefragt – und es hat geklappt! Sie hat freiwillig mitgemacht – was für ein tolles Gefühl, nachdem ich vorher bei jedem Schritt vorwärts, den ich abgefragt habe, auf Widerstand gestoßen bin! In die Situation mit dem erstarrten Stehen bleiben sind wir noch nicht wieder gekommen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch das besser hinbekommen werden beim nächsten Mal. Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, auf diesem Weg weiterzumachen und hoffe, dass ich nicht oder zumindest nicht oft in Situationen komme, in denen ich diesen Vorsatz vergesse:-).

Viele liebe Grüße! Eva

____________________

Wie schön, Eva, ich freu mich sehr mit Euch!!!
Tania

 

Von Doris Federer • 28. Dezember 2014

Hallo Zusammen, Ruhe und Geduld ist die Lösung. Warum müssen wir immer muessen. Bevor ich etwas mit meinem 6 Jahre alten Araber mache schaue ich erst Mal wie es heute aussieht. Klar setze ich mich zum reiten drauf und frag nicht lang. Aber ich stell mich immer nur auf mein Pferd ein, allesamt mit drum herum ist erst Mal nicht wichtig. Mein Pferd wurde als schwer erziehbar verkauft. Bei mir ist er seit zwei Jahren und es macht jeden Tag riessig Spaß

 

Von Manfred • 29. Januar 2015

Liebe Tania,

wieder einmal bestätigen deine Erfahrungen auch meine und ich kann mich mit dir darüber freuen. Was habe ich mich immer dagegen gewehrt, wenn ich mich dem Pferd gegenüber „durchsetzen“ sollte und dessen Aufmerksamkeit auf mich lenken. Ich sollte ihm den Weg weisen und sein „Führer“ sein. Geradezu blind sollte es mir immer und in jeder Situation vertrauensvoll folgen usw. Nie durfte ich ihm den Raum geben, den es gebraucht hätte um selbst eine Situation verarbeiten zu können. Gab es mal ein Problem, sollte ich es selbstsicher daran vorbeiführen, seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf mich lenken, doch ich wollte genau wie Du vielmehr, dass es mutiger und selbstsicherer wird, Wege findet sich damit bewusst auseinander zu setzen und zu verarbeiten. Es sollte sein Heil nicht immer nur in der Flucht suchen und finden wie es seiner Natur entsprechen würde, denn es lebt nun einmal nicht mehr in dem Umfeld, wo das immer gefahrlos möglich wäre.
Also begann ich diese Dinge genau so anzugehen, wie Du es hier gerade wunderbar beschrieben hast und ich kann deine Erfahrungen damit voll und ganz bestätigen. Selbst dort, wo es keinen Platz gibt auf dem das so schön geübt werden kann ist es dennoch möglich wenn wir unsere Pferde sehr gut kennen und schon die kleinsten Signale ihrer Körpersprache richtig lesen können.

Ich erinnere mich an ein „Ungeheuer“ welchem Antares und ich im Wald begegnet sind. Es war ein Kran, der Baumstämme auf einen LKW verladen hat. Schon lange bevor ich das Monster überhaupt gesehen hatte konnte ich spüren, wie eine gewisse Unsicherheit sich in meinem Pferd ausbreitete. Er lief nicht mehr gleichmäßig und kraftvoll vorwärts sondern begann kleine Aussetzer in seinem Schwung zu bekommen. Mir wurde klar, dass ihn etwas beunruhigte und so ließ ich mich darauf ein und schaute selbst, was es wohl sein könnte. Erst als wir still dastanden (ich hatte ihn neben mir an der Hand und uns verband lediglich ein 4m Seil) und in die Ruhe des Waldes lauschten, konnte ich das Rumpeln hören und schaute genau wie er in die Richtung aus der es kam. Früher wäre ich vermutlich umgedreht oder hätte einen anderen Weg eingeschlagen, um uns erst gar nicht in Gefahr zu bringen, doch was hätte das gebracht. Es würde wieder und wieder zu gefährlichen Situationen kommen können, denen wir beide nicht gewachsen sind. Also beschloss ich mein Pferd zu fragen, ob wir uns das gemeinsam anschauen wollen, ich wartete ab, was er von sich aus gedachte zu tun und nach etwas Bedenkzeit tat er einen Schritt nach vorne in eben diese Richtung. Wir näherten uns der vermeintlichen Gefahrenquelle und konnten sie dann auch sehen. Wie angewurzelt von diesem Anblick blieb Antares stehen und wieder verlangte ich nichts von ihm. Auch ich schaute wie er in diese Richtung und blieb so entspannt wie nur möglich, denn das war schon schwer genug für mich, musste ich doch damit rechnen, dass er jeden Moment auf dem Absatz kehrt macht und die Flucht antritt. Doch meine Ruhe schien sich auf ihn zu übertragen und so gewann er auch an Selbstvertrauen. Mit jeder Minute, die verging musste er doch erkennen, dass uns kein Unheil widerfahren ist. So schaffte er es auch, dem Monster Schritt für Schritt näher zu kommen. Dabei schnaubte er laut seinen Stress ab, senkte immer mal wieder den Kopf (das hat er wohl von unserem Training so übernommen) und stellte sich dieser potenziellen Gefahr. Ich war mächtig Stolz auf ihn und so verflog auch meine Sorge, dass er es sich doch noch anders überlegen könnte. Hätte er es getan, dann hätte ich ihn damit überfordert. Würde er umkehren wollen, wäre ich mit ihm gegangen. Nur wegrennen war keine Option und das wusste er sicher auch, denn daran hätte ich ihn hindern müssen, um ihn nicht in echte Gefahr zu bringen. Doch ich war mir mehr und mehr sicher, dass seine Neugierde größer ist als die Angst, die er nun selbst bekämpfte. Als wir nach gefühlt einer Stunde (es waren nur 15 oder 20 Min.) dann so nahe waren, dass wir es fast geschafft hätten, hörte die Männer auf zu arbeiten und ließen uns passieren. Mein Pferd war ein Held und entsprechend jubelte ich und lobte ihn überschwänglich. Ich umarmte ihn und stopfte alle Leckeres in ihn rein, die ich noch dabei hatte. Voller Stolz trabte er schwungvoll (fast piaffierend) weiter. Das Monster setzte seine Arbeit fort und es kümmerte Antares nicht die Bohne, was da hinter ihm noch passierte. Er hatte schon in vielen kleine Dingen genau das von mir gelernt, dass man sich diese in aller Ruhe anschauen kann um selbst sich davon zu überzeugen, dass sie nicht so gefährlich sind wie zunächst angenommen. Diese zahlreichen kleinen Erfahrungen konnte er nun auf dieses große Gespenst übertragen. Fortan wusste ich, dass dies der richtige Weg für uns war.

LG Manfred

 

Von Esther • 22. März 2015

Liebe Tania,
herzlichen Dank für dein Teilen! Ich kann sehr viel lernen, auch von den Erfahrungen der anderen. Meine eher dominante 3j. Fribi-Stute hat allgemein wenig Angst; die Herausforderung mit ihr ist für mich mehr, dass sie mit der Aufmerksamkeit überall ist (sie ist sehr neugierig) und ich versuche, diese auf mich zu lenken, weil ich mich von ihr nicht spazierenführenlassen will. Ich habe manchmal das Gefühl, viel zu viel zu machen und bin dann mit mir nicht zufrieden und ärgere mich auch etwas über ihr Verhalten. Natürlich ist es nicht immer gleich und es gibt auch Tage, da sind wir problemlos zusammen. Ich möchte sie besser „lesen“ lernen, mehr auf sie eingehen. Vielleicht könnte es auch da hilfreich sein stehen zu bleiben und einfach da zu sein, zu entspannen? Ich gehe mit ihr auch Dinge anschauen, die sie entdeckt, aber ich kann halt nicht immer und überall..
Beste Grüsse
Esther

 

 

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